Urteil des BGH vom 27.04.2004
BGH (zpo, sache, beschwerde, schuldner, antrag, bewilligung, aufhebung, festsetzung, treffen, einkommen)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 119/04
vom
9. März 2006
in dem Insolvenzverfahren
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 9. März 2006
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der
19. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. April 2004 aufge-
hoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die
Kosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde - an das Be-
schwerdegericht zurückverwiesen.
Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf
1.860 Euro festgesetzt (155 Euro x 12).
Der Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhil-
fe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Über das Vermögen des Schuldners ist am 25. August 2003 das
Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden. Der weitere Beteiligte ist zum
Treuhänder bestellt worden. Auf Antrag des Treuhänders hat das Insolvenzge-
richt - Rechtspfleger - nach Anhörung des Schuldners die Freibeträge für des-
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sen unterhaltsberechtigte Kinder auf jeweils 195 Euro festgesetzt. Gegen die-
sen Beschluss hat der Schuldner "sofortige Beschwerde oder einen anderen
zutreffenden Rechtsbehelf" eingelegt und beantragt, den Freibetrag für das ers-
te Kind auf 350 Euro festzusetzen. Der Rechtspfleger hat das Schreiben des
Schuldners als sofortige Beschwerde aufgefasst, der Beschwerde nicht abge-
holfen und die Sache dem Landgericht vorgelegt. Das Landgericht hat die Vor-
lageentscheidung aufgehoben und die Sache an den zuständigen Richter des
Amtsgerichts verwiesen. Mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbe-
schwerde beantragt der Schuldner, den Beschluss des Landgerichts aufzuhe-
ben und die Freibeträge anderweitig festzusetzen, hilfsweise, die Sache an das
Landgericht zurückzuverweisen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 793 ZPO
statthaft, weil sie vom Landgericht zugelassen worden ist. Sie führt zur Aufhe-
bung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an
das Landgericht. Das vom Schuldner eingelegte Rechtsmittel war als sofortige
Beschwerde zulässig (§ 793 ZPO).
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Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
richtet sich der Rechtmittelzug nach allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vor-
schriften, wenn das Insolvenzgericht kraft besonderer Zuweisung funktional als
Vollstreckungsgericht entscheidet (BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB
97/03, WM 2004, 834, 835; v. 6. Mai 2004 - IX ZB 104/04, ZIP 2004, 1379;
Beschl. v. 12. Januar 2006 - IX ZB 239/04, ZIP 2006, 340 f). Das war hier der
Fall. Ein Antrag des Treuhänders auf Festsetzung des unpfändbaren Betrages
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des Einkommen des Schuldners ist unter Anwendung einer Vorschrift des
Zwangsvollstreckungsrechts (§ 850 c ZPO) zu beurteilen. Gemäß § 292 Abs. 1
Satz 3, § 36 Abs. 4 InsO ist für die Entscheidung dieser Frage wie in den Fällen
des § 89 Abs. 3 InsO das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsge-
richt zuständig (vgl. BGH, Beschl. v. 12. Januar 2006, aaO S. 341). Die Aufhe-
bung der Vorlageentscheidung und die Abgabe an das Insolvenzgericht können
daher nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hätte gemäß § 11 Abs. 1 RPflG,
§§ 793, 572 Abs. 1 ZPO eine Sachentscheidung über die sofortige Beschwerde
des Schuldners treffen müssen; diese Entscheidung wird nach der Zurückver-
weisung nachzuholen sein (§ 577 Abs. 4 ZPO).
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III.
Der Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird
zurückgewiesen, weil die Kosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde vier
Monatsraten nicht übersteigen (§ 115 Abs. 4 ZPO). Nach seinen persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen hätte der Schuldner monatliche Raten von
155 Euro an die Bundeskasse zahlen können.
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Fischer Raebel Vill
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 09.01.2004 - 75 IK 206/03 -
LG Köln, Entscheidung vom 27.04.2004 - 19 T 47/04 -