Urteil des BGH vom 18.11.2010

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 62/10
vom
18. November 2010
in dem Rechtsstreit
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2010
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch
beschlossen:
Der Antrag des Beklagten, ihm Prozesskostenhilfe für das Rechts-
beschwerdeverfahren zu gewähren und Rechtsanwalt Dr. S.
beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe:
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen einer Urheberrechtsverlet-
zung auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher An-
waltskosten in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Der Be-
klagte hat gegen das ihm am 22. Juli 2009 zugestellte Urteil mit einem am
12. August 2009 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung
eingelegt. Mit einem am 21. September 2009 beim Berufungsgericht eingegan-
genen Schriftsatz hat er die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis
zum 22. Oktober 2009 beantragt, die ihm gewährt worden ist. Seine Berufungs-
begründung ist ausweislich des Faxprotokolls des Berufungsgerichts am
23. Oktober 2009 zwischen 0:03 und 0:05 Uhr bei Gericht eingegangen. Das
Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen hat der
Beklagte Rechtsbeschwerde eingelegt. Er beantragt, ihm Prozesskostenhilfe für
das Rechtsbeschwerdeverfahren zu gewähren und Rechtsanwalt Dr. S.
beizuordnen.
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II. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung
von Rechtsanwalt Dr. S. ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsver-
folgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Satz 1 ZPO).
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Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ZPO), da gegen den Beschluss, mit dem das Berufungsgericht die Berufung als
unzulässig verworfen hat, nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO die Rechtsbeschwer-
de stattfindet.
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Der
Beklagte hat entgegen § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht dargelegt, dass die Ent-
scheidung des Berufungsgerichts eine Rechtsfrage aufwirft, die grundsätzliche
Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer ein-
heitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
erfordern. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich.
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In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass es für
die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten
Schriftsatzes allein darauf ankommt, ob die gesendeten Signale noch vor Ab-
lauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig emp-
fangen (gespeichert) worden sind und dass sich dieser Zeitpunkt mit der Ein-
zelverbindungsübersicht des Telefaxgerätes zuverlässig bestimmen lässt (BGH,
Beschluss vom 25. April 2006 - IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 18).
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Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung diese Grundsätze zu-
grunde gelegt. Es hat die Berufung mit Recht wegen der Versäumung der Beru-
fungsbegründungsfrist gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen, weil
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die Berufungsbegründung ausweislich des Faxprotokolls erst am 23. Oktober
2009 zwischen 0:03 und 0:05 Uhr und damit nach Ablauf der bis zum 22. Ok-
tober 2009 verlängerten Berufungsbegründungsfrist per Telefax bei Gericht
eingegangen ist.
Bornkamm Pokrant
Büscher
Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 20.07.2009 - 2 O 435/08 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 18.06.2010 - 6 U 88/09 -