Urteil des BGH vom 11.04.2002
BGH (rechtssatz, antrag, blw, liquidator, abweichung, genossenschaft, 1995, beschwerde, beteiligung, passivlegitimation)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 39/01
vom
11. April 2002
in der Landwirtschaftssache
betreffend Ansprüche nach dem Genossenschaftsgesetz
- 2 -
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 11. April
2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuzie-
hung ehrenamtlicher Richter -
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landwirtschafts-
senats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom
8. November 2001 wird auf Kosten der Antragstellerinnen, die den
Antragsgegnern auch die außergerichtlichen Kosten des Rechts-
beschwerdeverfahrens zu erstatten haben, als unzulässig ver-
worfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren be-
trägt 16.872,63
€.
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen machen wegen ihrer Beteiligung an der Antrags-
gegnerin zu 1 im Wege der Stufenklage Ansprüche auf Auskunfterteilung über
das Vermögen der Antragsgegnerin zu 1 geltend.
- 3 -
Die Antragsgegnerin zu 1 wurde im Jahr 1977 unter Beteiligung der An-
tragstellerinnen gegründet; der Antragsgegner zu 2 ist Liquidator der Antrags-
gegnerin zu 1. In einer Bevollmächtigtenversammlung am 28. Juni 1990 wurde
das Ausscheiden der Trägerbetriebe, zu denen auch die Antragstellerinnen
gehörten, beschlossen. Sie halten den Beschluß für unwirksam. Nach ihrer
Auffassung befindet sich deswegen die Antragsgegnerin zu 1 gemäß § 69
Abs. 3 LwAnpG in Liquidation und müsse entsprechend den Bestimmungen
des Genossenschaftsgesetzes abgewickelt werden.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag auf Auskunfterteilung als zu-
lässig und gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 als begründet angesehen; den
gegen den Antragsgegner zu 2 gerichteten Antrag hat es als unbegründet ab-
gewiesen. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1
hat das Oberlandesgericht den Antrag - unter Zurückweisung der Anschlußbe-
schwerde der Antragstellerinnen, mit der sie ihren Antrag gegen den Antrags-
gegner zu 2 weiterverfolgt haben - insgesamt zurückgewiesen. Mit der - nicht
zugelassenen - Rechtsbeschwerde erstreben die Antragstellerinnen weiter die
Durchsetzung ihres Antrags.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie
nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2
LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den in § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG ge-
nannten Voraussetzungen zulässig. Diese liegen jedoch nicht vor.
- 4 -
1. Soweit die Antragstellerinnen geltend machen, das Beschwerdege-
richt sei von dem in dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17. Mai 1999,
II ZR 76/98, BGHZ 141, 372, 375 = VIZ 1999, 627, 628, und in der Senatsent-
scheidung vom 5. März 1999, BLw 45/98, VIZ 1999, 629, 631, enthaltenen
Rechtssatz abgewichen, eine kraft Gesetzes aufgelöste Kooperative Einrich-
tung sei nach §§ 82 ff GenG abzuwickeln, übersehen sie, daß das Beschwer-
degericht keinen dem entgegenstehenden Rechtssatz aufgestellt hat. Im Ge-
genteil, es hält in Übereinstimmung mit den genannten Entscheidungen für die
Abwicklung der Antragsgegnerin zu 1 die Vorschriften der §§ 82 bis 93 GenG
für anwendbar. Ob dem Beschwerdegericht dabei - wie die Antragstellerinnen
meinen - ein Rechtsfehler unterlaufen ist, ist für die Frage der Zulässigkeit der
Rechtsbeschwerde ohne Belang. Ein solcher Fehler macht - für sich genom-
men - die Rechtsbeschwerde nicht statthaft (st. Senatsrspr., vgl. schon Beschl.
v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328).
2. Die Antragstellerinnen machen weiter geltend, die angefochtene Ent-
scheidung weiche von einem Rechtssatz ab, den der Bundesgerichtshof in sei-
nem Urteil vom 17. Mai 1994, X ZR 82/92, NJW 1995, 386 ff, und das Oberlan-
desgericht Frankfurt am Main in seiner Entscheidung vom 10. August 1995,
20 W 364/92, NJW-RR 1996, 415 f, aufgestellt hätten. Der Rechtssatz gehe
dahin, daß den Gesellschaftern bzw. den Genossenschaftmitgliedern einer
GmbH bzw. Genossenschaft gegenüber deren Liquidator ein Auskunftsan-
spruch zustehe, soweit er der Berechnung des Abfindungsguthabens dienen
solle.
Ein solcher Rechtssatz ist den genannten Entscheidungen jedoch nicht
zu entnehmen; sie betreffen noch nicht einmal einen gegen den Liquidator ei-
- 5 -
ner Genossenschaft gerichteten Auskunftsanspruch. Im übrigen wäre die
Rechtsbeschwerde selbst dann unzulässig, wenn der Rechtssatz aufgestellt
worden und das Beschwerdegericht davon abgewichen wäre. Es hat nämlich
den gegen den Antragsgegner zu 2 gerichteten Antrag in erster Linie zurück-
gewiesen, weil nach seiner Auffassung kein Auskunftsanspruch besteht; ledig-
lich zusätzlich hat es die Passivlegitimation des Antragsgegners zu 2 verneint.
Es ist mithin unabhängig von dem von den Antragstellerinnen herangezogenen
Rechtssatz zu seinem Ergebnis gelangt. Stützt aber das Beschwerdegericht
seine Entscheidung auf zwei voneinander unabhängige Gründe und bedeutet
nur einer der beiden Gründe eine Abweichung von einem Rechtssatz, der in
einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandes-
gerichts aufgestellt ist, fehlt es an der Voraussetzung für die Zulässigkeit der
Rechtsbeschwerde, daß die angefochtene Entscheidung auf der Abweichung
beruht (Senatsbeschl. v. 11. Dezember 1956, V BLw 43/56, LM LwVG § 24
Nr. 18).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel Krüger Lemke