Urteil des BGH vom 01.10.2001

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 217/01
vom
1. Oktober 2001
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR: ja
ZPO §§ 3, 254, 546 Abs. 1 Satz 1
Wird nicht nur ein Auskunftsbegehren, sondern eine Stufenklage insgesamt
abgewiesen, bemißt sich die Beschwer des Klägers nicht nur nach einem
Bruchteil des Wertes des Hauptanspruchs.
BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2001 - II ZR 217/01 - OLG Nürnberg
LG Ansbach
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 1. Oktober 2001
durch die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Kraemer
und die Richterin Münke
beschlossen:
Die Beschwer der Klägerin durch das Urteil des 9. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Nürnberg vom 30. Mai 2001 übersteigt
60.000,00 DM.
Gründe:
I. Die Klägerin ist Miteigentümerin eines Grundstücks, das nach Dar-
stellung des Beklagten einer aus ihm und der Mutter der Prozeßparteien be-
stehenden BGB-Gesellschaft zur Vermietung überlassen sein soll. Mit ihrer
Stufenklage begehrt die Klägerin von dem Beklagten aus abgetretenem Recht
ihrer Mutter Auskunft über die Mieteinnahmen seit Anfang 1989 sowie Zahlung
danach zu beziffernder Beträge. Das Landgericht hat dem Auskunftsbegehren
durch Teilurteil stattgegeben; auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlan-
desgericht die Stufenklage insgesamt abgewiesen und die Beschwer der Klä-
gerin auf 1/5 des gemäß § 3 ZPO geschätzten Zahlungsanspruchs von
139.000,00 DM, mithin auf 27.800,00 DM festgesetzt. Die Klägerin beantragt
Heraufsetzung ihrer Beschwer auf 139.000,00 DM.
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II. Der mit der Einlegung der Revision bei dem Bayerischen Obersten
Landesgericht durch einen gemäß § 8 Abs. 1 EGZPO postulationsfähigen An-
walt gestellte Antrag ist zulässig (vgl. BGH, Beschl. v. 4. Juli 1989
- XI ZR 90/89, NJW 1989, 3226) und begründet. Das Berufungsgericht ver-
kennt zwar nicht, daß die Beschwer des Klägers bei Abweisung einer Aus-
kunftsklage sich nach anderen Grundsätzen bemißt als die Beschwer des zur
Auskunft verurteilten Beklagten (vgl. BGH GS BGHZ 128, 85, 89). Es übersieht
aber, daß für die Beschwer einer Partei u.a. auf den rechtskraftfähigen Inhalt
der ihr nachteiligen Entscheidung abzustellen ist (vgl. z.B. Musielak/Ball, ZPO
2. Aufl. § 546 Rdn. 7 mit Rdn. 13, 15 vor § 511) und deshalb bei dem unterle-
genen Auskunftskläger der Ansatz eines Bruchteils des durch die Auskunft vor-
zubereitenden Leistungsanspruchs nur dann zutrifft, wenn sich die Abweisung
auf den Auskunftsanspruch beschränkt (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 31. März
1993 - XII ZR 67/92, FamRZ 1993, 1189 m.N.; BGHZ 128, 85, 89), weil da-
durch die Realisierung des Hauptanspruchs zwar aus tatsächlichen Gründen in
Frage gestellt (BGHZ 128, 85, 90), dieser aber nicht rechtskraftfähig aberkannt
wird.
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Anders ist es dagegen, wenn - wie hier - eine Stufenklage wegen Fehlens einer
materiell-rechtlichen Grundlage für die mit ihr verfolgten Ansprüche insgesamt
abgewiesen wird.
Hesselberger Goette Kurzwelly
Kraemer Münke