Urteil des BGH vom 21.10.2002

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 389/02
Verkündet am:
18. September 2003
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
GOÄ Gebührenverzeichnis Nr. 5489
Bei der PET-Untersuchung mehrerer Körperregionen - hier: Abdomen, Thorax
und Extremitäten - darf die Nummer 5489 des Gebührenverzeichnisses auch
dann nur einmal in Rechnung gestellt werden, wenn aufgrund der Beschaf-
fenheit des verwendeten PET-Scanners für die Untersuchung jeder Region
eine eigene Aufnahme erstellt werden muß.
BGH, Urteil vom 18. September 2003 - III ZR 389/02 - OLG Bamberg
LG Bayreuth
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. September 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Schlick, Dr. Kapsa, Dörr und Galke
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Bamberg vom 21. Oktober 2002 wird zurück-
gewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Apparategemeinschaft, zu der sich mehrere Ge-
meinschaftspraxen für Radiologie und Nuklearmedizin in Form einer Gesell-
schaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen haben. Sie führte im Sep-
tember 2000 sowie im Januar und April 2001 bei dem Beklagten, der sich bei
Vornahme der Untersuchungen jeweils in stationärer Behandlung befand, unter
anderem eine Tumorszintigraphie des Ganzkörpers und Positronen-Emissions-
Tomographien (PET) mit quantifizierender Auswertung des Abdomens, des
Thorax und der Extremitäten durch. Die Klägerin stellte dem Beklagten mit
Schreiben vom 11. Oktober 2000 sowie vom 6. Februar und vom 4. Mai 2001
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die Tumorszintigraphien, Nummer 5431 des Gebührenverzeichnisses, je ein-
mal mit dem 1,8-fachen des Gebührensatzes (461,70 DM) und die PET-
Abdomen, PET-Thorax und PET-Extremitäten, Nummer 5489 des Gebühren-
verzeichnisses, je dreimal mit dem 1,8-fachen (1.539 DM) bzw. dem 2,3-fachen
(1.966,50 DM) des Gebührensatzes in Rechnung.
Nach Klageerhebung hat der Beklagte von den Rechnungsbeträgen
über insgesamt 6.127,66 DM, 6.982,66 DM und 7.410,16 DM Teilbeträge von
5.347,96 DM, 2.731,66 DM und 3.095,03 DM anerkannt. Aufgrund dieses An-
erkenntnisses, bei dem der Beklagte bei allen Rechnungen wegen des Zu-
sammenhangs der Untersuchungen mit der stationären Behandlung eine Min-
derung um 15 v.H. nach § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ vorgenommen und darüber
hinaus in den Rechnungen vom 6. Februar und 4. Mai 2001 die Nummer 5489
des Gebührenverzeichnisses nur einmal berücksichtigt hatte, hat das Landge-
richt den Beklagten durch Teilanerkenntnisurteil vom 9. Oktober 2001 zur
Zahlung von 11.174,65 DM nebst Zinsen verurteilt.
Die Klägerin ihrerseits hat sich nach Erlaß des im schriftlichen Verfahren
ergangenen Teilanerkenntnisurteils, aber noch vor Beginn der mündlichen
Verhandlung dazu bereitgefunden, sich hinsichtlich der Rechnungen vom
6. Februar und 4. Mai 2001 mit der zweimaligen Veranschlagung der Num-
mer 5489 des Gebührenverzeichnisses zu begnügen, und demzufolge die Kla-
ge in Höhe eines Teilbetrags von 3.505,50 DM zurückgenommen.
Das Landgericht hat den Beklagten durch Endurteil vom 11. Januar
2002 unter Abweisung der Klage im übrigen dazu verurteilt, an die Klägerin
(weitere) 3.427,53 DM nebst Zinsen zu zahlen. Dabei ist das Landgericht da-
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von ausgegangen, daß in den Rechnungen der Klägerin vom 6. Februar und
4. Mai 2001 die Nummer 5489 des Gebührenverzeichnisses zweimal habe in
Ansatz gebracht werden dürfen, jedoch bei allen Rechnungen eine Minderung
um 15 v.H. des Rechnungsbetrages gemäß § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ vorzu-
nehmen sei.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Nachdem
die Klägerin im Laufe des Berufungsverfahrens von dem Senatsurteil vom
13. Juni 2002 (BGHZ 151, 102) Kenntnis erlangt hatte, in dem der Senat eine
Minderungspflicht nach § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ bei der Behandlung von Kran-
kenhauspatienten auch für den Fall bejaht hat, daß der niedergelassene Arzt
seine Leistungen in der eigenen Praxis und ohne Inanspruchnahme von Ein-
richtungen, Mitteln und Diensten des Krankenhauses erbracht hat, hat sie ihre
Berufung zurückgenommen.
Das Oberlandesgericht hat die Klage, soweit über sie nicht bereits durch
das Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts vom 9. Oktober 2001 entschieden
worden ist, in vollem Umfang abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zu-
gelassenen - Revision strebt die Klägerin die Wiederherstellung des landge-
richtlichen Urteils an.
Entscheidungsgründe
Die Revision bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht an-
genommen, daß die Klägerin in den Rechnungen vom 6. Februar und 4. Mai
2001 die bei dem Beklagten im Januar und Februar 2001 durchgeführten PET-
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Untersuchungen, die sich jeweils auf mehrere Körperregionen (Abdomen, Tho-
rax, Extremitäten) erstreckt hatten, die Nummer 5489 des Gebührenverzeich-
nisses nur einmal hätte in Ansatz bringen dürfen (im Ergebnis wohl ebenso
Brück, GOÄ, 3. Aufl. [Stand: 1. Januar 2002], vor Nr. 5486; Lang/Schäfer/Stiel/
Vogt, GOÄ, vor Nr. 5486; insoweit unklar Hoffmann, GOÄ, 3. Aufl. [Stand: Ja-
nuar 2003], Nr. 5400 bis 5607 Rn. 5).
Da die Legende der Nummer 5489 sich zu der Frage, ob diese Gebüh-
renziffer einmal oder mehrfach berechnungsfähig ist, wenn sich eine PET-
Untersuchung nicht nur auf ein Organ oder eine Körperregion, sondern auf
mehrere Organe oder Regionen erstreckt, nicht ausdrücklich verhält, steht der
Wortlaut dieser Nummer des Gebührenverzeichnisses für sich genommen ei-
ner mehrfachen Abrechnung für den Fall, daß - wie hier - mehrere Körperre-
gionen untersucht werden, nicht zwingend entgegen. Unter Berücksichtigung
von Wortlaut und Systematik des Abschnitts O sowie von Sinn und Zweck der
Bestimmung als Bestandteil einer gesetzlichen Preisvorschrift ist jedoch davon
auszugehen, daß auch in einem solchen Fall die Nummer 5489 nur einmal in
Ansatz gebracht werden darf. Dabei spielt es keine Rolle, ob bei der Untersu-
chung mehrerer Körperregionen eine einzige PET-Aufnahme - so liegt der Fall
in dem ebenfalls mit Urteil vom heutigen Tage entschiedenen Verfahren III ZR
416/02 - oder aber - wie hier - mehrere PET-Aufnahmen erstellt werden.
1.
Die in Abschnitt O (Strahlendiagnostik, Nuklearmedizin, Magnetreso-
nanztomographie und Strahlentherapie) Unterabschnitt II (Nuklearmedizin)
Nr. 1 (diagnostische Leistungen [In-vivo-Untersuchungen]) Buchst. o (Emissi-
ons-Computer-Tomographie) unter den Nummern 5486 bis 5489 erfaßten Lei-
stungen (SPECT- und PET-Untersuchungen) erfassen ergänzende Untersu-
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chungen, die im Zusammenhang mit einer anderen Basisleistung der Szinti-
graphie erbracht werden (vgl. Brück aaO, Lang/Schäfer/Stiel/Vogt aaO, Hoff-
mann aaO). Bei der - hier vorliegenden - Basisleistung Tumorszintigraphie
(Buchst. f der Untergliederung O II 1) unterscheidet das Gebührenverzeichnis
danach, ob sich die Szintigraphie auf eine Region (Nummer 5430) oder auf den
Ganzkörper (Stamm und/oder Extremitäten) erstreckt (Nummer 5431). In den
Erläuterungen zu Buchst. f hat der Verordnungsgeber ausdrücklich klargestellt,
daß die Leistungen nach den Nummern 5430 und 5431 nicht nebeneinander
berechnungsfähig sind und bei der Untersuchung mehrerer Regionen die Lei-
stung nach Nummer 5430 nicht mehrfach berechnungsfähig ist. Bei anderen
Basisleistungen wird demgegenüber auf das zu untersuchende Organ (vgl. et-
wa die Untergliederung O II 1 a, b, c usw. = Schilddrüse, Gehirn, Lunge usw.)
abgestellt. Angesichts dieser Zusammenhänge legt der Umstand, daß die all-
gemein gehaltene Legende zu den Nummern 5488 und 5489 keine Differenzie-
rung hinsichtlich der betroffenen Organe und Körperregionen vornimmt, den
Schluß nahe, daß es bei der Abrechnung von Leistungen nach den Num-
mern 5488 und 5489, die mit 6.000 und 7.500 Punkten im Vergleich zu den in
Betracht kommenden Basisleistungen hoch bewertet werden, keine Rolle
spielt, welches Organ oder welche Region Gegenstand der PET-Untersuchung
ist, und ob sich die Untersuchung nur auf ein Organ bzw. eine Körperregion
oder aber auf mehrere Organe bzw. Regionen oder sogar auf den Ganzkörper
erstreckt, also selbst im letzteren Falle diese Nummer nur einmal in Ansatz ge-
bracht werden darf.
2.
Die von der Revision gegen diese bereits vom Wortlaut nahegelegte
Auslegung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
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a) Nach der Nummer 2 Satz 1 der Allgemeinen Bestimmungen zum Un-
terabschnitt O II sind Ergänzungsleistungen nach den Nummern 5480 bis 5485
je Basisleistung oder zulässiger Wiederholungsuntersuchung nur einmal be-
rechnungsfähig. Aus dieser von der Revision angeführten Bestimmung ergibt
sich indes nur, daß eine Mehrfachberechnung von Leistungen nach den Num-
mern 5488 oder 5489 im Zusammenhang mit einer Basisleistung nicht von
vornherein ausgeschlossen ist. Die Vorschrift zwingt jedoch keineswegs zu
dem Umkehrschluß, die Beschreibung müsse so eng verstanden werden, daß
bei Erbringung derartiger Leistungen hinreichend Raum für Mehrfachberech-
nungen verbleibt. Insbesondere wird hierdurch eine Auslegung der Leistungs-
beschreibung der Nummern 5488 und 5489, die dazu führt, daß im Regelfalle
je Untersuchung oder Sitzung ein mehrfacher Ansatz dieser Gebührennum-
mern zu unterbleiben hat, nicht in Frage gestellt.
Der Hinweis der Revision auf die Nummer 6 der Allgemeinen Bestim-
mungen zum Unterabschnitt I geht schon deshalb fehl, weil diese Bestimmung
lediglich den Unterabschnitt Strahlendiagnostik und nicht den vorliegend allein
in Rede stehenden Unterabschnitt Nuklearmedizin betrifft.
b) Vergeblich macht die Revision unter Hinweis auf eine Stellungnahme
der Bundesärztekammer geltend, bei der Auslegung der Legende der Num-
mern 5488 und 5489 sei entscheidend zu berücksichtigen, daß nach dem bei
Aufnahme des PET-Untersuchungsverfahrens in das Gebührenverzeichnis im
Jahre 1996 gegebenen technischen Entwicklungsstand ausschließlich Unter-
suchungen kleinerer Körperregionen möglich gewesen seien. Selbst wenn
dies, was unterstellt werden kann, zutreffen sollte, so erlaubt dieser Befund
noch nicht den Schluß, wegen der fehlenden Differenzierung der Untersuchung
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nach Körperregionen bzw. Organen oder des Ganzkörpers seien nach dem
Willen des Verordnungsgebers organ- oder körperregionübergreifende Unter-
suchungen in jedem Falle mehrfach abrechnungsfähig, und zwar selbst dann,
wenn - dem heutigen Entwicklungsstand entsprechend - PET-Scanner zur
Verfügung stehen, die auch bei Ganzkörperuntersuchungen nur eine einzige
PET-Aufnahme erforderlich machen. Aus der Amtlichen Begründung zum Ge-
bührenverzeichnis (BR-Drucks. 211/94 S. 91 f; vgl. auch BR-Drucks. 688/95)
ergeben sich insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
3.
Auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bei seiner Ent-
scheidung nicht hinreichend berücksichtigt, daß bei den berechneten PET-Un-
tersuchungen des Abdomens, des Thorax und der Extremitäten nicht nur eine
einzige, sondern jeweils drei Aufnahmen erstellt wurden, greift nicht durch.
Darauf kommt es nicht an.
Die Gebührenordnung für Ärzte soll als gesetzliche Preisvorschrift ge-
währleisten, daß (im wesentlichen) gleichartige bzw. gleichwertige ärztliche
Leistungen (im wesentlichen) gleich vergütet werden. Aufgrund dessen ist es
geboten, daß eine PET-Untersuchung von Abdomen, Thorax und Extremitäten
unabhängig davon nach denselben Kriterien zu vergüten ist, ob hierfür eine
oder drei PET-Aufnahmen erstellt werden müssen. Andernfalls würde die Höhe
der Vergütung von dem aus Sicht des Patienten zufälligen und damit zu will-
kürlichen Ergebnissen führenden Umstand abhängen, ob der ihn behandelnde
Arzt über einen modernen leistungsfähigen PET-Scanner verfügt, bei dem nur
ein Untersuchungsgang erforderlich ist, oder aber ein herkömmliches Gerät,
bei dem diese Untersuchung drei Aufnahmen notwendig macht. Dies ist auch
die Auffassung der Bundesärztekammer, deren Gebührenordnungsausschuß
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beschlossen hat, daß bei einer Ganzkörper-Tumor-PET die Gebührenpositio-
nen Nummer 5488 oder 5489 unabhängig davon zweimal in Ansatz kommen
sollen, wie viele Einzelaufnahmen in Abhängigkeit von dem jeweils zur Verfü-
gung stehenden PET-Scanner im Einzelfall erforderlich waren (abgedruckt im
Deutschen Ärzteblatt 2002, B 121 unter Nr. 9).
4.
Allein die Auslegung, daß bei PET-Untersuchungen mehrerer Organe
bzw. Körperregionen oder des Ganzkörpers die Nummer 5488 oder 5489 nur
einmal abgerechnet werden darf, führt zu einer (noch) angemessenen Vergü-
tung der in Rede stehenden ärztlichen Leistung. Dabei kann dahinstehen, ob
die im Gebührenordnungsausschuß der Bundesärztekammer für richtig befun-
dene zweimalige Berücksichtigung der Nummer 5488 oder 5489 in Anbetracht
des entstehenden sachlichen und personellen (Mehr-)Aufwands sachgerechter
wäre; dieser vom Gebührenordnungsausschuß eingeschlagene "Mittelweg" ist
mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren.
a) Müssen aufgrund der Beschaffenheit des verwendeten PET-Scanners
bei der Untersuchung mehrerer Körperregionen oder des Ganzkörpers mehre-
re Aufnahmen gefertigt werden, so liegt auf der Hand, daß damit ein höherer
Aufwand verbunden ist als bei Anfertigung einer einzigen Aufnahme. Weiter
kann davon ausgegangen werden, daß auch bei Einsatz eines modernen, lei-
stungsfähigeren
- und
wesentlich
teureren -
Positronen-Emissions-
Tomographen, bei dem auch Ganzkörper-Untersuchungen nur eine Aufnahme
notwendig machen, eine derartige Untersuchung einen nennenswerten zeitli-
chen - und damit auch sachlichen und personellen - Mehraufwand erforderlich
macht als die Untersuchung eines einzigen Organs oder einer einzigen Körper-
region.
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Bei der Beantwortung der Frage, ob und wie diesem Mehraufwand auf
der Grundlage des geltenden Rechts Rechnung getragen werden könnte, ist
indes zu berücksichtigen, daß nach dem Vorbringen der Klägerin, die sich in-
soweit in Übereinstimmung mit einer von ihr zu den Akten gereichten Stellung-
nahme der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. befindet, bei einer
Ganzkörperuntersuchung fünf bis sechs PET-Aufnahmen erforderlich sind.
Daraus folgt, daß auf der Grundlage der von der Revision für richtig be-
fundenen Auslegung unter maßgeblicher Berücksichtigung des technischen
Entwicklungsstands des Jahres 1996 jeder Durchschnittspatient, der sich einer
PET-Untersuchung des Ganzkörpers unterzieht, zu gewärtigen hätte, daß ihm
die Gebührennummer 5488 oder 5489 fünf- oder sechsmal berechnet wird.
Daß eine derartige Abrechnungsweise zu einem auffälligen Mißverhält-
nis zwischen Leistung und Gegenleistung führen würde, kann schon aufgrund
der Beschlußlage des - fachkundigen - Gebührenordnungsausschusses der
Bundesärztekammer angenommen werden, der eine zweimalige Veranschla-
gung für angemessen hält.
b) Der bei Berücksichtigung des personellen, sachlichen und zeitlichen
Mehraufwands verständliche Beschluß des Gebührenordnungsausschusses
entspricht nicht dem Gesetz. Auf der Grundlage des geltenden Gebührenrechts
kommen bei Anwendung allgemeiner Auslegungskriterien nur die Alternativen
in Betracht, bei einer Ganzkörper-Tumor-PET-Untersuchung die Nummer 5488
oder 5489 nur einmal für abrechnungsfähig zu erachten - was aus Sicht der
behandelnden Ärzte unbefriedigend sein mag - oder aber den fünf- oder
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sechsfachen Ansatz dieser Gebührennummer - was in jedem Falle eine völlig
unangemessene finanzielle Mehrbelastung vieler Patienten zur Folge hätte -
zuzulassen. Für die Lösung des Gebührenordnungsausschusses, wonach un-
abhängig von der Zahl der Aufnahmen und der verwendeten PET-Scanner ein-
heitlich eine zweimalige Veranschlagung der Nummer 5488 oder 5489 vorge-
nommen werden soll, bietet der Verordnungstext keinerlei Anhalt. Es ist aber
allein Sache des Verordnungsgebers, nicht Angelegenheit der Vertretungen
der Ärzte, darüber zu befinden, wie ärztliche Leistungen, gegebenenfalls auch
unter Berücksichtigung nach Erlaß der Verordnung eingetretener Veränderun-
gen des technischen Standards oder der Leistungsfähigkeit der verwendeten
Apparate, zu bewerten sind.
c) Eine Bestimmung der Leistung nach §§ 315 Abs. 1, 316 BGB nach
billigem Ermessen durch den behandelnden Arzt, der die Revision ausdrücklich
das Wort redet, kommt nicht in Betracht. Ein derartiges Ermessen ist nur bei
der Bestimmung der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Gebührenrahmens
- der sich im allgemeinen zwischen dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des
Gebührensatzes, bei den hier in Rede stehenden Leistungen nach Abschnitt O
zwischen dem Einfachen bis Zweieinhalbfachen des Gebührensatzes bewegt
(§ 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GOÄ) - anzuerkennen (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1
GOÄ). Darum geht es hier nicht.
d) Auch die Gerichte sind grundsätzlich nicht dazu befugt, die Entschei-
dung des Verordnungsgebers zu korrigieren. Soweit die Revision eine derarti-
ge Befugnis unter Hinweis auf eine Regelungslücke bejaht, die sich daraus
ergeben soll, daß das Gebührenverzeichnis wegen einer wesentlichen Ände-
rung der Verhältnisse so wenig sachgerecht ist, daß der Regelungscharakter
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verlorengegangen ist (vgl. auch OLG Düsseldorf, MedR 2002, 310), ist ihr nicht
zu folgen.
Eine Verordnung ist dann für den Richter unverbindlich, wenn sie wegen
Verstoßes gegen höherrangiges Recht - etwa Art. 3 oder 12 GG - nichtig ist,
was der Richter selbst feststellen kann (vgl. Art. 100 Abs. 1 GG). Demgegen-
über ist die These der Revision schon deshalb bedenklich, weil sie dem Richter
die Möglichkeit geben würde, sich schon unter Berufung auf den Gesichtspunkt
der fehlenden Sachgerechtigkeit über den bei Anwendung allgemeiner Ausle-
gungskriterien gewonnenen Inhalt einer - wenn auch untergesetzlichen, so
doch für den Rechtsanwender verbindlichen - Norm hinwegzusetzen. Der Se-
nat braucht dies nicht abschließend zu entscheiden. Aufgrund des Sach- und
Streitstandes und der Äußerungen der Bundesärztekammer kann vorliegend
allenfalls davon ausgegangen werden, daß ein zweifacher Ansatz der Num-
mer 5489 sachgerechter wäre als die nur einmalige Berücksichtigung. Daß
letztere Verfahrensweise - ebenso wie aus Sicht des Patienten die fünf- oder
sechsfache Veranschlagung - so unsachgemäß wäre, daß selbst unter Berück-
sichtigung der durch § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ ausdrücklich eröffneten Möglich-
keit, auch und gerade wegen eines höheren Zeitaufwands eine höhere Gebühr
(wie erwähnt bis zum Zweieinhalbfachen des Gebührensatzes) zu bestimmen,
nur der Verlust des Regelungscharakters und eine dadurch eröffnete Neube-
wertung durch den Richter zu einem aus Sicht des behandelnden Arztes (noch)
hinnehmbaren Ergebnis führen könnte, ist nicht ersichtlich oder dargetan.
e) Mangels Regelungslücke kommt auch eine Analogberechnung nach
§ 6 Abs. 2 GOÄ nicht in Betracht.
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Rinne Schlick Kapsa
Dörr Galke