Urteil des BGH vom 02.01.1863

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 271/02
Verkündet am:
28. März 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
nein
BGHZ:
nein
BGHR: ja
§ 8 GBBerG
a) § 8 GBBerG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
b) Zu den sonstigen nicht im Grundbuch eingetragenen beschränkten dinglichen
Rechten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG gehören auch Grunddienstbarkeiten
nach dem sächs. BGB vom 2. Januar 1863.
c) Zur Wahrung der Frist des § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG genügt eine Klage auf Ein-
räumung eines Notwegrechts nicht.
BGH, Urt. v. 28. März 2003 - V ZR 271/02 - LG Leipzig
AG Borna
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. März 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landge-
richts Leipzig vom 3. Juli 2002 wird auf Kosten der Klägerinnen
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien sind Eigentümer zweier benachbarter Hausgrundstücke in
R. . Zwischen beiden Häusern verläuft ein Torweg, in dessen Innern die
Hauseingänge zu den Häusern der Parteien liegen. Der Torweg befindet sich
heute auf dem Grundstück des Beklagten.
Die Grundstücke der Parteien standen ursprünglich in ungeteiltem Ei-
gentum eines Rechtsvorgängers der Klägerinnen. Dieser verkaufte das heute
dem Beklagten gehörende Grundstück durch Vertrag vom 18. September 1894
an einen Rechtsvorgänger des Beklagten. In dem Kaufvertrag war eine Grund-
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dienstbarkeit für den jeweiligen Eigentümer des heute den Klägerinnen gehö-
renden Grundstücks vereinbart, aufgrund derer der jeweilige Eigentümer den
Torweg auch als Zugang zum Hof des Hauses der Klägerinnen nutzen durfte.
Diese Grunddienstbarkeit konnte seinerzeit nicht eingetragen werden, weil das
sächsische Bürgerliche Gesetzbuch vom 2. Januar 1863 (sächs. BGB) die Ein-
tragung von Dienstbarkeiten an Immobilien nicht vorsah. Sie wurde auch in der
Folgezeit nicht eingetragen.
Durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Amtsgerichts B. vom
26. November 1997 wurde der Beklagte verurteilt, den Klägerinnen die Nut-
zung des Torwegs bis zu ihrer Haustür zu gestatten. Die Klägerinnen haben mit
der am 27. September 2001 bei dem Amtsgericht eingegangenen Klage von
dem Beklagten die Bewilligung der Eintragung einer altrechtlichen Grund-
dienstbarkeit verlangt, die sie zu einer weitergehenden Nutzung des Torwegs
als Zugang auch zum Hof ihres Hauses berechtigt.
Das Amtsgericht und das Berufungsgericht haben die Klage abgewie-
sen. Mit ihrer von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläge-
rinnen ihren Antrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist durch den Vertrag vom
18. September 1894 eine Grunddienstbarkeit sächsischen Rechts zugunsten
des jeweiligen Eigentümers des heute den Klägerinnen gehörenden Grund-
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stücks entstanden. Diese Grunddienstbarkeit sei aber nach § 8 GBBerG erlo-
schen, weil der Beklagte die Eintragung der Grunddienstbarkeit nicht bewilligt
habe und die Klägerinnen die Klage auf Bewilligung der Eintragung verspätet
erhoben hätten. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung bestün-
den nicht. Die Vorschrift diene der Bereinigung der Grundbücher im Interesse
von Investitionen. Die Inhaber der betroffenen Rechte hätten ihre jeweilige Po-
sition durch rechtzeitige Klageerhebung erhalten können. Die dafür vorgese-
hene Frist von 7 Jahren sei ausreichend lang.
II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß zugun-
sten der Klägerinnen eine Grunddienstbarkeit an dem Grundstück des Be-
klagten mit den von ihnen angestrebten Inhalt einer weitergehenden Nutzung
des Torwegs bestand. Diese Dienstbarkeit ist aufgrund des § 3a des Vertrages
vom 18. September 1894 entstanden, durch den der Rechtsvorgänger der Klä-
gerinnen dem Rechtsvorgänger des Beklagten das diesem heute gehörende
Teilgrundstück verkauft hat. Zur Begründung einer solchen Grunddienstbarkeit
war nach § 574 Satz 1 sächs. BGB nur eine Einigung zwischen dem Berech-
tigten und dem Grundstückseigentümer, nicht jedoch die Eintragung in das
Grundbuch erforderlich. Zwar war seinerzeit in Sachsen das Grundbuch schon
eingeführt. § 276 sächs. BGB bestimmte auch, daß das Eigentum an einem
Grundstück nur durch Einigung über den Eigentumsübergang und Eintragung
der Rechtsänderung in das Grundbuch erworben werden konnte. Das sächsi-
sche Bürgerliche Gesetzbuch sah aber die Eintragung nicht als zwingende
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Voraussetzung für die Entstehung einer Grunddienstbarkeit vor. Das Bestehen
und der Inhalt von Grunddienstbarkeiten seien den Beteiligten hinreichend be-
kannt. Eine Eintragung sei auch angesichts des im sächsischen Bürgerlichen
Gesetzbuch vorgegebenen Inhalts solcher Dienstbarkeiten nicht erforderlich
(Siebenhaar/Siegmann, Commentar zu dem Bürgerlichen Gesetzbuch für das
Königreich Sachsen, Bd. 1, 2. Aufl., 1869 S. 283). An dem Fortbestand dieser
altrechtlichen Grunddienstbarkeit hat sich in der Folgezeit nichts geändert.
Nach Art. 184 EGBGB blieben altrechtliche Grunddienstbarkeiten, die wie sol-
che nach sächsischem Recht nicht eintragungsfähig oder eintragungsbedürftig
waren, auch nach Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 erhalten, ohne daß
es dazu der Eintragung solcher Dienstbarkeiten in das Grundbuch bedurft hät-
te. Sie hatten auch ohne Eintragung gegenüber dem öffentlichen Glauben des
Grundbuchs Bestand, Art. 187 Abs. 1 Satz 1 EGBGB. Von der in Art. 187
Abs. 2 Satz 1 EGBGB vorgesehenen Möglichkeit, die Wirksamkeit solcher
Rechte von der Eintragung abhängig zu machen, ist in Sachsen nicht
Gebrauch gemacht worden. Dabei blieb es nach § 6 Abs. 1 EGZGB auch, als
das BGB in der DDR am 1. Januar 1976 durch das ZGB abgelöst wurde.
Schließlich hat auch die Wiedereinführung des BGB in der DDR am 3. Oktober
1990 nach Art. 233 § 5 EGBGB in der seinerzeit geltenden Fassung nichts an
dem Fortbestand geändert.
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht ferner zu dem Ergebnis gelangt,
daß diese zunächst fortbestehende Grunddienstbarkeit der Klägerinnen an
dem Grundstück des Beklagten mit dem Ablauf des 31. Dezember 2000 nach
§ 8 Abs. 1 Satz 1 des Grundbuchbereinigungsgesetzes vom 20. Dezember
1993 (BGBl. I S. 2182 – GBBerG) erloschen ist. Die Vorschrift bestimmt, daß
ein nicht im Grundbuch eingetragenes Mitbenutzungsrecht oder ein sonstiges
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beschränktes dingliches Recht mit dem Ablauf des 31. Dezember 1995 erlischt,
wenn nicht der Eigentümer vorher in notariell beurkundeter oder beglaubigter
Form das Bestehen des Rechts anerkannt und seine Eintragung bewilligt oder
der Inhaber des Rechts von dem Eigentümer die Abgabe dieser Erklärungen in
einer zur Unterbrechung der Verjährung nach § 209 BGB a.F. geeigneten Wei-
se verlangt hat. Die in § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG bestimmte Frist ist durch § 13
Abs. 1 der Sachenrechts-Durchführungsverordnung vom 20. Dezember 1994
(BGBl. I S. 3900) bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005, längstens jedoch bis
zu dem Tag verlängert worden, seit dem der öffentliche Glaube des Grund-
buchs für die in Art. 233 § 5 Abs. 1 EGBGB bezeichneten beschränkten dingli-
chen Rechte wieder in vollem Umfang gilt. Nach der letzten Änderung des
Art. 233 § 5 Abs. 2 durch Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 des Zweiten Eigentumsfristenge-
setzes vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2493) ist der öffentliche Glaube des
Grundbuchs seit dem Ablauf des 31. Dezember 2000 in vollem Umfang wieder
hergestellt. Denn vom 1. Januar 2001 an gelten die in Art. 233 § 5 Abs. 2
EGBGB bestimmten Ausnahmen vom öffentlichen Glauben des Grundbuchs
nicht mehr. Die Klägerinnen hätten deshalb bis zum Ablauf des 31. Dezember
2000 von dem Beklagten eine Anerkennung und Bewilligung der Eintragung
ihres Rechts in öffentlich beglaubigter oder öffentlich beurkundeter Form errei-
chen oder die Bewilligung der Eintragung in einer zur Unterbrechung der Ver-
jährung geeigneten Form, insbesondere durch Erhebung einer Klage, verlan-
gen müssen. Das ist nicht geschehen. Die Klägerinnen haben von dem Be-
klagten zwar mit ihrer Klage vom 4. August 1997 vor dem Amtsgericht Borna
verlangt, ihnen den Zugang zu ihrem Grundstück durch den Torweg zu gewäh-
ren. Diese Klage war aber auf ein Notwegrecht nach § 917 BGB und auf Ge-
wohnheitsrecht gestützt. Beides setzte voraus, daß den Klägerinnen gerade
kein dingliches Recht an dem Grundstück des Beklagten zustand. Diese Klage
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war nicht geeignet, die Verjährung eines Anspruchs auf Bewilligung der Eintra-
gung eines bestehenden dinglichen Rechts an dem Grundstück im Sinne des
§ 209 BGB a.F. zu unterbrechen. Die Grunddienstbarkeit ist deshalb mit dem
Ablauf des 31. Dezember 2000 erloschen.
a) Artikel 14 GG ist nicht verletzt. Bei § 8 GBBerG handelt es sich um
eine nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässige Bestimmung von Inhalt und
Schranken des Eigentums in bezug auf derartige beschränkte dingliche Rech-
te. Die Versäumung der darin bestimmten Frist hat zwar dazu geführt, daß die
Klägerinnen mit ihrer Dienstbarkeit eine Eigentumsposition verloren haben. Der
gesetzlich angeordnete Verlust eines nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ge-
schützten (dinglichen) Rechts ist aber nicht in jedem Fall eine (Legal-) Enteig-
nung. Zwar wird das Vorliegen einer Enteignung entscheidend durch den Ent-
zug des Eigentums geprägt (BVerfGE 24, 367, 394; 52, 1, 27). Eine nach
Art. 14 Abs. 3 GG entschädigungspflichtige Enteignung liegt aber dann nicht
vor, wenn der Gesetzgeber im Zuge der generellen Neugestaltung eines
Rechtsgebiets bestehende Rechte abschafft, für die es im neuen Recht keine
Entsprechung gibt (BVerfG, NJW 1991, 1807, 1808). Das gilt insbesondere
dann, wenn eine gesetzliche Regelung wie § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG zur An-
gleichung altrechtlicher Dienstbarkeiten an Dienstbarkeiten nach dem BGB
bestimmt, daß das Recht nur dann erlischt, wenn es nicht eingetragen ist und
innerhalb einer gesetzlich bestimmten Frist weder das Recht anerkannt und
seine Eintragung bewilligt worden ist noch eine auf Abgabe der Eintragungs-
bewilligung gerichtete Klage erhoben oder eine sonstige verjährungsunterbre-
chende Handlung vorgenommen wurde. Der Gesetzgeber darf danach Eigen-
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tumsrechten nicht nur einen neuen Inhalt geben. Ebenso wie er neue Rechte
einführen darf, kann er auch das Entstehen von Rechten, die nach bisherigem
Recht möglich waren, für die Zukunft ausschließen. Es ist ihm auch nicht aus-
nahmslos verwehrt, die nach altem Recht begründeten Rechte der Neurege-
lung anzugleichen, selbst wenn dabei die bisher mit dem Recht verbundenen
Befugnisse eingeschränkt werden. Die Eigentumsgarantie gebietet insoweit
nicht, einmal ausgestaltete Rechtspositionen für alle Zukunft in ihrem Inhalt
unangetastet zu lassen (BVerfGE 31, 275, 284 ff., 289 f.; 36, 281, 293; 42, 263,
294; 58, 300, 351). Selbst die völlige Beseitigung bisher bestehender durch die
Eigentumsgarantie geschützter Rechtspositionen kann unter bestimmten Vor-
aussetzungen zulässig sein (BVerfGE 78, 58, 75).
b) Für solche gesetzlichen Regelungen hat das Bundesverfassungsge-
richt in seinen Beschlüssen vom 9. Januar 1991 (NJW 1991, 1807, 1808) und
vom 7. März 2002 (NVwZ 2002, 1365) folgende Voraussetzungen aufgestellt:
-
In bestehende Eigentumspositionen darf nur durch eine gesetzli-
che Regelung eingegriffen werden, die unabhängig von dem Ein-
griff in die Eigentumsposition ansonsten verfassungsgemäß ist.
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Der Eingriff in die Eigentumsposition muß durch ein öffentliches
Interesse gerechtfertigt sein. Dieses muß von einem Gewicht sein,
das stärker ist als das Vertrauen der betroffenen Bürger in den
Fortbestand ihrer Rechtsposition.
-
Der Gesetzgeber muß den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit be-
achten und in der Ausgestaltung der Regelung dabei dem Um-
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stand Rechnung tragen, daß eine solche Regelung im Ergebnis
wie eine Enteignung wirkt.
Entgegen der Annahme der Revision genügt § 8 GBBerG diesen Anfor-
derungen.
von Grunddienstbarkeiten verfassungsgemäß.
(1) Der Bundesgesetzgeber hat mit § 8 GBBerG nicht, wie die Revision
meint, unzulässigerweise eine Materie des Landesrechts geregelt. § 8 GBBerG
ist Teil der Überleitungsregelungen, die der Bundesgesetzgeber erlassen hat,
um das Sachenrecht des BGB in den neuen Ländern wieder einzuführen. Das
Sachenrecht gehört zu den Kernmaterien des bürgerlichen Rechts, so daß der
Bundesgesetzgeber nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG eine konkurrierende Gesetz-
gebungszuständigkeit hat. Art. 233 § 5 EGBGB und § 8 GBBerG überlassen
nicht etwa dem Landesrecht die Regelung dieser Fragen. Sie regeln kein Lan-
desrecht, sondern bestimmen nur, in welcher Weise und mit welchem Inhalt die
unter altem (Landes-) Recht entstandenen beschränkten dinglichen Rechte in
das neue Recht überführt werden. Auch das gehört zur Kompetenz des Bun-
desgesetzgebers, der eine umfassende Regelung des bürgerlichen Rechts und
die Wiedereinführung einer solchen Regelung im Beitrittsgebiet nicht ohne ent-
sprechende Überleitungsvorschriften vornehmen durfte.
(2) Die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, für nicht gebuchte be-
schränkte dingliche Rechte im Beitrittgebiet eine andere gesetzliche Regelung
vorzusehen als für ähnliche Rechte im bisherigen Bundesgebiet verstößt ent-
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gegen der Ansicht der Revision auch nicht gegen Art. 3 GG. Denn die zugrun-
de liegenden Sachverhalte sind verschieden. Der Bundesgesetzgeber hatte mit
Art. 233 § 5 Abs. 2 Satz 1 EGBGB in der bis zum 20. Dezember 1993 gelten-
den Fassung für altrechtliche Dienstbarkeiten in den neuen Ländern mangels
besserer Tatsachengrundlage (BT-Drucks. 11/7817 S. 42) zunächst eine
Überleitungsregelung vorgesehen, die der Art. 187 Abs. 2 EGBGB für die alten
Bundesländer inhaltlich im wesentlichen entsprach. Danach konnte der Lan-
desgesetzgeber der neuen wie der alten Länder nicht gebuchte beschränkte
dingliche Rechte dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs unterstellen. Bei
einer solchen Regelung wären die betroffenen Rechte nicht schlechthin, son-
dern erst erloschen, wenn ein Dritter im Vertrauen auf den Bestand des Grund-
buchs das Eigentum daran erworben hätte. Da aber die Grundbücher in der
früheren DDR anders als im alten Bundesgebiet über Jahrzehnte hinweg nicht
aktuell gehalten und zahlreiche der nicht buchungspflichtigen Altrechte nach
wie vor nicht in die Grundbücher eingetragen worden waren, ergab sich hier
ein besonderer Regelungsbedarf zur Beseitigung eines Investitionshemmnis-
ses (BT-Drucks. 12/5553 S. 94 f.; 12/6228 S. 72). Angesicht der ohnehin schon
bestehenden Überlastung der Grundbuchämter konnte der öffentliche Glaube
des Grundbuchs auch nicht kurzfristig, sondern erst zu einem sehr viel späte-
ren Zeitpunkt, nämlich zum Ablauf des 31. Dezember 1999, wiederhergestellt
werden. Dies hätte die investitionshemmende Wirkung nicht gebuchter Alt-
rechte auch nur in den Fällen beheben können, in denen es nach dem Stichtag
zu einer Veräußerung des Grundstücks kam. Viele Grundstücke sollten aber
nicht veräußert, sondern für eigene Investitionen des Grundstückseigentümers
genutzt werden. In beiden Fällen wären nicht gebuchte Rechte bestehen
geblieben und hätten dem Eigentümer oder dem Erwerber weiterhin entgegen-
gehalten werden können. Vor diesem Hintergrund ist es verfassungsrechtlich
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unbedenklich, wenn der Gesetzgeber Sicherheit für den Eigentümer und den
Investor durch die Bestimmung einer Ausschlußfrist zur Wahrung der Rechte
hergestellt und in § 8 Abs. 3 Satz 3 GBBerG die Landesregierungen der alten
Länder ermächtigt hat, die Ausschlußfrist (bei entsprechendem Bedarf) durch
Rechtsverordnung auf nicht gebuchte dingliche Rechte an Grundstücken in
diesen Ländern zu erstrecken.
Voraussetzungen für einen reibungslosen Grundstücksverkehr und für die Nut-
zung von Grundstücken zu Investitionszwecken zu schaffen. Denn die nicht
eingetragenen altrechtlichen beschränkten dinglichen Rechte erwiesen sich als
ernsthaftes Investitionshindernis (BT-Drucks 12/6228 S. 72 f.). Dieses ließ sich
oft auch nicht durch eine Teilung des Grundstücks in einen belasteten und ei-
nen freien Teil (vgl. § 1026 BGB) vermeiden. Die Behinderung von Investitio-
nen wurde schließlich nicht durch die mit dem Einigungsvertrag in Art. 233 § 5
Abs. 2 Satz 2 EGBGB vorgesehene Möglichkeit einer Abfindung entschärft. Die
danach für die Aufgabe der betreffenden Rechte zu zahlende Entschädigung
wäre oft viel zu hoch ausgefallen, weil es sich um private Bauverbote, Sicht-
rechte oder vergleichbare Rechte handelte oder weil die Rechte an Stellen
ausgeübt werden durften, die das Eigentum zwar bei ihrer Begründung kaum
beeinträchtigten, aber an zentraler Stelle der heute vorgesehenen Bebauung
lagen. Dieser Weg hätte Investitionen auf Grundstücken mit einem kaum kal-
kulierbaren Risiko belastet. Deswegen lag es im öffentlichen Interesse, die In-
haber solcher Rechte dazu zu veranlassen, ihre Rechte zur Eintragung zu
bringen, um möglichst rasch zu einem reibungslosen Grundbuchverkehr als
Grundlage vor allem für die Investitionstätigkeit zu finden.
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cc) Der Gesetzgeber hat schließlich auch den Grundsatz der Verhält-
nismäßigkeit beachtet und die Regelung so ausgestaltet, daß die Betroffenen
ausreichend die Möglichkeit hatten, den Rechtsverlust zu vermeiden.
§ 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG erlaubte dem Grundstückseigentümer, mög-
lichst bald in Erfahrung zu bringen, wer welche beschränkte dingliche Rechte
an seinem Grundstück geltend macht, und schützte sein Vertrauen auf die
Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs. Er sah deshalb eine Frist von
7 Jahren vor, innerhalb derer die Inhaber eines nicht gebuchten beschränkten
dinglichen Rechts ein Anerkenntnis des Rechts durch den Grundstückseigen-
tümer erreichen mußten oder Klage auf Erteilung einer Eintragungsbewilligung
zu erheben hatten. Diese Frist ist mehrfach, durch das 1. Eigentumsfristenge-
setz vom 20. Dezember 1996 (BGBl. I S. 2028) und das 2. Eigentumsfristenge-
setz vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2493), zuletzt bis zum Ablauf des
31. Dezember 2000 verlängert worden. Dies war ausreichend (vgl. BVerfG,
NVwZ 2002, 1365: 3 Jahre reichen bei Bergwerkseigentum). Zur Fristwahrung
war auch nicht die Buchung des Rechts oder der erfolgreiche Abschluß eines
Rechtsstreits erforderlich, die sich ohne Zutun des Rechtsinhabers verzögern
konnten, sondern nur die Vorbereitung und Einreichung einer Klage oder die
Herbeiführung eines Anerkenntnisses, die der Rechtsinhaber selbst in der
Hand hatte. Die Möglichkeit der Eintragung war im übrigen auch nicht erst mit
der Einführung des § 8 GBBerG geschaffen worden. Sie bestand schon seit
dem 3. Oktober 1990, bei den hier in Rede stehenden beschränkten dinglichen
Rechten sächsischen Rechts sogar schon seit dem 1. Januar 1900. Auf die
Notwendigkeit, rechtswahrende Maßnahmen zu ergreifen, waren die Betroffe-
nen frühzeitig und nachhaltig aufmerksam gemacht worden. Die Gesetze zur
Verlängerung der Ausschlußfrist waren umstritten und ihr Erlaß von öffentli-
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chen Diskussionen um die Notwendigkeit und den Umfang der Verlängerung
begleitet. Außerdem führten die Klägerinnen mit dem Beklagten schon seit Jah-
ren Rechtsstreitigkeiten um Grund und Umfang ihrer Berechtigung, den Torweg
zu nutzen.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein
Gaier Schmidt-Räntsch