Urteil des BGH vom 16.07.2008

BGH (stpo, gvg, strafkammer, rüge, auflegung, verteidigung, mitteilung, bekanntmachung, öffentlich, gesetz)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 83/08
vom
16. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Mordes u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 16. Juli 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landge-
richts Darmstadt vom 19. Juni 2007 werden als unbegründet ver-
worfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisions-
rechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklag-
ten ergeben hat.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen not-
wendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die Rüge des Angeklagten O. , das erkennende Gericht sei mit den
Schöffen E. und S. nicht ordnungsgemäß besetzt, ist hinsichtlich des
Schöffen S. schon nicht ordnungsgemäß erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2
StPO). Die Revision beanstandet, dass in verschiedenen Gemeinden des
Landgerichtsbezirks Darmstadt die Vorschlagslisten für die Schöffenwahl nicht
ordnungsgemäß aufgestellt und bekannt gemacht worden seien (§ 36 Abs. 1
und 3 GVG), ohne mitzuteilen, dass der Schöffe S. hiervon betroffen war.
Ein Mangel bei der Aufstellung der Vorschlagsliste gemäß § 36 GVG kann die
vorschriftsmäßige Besetzung der Strafkammer nicht in Frage stellen, wenn in
der Verhandlung gegen den Angeklagten nur Schöffen mitwirkten, die von ei-
nem ordnungsgemäß besetzten Ausschuss in rechtswirksamer Weise gewählt
worden sind. Jede Einzelwahl eines solchen Ausschusses ist eine für sich zu
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betrachtende Entscheidung. Ist sie rechtswirksam, ist der Gewählte gesetzlicher
Richter im Einzelfall (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1974 - 1 StR 475/74;
Urteil vom 29. September 1964 - 1 StR 280/64). Soweit die Mitwirkung der
Schöffin E. gerügt wird, ist die Rüge unbegründet. Die Stadt Darmstadt hat
bei Übersendung der Vorschlagsliste mitgeteilt ("wir bescheinigen"), dass diese
nach vorangegangener öffentlicher Bekanntmachung eine Woche lang zu je-
dermanns Einsicht ausgelegen habe. Eine Mitteilung, wo die Auflegung öffent-
lich bekannt gemacht worden war, erfordert das Gesetz nicht. Zum Wahlvor-
gang ist mitgeteilt worden, dass 2/3 der gesetzlichen Zahl der Mitglieder der
Stadtverordnetenversammlung der Vorschlagsliste zugestimmt haben. Nach-
weise mussten dem Amtsgericht nicht übersandt werden.
2. Es kann dahinstehen, ob, wie der Generalbundesanwalt in seiner An-
tragsschrift vom 29. Februar 2008 zur Revision des Angeklagten Er. unter
I.2., 6., 8., 11. und 12. ausgeführt hat, die jeweils erhobenen Verfahrensrügen
unzulässig sind, denn sie sind jedenfalls unbegründet. Hinsichtlich der behaup-
teten Verletzung der Hinweispflicht aus § 265 Abs. 1 und 3 StPO ergibt sich
schon aus dem von der Revision mitgeteilten Inhalt der dem Angeklagten erteil-
ten Hinweise, dass sie inhaltlich ausreichten, um den anwaltlich vertretenen
Angeklagten zu ermöglichen, seine Verteidigung auf das Mordmerkmal "niedri-
ge Beweggründe" einzurichten. Im Übrigen hat das Landgericht die zahlreichen
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Befangenheitsanträge gegen die Mitglieder der Strafkammer, die offensichtlich
in Verschleppungsabsicht gestellt wurden, rechtsfehlerfrei als unbegründet zu-
rückgewiesen.
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Appl Schmitt