Urteil des BGH vom 16.05.2013
BGH: steuerberater, form, koch, beruf, steuerrecht, einfluss
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZR 172/12
vom
16. Mai 2013
in dem Rechtsstreit
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Mai 2013 durch den
Vorsitzenden  Richter  Prof.  Dr.  Bornkamm  und  die  Richter  Pokrant,  Prof.
Dr. Büscher, Dr. Koch und Dr. Löffler
beschlossen:
1.  Der  Streitwert  für  das  Verfahren  der  Nichtzulassungsbe-
schwerde wird auf 20.000
€ festgesetzt.
2.  Der Wert  der  mit  der  beabsichtigten  Revision  geltend  zu  ma-
chenden Beschwer beträgt 20.000
€.
3.  Die  Beschwerde  gegen  die  Nichtzulassung  der  Revision  im
Urteil  des  4. Zivilsenats  des  Oberlandesgerichts  Karlsruhe
vom  22. August  2012  wird  auf  Kosten  des  Beklagten  zurück-
gewiesen.
Gründe:
I.  Die  Klägerin  ist  eine  Rechtsanwaltssozietät  in  F.,  die  ihre  Mandanten
auch steuerlich  berät. Einer der Sozien ist Fachanwalt für Steuerrecht, ein an-
derer ist vereidigter Buchprüfer.
Der Beklagte, der ebenfalls in F. tätig ist, führt die Berufsbezeichnungen
"Rechtsanwalt" und "Steuerberater" mit dem Zusatz "Vorsitzender Richter a.D.".
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Die Klägerin hat den Beklagten in erster Instanz wegen der Verwendung
der Bezeichnung "Vorsitzender Richter a.D." zusätzlich zu der Angabe "Steuer-
berater" auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen und die
Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 859,80
€ begehrt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Den Streitwert für den Unter-
lassungsantrag hat es auf 20.000
€ festgesetzt. In der Berufungsinstanz hat die
Klägerin  den  Unterlassungsanspruch  und  den  Anspruch  auf  Zahlung  der  Ab-
mahnkosten  weiterverfolgt.  Das  Berufungsgericht  hat  den  Beklagten  antrags-
gemäß verurteilt (OLG Karlsruhe, WRP 2012, 1433). Den Streitwert für das Be-
rufungsverfahren hat es auf 20.000
€ festgesetzt.
II. Der Beklagte hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Mit der Revi-
sion  möchte  er  seinen  Klageabweisungsantrag  weiterverfolgen.  Er  beantragt,
den Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer
auf einen 20.000
€ übersteigenden Betrag festzusetzen.
III.  Landgericht  und  Berufungsgericht  haben  den  Streitwert  des  Verfah-
rens  für  den  Unterlassungsantrag  übereinstimmend  und  von  den  Parteien  bis
dahin  unbeanstandet  auf  20.000
€  festgesetzt.  Der  Beklagte  macht  nicht  gel-
tend, dass das Interesse der Klägerin an der erstrebten Verurteilung zur Unter-
lassung unzutreffend bewertet ist. Für das Verfahren über die Nichtzulassungs-
beschwerde  ist  der  Streitwert  daher  auch  auf  20.000
€ festzusetzen. Abmahn-
kosten erhöhen, wenn sie - wie hier - neben dem Hauptanspruch als Nebenfor-
derung  geltend  gemacht  werden,  nach  § 4  Abs. 1  Halbs. 2  ZPO,  § 43  Abs. 1
GKG,  § 23  Abs. 1  Satz 1  RVG  weder  den  Streitwert  noch  den  Wert  der  Be-
schwer (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - I ZR 142/11 Rn. 5, juris).
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IV. Die Beschwer des Beklagten richtet sich danach, wie sich das ausge-
sprochene Verbot zu seinem Nachteil auswirkt. Der Beklagte hat nicht glaubhaft
gemacht, dass sein Interesse daran, das Unterlassungsgebot nicht befolgen zu
müssen, also weiterhin den Zusatz "Vorsitzender Richter a.D." zu der Berufsbe-
zeichnung "Steuerberater" verwenden zu dürfen, höher zu bewerten ist als das
Interesse der Klägerin an einer Unterlassung.
Das  Interesse  des  zur  Unterlassung  verurteilten  Beklagten an einer  Be-
seitigung  der  Verurteilung  entspricht  allerdings  nicht  zwangsläufig,  aber  doch
regelmäßig  dem  Interesse  der  klagenden  Partei  an  dieser  Verurteilung.  Das
Interesse  des  Klägers  an  einer  solchen  Unterlassung  ist  pauschalierend  und
unter Berücksichtigung von Bedeutung, Größe und Umsatz des Verletzers, Art,
Umfang  und  Richtung  der  Verletzungshandlung  sowie  subjektiven  Umständen
auf Seiten des Verletzers, wie etwa dem Verschuldensgrad, zu beurteilen (vgl.
BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011 - I ZR 220/10, AfP 2011, 261 Rn. 5; Be-
schluss  vom  9. Februar  2012  - I ZR 142/11  Rn. 7).  Der  Beklagte  hat  nicht
glaubhaft  gemacht,  dass  diese  Gesichtspunkte  bei  der  Wertfestsetzung  nicht
ausreichend berücksichtigt sind und seiner Beschwer nicht entsprechen.
Der Umstand, dass der Beklagte seine Tätigkeit nicht mehr in einer Ein-
zelpraxis ausübt, sondern sich zu einer Bürogemeinschaft mit anderen Rechts-
anwälten in Form einer Außensozietät zusammengeschlossen hat, hat auf den
Wert der Beschwer keinen Einfluss. Maßgeblich ist die eigene Betroffenheit des
Beklagten  durch  das  Unterlassungsgebot  und  sind  nicht  die  lediglich  mittelba-
ren  Auswirkungen  auf  Dritte,  mit  denen  der  Beklagte  in  Form  einer  Büroge-
meinschaft  und  Außensozietät  zusammenarbeitet.  Der  Unterlassungsantrag
und das Unterlassungsgebot sind trotz des Wechsels der Form, in der der Be-
klagte  seinen  Beruf  ausübt,  unverändert  geblieben.  Da  dem  Beklagten  auch
nicht schlechterdings die Führung der Bezeichnung "Vorsitzender Richter a.D."
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im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit verboten ist, sondern nur als Zusatz zur
Berufsbezeichnung  "Steuerberater"  (vgl.  hierzu  BVerfG,  NJW  2010,  3705
Rn. 17;  BFH,  Urteil  vom  23. Februar  2010  - VII R 24/09,  BFHE  228,  568
Rn. 12),  ist  auch  die  Beschwer  des  Beklagten  mit  20.000
€ zutreffend bemes-
sen.
V.  Die  Nichtzulassungsbeschwerde  ist  unzulässig  und  deshalb  zurück-
zuweisen, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer
20.000
€ nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO, § 544 ZPO).
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VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm
Pokrant
Büscher
Koch
Löffler
Vorinstanzen:
LG Freiburg, Entscheidung vom 19.03.2012 - 8 O 202/11 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 22.08.2012 - 4 U 90/12 -
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