Urteil des BGH vom 24.10.2013

BGH: treu und glauben, negative feststellungsklage, doppelrelevante tatsachen, geschäftshaus, grundstück, wohnhaus, abweisung, feststellungsurteil, bindungswirkung, entschädigung

BGHR: ja
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 82/11
Verkündet am:
24. Oktober 2013
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Oktober 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und Dr. Remmert
für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten und die Anschlussrevision des
Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Koblenz vom 1. April 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks A. 4-6 in K.
, auf dem sich ein Wohn- und Geschäftshaus sowie mehrere Wirtschafts-
gebäude befinden. Im Jahre 1994 führte die Beklagte zu 2 im Auftrag der erst-
beklagten Verbandsgemeinde in dieser Straße Kanalbauarbeiten durch. Im Jahr
darauf stellte der Kläger Risse an seinem Wohnhaus und 1999 ein starkes Ab-
senken dieses Gebäudes und des Bürgersteigs fest. Mit der Behauptung, ur-
sächlich hierfür seien Fehler bei den Kanalarbeiten, hat der Kläger die Beklag-
ten gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz in Höhe von zuletzt 51.685,34 €
wegen durchgeführter Sanierungsmaßnahmen in Anspruch genommen. Außer-
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dem hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagten auch zur Erstattung der
Kosten für die weiteren Schadensbeseitigungsarbeiten an seinem Haus im Zu-
sammenhang mit den Kanalbauarbeiten 1994 verpflichtet seien.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat
der Kläger Schäden auch an weiteren Gebäuden behauptet und die Feststel-
lung verlangt, die Beklagten seien zur Übernahme auch der insoweit entstan-
denen Schadensbeseitigungskosten verpflichtet. Mit Teilurteil vom 14. März
2007 hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers bezüglich der Beklag-
ten zu 2 als unzulässig verworfen und bezüglich der Beklagten zu 1 hinsichtlich
des Leistungsanspruchs zurückgewiesen. Der erkennende Senat hat dieses
Teilurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung ist das Urteil des Landgerichts
teilweise abgeändert und dahingehend neu gefasst worden, dass der bezifferte
Klageantrag und der Feststellungsantrag, soweit sie sich auf die in der Klage-
schrift geltend gemachten Gebäudeschäden beziehen, abgewiesen werden,
dagegen eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2 sowie eine Entschädi-
gungspflicht der Beklagten zu 1 - in Höhe dieses Anspruchs gesamtschuldne-
risch mit der Beklagten zu 2 - für die in der Berufungsinstanz weiter geltend
gemachten Schäden festgestellt wird.
Beide Beklagten erstreben mit der vom erkennenden Senat zugelasse-
nen Revision die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger hat Anschluss-
revision eingelegt; er verfolgt damit seine Klageanträge im Umfang der Klage-
abweisung weiter, insbesondere hält er weiterhin einen Schadensersatzan-
spruch auch gegen die Beklagte zu 1 für begründet.
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Entscheidungsgründe
Die Revisionen der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers
sind begründet und führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung
sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
A.
Revisionen der Beklagten zu 1 und 2
I.
Das Berufungsgericht hat das Feststellungsinteresse hinsichtlich der
Schadensersatz- oder Entschädigungsverpflichtung der Beklagten wegen
Schäden an den auf dem Anwesen A. 4-6 befindlichen Gebäuden, die
zeitlich nach den mit der Klageschrift dargelegten Gebäudeschäden entstanden
und durch die Kanalbauarbeiten im Jahr 1994 verursacht worden sein sollen,
bejaht. Dies ergebe sich daraus, dass - wie die durchgeführte Beweisaufnahme
gezeigt habe - die realistische Möglichkeit der Schädigung des Eigentums des
Klägers infolge planwidrig nicht oder unzureichend ausgeführter Querriegel be-
stehe.
In der Sache entnimmt das Berufungsgericht eine Schadensersatzpflicht
der Beklagten zu 2 aus einer Verletzung des zwischen den beiden Beklagten
geschlossenen Werkvertrags, der Schutzwirkung zu Gunsten des Klägers ent-
falte. Hinsichtlich des Schadens genüge für den Feststellungsausspruch die
naheliegende Möglichkeit der Verursachung durch die unzureichende Ausfüh-
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rung der Querriegel. Dagegen sei über die Auswirkungen eines Mitverschul-
dens im Hinblick auf etwa schon zuvor bestehende mangelhafte Gebäudever-
hältnisse und über etwaige Abzüge "neu für alt" im Rahmen des Feststellungs-
begehrens nicht zu entscheiden.
Der geltend gemachte Anspruch sei ebenso wenig verjährt wie ein eben-
falls anzunehmender deliktischer Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte
zu 2. Sie habe fahrlässig gehandelt, weil ihr hätte bekannt sein müssen, welche
Folgen das Absehen vom Einbau wirksamer Querriegel haben könne. Hinsicht-
lich einer möglichen Exkulpation bezüglich ihrer Mitarbeiter habe sie nichts dar-
getan.
Gegen die Beklagte zu 1 bestehe (nur) ein verschuldensunabhängiger
nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch, dessen Voraussetzungen bei infolge
einer durch die Kanalbauarbeiten bedingten Setzung des Grundwasserspiegels
eingetretenen Schäden am Grundstück des Klägers erfüllt seien. Eine Verhin-
derung der fehlerhaften und schadensauslösenden Kanalbauarbeiten sei dem
Kläger weder möglich noch zumutbar gewesen. Dieser Anspruch sei nicht ver-
jährt, weil zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 Verhandlungen ge-
schwebt hätten und im Übrigen nach altem Schuldrecht die dreißigjährige Re-
gelverjährungsfrist gelte.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1.
Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Feststellungsanträge im
Ergebnis zu Recht bejaht. Allerdings hat es das erforderliche Feststellungsinte-
resse für den erweiterten Antrag der im Berufungsverfahren in den Rechtsstreit
eingeführten Gebäudeschäden unzutreffend erst unter Heranziehung des Er-
gebnisses der Beweisaufnahme, wonach erforderliche Querriegel nicht ord-
nungsgemäß eingebaut worden seien und es deshalb zu Stützverlusten kom-
men könne, angenommen. Zwar hat der Kläger bestrittene Voraussetzungen
des Feststellungsinteresses grundsätzlich zu beweisen (vgl. Zöller/Greger,
ZPO, 30. Aufl., § 256 Rn. 7). Dies gilt jedoch nicht für Umstände, die auch Vor-
aussetzung für die Begründetheit der Klage sind. Diese sind schon aufgrund
des - auch vorliegend - schlüssigen Vorbringens des Klägers zu einem Scha-
den durch die Kanalbauarbeiten als sogenannte doppelrelevante Tatsachen für
die Zulässigkeitsprüfung zu unterstellen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November
1993 - IX ZR 32/93, BGHZ 124, 237, 240 f mwN).
2.
Zu Recht rügt die Revision der Beklagten zu 2 die Annahme des Beru-
fungsgerichts als rechtsfehlerhaft, der Kläger sei in den Schutzbereich des zwi-
schen ihr und der Beklagten zu 1 geschlossenen Bauvertrags einbezogen ge-
wesen und könne deshalb einen eigenen Schadensersatzanspruch nach Ver-
tragsgrundsätzen gegen sie geltend machen.
a) Die Einbeziehung eines Dritten in die Schutzwirkungen eines Vertrags
setzt voraus, dass Sinn und Zweck des Vertrags und die erkennbaren Auswir-
kungen der vertragsgemäßen Leistung auf den Dritten seine Einbeziehung un-
ter Berücksichtigung von Treu und Glauben erfordern und eine Vertragspartei,
für den Vertragsgegner erkennbar, redlicherweise damit rechnen kann, dass die
ihr geschuldete Obhut und Fürsorge in gleichem Maße auch dem Dritten entge-
gengebracht wird. Danach wird ein Dritter nur dann in die aus einem Vertrag
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folgenden Sorgfalts- und Schutzpflichten einbezogen, wenn er mit der Haupt-
leistung nach dem Inhalt des Vertrags bestimmungsgemäß in Berührung kom-
men soll, ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung
des Dritten besteht, den Interessen des Schuldners durch Erkennbarkeit und
Zumutbarkeit der Haftungserweiterung Rechnung getragen wird und der Dritte
schutzbedürftig ist (vgl. BGH, Urteile vom 2. Juli 1996 - X ZR 104/94, BGHZ
133, 168, 173; vom 2. April 1998 - III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 261; vom
20. April 2004 - X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 8 f und vom 6. Mai 2008 - XI ZR
56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 27).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann auf der Grundlage der
getroffenen Feststellungen eine Einbeziehung des Klägers in den Schutzbe-
reich des zwischen den Beklagten zu 1 und 2 geschlossenen Bauvertrags nicht
angenommen werden. Das Berufungsgericht hat einen solchen eigenen Er-
satzanspruchs für gegeben angesehen, weil sich der Kläger im Gefahrenbe-
reich der vertraglichen Leistungen befinde und sich die erforderliche Nähebe-
ziehung zur Beklagten zu 1 aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsver-
hältnis ergebe. Dies wird den Anforderungen an einen Vertrag mit Schutzwir-
kung zugunsten des Klägers jedoch nicht ausreichend gerecht.
Selbst wenn eine bestimmungsgemäße Leistungsberührung und ein
Schutzbedürfnis des Klägers zu bejahen sein sollten, ist nicht erkennbar, wo-
raus sich ein berechtigtes Interesse der Beklagten zu 1 als Gläubigerin der
Werkleistung an der Begründung vertraglicher Schutzpflichten zugunsten des
Klägers herleiten lässt. Sie stand zum Kläger in keiner Sonderbeziehung und ist
nur nach allgemeinen nachbar- und deliktsrechtlichen Vorschriften verpflichtet
gewesen, dessen Rechtsgüter während der Kanalbauarbeiten nicht zu verlet-
zen. Darüber hinaus ist auch nach Sinn und Zweck dieses Vertrags eine Einbe-
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ziehung gerade des Klägers nicht anzunehmen. Dass die Vertragsparteien den
Willen hatten, Schutzpflichten auch zugunsten des Klägers zu begründen, ist
weder festgestellt noch ersichtlich. Allein daraus, dass der Werkvertrag die Er-
richtung von Querriegeln zur Verhinderung von Grundwasserabflüssen vorsah,
und dies objektiv auch den Interessen der Anlieger und damit auch des Klägers
diente, folgt ein solcher Wille nicht. Diese Vorgabe war allein deshalb erforder-
lich, um die fachgerechte Erbringung der Werkleistung sicherzustellen und die
Beklagte zu 1 vor Ansprüchen der Anlieger zu schützen. Dabei besteht ein der-
artiges Interesse der Beklagten zu 1 auch nicht aufgrund besonderer räumlicher
Nähe. Ein Interesse daran, dem Kläger im Hinblick auf das Nachbarschaftsver-
hältnis für den Fall eines Schadens eine bevorzugte Rechtsposition einzuräu-
men, ergibt sich nach den Umständen dieses Falles nicht. Es ist auch fernlie-
gend, dass etwa durch die Begründung vertraglicher Ansprüche des Klägers
gegen die Beklagte zu 2 eine eigene Inanspruchnahme der Beklagten zu 1
vermieden werden sollte. Ein eigener vertraglicher Ersatzanspruch des Klägers
gegen die Beklagte zu 2 scheidet danach aus.
3.
a) Das Berufungsgericht geht bei der weiteren Beurteilung der geltend
gemachten Ansprüche mit Recht davon aus, dass die Rechtsbeziehungen des
Klägers zu beiden Beklagten bürgerlich-rechtlicher Natur sind. Die Kanalisati-
onsarbeiten sind von der Beklagten zu 1 durch die Beauftragung eines privaten
Bauunternehmens privatrechtlich organisiert worden sind (vgl. BGH, Urteil vom
18. September 1987 - V ZR 219/85, NJW-RR 1988, 136, 137 mwN).
Als Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren hat das Beru-
fungsgericht zutreffend einen Entschädigungsanspruch analog § 906 Abs. 2
Satz 2, § 909 BGB gegen die Beklagte zu 1 und (des Weiteren) einen delikti-
schen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. § 909 BGB gegen
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noch, wie das Berufungsgericht angenommen hat, der Anwendungsbereich des
1 ihre Passivlegitimation in Abrede gestellt hat, ist ihr nicht zu folgen. Der nach-
barrechtliche Ausgleichsanspruch richtet sich nicht nur gegen den Eigentümer
des beeinträchtigenden Grundstücks, sondern auch gegen den Nutzer als den-
jenigen, der die Nutzungsart dieses Grundstücks bestimmt (vgl. BGH, Urteil
vom 22. Februar 1991 - V ZR 308/89, BGHZ 113, 384, 392 und vom 30. Mai
2003 - V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 102). Dies ist hinsichtlich der Kanalisation
die Beklagte zu 1 (Verbandsgemeinde).
b) Die tatrichterlichen Feststellungen reichen jedoch nicht aus, um auf
der Grundlage dieser Anspruchsnormen den getroffenen Feststellungsaus-
spruch zu rechtfertigen. Das Berufungsgericht hat es versäumt, Feststellungen
zur haftungsbegründenden Einwirkung des fraglichen Werkmangels auf das
Grundstück des Klägers zu treffen. Die Annahme, für den Feststellungsan-
spruch genüge bereits die nahe liegende Möglichkeit der Schadensverursa-
chung, ist rechtsfehlerhaft. Eine Klage auf Feststellung einer Schadensersatz-
verpflichtung ist zwar bereits dann zulässig, wenn der Schadenseintritt hinrei-
chend wahrscheinlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92,
NJW 1993, 648, 653 f, vom 24. Oktober 1996 - VII ZR 98/94, NJW-RR 1997,
339, 340 und Beschluss vom 9. Januar 2007 - VI ZR 133/06, NJW-RR 2007,
601 Rn. 5). Die Begründetheit eines solchen Feststellungsantrags setzt jedoch
zusätzlich voraus, dass die sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines
Schadensersatzanspruchs vorliegen, also ein haftungsrechtlich relevanter Ein-
griff feststeht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Januar 2007 aaO Rn. 6).
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Im Streitfall hätte das Berufungsgericht deshalb dem Feststellungsbe-
gehren bezüglich der Beklagten zu 1 nur dann entsprechen dürfen, wenn fest-
stünde, dass der Haftungstatbestand der §§ 906, 909 BGB erfüllt ist, es also im
Zuge der Kanalbauarbeiten zu einer Absenkung des Grundwassers und als
Folge davon zu einer Kompression des Baugrundes und zu Bodensetzungen
gekommen ist. Es hat indessen für die im Berufungsverfahren zusätzlich gel-
tend gemachten Schäden gerade nicht die Überzeugung gewinnen können,
dass ein solcher Zustand und ein dadurch bedingter Stützverlust vorlag. All dies
ist lediglich als möglich angesehen worden. Damit ist der Tatbestand des § 909
BGB jedoch noch nicht erfüllt.
Auch hinsichtlich eines deliktischen Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB
(Eigentumsverletzung) gegen die Beklagte zu 2 hat das Berufungsgericht eine
haftungsrechtlich relevante Rechtsgutverletzung nicht festgestellt. Diese wird
lediglich für möglich gehalten, nicht aber, wie geboten, aufgeklärt. Auch inso-
weit wäre die Feststellung erforderlich gewesen, dass das Grundstück des Klä-
gers durch die im Zuge des Kanalbaus erfolgte Vertiefung und den damit ein-
hergehenden Grundwasserabfluss infolge der Drainagewirkung des Kanals die
erforderliche Stütze verloren hat. Lediglich die Gefahr eines solchen Stützver-
lusts begründet jedoch kein zum Schadensersatz oder zur Entschädigung ver-
pflichtendes Rechtsverhältnis, sondern lässt dieses nur als in Zukunft möglich
erscheinen. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt
sich deshalb auch keine Eigentumsverletzung durch die Beklagte zu 2 bejahen.
Das Berufungsgericht wird deshalb die für die Frage eines bereits vorlie-
genden haftungsrechtlichen Eingriffs in Rechtsgüter des Klägers maßgeblichen
Feststellungen noch zu treffen haben.
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4.
Die Beklagten machen mit ihrer Revision weiter mit Recht geltend, dass
bei dem vorliegenden Feststellungsurteil die Frage einer Anspruchsminderung
auf der Grundlage des § 254 BGB - der auch auf den nachbarrechtlichen Ent-
schädigungsanspruch Anwendung findet (vgl. BGH, Urteil vom 18. September
1987 - V ZR 219/85, NJW-RR 1988, 136, 138) - nicht offen gelassen und einer
späteren Klage überlassen werden kann.
a) Die gegenteilige Beurteilung des Berufungsgerichts steht mit der stän-
digen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Einklang. Danach ist ein
Feststellungsurteil, mit dem das Bestehen eines mit einer unbezifferten Fest-
stellungsklage geltend gemachten Anspruchs vorbehaltlich eines noch zu prü-
fenden Mitverschuldens festgestellt wird, unzulässig (vgl. nur BGH, Urteil vom
10. Juli 2003 - IX ZR 5/00, NJW 2003, 2986 und Beschluss vom 4. August 2010
- VII ZR 207/08, NJW 2010, 3299 Rn. 11). Entsprechendes gilt für den vorlie-
genden Fall.
Die Beklagte zu 2 hatte ebenso wie die Beklagte zu 1 nicht nur beste-
hende Vorschäden, sondern auch einen besonders schadensanfälligen Zustand
des Hauses des Klägers behauptet. Diesem Gesichtspunkt der Schadensanfäl-
ligkeit ist aber dadurch Rechnung zu tragen, dass ein Eigentümer sich bei
schadensgeneigter Beschaffenheit seines Grundstücks nach § 254 BGB eine
Kürzung oder sogar den Ausschluss seiner Ersatz- oder Entschädigungsan-
sprüche gefallen lassen muss (vgl. Senatsurteile vom 17. Januar 1985 - III ZR
109/83, NVwZ 1986, 76, 77; vom 20. Februar 1992 - III ZR 188/90, BGHZ 117,
240, 259 mwN und vom 25. Juni 1992 - III ZR 101/91, NJW 1992, 2884, 2885).
Demgegenüber führt das Berufungsgericht lediglich aus, das Vorbringen der
Beklagten betreffe lediglich die Höhe der konkreten Schadensersatzleistung.
Der Einwand der Beklagten, der Schaden sei durch eine Schadensanfälligkeit
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aufgrund unzureichender Gründung der Gebäude mitverursacht, ist aber eine
den Bestand des Klageanspruchs, den das Berufungsgericht als uneinge-
schränkt begründet angesehen hat, betreffende Einwendung, die das Beru-
fungsgericht nicht einem Folgeprozess überlassen darf. Dies gilt auch hinsicht-
lich der Frage, ob ein Mitverschulden des Klägers vorliegt, weil er etwa notwen-
dige eigene Stützungsmaßnahmen unterlassen hat (s. dazu BGH, Urteil vom
19. Oktober 1965 - V ZR 171/63, NJW 1966, 42).
b) Entgegen der in der Revisionserwiderung geäußerten Auffassung des
Klägers steht die Entscheidung des Senats vom 11. Januar 2007 (III ZR 294/05,
NJW-RR 2007, 457 Rn. 24 f) dieser Beurteilung nicht entgegen. Sie betraf ein
Berufungsurteil, das eine negative Feststellungsklage abgewiesen hatte, und
dessen Bedeutung mit derjenigen eines Grundurteils vergleichbar war, bei dem
die Prüfung des Mitverschuldens dem Rechtsstreit über die Höhe des An-
spruchs vorbehalten werden kann, wenn es nur geeignet ist, zu einer Minde-
rung, nicht aber zu einer Beseitigung des Anspruchs zu führen. Eine solche
Fallgestaltung liegt hier nicht vor.
c) In diesem Zusammenhang bleibt die Rüge der Beklagten zu 1, wo-
nach das Berufungsgericht hinsichtlich des gegen sie zuerkannten Entschädi-
gungsanspruchs zu Unrecht als unerheblich angesehen habe, dass der Kläger
keine Abwehr- oder Beseitigungsmaßnahmen getroffen habe, allerdings ohne
Erfolg.
Die in der analog anzuwendenden Vorschrift des § 906 Abs. 2 Satz 2
BGB vorausgesetzte Nichtabwendbarkeit der Beeinträchtigung aus tatsächli-
chen oder rechtlichen Gründen bezieht sich auf die Abwehr von Einwirkungen
auf das Grundstück, hier also einen eingetretenen und eventuell fortschreiten-
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den Stützverlust durch die Bauarbeiten am Kanal. Der Kläger, der sich als An-
lieger zunächst auf eine fachgerechte Ausführung der Arbeiten verlassen durfte
(vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 1978 - III ZR 26/77, BGHZ 72, 289, 294 f),
hatte erst aufgrund der von ihm nach Durchführung der Arbeiten festgestellten
Schäden Anlass, hieran zu zweifeln.
5.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage der Verjährung des
deliktischen Schadensersatzanspruchs und gesetzlichen Entschädigungsan-
spruchs sind ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei.
a) Gegenstand der ursprünglich erhobenen Klage waren nur Schäden an
dem Wohn- und Geschäftshaus des Klägers, nicht aber an anderen Gebäuden
auf seinem Anwesen. Allein daraus, dass im Feststellungsantrag in Überein-
stimmung mit dem Aktivrubrum der Klageschrift "A. 4-6" genannt ist,
lässt sich nicht entnehmen, dass mit der Klage geltend gemacht werden sollte,
es existierten auf dem Anwesen weitere ebenfalls in Mitleidenschaft gezogene
Gebäude.
b) Die somit nach dem gestellten Antrag und dem dazu vorgetragenen
Lebenssachverhalt (vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 5. November 2009 - IX ZR
239/07, BGHZ 183, 77 Rn. 10) auf Schäden am Wohn- und Geschäftshaus be-
schränkte Klage konnte die Verjährung etwaiger weiterer Ansprüche wegen
Schäden an anderen Gebäuden nicht unterbrechen oder hemmen. Schäden an
weiteren Gebäuden, die sich ab dem Jahr 2007 gezeigt haben sollen, sind vom
Kläger erst im Zuge des Berufungsverfahrens in den Prozess eingeführt wor-
den. Er hat sie - entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts - nicht be-
reits mit Berufungseinlegung, sondern erstmals mit Schriftsatz vom 4. Mai 2009
angesprochen. Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2010 hat er sodann die Auffassung
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vertreten, der bisherige Feststellungsantrag umfasse auch Schäden an den
Gebäuden A. 6 (Betriebswerkstatt und Bürogebäude). Keiner dieser
Schriftsätze wurde jedoch zugestellt, so dass die Rechtshängigkeit der erweiter-
ten Feststellungsanträge erst mit der Geltendmachung in der mündlichen Ver-
handlung vom 21. Juli 2010 gemäß § 261 Abs. 2 Alt. 1 ZPO eingetreten ist.
Zwar hat der Kläger dabei nur den erstinstanzlichen Feststellungsantrag wie-
derholt. Dennoch ist davon auszugehen, dass er mit diesem Antrag nunmehr
auch die Feststellung einer Ersatzverpflichtung hinsichtlich der Instandset-
zungskosten an den anderen Gebäuden verfolgen wollte. Zusammen mit dem
vorgetragenen Lebenssachverhalt ist dieser Antrag entsprechend weit auszule-
gen.
c) Bei der erneuten tatrichterlichen Beurteilung der Verjährungsfrage un-
ter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats wird das Berufungsge-
richt zu berücksichtigen haben, dass entgegen der Auffassung der Beklagten
zu 1 diese Anträge des Klägers nicht nur Schadensersatzansprüche, sondern
auch Entschädigungsansprüche analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB betrafen.
Zwar handelt es sich bei Schadensersatzansprüchen nach § 823 BGB und dem
nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB um
unterschiedliche Streitgegenstände darstellende prozessual selbständige An-
sprüche (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 217/09, BeckRS 2010,
20140, Rn. 10). Ein auf Ersatz aller durch unerlaubte Einwirkungen im Wege
einer Vertiefung entstandenen (und noch entstehenden) Schäden gerichtetes
Klagebegehren erfasst jedoch beide Ansprüche, auch wenn die Klage nicht
ausdrücklich auf den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906
Abs. 2 Satz 2 BGB gestützt ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1997 - V ZR 48/96,
NJW-RR 1997, 1374).
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B.
Anschlussrevision des Klägers
Die Abweisung der Klage bezüglich der bereits mit der Klageschrift gel-
tend gemachten Schäden am Wohn- und Geschäftshaus des Klägers kann auf
der Grundlage der vom Berufungsgericht vorgenommenen Würdigung keinen
Bestand haben.
I.
Das Berufungsgericht hat die Klage insoweit als unbegründet angese-
hen, weil es nicht die Überzeugung habe gewinnen können, dass diese Schä-
den durch eine Grundwassersenkung aufgrund der Kanalbauarbeiten oder
durch sonstige von diesen Arbeiten ausgehende Einwirkungen verursacht wor-
den seien. Es fehlten die für Setzungen des Untergrunds typischen Schadens-
bilder. Gegen eine Ursächlichkeit der Kanalbaumaßnahmen spreche auch,
dass an den Nachbargebäuden solche Schäden nicht feststellbar seien. Dies
gelte auch hinsichtlich einer Beeinträchtigung des Anwesens des Klägers durch
eine unzureichende Sicherung der Baustelle mangels linearen Verbaus oder
durch Erschütterungen des Baugrunds durch Baumaschinen. Auch eine Rück-
planung der Gründungs- und Bauverhältnisse könne die Annahme der haf-
tungsbegründenden Kausalität nicht rechtfertigen. Denn selbst wenn eine ord-
nungsgemäße Gründung nachgewiesen werde, sei doch weiterhin das Scha-
densbild zu berücksichtigen, das keinen Rückschluss auf eine Kausalität erlau-
be. Es könne sich auch um reine Altersschäden handeln, so dass der Kläger
nicht den Beweis habe führen können, dass die bereits mit der Klageschrift gel-
tend gemachten Schäden durch die Kanalbauarbeiten verursacht worden seien.
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II.
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht
stand; sie sind widersprüchlich und beruhen auf einer unzureichenden Beweis-
würdigung (§ 286 ZPO).
1.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abweisung der mit der Kla-
ge geltend gemachten Schäden versteht der erkennende Senat dahin, dass
steht jedoch in Widerspruch zu den Ausführungen, die das Berufungsgericht zu
den vom Kläger im Berufungsverfahren zusätzlich geltend gemachten Schäden
gemacht hat. Denn das Berufungsgericht hat setzungsbedingte Schäden am
Wohnhaus des Klägers unter anderem deshalb verneint, weil an umliegenden,
konstruktionsbedingt empfindlicheren, Nachbarhäusern derartige Schadensbil-
der fehlten und dies auch nicht durch lokal begrenzte Auswirkungen der Kanal-
baumaßnahme erklärbar sei. Bezogen auf die im Berufungsrechtszug klageer-
weiternd geltend gemachten Schäden, die auch weitere Schäden am Wohn-
haus betreffen, bejaht es hingegen die „realistische Möglichkeit“ einer Schädi-
gung des Eigentums des Klägers, ohne dass aus dem Gesamtzusammenhang
der angestellten Beweiswürdigung diese unterschiedliche Wertung verständlich
wird.
In diesem Zusammenhang rügt die Anschlussrevision zu Recht, dass
auch die der Feststellungsklage zugrunde liegenden (weiteren) Schäden für die
Feststellung eines Stützverlusts von Bedeutung sein können. Denn die - nicht
vorgenommene - nähere Untersuchung und Bewertung dieser Schäden könnte
zu dem Schluss führen, dass auch den am Wohn- und Geschäftshaus geltend
gemachten Schäden ein Stützverlust zugrunde gelegen hat.
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Darüber hinaus hat das Berufungsgericht, wie die Anschlussrevision
weiter zutreffend rügt, den Streitstoff nicht umfassend gewürdigt. Es hat insbe-
sondere nicht berücksichtigt, dass der Kläger geltend gemacht hat, die (Ur-
sprungs-)Schäden beträfen durchweg die zur Straße gelegene Seite des Hau-
ses, und der Bürgersteig vor dem Haus sei um etwa 12 cm zur Straße hin ab-
gesunken; zudem habe sich die Außentreppe vor dem Ladenlokal um bis zu
5 cm weggeneigt und ebenfalls - um 3 cm - gesenkt. Mit diesem Vorbringen,
das dagegen spricht, dass es sich bei den feststellbaren Gebäudeschäden - wie
es das Berufungsgericht jedenfalls für möglich hält - um bloße Altersschäden
handelt, hat sich das Berufungsgericht nicht (hinreichend) befasst.
Ebenfalls zu Recht rügt die Anschlussrevision, dass das Berufungsge-
richt einen Stützverlust mit dem Nichtvorliegen von Schiefstellungen, wie sie der
Sachverständige P. als setzungstypisch bezeichnet hat, verneint, ohne
hierbei die Aussage des bereits vom Landgericht vernommenen Zeugen G.
zu würdigen, die Ladentür habe nach Durchführung der Bauarbeiten (im
Laufe des Jahres 1995) oftmals geklemmt. In diesem Zusammenhang hat es
weiterhin nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger ausdrücklich gel-
tend gemacht hat, die Eingangstür schließe nicht mehr selbständig, sondern
sperre 4 cm, und auch andere Türen sowie Fenster seien damals wie heute
verzogen. Damit hatte er aber auch Schäden vorgetragen, die auf eine Verfor-
mung des Baukörpers hindeuteten; nach den Ausführungen des Sachverstän-
digen könnte dies grundsätzlich auf einen Stützverlust zurückzuführen sein.
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Das Berufungsgericht wird deshalb das Vorbringen des Klägers und die
erhobenen Beweise - gegebenenfalls nach weiterer Beweisaufnahme - neu zu
weiteren Rügen der Anschlussrevision zu befassen, auf die näher einzugehen
der Senat keinen Anlass hat.
2.
Die Rüge der Anschlussrevision, das Berufungsgericht habe bei seiner
klageabweisenden Entscheidung die Bindungswirkung des Teilurteils des Se-
nats vom 14. Februar 2008 unbeachtet gelassen, ist demgegenüber unbegrün-
det.
Die Bindungswirkung des § 563 Abs. 2 ZPO erfasst nur diejenigen Ge-
sichtspunkte, deren rechtsirrtümliche Würdigung die Aufhebung unmittelbar
herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1996 - IX ZR 69/95, BGHZ
132, 6, 10 f). Der Senat hat in seinem vorausgegangen Urteil vom 14. Februar
2008 nur entschieden, dass bestimmtes Vorbringen des Klägers im ersten Be-
rufungsurteil nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen, weil es an vom Revisi-
onsgericht nicht nachholbaren Feststellungen dazu mangelte, dass die Ver-
spätung des Vortrags auf grober Nachlässigkeit beruhte. Darüber hinaus hat
der Senat ausgesprochen, dass dieses Vorbringen und die diesbezüglichen
Beweisanträge auch nicht als unzulässige Ausforschung unbeachtlich seien.
Die Entscheidung betrifft damit lediglich die prozessuale Unbeachtlichkeit des
Vorbringens im Hinblick darauf. Daran hatte sich das Berufungsgericht zu hal-
ten, es war jedoch nicht gehindert, den Sachvortrag anhand der von ihm weiter
durchgeführten Beweisaufnahme und deren Ergebnis frei zu würdigen und neu
auf seine Erheblichkeit zu prüfen.
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- 19 -
3.
Ebenso vergeblich wendet sich die Anschlussrevision dagegen, dass das
Berufungsgericht eine deliktische Haftung (auch) der Beklagten zu 1 nach
§§ 823, 909, 831 BGB verneint hat. Aus den Feststellungen des Berufungsge-
richts ergibt sich nichts für eine deliktische Haftung der Beklagten zu 1 aufgrund
eigenen Handelns. Auch für eine Haftung der Beklagten zu 1 gemäß § 831
BGB lässt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts und den Rügen der
Anschlussrevision nichts entnehmen. Die Beklagte zu 2 und der Streithelfer wa-
ren, wie die Anschlussrevision selbst hervorhebt, gegenüber der Beklagten zu 1
selbständige Unternehmer. Dass die Beklagte zu 2 und der Streithelfer gleich-
wohl in die Organisation der Beklagten zu 1 eingebunden und dementspre-
chend weisungsunterworfen gewesen wären, ist nach denFeststellungen des
Berufungsgerichts und dem Vorbringen des Klägers nicht ersichtlich.
Soweit das Berufungsgericht weitere mögliche Ansprüche gegen die Be-
klagte zu 1 verneint hat, ist dies rechtsfehlerfrei; die Anschlussrevision bringt
hiergegen auch nichts Erhebliches vor.
C.
Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Da der
Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, war die Sache gemäß § 563
Abs. 1 ZPO zur erneuten tatrichterlichen Beurteilung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen.
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- 20 -
a) Das Berufungsgericht wird dabei zunächst zu klären haben, ob die
Anträge des Klägers nur auf einen Ersatz beziehungsweise eine Entschädigung
hinsichtlich bereits eingetretener Schäden gerichtet sind oder auch Zukunfts-
schäden umfassen sollen. Der Tenor des Berufungsurteils betrifft nur bereits
entstandene Schäden und das Berufungsgericht hat auch in seinen Gründen
unter II. 2. nur einen Anspruch auf Ersatz von Schäden festgestellt, die nach
den mit der Klageschrift dargestellten Schäden an den Gebäuden entstanden
und durch die Kanalbauarbeiten im Jahre 1994 (bereits) verursacht worden
sind, nicht aber solcher, die erst noch entstehen werden. Unter I. der Gründe
hat es allerdings ausgeführt, der Kläger begehre mit dem Feststellungsantrag
die umfassende Feststellung der Verantwortlichkeit der Beklagten für alle aus
der Kanalbaumaßnahme resultierenden Schäden, die sich nach seiner Auffas-
sung bereits entwickelt haben oder noch entwickeln werden.
b) Bei der Beantwortung der Verjährungsfrage wird sich das Berufungs-
gericht gegebenenfalls mit dem Grundsatz der Schadenseinheit auseinander-
setzen müssen. Nach diesem Grundsatz stellt der gesamte Schaden, der auf
einem bestimmten einheitlichen Verhalten beruht, ein einheitliches Ganzes dar
und ist mit der ersten Vermögenseinbuße als eingetreten anzusehen, so dass
für den Anspruch auf Ersatz dieses Schadens einschließlich aller weiteren adä-
quat verursachten, zurechenbaren und voraussehbaren Nachteile eine einheitli-
che Verjährungsfrist läuft, sobald irgendein (Teil-)Schaden entstanden ist. Der
Zeitpunkt der einzelnen Schadensfolgen ist unerheblich, soweit es sich bei den
Schadensfolgen nur um eine bloße Weiterentwicklung handelt und mit ihnen
bereits beim Auftreten des ersten Schadens gerechnet werden konnte (vgl.
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- 21 -
BGH, Urteile vom 21. Februar 2002 - IX ZR 127/00, NJW 2002, 1414, 1415 und
vom 19. November 1997 - XII ZR 281/95, NJW 1998, 1303, 1304).
Schlick
Herrmann
Hucke
Tombrink
Remmert
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 02.03.2006 - 3 O 89/01 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 01.04.2011 - 1 U 379/06 -