Urteil des BGH vom 21.10.2002
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 389/02
Verkündet am:
18. September 2003
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
GOÄ Gebührenverzeichnis Nr. 5489
Bei der PET-Untersuchung mehrerer Körperregionen - hier: Abdomen, Thorax
und Extremitäten - darf die Nummer 5489  des  Gebührenverzeichnisses  auch
dann  nur  einmal  in  Rechnung  gestellt  werden,  wenn  aufgrund  der  Beschaf-
fenheit  des  verwendeten  PET-Scanners  für  die  Untersuchung  jeder  Region
eine eigene Aufnahme erstellt werden muß.
BGH, Urteil vom 18. September 2003 - III ZR 389/02 - OLG Bamberg
LG Bayreuth
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Der  III. Zivilsenat  des  Bundesgerichtshofs  hat  auf  die  mündliche  Verhandlung
vom  18.  September  2003  durch  den  Vorsitzenden  Richter  Dr.  Rinne  und  die
Richter Schlick, Dr. Kapsa, Dörr und Galke
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Bamberg vom  21. Oktober  2002  wird  zurück-
gewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die  Klägerin  ist  eine  Apparategemeinschaft,  zu  der  sich  mehrere  Ge-
meinschaftspraxen  für  Radiologie  und  Nuklearmedizin  in  Form  einer  Gesell-
schaft  bürgerlichen  Rechts  zusammengeschlossen  haben.  Sie  führte  im  Sep-
tember 2000 sowie im Januar und April 2001  bei  dem  Beklagten,  der  sich  bei
Vornahme der Untersuchungen jeweils in stationärer Behandlung befand, unter
anderem eine Tumorszintigraphie des Ganzkörpers und Positronen-Emissions-
Tomographien  (PET)  mit  quantifizierender  Auswertung  des  Abdomens,  des
Thorax  und  der  Extremitäten  durch.  Die  Klägerin  stellte  dem  Beklagten  mit
Schreiben  vom  11. Oktober  2000  sowie  vom  6. Februar  und  vom  4. Mai  2001
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die  Tumorszintigraphien,  Nummer 5431  des  Gebührenverzeichnisses,  je  ein-
mal  mit  dem  1,8-fachen  des  Gebührensatzes  (461,70 DM)  und  die  PET-
Abdomen,  PET-Thorax  und  PET-Extremitäten,  Nummer  5489  des  Gebühren-
verzeichnisses, je dreimal mit dem 1,8-fachen (1.539 DM) bzw. dem 2,3-fachen
(1.966,50 DM) des Gebührensatzes in Rechnung.
Nach  Klageerhebung  hat  der  Beklagte  von  den  Rechnungsbeträgen
über  insgesamt  6.127,66 DM,  6.982,66 DM  und  7.410,16 DM  Teilbeträge  von
5.347,96 DM,  2.731,66 DM  und  3.095,03 DM  anerkannt.  Aufgrund  dieses  An-
erkenntnisses,  bei  dem  der  Beklagte  bei  allen  Rechnungen  wegen  des  Zu-
sammenhangs  der  Untersuchungen  mit  der  stationären  Behandlung  eine  Min-
derung  um  15 v.H.  nach  § 6a  Abs. 1  Satz 2  GOÄ  vorgenommen  und  darüber
hinaus in den Rechnungen vom 6. Februar und 4. Mai 2001 die Nummer 5489
des Gebührenverzeichnisses nur einmal berücksichtigt hatte, hat das Landge-
richt  den  Beklagten  durch  Teilanerkenntnisurteil  vom  9. Oktober  2001  zur
Zahlung von 11.174,65 DM nebst Zinsen verurteilt.
Die Klägerin ihrerseits hat sich nach Erlaß des im schriftlichen Verfahren
ergangenen  Teilanerkenntnisurteils,  aber  noch  vor  Beginn  der  mündlichen
Verhandlung  dazu  bereitgefunden,  sich  hinsichtlich  der  Rechnungen  vom
6. Februar  und  4. Mai  2001  mit  der  zweimaligen  Veranschlagung  der  Num-
mer 5489 des Gebührenverzeichnisses zu begnügen, und demzufolge die Kla-
ge in Höhe eines Teilbetrags von 3.505,50 DM zurückgenommen.
Das  Landgericht  hat  den  Beklagten  durch  Endurteil  vom  11.  Januar
2002  unter  Abweisung  der  Klage  im  übrigen  dazu  verurteilt,  an  die  Klägerin
(weitere)  3.427,53 DM  nebst  Zinsen  zu  zahlen.  Dabei  ist  das  Landgericht  da-
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von  ausgegangen,  daß  in  den  Rechnungen  der  Klägerin  vom  6. Februar  und
4. Mai  2001  die  Nummer 5489  des  Gebührenverzeichnisses  zweimal  habe  in
Ansatz gebracht werden dürfen, jedoch bei allen Rechnungen eine Minderung
um  15 v.H.  des  Rechnungsbetrages  gemäß  § 6a  Abs. 1  Satz 2  GOÄ  vorzu-
nehmen sei.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Nachdem
die  Klägerin  im  Laufe  des  Berufungsverfahrens  von  dem  Senatsurteil  vom
13. Juni 2002 (BGHZ 151, 102) Kenntnis erlangt hatte, in dem der Senat eine
Minderungspflicht nach § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ bei der Behandlung von Kran-
kenhauspatienten  auch  für  den  Fall  bejaht  hat,  daß  der  niedergelassene  Arzt
seine  Leistungen  in  der  eigenen  Praxis  und  ohne  Inanspruchnahme  von  Ein-
richtungen, Mitteln und Diensten des Krankenhauses erbracht hat, hat sie ihre
Berufung zurückgenommen.
Das Oberlandesgericht hat die Klage, soweit über sie nicht bereits durch
das Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts vom 9. Oktober 2001 entschieden
worden ist, in vollem  Umfang  abgewiesen.  Mit  der  - vom  Berufungsgericht  zu-
gelassenen -  Revision  strebt  die  Klägerin  die  Wiederherstellung  des  landge-
richtlichen Urteils an.
Entscheidungsgründe
Die Revision bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht an-
genommen,  daß  die  Klägerin  in  den  Rechnungen  vom  6. Februar  und  4. Mai
2001 die bei dem Beklagten im Januar und Februar 2001 durchgeführten PET-
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Untersuchungen, die sich jeweils auf mehrere Körperregionen (Abdomen, Tho-
rax,  Extremitäten)  erstreckt  hatten,  die  Nummer 5489  des  Gebührenverzeich-
nisses  nur  einmal  hätte  in  Ansatz  bringen  dürfen  (im  Ergebnis  wohl  ebenso
Brück, GOÄ, 3. Aufl. [Stand: 1. Januar 2002], vor Nr. 5486; Lang/Schäfer/Stiel/
Vogt,  GOÄ,  vor  Nr. 5486;  insoweit  unklar  Hoffmann,  GOÄ,  3. Aufl.  [Stand:  Ja-
nuar 2003], Nr. 5400 bis 5607 Rn. 5).
Da die Legende der Nummer 5489 sich zu der Frage,  ob  diese  Gebüh-
renziffer  einmal  oder  mehrfach  berechnungsfähig  ist,  wenn  sich  eine  PET-
Untersuchung  nicht  nur  auf  ein  Organ  oder  eine  Körperregion,  sondern  auf
mehrere Organe oder Regionen erstreckt, nicht ausdrücklich verhält, steht der
Wortlaut  dieser  Nummer  des  Gebührenverzeichnisses  für  sich  genommen  ei-
ner  mehrfachen  Abrechnung  für  den  Fall,  daß  - wie  hier  -  mehrere  Körperre-
gionen  untersucht  werden,  nicht  zwingend  entgegen.  Unter  Berücksichtigung
von Wortlaut und Systematik des Abschnitts O sowie von Sinn und Zweck der
Bestimmung als Bestandteil einer gesetzlichen Preisvorschrift ist jedoch davon
auszugehen,  daß  auch  in  einem  solchen  Fall  die  Nummer 5489  nur  einmal  in
Ansatz gebracht werden darf. Dabei spielt es keine Rolle, ob bei der Untersu-
chung mehrerer Körperregionen eine einzige PET-Aufnahme - so liegt der Fall
in dem ebenfalls mit Urteil vom heutigen Tage entschiedenen Verfahren III ZR
416/02 - oder aber - wie hier - mehrere PET-Aufnahmen erstellt werden.
1.
Die  in  Abschnitt O  (Strahlendiagnostik,  Nuklearmedizin,  Magnetreso-
nanztomographie  und  Strahlentherapie)  Unterabschnitt  II  (Nuklearmedizin)
Nr. 1  (diagnostische  Leistungen  [In-vivo-Untersuchungen])  Buchst. o  (Emissi-
ons-Computer-Tomographie)  unter  den  Nummern 5486  bis  5489  erfaßten  Lei-
stungen  (SPECT-  und  PET-Untersuchungen)  erfassen  ergänzende  Untersu-
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chungen,  die  im  Zusammenhang  mit  einer  anderen  Basisleistung  der  Szinti-
graphie  erbracht  werden  (vgl.  Brück  aaO,  Lang/Schäfer/Stiel/Vogt  aaO,  Hoff-
mann  aaO).  Bei  der  - hier  vorliegenden -  Basisleistung  Tumorszintigraphie
(Buchst. f  der  Untergliederung O  II 1)  unterscheidet  das  Gebührenverzeichnis
danach, ob sich die Szintigraphie auf eine Region (Nummer 5430) oder auf den
Ganzkörper  (Stamm  und/oder  Extremitäten)  erstreckt  (Nummer  5431).  In  den
Erläuterungen zu Buchst. f hat der Verordnungsgeber ausdrücklich klargestellt,
daß  die  Leistungen  nach  den  Nummern 5430  und  5431  nicht  nebeneinander
berechnungsfähig sind und bei  der  Untersuchung  mehrerer  Regionen  die  Lei-
stung  nach  Nummer 5430  nicht  mehrfach  berechnungsfähig  ist.  Bei  anderen
Basisleistungen wird demgegenüber auf das zu untersuchende Organ (vgl. et-
wa die Untergliederung O II 1 a, b, c usw. = Schilddrüse, Gehirn, Lunge usw.)
abgestellt.  Angesichts  dieser  Zusammenhänge  legt  der  Umstand,  daß  die  all-
gemein gehaltene Legende zu den Nummern 5488 und 5489 keine Differenzie-
rung  hinsichtlich  der  betroffenen  Organe  und  Körperregionen  vornimmt,  den
Schluß  nahe,  daß  es  bei  der  Abrechnung  von  Leistungen  nach  den  Num-
mern 5488 und 5489, die mit 6.000 und 7.500 Punkten im Vergleich zu den in
Betracht  kommenden  Basisleistungen  hoch  bewertet  werden,  keine  Rolle
spielt, welches Organ oder welche Region Gegenstand der PET-Untersuchung
ist,  und  ob  sich  die  Untersuchung  nur  auf  ein  Organ  bzw.  eine  Körperregion
oder aber auf mehrere Organe bzw. Regionen oder sogar auf den Ganzkörper
erstreckt, also selbst im letzteren Falle diese Nummer nur einmal in Ansatz ge-
bracht werden darf.
2.
Die  von  der  Revision  gegen  diese  bereits  vom  Wortlaut  nahegelegte
Auslegung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
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a) Nach der Nummer 2 Satz 1 der Allgemeinen Bestimmungen zum Un-
terabschnitt O II sind Ergänzungsleistungen nach den Nummern 5480 bis 5485
je  Basisleistung  oder  zulässiger  Wiederholungsuntersuchung  nur  einmal  be-
rechnungsfähig.  Aus  dieser  von  der  Revision  angeführten  Bestimmung  ergibt
sich indes nur, daß eine Mehrfachberechnung von Leistungen nach den Num-
mern 5488  oder  5489  im  Zusammenhang  mit  einer  Basisleistung  nicht  von
vornherein  ausgeschlossen  ist.  Die  Vorschrift  zwingt  jedoch  keineswegs  zu
dem Umkehrschluß, die Beschreibung müsse so  eng  verstanden  werden,  daß
bei  Erbringung  derartiger  Leistungen  hinreichend  Raum  für  Mehrfachberech-
nungen verbleibt. Insbesondere  wird  hierdurch  eine  Auslegung  der  Leistungs-
beschreibung der Nummern 5488 und 5489,  die  dazu  führt,  daß  im  Regelfalle
je  Untersuchung  oder  Sitzung  ein  mehrfacher  Ansatz  dieser  Gebührennum-
mern zu unterbleiben hat, nicht in Frage gestellt.
Der  Hinweis  der  Revision  auf  die  Nummer 6  der  Allgemeinen  Bestim-
mungen zum Unterabschnitt I geht schon deshalb fehl, weil diese Bestimmung
lediglich den Unterabschnitt Strahlendiagnostik und nicht den vorliegend allein
in Rede stehenden Unterabschnitt Nuklearmedizin betrifft.
b) Vergeblich macht die Revision unter Hinweis auf eine Stellungnahme
der  Bundesärztekammer  geltend,  bei  der  Auslegung  der  Legende  der  Num-
mern 5488  und  5489  sei  entscheidend  zu  berücksichtigen,  daß  nach  dem  bei
Aufnahme  des  PET-Untersuchungsverfahrens  in  das  Gebührenverzeichnis  im
Jahre  1996  gegebenen  technischen  Entwicklungsstand  ausschließlich  Unter-
suchungen  kleinerer  Körperregionen  möglich  gewesen  seien.  Selbst  wenn
dies,  was  unterstellt  werden  kann,  zutreffen  sollte,  so  erlaubt  dieser  Befund
noch nicht den Schluß, wegen der fehlenden Differenzierung der Untersuchung
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nach  Körperregionen  bzw.  Organen  oder  des  Ganzkörpers  seien  nach  dem
Willen  des  Verordnungsgebers  organ-  oder  körperregionübergreifende  Unter-
suchungen  in  jedem  Falle  mehrfach  abrechnungsfähig,  und  zwar  selbst  dann,
wenn  - dem  heutigen  Entwicklungsstand  entsprechend -  PET-Scanner  zur
Verfügung  stehen,  die  auch  bei  Ganzkörperuntersuchungen  nur  eine  einzige
PET-Aufnahme  erforderlich  machen.  Aus  der  Amtlichen  Begründung  zum  Ge-
bührenverzeichnis  (BR-Drucks.  211/94  S. 91 f;  vgl.  auch  BR-Drucks.  688/95)
ergeben sich insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
3.
Auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bei seiner Ent-
scheidung nicht hinreichend berücksichtigt, daß bei den berechneten PET-Un-
tersuchungen des Abdomens, des Thorax und der  Extremitäten  nicht  nur  eine
einzige,  sondern  jeweils  drei  Aufnahmen  erstellt  wurden,  greift  nicht  durch.
Darauf kommt es nicht an.
Die  Gebührenordnung  für  Ärzte  soll  als  gesetzliche  Preisvorschrift  ge-
währleisten,  daß  (im  wesentlichen)  gleichartige  bzw.  gleichwertige  ärztliche
Leistungen  (im  wesentlichen)  gleich  vergütet  werden.  Aufgrund  dessen  ist  es
geboten, daß eine PET-Untersuchung von Abdomen, Thorax und Extremitäten
unabhängig  davon  nach  denselben  Kriterien  zu  vergüten  ist,  ob  hierfür  eine
oder drei PET-Aufnahmen erstellt werden müssen. Andernfalls würde die Höhe
der  Vergütung  von  dem  aus  Sicht  des  Patienten  zufälligen  und  damit  zu  will-
kürlichen Ergebnissen führenden Umstand abhängen, ob der ihn behandelnde
Arzt über einen modernen leistungsfähigen PET-Scanner verfügt, bei dem nur
ein  Untersuchungsgang  erforderlich  ist,  oder  aber  ein  herkömmliches  Gerät,
bei  dem  diese  Untersuchung  drei  Aufnahmen  notwendig  macht.  Dies  ist  auch
die  Auffassung  der  Bundesärztekammer,  deren  Gebührenordnungsausschuß
-  9  -
beschlossen  hat,  daß  bei  einer  Ganzkörper-Tumor-PET  die  Gebührenpositio-
nen  Nummer 5488  oder  5489  unabhängig  davon  zweimal  in  Ansatz  kommen
sollen,  wie  viele  Einzelaufnahmen  in  Abhängigkeit  von  dem  jeweils  zur  Verfü-
gung  stehenden  PET-Scanner  im  Einzelfall  erforderlich  waren  (abgedruckt  im
Deutschen Ärzteblatt 2002, B 121 unter Nr. 9).
4.
Allein  die  Auslegung,  daß  bei  PET-Untersuchungen  mehrerer  Organe
bzw.  Körperregionen  oder  des  Ganzkörpers  die  Nummer 5488  oder  5489  nur
einmal  abgerechnet  werden  darf,  führt  zu  einer  (noch)  angemessenen  Vergü-
tung  der  in  Rede  stehenden  ärztlichen  Leistung.  Dabei  kann  dahinstehen,  ob
die im Gebührenordnungsausschuß der Bundesärztekammer  für  richtig  befun-
dene zweimalige Berücksichtigung der Nummer 5488 oder 5489 in Anbetracht
des entstehenden sachlichen und personellen (Mehr-)Aufwands sachgerechter
wäre;  dieser  vom  Gebührenordnungsausschuß  eingeschlagene  "Mittelweg"  ist
mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren.
a) Müssen aufgrund der Beschaffenheit des verwendeten PET-Scanners
bei der Untersuchung mehrerer Körperregionen oder des Ganzkörpers mehre-
re  Aufnahmen  gefertigt  werden,  so  liegt  auf  der  Hand,  daß  damit  ein  höherer
Aufwand  verbunden  ist  als  bei  Anfertigung  einer  einzigen  Aufnahme.  Weiter
kann davon ausgegangen werden, daß auch  bei  Einsatz  eines  modernen,  lei-
stungsfähigeren
- und
wesentlich
teureren -
Positronen-Emissions-
Tomographen, bei dem auch Ganzkörper-Untersuchungen nur  eine  Aufnahme
notwendig  machen,  eine  derartige  Untersuchung  einen  nennenswerten  zeitli-
chen - und damit auch sachlichen und personellen - Mehraufwand erforderlich
macht als die Untersuchung eines einzigen Organs oder einer einzigen Körper-
region.
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Bei  der  Beantwortung  der  Frage,  ob  und  wie  diesem  Mehraufwand  auf
der  Grundlage  des  geltenden  Rechts  Rechnung  getragen  werden  könnte,  ist
indes zu berücksichtigen, daß  nach  dem  Vorbringen  der  Klägerin,  die  sich  in-
soweit in Übereinstimmung mit einer von ihr zu den Akten gereichten Stellung-
nahme der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. befindet, bei einer
Ganzkörperuntersuchung fünf bis sechs PET-Aufnahmen erforderlich sind.
Daraus folgt, daß auf der Grundlage der von der Revision für richtig be-
fundenen  Auslegung  unter  maßgeblicher  Berücksichtigung  des  technischen
Entwicklungsstands des Jahres 1996 jeder Durchschnittspatient, der sich einer
PET-Untersuchung des Ganzkörpers unterzieht, zu  gewärtigen  hätte,  daß  ihm
die Gebührennummer 5488 oder 5489 fünf- oder sechsmal berechnet wird.
Daß  eine  derartige  Abrechnungsweise  zu  einem  auffälligen  Mißverhält-
nis zwischen Leistung und Gegenleistung führen würde,  kann  schon  aufgrund
der  Beschlußlage  des  - fachkundigen -  Gebührenordnungsausschusses  der
Bundesärztekammer  angenommen  werden,  der  eine  zweimalige  Veranschla-
gung für angemessen hält.
b)  Der  bei  Berücksichtigung  des  personellen,  sachlichen  und  zeitlichen
Mehraufwands  verständliche  Beschluß  des  Gebührenordnungsausschusses
entspricht nicht dem Gesetz. Auf der Grundlage des geltenden Gebührenrechts
kommen  bei  Anwendung  allgemeiner  Auslegungskriterien  nur  die  Alternativen
in Betracht, bei einer Ganzkörper-Tumor-PET-Untersuchung die Nummer 5488
oder  5489  nur  einmal  für  abrechnungsfähig  zu  erachten  - was  aus  Sicht  der
behandelnden  Ärzte  unbefriedigend  sein  mag -  oder  aber  den  fünf-  oder
-  11  -
sechsfachen  Ansatz  dieser  Gebührennummer  - was  in  jedem  Falle  eine  völlig
unangemessene  finanzielle  Mehrbelastung  vieler  Patienten  zur  Folge  hätte -
zuzulassen.  Für  die  Lösung  des  Gebührenordnungsausschusses,  wonach  un-
abhängig von der Zahl der Aufnahmen und der verwendeten PET-Scanner ein-
heitlich  eine  zweimalige  Veranschlagung  der  Nummer  5488  oder  5489  vorge-
nommen  werden  soll,  bietet  der  Verordnungstext  keinerlei  Anhalt.  Es  ist  aber
allein  Sache  des  Verordnungsgebers,  nicht  Angelegenheit  der  Vertretungen
der Ärzte, darüber zu befinden, wie ärztliche Leistungen, gegebenenfalls auch
unter Berücksichtigung nach Erlaß der  Verordnung  eingetretener  Veränderun-
gen  des  technischen  Standards  oder  der  Leistungsfähigkeit  der  verwendeten
Apparate, zu bewerten sind.
c)  Eine  Bestimmung  der  Leistung  nach  §§ 315  Abs. 1,  316  BGB  nach
billigem Ermessen durch den behandelnden Arzt, der die Revision ausdrücklich
das  Wort  redet,  kommt  nicht  in  Betracht.  Ein  derartiges  Ermessen  ist  nur  bei
der  Bestimmung  der  Gebühr  innerhalb  des  vorgegebenen  Gebührenrahmens
- der  sich  im  allgemeinen  zwischen  dem  Einfachen  bis  Dreieinhalbfachen  des
Gebührensatzes, bei den hier in Rede stehenden Leistungen nach Abschnitt O
zwischen  dem  Einfachen  bis  Zweieinhalbfachen  des  Gebührensatzes  bewegt
(§ 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GOÄ) - anzuerkennen (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1
GOÄ). Darum geht es hier nicht.
d) Auch die Gerichte sind grundsätzlich nicht dazu befugt, die Entschei-
dung des Verordnungsgebers zu korrigieren. Soweit die Revision eine derarti-
ge  Befugnis  unter  Hinweis  auf  eine  Regelungslücke  bejaht,  die  sich  daraus
ergeben  soll,  daß  das  Gebührenverzeichnis  wegen  einer  wesentlichen  Ände-
rung  der  Verhältnisse  so  wenig  sachgerecht  ist,  daß  der  Regelungscharakter
-  12  -
verlorengegangen ist (vgl. auch OLG Düsseldorf, MedR 2002, 310), ist ihr nicht
zu folgen.
Eine Verordnung ist dann für den Richter unverbindlich, wenn sie wegen
Verstoßes  gegen  höherrangiges  Recht  - etwa  Art. 3  oder  12  GG -  nichtig  ist,
was  der  Richter  selbst  feststellen  kann  (vgl.  Art. 100  Abs. 1  GG).  Demgegen-
über ist die These der Revision schon deshalb bedenklich, weil sie dem Richter
die Möglichkeit geben würde, sich schon unter Berufung auf den Gesichtspunkt
der  fehlenden  Sachgerechtigkeit  über  den  bei  Anwendung  allgemeiner  Ausle-
gungskriterien  gewonnenen  Inhalt  einer  - wenn  auch  untergesetzlichen,  so
doch  für  den  Rechtsanwender  verbindlichen -  Norm  hinwegzusetzen.  Der  Se-
nat  braucht  dies  nicht  abschließend  zu  entscheiden.  Aufgrund  des  Sach-  und
Streitstandes  und  der  Äußerungen  der  Bundesärztekammer  kann  vorliegend
allenfalls  davon  ausgegangen  werden,  daß  ein  zweifacher  Ansatz  der  Num-
mer 5489  sachgerechter  wäre  als  die  nur  einmalige  Berücksichtigung.  Daß
letztere  Verfahrensweise  - ebenso  wie  aus  Sicht  des  Patienten  die  fünf-  oder
sechsfache Veranschlagung - so unsachgemäß wäre, daß selbst unter Berück-
sichtigung  der  durch  § 5  Abs. 2  Satz 1  GOÄ  ausdrücklich  eröffneten  Möglich-
keit, auch und gerade wegen eines höheren Zeitaufwands eine höhere Gebühr
(wie erwähnt bis zum Zweieinhalbfachen des Gebührensatzes)  zu  bestimmen,
nur  der  Verlust  des  Regelungscharakters  und  eine  dadurch  eröffnete  Neube-
wertung durch den Richter zu einem aus Sicht des behandelnden Arztes (noch)
hinnehmbaren Ergebnis führen könnte, ist nicht ersichtlich oder dargetan.
e)  Mangels  Regelungslücke  kommt  auch  eine  Analogberechnung  nach
§ 6 Abs. 2 GOÄ nicht in Betracht.
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Rinne                                               Schlick                                                Kapsa
Dörr                                                      Galke