Urteil des BGH vom 11.07.2007
BGH: zwangsvollstreckung, urkunde, unterbrechung der verjährung, darlehensvertrag, bürgschaft, gesetzesmaterialien, drucksache, form, klageänderung, rückzahlung
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Gericht:
OLG Frankfurt 23.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
23 U 7/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 195 BGB, § 197 Abs 1 Nr 4
BGB, § 216 Abs 2 S 1 BGB, §
780 BGB
Zwangsvollstreckung: Zulässigkeit der Vollstreckung aus
einem als Sicherheit dienenden Schuldversprechen in einer
notariellen Grundschuldbestellungsurkunde nach
Verjährung des Darlehensrückzahlungsanspruchs
Leitsatz
Zur Frage der analogen Anwendung des § 216 Abs. 2 BGB auf das als Sicherheit
dienende Schuldversprechen in notarieller Grundschuldbestellungsurkunde
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 29.11.2006 verkündete Urteil der 10.
Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden, Az.: 10 O 51/06, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt zu vollstreckenden Betrags
abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im
angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Die Klägerin wendet sich im Wege der Teilvollstreckungsgegenklage gegen die
Zwangsvollstreckung aus einem in einer notariellen Urkunde abgegebenen
Schuldversprechen unter Berufung auf die Verjährung der gesicherten Forderung.
Das Landgericht hat die von der Klägerin begehrte Klageänderung als unzulässig
zurückgewiesen sowie den hilfsweise gestellten ursprünglichen Klageantrag
abgewiesen.
Die Beklagte habe in die Klageänderung nicht eingewilligt und sie sei nicht
sachdienlich, weil der Klageantrag unbestimmt und damit unzulässig sei und
dadurch ein zukünftiger weiterer Streit zwischen den Parteien nicht vermieden
werden könne. Den noch hilfsweise gestellten Klageantrag hat das Landgericht in
der Form als Teilklage für zulässig, aber unbegründet gehalten. Bei dem Vertrag
mit der Beklagten handele es sich um einen Darlehensvertrag; die aus diesem
resultierenden und spätestens im März 2000 fälligen Ansprüche auf Rückzahlung
des Kapitals seien gemäß Art. 229 § 6 Abs.4 S.1 BGB jedenfalls seit dem
31.12.2004 verjährt. Durch die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde
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31.12.2004 verjährt. Durch die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde
sei die Verjährung hinsichtlich des Darlehensrückzahlungsanspruchs nicht
unterbrochen oder gehemmt worden, weil der Anspruch aus dem Darlehen und
der aus dem abstrakten Schuldversprechen selbständige, nicht auf demselben
Grund beruhende Ansprüche seien, die selbständig verjährten. Die Beklagte sei
aber berechtigt, auch nach Verjährung des Darlehensrückzahlungsanspruchs die
Zwangsvollstreckung aus dem in der notariellen Urkunde abgegebenen abstrakten
Schuldversprechen zu betreiben, das nach § 195 BGB a.F. und § 197 Abs.1 Ziffer 4
BGB n.F. in 30 Jahren und unabhängig von der zugrunde liegenden
Darlehensforderung verjähre, weshalb dieses auch nicht kondiziert werden könne.
Dies ergebe sich aus Sinn und Zweck des in einer notariellen Urkunde
abgegebenen Schuldversprechens als Sicherungsmittel und wegen der gebotenen
Gleichbehandlung mit der gleichzeitig eingeräumten Sicherungsgrundschuld sowie
in analoger Anwendung des § 216 BGB n.F.. Nach der Änderung der
Verjährungsfristen müsste auch die Forderung aus dem Darlehensvertrag
nunmehr zusätzlich tituliert werden, was gerade durch die Unterwerfung in die
Zwangsvollstreckung vermieden werden solle und zusätzlich Kosten auch
zuungunsten des Schuldners verursachen würde. Die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 28.1.1998 (BGHZ 138, 49 ff.) , nach der § 223 Abs.1 BGB
a.F. nur für dingliche Sicherheiten gelte und daher nicht für eine Bürgschaft, die
eine Personalsicherheit darstelle, stehe deshalb nicht entgegen, da durch die
Änderung der Verjährungsfristen und damit des Auseinanderfalles der Verjährung
von Darlehensforderung und abstrakten Schuldversprechen eine Regelungslücke
entstanden sei. Eine Vergleichbarkeit des abstrakten Schuldversprechens mit der
Bürgschaft als akzessorisch ausgestaltetem Sicherungsrecht sei nicht gegeben.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren Klagantrag im Wesentlichen weiter. Sie
ist der Auffassung, das abstrakte Schuldversprechen sei gerade nicht abhängig
von der Grundschuld, sondern stehe als zusätzliche Sicherung der Kreditforderung
neben der Grundschuld und sichere und verstärke nicht den Grundschuldbetrag.
Durch den Bezug des abstrakten Schuldversprechens auf den Grundschuldbetrag
solle nur verhindert werden, dass der Gläubiger den in der Urkunde genannten
Betrag zweimal verlangen und vollstrecken könne. Es sei unlogisch, wenn nicht
sämtliche abstrakten Schuldversprechen der Vorschrift des § 216 Abs.1 BGB
unterfallen, sondern nur das in der Grundschuldbestellungsurkunde abgegebene.
Der Bundesgerichtshof habe in seinem Urteil vom 28.1.1998 abschließend
klargestellt, dass Personalsicherheiten nicht von der Vorschrift des § 223 BGB a.F.
umfasst seien. Eine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des
§ 216 BGB n.F. erlaube, liege gerade nicht vor, weil die Verjährungsfrist in Zukunft
auf 30 Jahre verlängert werden könne und der Gesetzgeber die einmalige Situation
des Auseinanderklaffens der Verjährungsfristen verschiedener Ansprüche nicht
habe berücksichtigen müssen. Der Gesetzgeber habe lediglich keinen Anlass
gesehen, § 216 Abs.2 BGB auf das abstrakte Schuldversprechen auszudehnen,
weshalb keine Regelungslücke bestehe. Er habe den Urteilen des BGH Rechnung
tragen müssen, wonach Personalsicherheiten von § 223 BGB a.F. nicht umfasst
gewesen seien. Auch aus der Tatsache, dass in den Gesetzesmaterialien und
Motiven zu § 216 BGB keine ausdrückliche Auseinandersetzung mit dem
abstrakten Schuldversprechen stattgefunden habe, lasse sich nicht auf eine
Regelungslücke schließen. Vielmehr ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien,
nämlich aus der Überschrift in der Begründung des Entwurfs zum
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drucksache Nr. 14/6040, S. 122 ff.), dass
in § 216 BGB n.F. nur dingliche Ansprüche gemeint seien.
Mit der Berufung hat die Klägerin zunächst beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils nach dem in der mündlichen
Verhandlung vom 21.6.2006 gestellten Antrag zu erkennen und die
Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der notariellen Urkunde des Notars Dr. N
in ... vom …1994, Urk.Nr. .../1994, über einen Teilbetrag von EUR 6.000,00 aus
dem Kapital und soweit sie aus Ziffer 4 dieser Urkunde wegen der übernommenen
persönlichen Haftung der Klägerin betrieben wird, für unzulässig zu erklären.
In der mündlichen Verhandlung beantragte sie nunmehr, unter Abänderung des
landgerichtlichen Urteils nach dem in der mündlichen Verhandlung vom 21.6.2006
gestellten Antrag zu erkennen und die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der
notariellen Urkunde des Notars Dr. N in ... vom …1994, Urk.Nr. .../1994, über einen
Teilbetrag von EUR 21.000,00 aus dem Kapital und soweit sie aus Ziffer 4 dieser
Urkunde wegen der übernommenen persönlichen Haftung der Klägerin betrieben
wird, für unzulässig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags
die Entscheidung des Landgerichts. § 216 Abs.2 BGB sei dem Wortlaut nach direkt
anwendbar, weil es sich bei einem abstrakten Schuldversprechen um ein „Recht“
handele. Auch sei die in der BT-Drucks. 14/6040 verwendete Überschrift „Wirkung
der Verjährung bei dinglich gesicherten Ansprüchen“ nicht Gesetz geworden, so
dass im Umkehrschluss sich aus der nachträglichen Änderung schließen lasse,
dass eine Beschränkung auf dingliche Rechte nicht gewollt gewesen sei. Jedenfalls
aber sei § 216 Abs. 2 BGB analog anwendbar. Im Ergebnis komme es aber auf §
216 Abs.2 BGB nicht an, weil der Darlehensrückzahlungsanspruch bereits nicht
verjährt sei. Die Vollstreckung der Beklagten aus der Grundschuld und dem
abstrakten Schuldversprechen gemäß § 213 BGB habe auch zu einem Neubeginn
der Verjährung der Ansprüche aus dem Darlehensvertrag geführt, weil die beiden
Ansprüche aus der notariellen Urkunde wahlweise neben den Ansprüchen aus dem
Darlehensvertrag stünden und aus demselben Grunde folgten.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
III. (richtig II. - die Red.)Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und
begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, da die angefochtene
Entscheidung weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch die nach § 529 ZPO
zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513
ZPO).
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung der
Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung nicht zu.
Die im Berufungsverfahren erfolgte Änderung des Klagantrags, wie er letztlich in
der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellt worden ist, ist zulässig (§§
533, 264 Abs.1 Nr. 2 ZPO), weil es sich um einen Fall des § 264 Abs.1 Nr. 2 ZPO
handelt. § 533 ZPO findet keine Anwendung auf die Klageänderung gemäß § 264
Nr.2 ZPO (BGH NJW 2004, 2152), so dass es selbst dahinstehen kann, ob neuer
Tatsachenvortrag zugrunde zu legen wäre. Auch ist eine
Teilvollstreckungsgegenklage, so wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat noch geltend gemacht worden ist, grundsätzlich zulässig (BGH NJW 1960,
2286, 2287; BGH NJW 1995, 3318; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., 2004, § 767 Rz. 1
a.E.).
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Feststellung der Unzulässigkeit der
Vollstreckung aus der notariellen Urkunde vom …1994 (Urk.-Nr. .../1994 des
Notars Dr. N in ...) wegen der übernommenen persönlichen Haftung.
Zwar ist der Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehensvaluta, der
spätestens nach der Kündigung im März 2000 zur Rückzahlung fällig war, gemäß
§§ 195 BGB i.V.m. Art 229 § 6 Abs.4 S. 1 BGB seit dem 31.12.2004 verjährt. Denn
die Verjährung ist nicht durch Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde
vom 14.4.1994 wegen der zwischenzeitlich erfolgten
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (19.10.2000, 20.11.2000, 11.12.2002)
hinsichtlich einer Teilforderung in Höhe von 100.000,- EUR unterbrochen worden.
Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass die Vollstreckungsmaßnahmen
eine Unterbrechung der Verjährung i.S.v. § 213 BGB n.F. auch der
Darlehensforderung nicht herbeigeführt haben. §213 BGB n.F. setzt voraus, dass
die Ansprüche wahlweise nebeneinander stehen. Hier ist der Beklagten insoweit
zuzustimmen, dass die Ansprüche aus der Grundschuld und dem abstrakten
Schuldversprechen wahlweise neben dem geltend gemachten Anspruch aus dem
Darlehensvertrag bestehen und der Gläubiger stattdessen in Verfolgung des
gleichen wirtschaftlichen Interesses auf sie übergehen kann. Es soll sich – so die
Gesetzesmaterialien (BT-Dr. 14/6040, S. 122) - um einen anderen Anspruch gegen
den gleichen Schuldner handeln, der Anspruch muss auf das gleiche Interesse
gehen und das Gesetz muss von vorneherein mehrere Ansprüche dem Gläubiger
zu Wahl stellen oder es ihm ermöglichen, in Verfolgung des gleichen
wirtschaftlichen Interesses von einem zum anderen Anspruch überzugehen. Auf
den vorliegenden Fall übertragen ist aber fraglich, ob „das Gesetz“ von
vorneherein mehrere Ansprüche zur Wahl gestellt hat, da die Ansprüche aus
abstraktem Schuldversprechen und Grundschuld nicht von Gesetzes wegen im
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abstraktem Schuldversprechen und Grundschuld nicht von Gesetzes wegen im
Zusammenhang mit einer Darlehensforderung entstehen, sondern zusätzlich
vereinbart werden und einen anderen, selbständigen Schuldgrund darstellen, auch
wenn sie letztlich nur einmal geltend gemacht werden dürfen. Dieser Befund
korreliert damit, dass es sich nach § 213 BGB um Ansprüche handeln muss, die
aus demselben Grunde stammen, was nach dem Streitgegenstandsbegriff für
Ansprüche aus einem Darlehensvertrag und aus dem abstrakten
Schuldversprechen nicht der Fall ist. Es handelt sich sowohl materiell als auch
prozessrechtlich um eine Mehrheit von nur erfüllungsmäßig funktionell miteinander
verknüpften Ansprüchen. Bisher entschieden wurde zwar, dass bei der Klage aus
dem Grundgeschäft auch die Ansprüche aus Scheck und Wechsel von § 213 BGB
umfasst werden (OLG Düsseldorf MDR 1990, 819 zum Scheck; OLG Köln ZIP 2001,
563 zum Wechsel). Jedoch erkennt auch das OLG Köln (a.a.O.) einen
unterschiedlichen Streitgegenstand, sieht aber einen inneren und sachlichen
Zusammenhang der Ansprüche, insbesondere wegen der besonderen
prozessualen Ausgestaltung des Wechselprozesses und des Nachverfahrens. Eine
solche ist jedoch für das abstrakte Schuldversprechen und die Darlehensforderung
nicht gegeben, so dass für den vorliegenden Fall aus den genannten
Entscheidungen im Ergebnis nichts herzuleiten ist.
Allerdings kann die Beklagte auch nach Verjährung des
Darlehensrückzahlungsanspruchs die Zwangsvollstreckung aus dem gemäß §§
195 a.F., 197 Abs.1 Ziffer 4 n.F. BGB nicht verjährten notariell beurkundeten
abstrakten Schuldversprechen mit Unterwerfung unter die sofortige
Zwangsvollstreckung betreiben. Die Klägerin kann das notariell beurkundete
abstrakte Schuldversprechen vom …1994 wegen einer etwaigen Verjährung der
gesicherten Ansprüche nicht gemäß § 812 Abs.2 BGB kondizieren, was sich aus §
216 Abs.2 S. 1 BGB in analoger Anwendung ergibt.
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 19.12.2006 (IX ZR 113/06,
Rz. 16) darauf hingewiesen, dass die Frage, ob der Schuldner nach Verjährung des
gesicherten Anspruchs gemäß § 812 Abs.2 BGB die Herausgabe des als Sicherheit
dienenden Schuldversprechens verlangen könne oder ob dem § 216 Abs.2 Satz 1
BGB entgegenstehe, in Rechtsprechung und Literatur nicht geklärt sei.
Soweit die Beklagte der Auffassung ist, die Verjährung der dem Sicherungsrecht
zugrunde liegenden Forderung könne der Vollstreckung im Hinblick auf § 216 Abs.2
S. 1 BGB bereits seinem Wortlaut nach nicht entgegengehalten werden, ist dem
allerdings nicht zu folgen. Zwar spricht für diese Ansicht, dass es sich bei einem
notariell beurkundeten abstrakten Schuldversprechen gemäß § 780 BGB ohne
weiteres um ein „Recht“ des Versprechensempfängers handelt. Allerdings steht
dem entgegen, dass in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucksache 14/6040, S. 122)
die Begründung zu § 216 BGB n.F. mit „Wirkung der Verjährung bei dinglich
gesicherten Ansprüchen“ überschrieben ist, mithin der Gesetzgeber ausdrücklich
nur solche regeln wollte. Dagegen spricht nicht, wie die Beklagte meint, eine
nachträgliche Änderung der (amtlichen) Überschriften. Die amtliche Überschrift
lautet im in der BT-Drucksache 14/6040, S. 6 abgedruckten Gesetzesentwurf
„Wirkung der Verjährung bei gesicherten Ansprüchen“. Genauso lautet die
Formulierung in der Gesetz gewordenen Fassung (BGBl. 2001,Teil I, S. 3137 ff.,
3141), die nach den Beschlüssen des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) insoweit
der ursprünglichen Fassung des Entwurfs gegenüber explizit nicht geändert werden
sollte (vgl. BT-Drucks. 14/7052, S. 11 und S. 179 unter Ziffer IV 2). Auch unter dem
Gesichtspunkt der systematischen Auslegung, d.h. nach dem
Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, ergibt sich kein abweichendes
Ergebnis. Bei Betrachtung des übrigen Regelungsgehalts des § 216 BGB n.F.
handelt es sich bei den ausdrücklich geregelten Sicherungsrechten um dingliche
Rechte: Für Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 ergibt sich dies aus dem Wortlaut. Für Abs. 2 S.
1 folgt dies entgegen dem – insofern weiten - Wortlaut „Recht“ aus der amtlichen
Begründung, wonach dieser Anwendung finde auf Sicherungsübereignung und
Sicherungsabtretung (BT-Drucks. 14/6040, S. 123...). Es spricht auch nichts dafür,
dass der Gesetzgeber den in die Neufassung des Verjährungsrechts überwiegend
übernommenen § 223 BGB a.F. in dieser Hinsicht abändern wollte.
Allerdings ist eine Anwendung des § 216 Abs. 2 S. 1 BGB in analoger Form
geboten (im Ergebnis ebenso Cartano/Edelmann, WM 2004, 775, 779; Hohmann,
WM 2004, 757, 763; OLG Frankfurt WM 2006, 856 ff.).Denn es besteht eine
planwidrige Regelungslücke. Wie oben ausgeführt, ist das notariell beurkundete
abstrakte Schuldversprechen von § 216 Abs.2 S.1 BGB nicht erfasst. Es existiert
auch keine sonstige Regelung, die sich mit dem abstrakten Schuldversprechen als
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auch keine sonstige Regelung, die sich mit dem abstrakten Schuldversprechen als
Sicherungsrecht in seinem Verhältnis zu der gesicherten Forderung befasst, so wie
das bei der Bürgschaft (§ 768 BGB) und der Vormerkung, bei der gemäß § 886
BGB ein Anspruch auf Löschung besteht, der Fall ist (zu diesen beiden
Sicherungsrechten vgl. auch BT-Drucksache 14/6040, S. 123). Da bis zur
Modernisierung des Schuldrechts die Verjährungsfristen der bis dahin in 30 Jahren
verjährenden gesicherten Darlehensforderung (§ 195 BGB a.F.) und des notariell
beurkundeten abstrakten Schuldversprechens mit Unterwerfung unter die
sofortige Zwangsvollstreckung (§ 218 Abs.1 S.2 BGB a.F.) nicht auseinanderfielen,
bestand zuvor auch wenig Anlass für eine gesonderte Regelung.
Eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit dem notariell beurkundeten
abstrakten Schuldversprechen in den Gesetzesmaterialien zur Modernisierung des
Schuldrechts (BT-Drucksachen 14/6040 und 14/7052) ist nicht erfolgt. Es bestehen
auch sonst keine Anhaltspunkte für ein bewusstes Offenlassen der Anwendung des
§ 216 Abs.2 BGB auf das abstrakte Schuldversprechen, so dass nicht festzustellen
ist, der Gesetzgeber habe das abstrakte Schuldversprechen bewusst vom
Regelungsbereich des § 216 Abs.2 BGB ausnehmen wollen. Vielmehr ist dessen
Fassung vor dem Hintergrund der Übernahme des vorher geltenden und
ausschließlich dingliche Rechte betreffenden § 223 BGB a.F. zu sehen.
Die entsprechende Anwendung des § 216 Abs.2 S.1 BGB ist auch wegen der
Gleichheit der Interessenlage geboten.
§ 216 Abs.2 BGB beruht zunächst auf der Überlegung, dass eine zur Sicherung der
persönlichen Forderung geschaffene Rechtsstellung von der Verjährung der
Forderung nicht berührt werden soll (BT-Drucksache 14/6040, S. 122/123; vgl. auch
Soergel/Niedenführ, BGB, 13. Aufl. 2002, Rz.8). Dieser Gesichtspunkt jedoch gilt für
das eigens zur Sicherung einer Forderung notariell abgegebene abstrakte
Schuldversprechen ebenso wie etwa für die Grundschuld. Zudem ist durch die
Verbindung des abstrakten Schuldversprechens mit der Zweckerklärung dieses
nicht an die Darlehensforderung, sondern im Hinblick auf den Sicherungsfall und
dessen Eintritt an die Grundschuld gebunden (dazu auch Hohmann, WM 2004,
757, 763), was die besondere Nähe zur Grundschuld, auf die § 216 Abs.2 S.1 BGB
anwendbar ist, belegt und in dieser Hinsicht zur Gleichsetzung mit dieser führen
muss. Insofern darf ausschließlich der dauerhafte Wegfall des berechtigten
Sicherungsinteresses des Sicherungsnehmers, der diesen zu einer Rückgewähr
der Grundschuld verpflichten würde, zu einer Kondiktion auch des abstrakten
Schuldversprechens führen (auch Cartano/Edelmann, WM 2004, 775, 779). Zu
berücksichtigen ist auch, dass durch das notarielle abstrakte Schuldversprechen
mit Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung durch Ausweitung des
Vollstreckungszugriffs auf das gesamte Vermögen des
Darlehensnehmers/Sicherungsgebers die Grundschuldsicherheit in Form einer
weiteren eigenständigen Sicherheit gestärkt werden soll, deren Zweck auch
gerade in der Begründung der nach § 197 Abs.1 Nr.4 BGB gegebenen 30-jährigen
Verjährungsfrist besteht (Hohmann, WM 2004, 757, 763). Dieser Zweck würde bei
Kondizierbarkeit des abstrakten Schuldversprechens nach Verjährung der
gesicherten Forderung vereitelt.
Im Übrigen würde in den Fällen, in denen die Erklärung eines abstrakten
Schuldversprechens in einer notariellen Urkunde aus der Zeit vor Geltung der
neuen Verjährungsvorschriften mit der Unterwerfung unter die sofortige
Zwangsvollstreckung auch bezweckte, die Notwendigkeit der gerichtlichen
Titulierung der gesicherten Forderung zu vermeiden, ansonsten die berechtigten
Interessen aller an einer kostengünstigen Abwicklung des Vertragsverhältnisses
verletzt. Zwar könnte dem in Zukunft Rechnung getragen werden, indem Abreden
hinsichtlich der Verjährung in den Vertrag aufgenommen würden; im vorliegenden
Fall ist das aber gerade noch nicht geschehen.
Gegen dieses Ergebnis spricht nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
vom 28.01.1998 (BGHZ 138, 49 ff.), nach der § 223 Abs.1 BGB a.F. nur für
dingliche Sicherheiten gelte, nicht aber für die dort zur Entscheidung stehende
Bürgschaft. Denn zum einen hat sich der Bundesgerichtshof nur mit dem im
Wortlaut dem § 216 Abs.1 BGB n.F. gleichenden § 223 Abs. 1 BGB befasst. Zum
anderen ist die Bürgschaft insofern nicht vergleichbar, als bei ihr ausdrücklich
bestimmt ist, dass der Bürge sich auf die Verjährung der Hauptforderung berufen
kann (§ 768 BGB), was Ausdruck der Akzessorietät der Bürgschaft ist, die bei dem
notariell beurkundeten abstrakten Schuldversprechen im Zusammenhang mit
einer Grundschuldbestellung gerade nicht besteht. Entscheidend für die Frage, ob
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einer Grundschuldbestellung gerade nicht besteht. Entscheidend für die Frage, ob
eine den Fällen des § 216 Abs.2 S.1 BGB vergleichbare Interessenlage besteht, ist
also nicht der Gesichtspunkt, ob es sich um eine Personal- oder Realsicherheit
handelt, sondern die Frage der Akzessorietät des Sicherungsmittels.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Das Urteil ist nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen, weil die Entscheidung über die analoge Anwendung
des § 216 Abs.2 BGB grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des
Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs.2 Nr. 1 und 2
ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.