Urteil des BGH vom 17.07.2013
BGH: ecstasy, amphetamin, erwerb, weiterverkauf, eigenkonsum, betäubungsmittelhandel, besitz, anhörung, strafzumessung
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 259/13
vom
17. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des General-
bundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. Juli 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 7. März 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-
bungsmitteln in nicht geringe Menge in sieben Fällen sowie wegen Handeltrei-
bens mit Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Ur-
teil des Landgerichts Aachen vom 20. Januar 2012 zu einer Gesamtfreiheits-
strafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete Re-
vision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte in der Zeit vom
12. November 2010 bis zum 29. Dezember 2010 in sechs Fällen jeweils zwi-
schen 150 und 330 Gramm Amphetamin, in zwei Fällen zusätzlich 650 bzw.
500 Ecstasy-Tabletten (Fälle II. 4. und 5.) sowie in zwei weiteren Fällen am
14. November 2010 und am 24. April 2011 112 bzw. 1.000 Ecstasy-Tabletten
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(Fälle II. 2. und 8.). Etwa die Hälfte des jeweils erworbenen Amphetamins
streckte der Angeklagte im Verhältnis 1:2 und veräußerte es zur Finanzierung
seines eigenen Konsums gewinnbringend weiter.
2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen haben die Schuldsprüche
keinen Bestand.
a) Ein Handeltreiben im Sinne der § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2
BtMG ist für die von dem Angeklagten erworbenen Gesamtmengen nicht be-
legt. Täterschaftliches Handeltreiben erfordert das eigennützige Bemühen, den
Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Eigennützig ist
eine solche Tätigkeit nur, wenn das Handeln des Angeklagten zumindest auch
vom Streben nach Gewinn geleitet war oder er sich einen anderen persönlichen
Vorteil versprach, durch den er materiell oder immateriell besser gestellt wurde
(vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 2001 - 3 StR 371/01, StV 2002, 254).
Hierzu verhalten sich die Urteilsgründe im Hinblick auf den durch den
Angeklagten erfolgten Erwerb von Ecstasy-Tabletten nicht. In den Fällen II. 2.
und 8. der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte ausschließlich Ecstasy-
Tabletten erwarb, tragen daher die Feststellungen nicht die Verurteilung wegen
Handeltreibens. In den übrigen Fällen, in denen der Angeklagte zusätzlich oder
ausschließlich Amphetamin erwarb, hat die Strafkammer zwar in Bezug auf die
Hälfte der jeweils erworbenen Amphetaminmenge festgestellt, dass eine ge-
winnbringende Weiterveräußerung durch den Angeklagten erfolgte. Für die an-
dere Hälfte fehlen indes ebenso wie für die zusätzlich erworbenen Ecstasy-
Tabletten entsprechende Feststellungen. Erfolgt aber der Erwerb von Betäu-
bungsmitteln mit offensichtlich unterschiedlicher Zweckbestimmung, richtet sich
seine rechtliche Einordnung nach den jeweiligen Einzelmengen (BGH, Be-
schluss vom 16. März 2011 - 2 StR 30/11; Beschluss vom 18. März 2004
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- 3 StR 468/03, StraFo 2004, 252). Nur im Hinblick auf die jeweilige Handels-
menge liegt demnach ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1
Nr. 1 BtMG) bzw. ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG) vor. Tateinheitlich hierzu steht im Hinblick auf
die übrige Menge in der Regel ein Erwerb von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1
Nr. 1 BtMG) bzw. Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a
Abs. 1 Nr. 2 BtMG).
b) Eine Änderung der Schuldsprüche durch den Senat kommt nicht in
Betracht. Die von der Strafkammer getroffenen Feststellungen lassen eine
zweifelsfreie rechtliche Würdigung nicht zu. Der Senat kann nicht ausschließen,
dass noch Feststellungen zu einem auf die Gesamtmenge bezogenen, eigen-
nützigen Handeln des Angeklagten getroffen werden können.
Im Hinblick auf die erworbenen Ecstasy-Tabletten liegt es schon ange-
sichts der großen Menge nahe, dass der Angeklagte die Tabletten zumindest
zu einem großen Teil zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs er-
worben hat. Dafür spricht auch, dass die Strafkammer im Fall II. 4. der Urteils-
gründe im Rahmen der Beweiswürdigung jedenfalls von einem Weiterverkauf
ausgegangen ist.
Gleiches gilt im Ergebnis für die Fälle, in denen der Angeklagte Amphe-
tamin erwarb. Die Feststellung, dass der gewinnbringende Weiterverkauf der
hälftigen Menge der Finanzierung des eigenen Konsums des Angeklagten dien-
te, legt zwar nahe, dass die andere Hälfte unmittelbar für den Eigenkonsum
des Angeklagten bestimmt war. Dagegen spricht aber, dass die Strafkammer
im Rahmen der Strafzumessung davon ausgegangen ist, dass der Angeklagte
"mit den Erlösen aus seinem Betäubungsmittelhandel" auch den eigenen Kon-
sum finanziert hat (UA S. 31). Gegen die Annahme einer hälftigen Eigenkon-
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summenge spricht auch, dass der Angeklagte im November und Dezember
2010 insgesamt rund 1,5 kg Amphetamin erworben hat. Eine dementsprechen-
de Eigenkonsummenge von 750 Gramm lässt sich aber selbst dann, wenn man
von einer Vorratshaltung des Angeklagten ausgeht, nicht ohne weiteres mit
dem von der Strafkammer festgestellten Konsumverhalten des Angeklagten in
Einklang bringen. Denn dem Angeklagten, der zunächst regelmäßig ca. 2 bis 3
Gramm Amphetamin pro Tag konsumierte, gelang es ab November 2010, sei-
nen Konsum wesentlich zu reduzieren und tageweise auch ganz einzustellen
(UA S. 6, 32). Gegen einen hälftigen Erwerb zum Eigenkonsum spricht letztlich
auch, dass die Strafkammer - wie bereits ausgeführt - im Fall II. 4. der Urteils-
gründe jedenfalls von einem Weiterverkauf der Gesamtmenge ausgegangen
ist.
3. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entschei-
dung.
Fischer
RiBGH Prof. Dr. Krehl
Eschelbach
ist an der Unterschrift
gehindert
Fischer
Ott
Zeng
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