Urteil des BGH vom 08.04.2008

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 50/06
vom
8. April 2008
in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. April 2008 durch den Vor-
sitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers und Dr. Wolst sowie die Richterin
Dr. Hessel und den Richter Dr. Achilles
beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil der Zivilkammer 62 des Landgerichts Berlin
vom 12. Januar 2006 wird auf ihre Kosten als unzulässig verwor-
fen.
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der von
den Beklagten mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 €
nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
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Ist wie bei der vorliegenden Klage auf Räumung und Herausgabe der
Wohnung die Dauer des Mietverhältnisses streitig, richtet sich der Wert der Be-
schwer nach § 8 ZPO. Zur Bestimmung der "streitigen Zeit“ ist dabei auf den
Zeitpunkt abzustellen, zu dem das Mietverhältnis jedenfalls geendet hätte.
Lässt sich ein solcher Zeitpunkt - wie hier - nicht sicher feststellen, bemisst sich
die Beschwer in entsprechender Anwendung von § 9 ZPO nach dem dreiein-
halbfachen Wert der Jahresmiete (Senatsbeschluss vom 13. März 2007
- VIII ZR 189/06, NZM 2007, 355 = WuM 2007, 283 m.w.N.). Ausgehend von
einer monatlichen Nettokaltmiete von 422,33 € zuzüglich 40 € für die Garten-
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nutzung errechnet sich danach im Streitfall eine Rechtsmittelbeschwer von
(462,33 € x 42 =) 19.417,86 €.
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1. Soweit die Beklagten demgegenüber einen Wert der Beschwer von
(564,59 € x 42 =) 23.712,78 € errechnen, indem sie die monatliche Betriebskos-
tenvorauszahlung von 102,26 € als nicht gesondert abzurechnende Pauschale
ansehen, ist dies unzutreffend. Gemäß § 3 Ziff. 1 des Mietvertrags ist ein "Be-
triebskostenvorschuss zzt." von 102,26 € vereinbart. Auch in der Anlage zum
Mietvertrag (Anlage Seite 2 Mitte) wird auf die gegenwärtige Miete von 422,33 €
zuzüglich „jeweiliger Betriebskostenvorschüsse" abgestellt. Nach dem eindeuti-
gen Wortlaut ist daher davon auszugehen, dass es sich hinsichtlich der Zahlung
auf die Betriebskosten um einen abzurechnenden Vorschuss und nicht um ei-
nen Pauschalbetrag handelt. Die monatliche für den Wert der Beschwer
zugrunde zu legende Miete berechnet sich damit ohne die auf die Betriebskos-
ten anfallenden Vorauszahlungen. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass
in § 3 Ziff. 2 Satz 1 des Mietvertrags die Variante "in der Miete sind die nachfol-
genden Betriebskosten gemäß § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung ...
enthalten" angekreuzt ist. Denn der nachfolgende Satz, wonach die Betriebs-
kosten als Vorschuss vom Mieter zu zahlen sind und jährlich abgerechnet wer-
den, ist nicht gestrichen.
2. Auch soweit die Beklagten meinen, zusätzlich zu der Miete sei der
Wert der Aufwendungen von über 17.000 € zu berücksichtigen, die die Beklag-
ten auf die Mietsache getätigt haben wollen, trifft dies nicht zu. Die Beklagten
haben in den Vorinstanzen keine Gegenansprüche geltend gemacht. Außerdem
haben die Mietvertragsparteien ein Quotenmodell vereinbart, wonach der Ver-
mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses vor Ablauf von fünf Jahren für je-
des nicht abgewohnte Jahre 20 % der Renovierungskosten in Höhe von insge-
samt 4.000 € erstattet. Zwar ist weiterhin vereinbart, dass die Miete in den ers-
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ten fünf Jahren nicht erhöht werden darf. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass
den Beklagten im Gegenzug für die von ihnen getätigten Aufwendungen auf die
Mietsache eine besonders günstige Miete eingeräumt worden wäre. Die Auf-
wendungen der Beklagten für die Renovierungs- und Umbaumaßnahmen stel-
len daher keine Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung der Wohnung
dar. Sie erhöhen nicht den Wert der Beschwer.
3. Auch im Übrigen ergibt sich kein die Wertgrenze von 20.000 € über-
steigender Wert der Beschwer. Insoweit meinen die Beklagten, ihnen entgingen
bei Wirksamkeit der Kündigung des Mietverhältnisses wirtschaftliche Vorteile im
Wert von über 20.000 € aus der ihnen eingeräumten, vermeintlich "günstigen"
Miete. Dies trifft jedoch ebenfalls nicht zu, auch nicht unter Berücksichtigung
dessen, dass die Miete nur alle drei Jahre um jeweils 20 % erhöht werden kann
und so über Jahre hinweg nicht das behauptete Niveau der für vergleichbare
Wohnungen zu zahlenden Miete erreicht. Zwar war die Höhe der Miete für fünf
Jahre garantiert, jedoch war eine Eigenbedarfskündigung nur für die gegenwär-
tigen Vermieter und nicht für künftige Erwerber ausgeschlossen. Die Möglich-
keit einer Eigenbedarfskündigung durch den Erwerber wird von der Nichtzulas-
sungsbeschwerde auch nicht angegriffen. Schließlich haben sich die Beklagten
den Ausschluss der Mieterhöhung für fünf Jahre auch nicht durch ihre Aufwen-
dungen auf die Wohnung "erkauft", sondern insoweit galt für einen Betrag von
4.000 € das zuvor bereits erwähnte Quotenmodell von 20 % für jedes nicht ab-
gewohnte Jahr. Soweit die Beklagten mehr als diese 4.000 € zur Renovierung
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der Wohnung aufgewendet hätten, wäre dies entsprechend der Parteivereinba-
rung nicht ausgleichspflichtig und führt nicht zu einer Erhöhung der Beschwer
über die zugrunde liegende Miete hinaus.
Ball
Wiechers
Dr. Wolst
Dr. Hessel
Dr. Achilles
Vorinstanzen:
AG Berlin-Lichtenberg, Entscheidung vom 16.03.2005 - 11 C 391/04 -
LG Berlin, Entscheidung vom 12.01.2006 - 62 S 146/05 -