Urteil des BGH vom 25.11.2009

BGH (abweisung der klage, abrechnung, verbrauch, mieter, wohnung, wohnfläche, höhe, differenzmethode, abwasser, wasser)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 27/09 Verkündet
am:
25. November 2009
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles und
Dr. Schneider
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer
des Landgerichts Mannheim vom 19. Dezember 2008 wird zu-
rückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tra-
gen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Klägerin in M. . Das
Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet, besteht aus einer Gewerbeeinheit
mit einer Fläche von 312,9 qm sowie vier Wohneinheiten mit einer Gesamtflä-
che von 295 qm.
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Die Klägerin nimmt die Beklagten unter anderem auf Nachzahlungen aus
Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume
2004/2005 und 2005/2006 in Anspruch. Soweit für das Revisionsverfahren von
Interesse, sind hieraus noch die Positionen Wasser, Abwasser und Nieder-
schlagswasser in Höhe von insgesamt (403,24 € und 373,82 €) 777,06 € im
Streit.
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Die Klägerin ermittelte den auf die vier Wohnungen umzulegenden Was-
serverbrauch, indem sie den mittels eines Zwischenzählers gemessenen
Verbrauch der Gewerbeeinheit von dem Gesamtverbrauch laut Hauptwasser-
zähler abzog. Die Verteilung innerhalb der Wohneinheiten erfolgte nach dem
Maßstab der Wohnfläche.
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Das Amtsgericht hat der Klage (bis auf einen Teil der Zinsen) stattgege-
ben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amts-
gerichts unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels dahin abge-
ändert, dass die Beklagten (lediglich) zur Zahlung von 457,86 € nebst Zinsen
verurteilt werden; die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Mit der vom Be-
rufungsgericht im Hinblick auf die Umlage der Kosten für Wasser, Abwasser
und Niederschlagswasser zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die
Aufhebung des Berufungsurteils und die Abweisung der Klage insgesamt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
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I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit
für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
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Die Abrechnung der Wasserkosten sei von der Klägerin korrekt vorge-
nommen worden. Die Anwendung der Differenzmethode nach Vorwegabzug
des durch Zwischenzähler gemessenen Verbrauchs der Gewerbeeinheit sei
nicht zu beanstanden. Zwar hätten die Beklagten geltend gemacht, dass neben
dem Zwischenzähler für die Gewerbeeinheit auch Zwischenzähler für die ein-
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zelnen Wohnungen vorhanden seien, so dass die Abrechnungen der Wohnun-
gen nach Verbrauch erfolgen müssten. Eine Beweisaufnahme über diesen
Streitpunkt sei aber nicht erforderlich. Denn die Klägerin habe das Vorhanden-
sein von Messeinrichtungen für die einzelnen Wohnungen bestritten, und die
Beklagten hätten daraufhin nicht konkret vorgetragen, dass in ihrer Wohnung
ein Zwischenzähler eingebaut sei. Üblicherweise befänden sich derartige
Messeinrichtungen in der Wohnung selbst, denn die Anbringung von Zwischen-
zählern für die einzelnen Wohnungen im Keller wäre wegen der dann erforderli-
chen gesonderten Steigleitungen unwirtschaftlich.
Die Beklagten könnten die anteilige Tragung der nach der Differenzme-
thode ermittelten Wasserkosten der Mieter auch dann nicht verweigern, wenn
es dabei zu höheren Messungenauigkeiten komme, als bei Vorhandensein ei-
nes weiteren Zwischenzählers für die Wohneinheiten. Dass dies zu einer kras-
sen Unbilligkeit und groben Benachteiligung der Mieter führe, sei weder von
den Beklagten vorgetragen noch sonst erkennbar. Die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zur Vorerfassung von Heizkosten sei aufgrund der Geset-
zeslage nicht ohne weiteres auf die Wasserkosten übertragbar.
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II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revi-
sion zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen,
dass die Beklagten die in den Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen für die
Abrechnungszeiträume 2004/2005 und 2005/2006 ausgewiesenen anteiligen
Kosten für Wasser, Abwasser und Niederschlagswasser in Höhe von 777,06 €
zu tragen haben, so dass sich unter Berücksichtigung der Vorauszahlungen der
Beklagten und von in der Revisionsinstanz nicht mehr streitigen Beträgen eine
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Zahlungspflicht der Beklagten in Höhe des der Klägerin vom Berufungsgericht
zugesprochenen Betrages von 457,86 € ergibt.
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1. Zutreffend und von der Revision unbeanstandet geht das Berufungs-
gericht davon aus, dass die Parteien die Umlage der Wasserkosten vereinbart
haben und die von der Klägerin erstellte Abrechnung den formellen Anforde-
rungen genügt.
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Abrechnung auch mate-
riell richtig.
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a) Dass die Klägerin einen Vorwegabzug für die Gewerbeeinheit vorge-
nommen hat, wird von der Revision nicht beanstandet und begegnet aus
Rechtsgründen keinen Bedenken.
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b) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Abrechnung der Was-
serkosten nicht deshalb fehlerhaft, weil die Klägerin nur den Verbrauch der Ge-
werbeeinheit durch einen gesonderten Zwischenzähler erfasst und den
Verbrauch der Wohnungen anhand der sogenannten Differenzmethode ermittelt
hat.
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Zwar ist im Geltungsbereich des § 5 Abs. 2 Satz 2 HeizkostenV eine Vor-
erfassung von Nutzergruppen in der Weise erforderlich, dass der Anteil jeder
Nutzergruppe am Gesamtverbrauch durch einen gesonderten Zähler erfasst
wird (Senatsurteil vom 16. Juli 2008 - VIII ZR 57/07, NZM 2008, 767, Tz. 24).
Ein Verstoß hiergegen hat gemäß § 12 HeizkostenV ein Kürzungsrecht in Höhe
von 15 % bei den zu Unrecht nicht verbrauchsabhängig abgerechneten Kosten
zur Folge. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat und auch die Revision
nicht verkennt, gibt es aber für den Bereich der Abrechnung von Kosten für
Wasser, Abwasser und Niederschlagswasser keine der Bestimmung des § 5
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Abs. 2 HeizkostenV entsprechende Vorschrift zur Vorerfassung von Nutzer-
gruppen.
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Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich auch aus §§ 315, 556a
BGB nicht, dass bei der Abrechnung von Wasserkosten verschiedene Nutzer-
gruppen durch jeweils gesonderte Zähler erfasst werden müssten. § 556a
Abs. 1 BGB sieht auch für verbrauchsabhängige Kosten eine Abrechnung nach
der Wohnfläche vor, sofern nicht die Parteien eine anderweitige Vereinbarung
getroffen haben oder tatsächlich eine Verbrauchserfassung für alle Mieter er-
folgt (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2008 - VIII ZR 188/07, NZM 2008, 444,
Tz. 12). Die gesetzliche Regelung schreibt mithin eine generelle Verbrauchser-
fassung für Wasserkosten nicht vor und nimmt die damit verbundenen Messun-
genauigkeiten bei Abrechnung in Kauf.
Mit dem Vorwegabzug für den gewerblichen Mieter trägt die Klägerin
dem unterschiedlichen Verbrauch in der Gewerbeeinheit einerseits und den
Wohneinheiten andererseits Rechnung. Eine Verpflichtung der Klägerin, im In-
teresse einer möglichst genauen Abrechnung den Gesamtverbrauch der
Wohneinheiten mit einem weiteren Zwischenzähler gesondert zu erfassen, lässt
sich daraus nicht herleiten. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat,
ergibt sich aus der fehlenden Vorerfassung der Wohneinheiten auch keine
"krasse Unbilligkeit", die gegebenenfalls einen Abänderungsanspruch des Mie-
ters begründen könnte (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2008, aaO, Tz. 14).
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Ohne Erfolg macht die Revision schließlich geltend, das Berufungsge-
richt habe den Vortrag der Beklagten zur Messung des Wasserverbrauchs der
Wohnungen durch die Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen. Die Revision
stellt selbst nicht in Abrede, dass Einzelzähler für die jeweiligen Wohnungen
nicht vorhanden sind. Soweit die Revision darüber hinaus geltend macht, es sei
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möglich, dass in einem den Beklagten nicht zugänglichen Kellerraum ein weite-
rer Zähler (Zwischenzähler) vorhanden sei, mit dem der Gesamtverbrauch aller
Wohnungen erfasst werde, zeigt sie einen entsprechenden Vortrag der Beklag-
ten in den Tatsacheninstanzen hierzu nicht auf.
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c) Entgegen der Auffassung der Revision durfte die Klägerin den nach
der Differenzmethode ermittelten Gesamtverbrauch der Wohnungen nach dem
Maßstab der Wohnfläche auf die einzelnen Wohnungen umlegen.
aa) Gemäß § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB sind Betriebskosten vorbehaltlich
anderweitiger Vorschriften nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen, sofern
die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Eine solche Vereinbarung be-
steht nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Einen
revisionsrechtlich beachtlichen Fehler zeigt die Revision nicht auf. Entgegen der
Auffassung der Revision ergibt sich aus der (behaupteten) Abrechnungspraxis
des Voreigentümers bei den Abrechnungen 2000/2001 und 2001/2002 kein An-
haltspunkt für eine stillschweigende vertragliche Abänderung des Umlage-
schlüssels (zur Frage einer stillschweigenden Vertragsänderung bei unbean-
standeten Betriebskostenabrechnungen vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 2007
- VIII ZR 279/06, NZM 2008, 81, Tz. 17 ff.).
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bb) Auch aus § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich keine Verpflichtung
der Klägerin zu der von den Beklagten verlangten Abrechnung nach Verbrauch.
Diese Bestimmung schreibt eine Umlage von Betriebskosten nach einem Maß-
stab, der dem unterschiedlichen Verbrauch Rechnung trägt, nur dann vor, wenn
die Betriebskosten von einem erfassten Verbrauch abhängen. An einer solchen
Verbrauchserfassung fehlt es aber nach den - von der Revision insoweit auch
nicht beanstandeten - Feststellungen des Berufungsgerichts, da ein gesonder-
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ter Zähler für den Wasserverbrauch in der Wohnung der Beklagten nicht vor-
handen ist.
Ball
Dr. Frellesen
Dr. Hessel
Dr. Achilles
Dr. Schneider
Vorinstanzen:
AG Mannheim, Entscheidung vom 19.10.2007 - 10 C 103/06 -
LG Mannheim, Entscheidung vom 19.12.2008 - 4 S 178/07 -