Urteil des BGH vom 28.01.2000

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 90/00
Verkündet am:
24. September 2001
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 24. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer
und die Richterin Münke
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats
in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
28. Januar 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der
Beklagte auch zur Zahlung eines Betrages von 22.232,57 DM
nebst anteiligen Zinsen verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisions-
verfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Die Klägerin, eine in Liquidation befindliche Gesellschaft mit be-
schränkter Haftung, hat ihren ehemaligen Geschäftsführer, der zugleich als
Gesellschafter mit einem Anteil von 10 % beteiligt war, auf Schadensersatz in
Höhe von 281.246,81 DM in Anspruch genommen. Der geltend gemachte
Schadensersatzanspruch beruhte auf dem Vorwurf der Unterschlagung von
zwei Schecks, der Fälschung von Kassenbelegen, unberechtigter Privatent-
nahmen, Aufwendungen für die Privatwohnung des Beklagten und die Inrech-
nungstellung weiteren privaten Aufwandes. Insoweit hat das Berufungsgericht
der Klage in Höhe von 82.750,18 DM stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat den Beklagten ferner zur Erstattung eines Be-
trages von 54.015,00 DM verurteilt. Dabei handelt es sich um Körperschafts-
steuer, die von der Klägerin für die Entnahme eines Betrages von
96.028,80 DM durch den Beklagten nachentrichtet werden mußte, weil sie im
Rahmen einer Betriebsprüfung als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet
wurde.
Die Klägerin hat dem Beklagten vorgeworfen, aufgrund seines Vorge-
hens habe sie das erhöhte Betriebsergebnis mit Verlustvorträgen aus früheren
Jahren nicht verrechnen und damit das Anfallen der Körperschaftssteuer in
Höhe des geltend gemachten Betrages nicht vermeiden können. Der Beklagte
hat entgegnet, der Klägerin sei zumindest die Entnahme in Höhe von
39.524,80 DM bekannt gewesen, die sich aus einer Gehaltserhöhung von
3.200,00 DM, Weihnachtsgeld von 7.500,00 DM - jeweils für Dezember 1990 -
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und einem Betrag von 28.824,80 DM zusammensetze, der für die Leistung von
340 Überstunden gewährt worden sei.
Der Senat hat die Revision in Höhe von 82.750,18 DM sowie weiterer
31.782,43 DM nicht angenommen. Bei dem letztgenannten Betrag handelt es
sich um den Körperschaftssteuerbetrag, der auf die an den Beklagten ausge-
zahlte Umsatztantieme von 56.504,00 DM entfällt. In Höhe von 22.232,57 DM
ist die Revision angenommen worden. Das ist der Körperschaftssteuerbetrag,
der auf die Entnahme von 39.524,80 DM entfällt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten führt im Rahmen ihrer Annahme durch den
Senat zur Zurückverweisung.
Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Parteien zu der von dem Be-
klagten getätigten Entnahme von 39.524,80 DM und die darauf entfallende
Körperschaftssteuer von 22.232,57 DM nicht vollständig gewürdigt. Wie die
Revision zu Recht rügt, hat es den Umstand nicht berücksichtigt, daß der Be-
trag von 39.524,80 DM nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien mit
Kenntnis des Herrn Z. , des Alleingeschäftsführers der Hauptgesellschafte-
rin der Klägerin, vorgenommen worden ist.
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In dem Betriebsprüfungsbericht des Finanzamtes O. vom
26. Oktober 1992 wird dazu unter Ziffer 49 b folgendes ausgeführt:
"Gehalt
Im Dezember 1990 wurde trotz Ausscheidens von Herrn T. und
mit Kenntnis von Herrn Z.
ba) das Gehalt um 3.200,-- DM erhöht
bb) Weihnachtsgeld ausgezahlt (keine vertragliche Vereinbarung):
7.500,-- DM
bc) pauschal 340 Überstunden ohne jeglichen Nachweis abge-
rechnet: 28.824,80 DM.
Diese Zahlungen (gesamt: 39.524,80 DM) resultieren aus der Ge-
sellschafterstellung von A. T. in Zusammenhang mit dessen
Ausscheiden als Gesellschafter und seinen gegen die
Z. GmbH vorgebrachten Forderungen (s. Tz. 45) und sind da-
her als vGA anzusetzen."
Unter Ziffer 45 b heißt es u.a. wie folgt:
"Im Pz. wurde das Gehalt von A. T. wie vertraglich verein-
bart gezahlt. Seine Forderungen beziehen sich darauf, daß sein
Gehalt nicht erhöht worden sei. Da es hierzu keine Vereinbarung
gibt, entbehrt eine solche Forderung jeglicher Grundlage."
Die in dem Prüfungsbericht, der von der Klägerin zu den Akten gereicht
worden ist, erwähnte Kenntnis des Herrn Z. von der Auszahlung hat die
Klägerin bislang nicht bestritten.
Diese Kenntnis, die der Hauptgesellschafterin der Klägerin zuzurechnen
ist, weil Herr Z. im Jahre 1990 ihr alleiniger Geschäftsführer war, kann dazu
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führen, daß eine Schadensersatzpflicht des Beklagten entfällt. Es gehört zwar
üblicherweise zu den Aufgaben eines Geschäftsführers, dafür Sorge zu tragen,
daß Auslagen der hier gegebenen Art belegt werden können, damit die Gesell-
schaft in der Lage ist, sie von der Steuer abzusetzen. Ob den Beklagten für
den Betrag von 39.524,80 DM eine solche Pflicht traf, steht jedoch nicht fest.
Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Abrechnung der Beträge
zwischen dem Beklagten und Herrn Z. so vereinbart worden ist, wie der
Beklagte sie vorgenommen hat. Nicht nur der Beklagte, sondern auch Herr
Z. mußte sich darüber im klaren sein, daß die steuerliche Anerkennung der
ausgezahlten Beträge eine Abänderung oder Ergänzung des § 2 des Ge-
schäftsführeranstellungsvertrages vom 30. November 1983 voraussetzte.
Soweit die Klägerin geltend macht, auf die Kenntnis ihrer Hauptgesell-
schafterin komme es nicht an, weil sie nicht berechtigt gewesen sei, eine sol-
che Vereinbarung mit dem Beklagten zu treffen, verkennt sie im vorliegenden
Fall die Sach- und Rechtslage. Die Z. S.p.A. mit einer Beteiligung von 90 %
und der Beklagte mit einer solchen von 10 % waren die einzigen Gesellschafter
der Klägerin. Durch die Auszahlung wurden somit fremde Gesellschafterinter-
essen nicht berührt. Ferner ist nicht ersichtlich, daß die Auszahlung aus dem
für die Deckung der Stammkapitalziffer erforderlichen Vermögen erfolgt ist.
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Das Berufungsgericht hat somit die weiterhin erforderlichen Feststellun-
gen zu treffen. Erforderlichenfalls muß es den Parteien Gelegenheit geben, ihr
Vorbringen zu ergänzen.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke