Urteil des BGH vom 10.04.2013
BGH: beendigung, gesamtstrafe, unternehmen, auszahlung, mangel, erlass, vergehen, beihilfe, betrug, vollstreckung
5 StR 29/13
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 10. April 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges u.a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. April 2013
beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten K. und L.
wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom
30. März 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO, soweit es die-
se Angeklagten betrifft, und gemäß § 357 StPO, soweit
es die Angeklagten S. und F. betrifft, aufgeho-
ben
a) in den Schuldsprüchen hinsichtlich der Fälle 1 bis 5
(1. bis 5. Mittelabruf); das Verfahren wird insoweit auf
Kosten der Staatskasse nach § 206a StPO eingestellt,
die auch die notwendigen Auslagen der Angeklagten
trägt;
b) im gesamten Strafausspruch.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten K.
und L. werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbe-
gründet verworfen.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung
über die Strafzumessung gegen die genannten vier An-
geklagten in den Fällen 6 bis 9 der Urteilsgründe sowie
über die verbliebenen Kosten der Rechtsmittel an eine
andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Pots-
dam zurückverwiesen.
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G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Betrugs in neun
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und
den Angeklagten L. wegen Beihilfe zum Betrug in neun Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Vollstreckung der Ge-
samtfreiheitsstrafen wurde zur Bewährung ausgesetzt; gleichzeitig hat das
Landgericht bei beiden Angeklagten bestimmt, dass jeweils vier Monate der
verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Die Revisionen ha-
ben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.
I.
Der Generalbundesanwalt hat Folgendes ausgeführt:
„Hinsichtlich der durch die jeweiligen Mittelabrufe in der Zeit
zwischen dem 23. Dezember 1999 und dem 23. Mai 2000 be-
endeten ersten fünf Taten steht der Verurteilung der Angeklag-
ten K. , L. , S. , und F. das Verfahrenshinder-
nis der Verjährung entgegen.
Zwar löste die ILB die in den Fällen 1 bis 5 in Form einer Zwi-
schenkreditierung von der HNB ausgezahlten Geldbeträge erst
am 16. Juni 2000 ab (UA S. 27). Gleichwohl ist für die Frage
der Tatbeendigung auf die jeweilige Erlangung der fünf Teilsub-
ventionen abzustellen, weil dies jeweils gesonderte Mittelanfor-
derungen mittels einzelner gefälschter Bautenstandsbescheini-
gungen gegenüber der ILB und deren Freigabeentscheidungen
voraussetzte (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Januar 2004
– 5 StR 415/03 –).
Die für jedes Vergehen des Betruges im besonders schweren
Fall gesondert zu berechnenden absoluten Verjährungsfristen
von jeweils zehn Jahren waren in diesen fünf Fällen folglich be-
reits vor Erlass des Eröffnungsbeschlusses am 7. Juni 2010
abgelaufen (letzter Mittelabruf im Fall 5 am 23. Mai 2000; § 78
Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 4, § 78 b Abs. 4, § 78 c Abs. 3 StGB).
Die Verurteilungen der beiden Revidenten und
– gemäß § 357
StPO
– der in gleicher Weise von dem Rechtsfehler betroffenen
Angeklagten S. und F. müssen daher in dem bean-
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tragten Umfang aufgehoben werden. In diesem Umfang ist das
Verfahren einzustellen (§ 206 a StPO).
Dies erfordert auch die Aufhebung der in den verbleibenden
Fällen 6 bis 9 gegen die vorgenannten Angeklagten jeweils ver-
hängten Einzelstrafen, über deren Bemessung sowie Zusam-
menfassung zu einer Gesamtstrafe neu verhandelt werden
muss.“
Dem tritt der Senat bei. Ergänzend weist er darauf hin, dass die erfolg-
ten Ausgleichszahlungen der ILB gegenüber der HNB auch deshalb die
frühere Beendigung der Taten nicht hindern, weil diese zu einer bloßen
Schadensverlagerung geführt haben (soweit überhaupt auf den Schadens-
eintritt und nicht nur auf die endgültige Vorteilserlangung abgestellt werden
soll
– vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 78a Rn. 8a; Saliger in NK-StGB, 3. Aufl.,
§ 78a Rn.12). Nach den Urteilsfeststellungen war nämlich auch gegenüber
der HNB ein Mittelabruf nur aufgrund der tatsächlich erreichten Bautenstände
gestattet, wobei die HNB lediglich die Zwischenfinanzierung sicherte (UA
S. 17 f.). Dies belegt aber zugleich, dass nicht nur ein täuschungsbedingter
rechtswidriger Mittelzufluss bei dem Unternehmen der Angeklagten, sondern
auch ein Schaden endgültig mit der Auszahlung der Mittel eingetreten war.
II.
Die Aufhebung war gemäß § 357 StPO auf die nichtrevidierenden Mit-
angeklagten S. und F. zu erstrecken, weil sich dieser Fehler auch
bei ihnen ausgewirkt hat. Sie haben beide, nachdem sie vom Senat auf den
Antrag des Generalbundesanwalts nach § 349 Abs. 4 StPO i.V.m. § 357
StPO hingewiesen wurden, der Anwendung des § 357 StPO nicht widerspro-
chen.
Die Feststellungen zum Strafausspruch können ebenso wie die rechts-
fehlerfreie Kompensationsentscheidung des Landgerichts bestehen bleiben,
weil sie von dem zur Aufhebung führenden Mangel nicht berührt sind. Das
neue Tatgericht ist aber nicht gehindert, zusätzliche, den bisherigen nicht
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widersprechende Feststellungen zu treffen und im Fall einer neuerlichen
rechtsstaatswidrigen Verzögerung eine weitergehende Anrechnung vorzu-
nehmen.
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