Urteil des BGH vom 07.02.2008
BGH (zpo, kenntnis, erweiterung, forderung, vernehmung, wert, zeuge, vergleich, begründung, sitzung)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 47/06
vom
7. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Gero Fischer, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Detlev Fischer
am 7. Februar 2008
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Urteil des 27. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main vom 16. Februar 2006 wird auf Kosten des Klä-
gers zurückgewiesen.
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf
282.197,79 € festgesetzt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens nach ei-
nem Wert von 902.848,75 €.
Gründe:
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die
Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
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1. Hinsichtlich der Frage einer kongruenten oder inkongruenten Deckung
bei Rückführung des Kredits auf einen Betrag von 425.000 DM hat das Beru-
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fungsgericht das rechtliche Gehör des Klägers nicht verletzt. Darlegungs- und
beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anfechtungstatbe-
standes, damit auch für die behauptete stillschweigende Erweiterung der Kredit-
linie auf 850.000
DM und die Vereinbarung einer Zusatzkreditlinie von
332.000 DM, ist der Kläger. Hinsichtlich der „stillschweigenden“ Erweiterung
fehlte ausreichender Sachvortrag; die behauptete Verlängerung der Zusatzkre-
ditlinie über den 30. November 1997 war nicht unter Beweis gestellt und ist
durch das Kündigungsschreiben vom 7. September 1999, in dem nur von einer
„vorgemerkten“ Kreditlinie die Rede ist, nicht bewiesen.
2. Auch hinsichtlich der Frage einer Kenntnis der Beklagten von der Zah-
lungsunfähigkeit der Schuldnerin hat das Berufungsgericht keine verfassungs-
relevanten Verfahrensfehler begangen. Nach der Vernehmung des Zeugen A.
ist ausweislich des Protokolls die Sach- und Rechtslage erörtert worden,
bevor die Anwälte die zu Beginn der Sitzung gestellten Anträge wiederholten.
Nachdem die Beklagte bereits in ihrer Berufungsbegründung vorgetragen hatte,
der Zeuge A. sei nicht der im fraglichen Zeitraum zuständige Sachbearbei-
ter gewesen und habe die vom Landgericht für ausschlaggebend gehaltenen
Listen erst zur Vorbereitung der erstinstanzlichen Vernehmung fertigen lassen,
hätte der Kläger ausreichend Gelegenheit gehabt, andere Zeugen zu ermitteln
und zu benennen; welchen Zeugen er benannt hätte, ergibt sich aus der Nicht-
zulassungsbeschwerde zudem nicht.
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3. Das Berufungsgericht ist nicht in entscheidungserheblicher Weise von
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wissenszurechnung in ar-
beitsteiligen Organisationen abgewichen (vgl. dazu etwa BGH, Urt. v. 15. De-
zember 2005 - IX ZR 227/04, WM 2006, 194, 195). Die verspätete Zahlung der
Löhne und Gehälter war nicht bekannt, sondern hätte durch einen Vergleich mit
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den Kontoverläufen der Vormonate ermittelt werden können; das reicht für eine
„Kenntnis“ im Sinne von § 130 Abs. 2 InsO nicht aus. Auch im Übrigen ist ein
Zulassungsgrund nicht ersichtlich. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde für
grundsätzlich gehaltene Frage danach, ob und wie eine im Rahmen des § 17
Abs. 2 InsO zu berücksichtigende Forderung ernstlich eingefordert worden sein
müsse, ist durch den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2007 (IX ZB 36/07, WM
2007, 1796) und das Senatsurteil vom 20. Dezember 2007 (IX ZR 93/06, z.V.b.)
dahin geklärt, dass auch ein rechtlich nicht bindendes „Stillhalteabkommen“ ei-
ne Berücksichtigung der Forderung ausschließt. Von diesem Obersatz ist das
Berufungsgericht ausgegangen. Welche Schlussfolgerungen im Einzelfall zu
ziehen sind, verantwortet der Tatrichter.
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4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2
Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
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Dr.
Gero
Fischer
Prof.
Dr.
Gehrlein
Vill
Lohmann
Dr.
Detlev
Fischer
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 08.07.2003 - 8 O 6/02 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 16.02.2006 - 27 U 11/03 -