Urteil des BGH vom 24.11.2005
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 103/05
vom
24. November 2005
in der Notarkostensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
KostO §§ 20 Abs. 1, 30 Abs. 1
a) Der Geschäftswert für die Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags bestimmt sich
nach dem Gesamtwert der Leistungen des Käufers; ist der Verkehrswert des verkauften
Grundstücks höher, ist dieser maßgebend.
b) Die Übernahme einer Bau- und Selbstnutzungsverpflichtung in einem Grundstückskauf-
vertrag ist eine vermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne von § 30 Abs. 1 KostO, auch
wenn der Verkäufer kein wirtschaftliches, sondern ein ideelles Interesse an der Erfüllung
der Verpflichtung hat.
c) Gewährt der Grundstücksverkäufer dem Käufer für die Übernahme einer Bau- und
Selbstnutzungsverpflichtung einen Preisnachlass, ist mangels anderer Anhaltspunkte die
Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert des Grundstücks
als Wert der übernommenen Verpflichtung anzusetzen; entspricht der Kaufpreis dem Ver-
kehrswert, ist der Wert der Verpflichtung grundsätzlich mit einem prozentualen Anteil des
Kaufpreises unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.
BGH, Beschl. v. 24. November 2005 - V ZB 103/05 - OLG Köln
LG Bonn
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 24. November 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
beschlossen:
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer
des Landgerichts Bonn vom 9. Februar 2005 wird zurückgewie-
sen.
Der Kostengläubiger trägt die den Kostenschuldnern in dem Ver-
fahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen
Kosten.
Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde
beträgt 174 €.
Gründe:
I.
Der Kostengläubiger beurkundete am 15. Dezember 2003 einen Grund-
stückskaufvertrag, an dem die Kostenschuldner als Käufer und die weitere Be-
teiligte als Verkäuferin beteiligt waren. Die Kostenschuldner verpflichteten sich
außer zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises von 40.400 € (80 €/qm) auch
zur Bebauung des Kaufgegenstands mit einem Wohnhaus innerhalb von drei
Jahren ab Vertragsschluss und zur anschließenden Selbstnutzung des Hauses
während weiterer drei Jahre. Der Verkehrswert des verkauften Grundstücks
betrug 42.925 € (85 €/qm).
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In seiner Kostenberechnung vom 5. Januar 2004 hat der Kostengläubi-
ger als Geschäftswert für die Beurkundung des Kaufvertrags einen Betrag von
94.400 € angesetzt; dabei hat er die Bauverpflichtung mit 30 Prozent der ge-
schätzten voraussichtlichen Baukosten von 180.000 € bewertet, also mit
54.000 €.
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Die Kostenschuldner haben u.a. diesen Wertansatz mit ihrer Beschwerde
angegriffen. Das Landgericht hat insoweit die Kostenberechnung geändert und
sowohl für die Bauverpflichtung als auch für die Selbstnutzungsverpflichtung
einen Betrag von jeweils 3.000 € angesetzt. Hiergegen richtet sich die von dem
Landgericht zugelassene weitere Beschwerde des Kostengläubigers, die das
Oberlandesgericht zurückweisen möchte. Es sieht sich daran jedoch durch die
auf weitere Beschwerden ergangenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts
Frankfurt a.M. vom 22. März 1976 (DNotZ 1977, 502), des Bayerischen Obers-
ten Landesgerichts vom 3. Dezember 1992 (MittBayNot 1993, 226) und des
Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 24. November 1998 (FGPrax
1999, 76) gehindert und hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur
Entscheidung vorgelegt (Beschl. v. 10. Juni 2005, NotBZ 2005, 339).
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II.
Die Vorlage ist statthaft (§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO i.V.m. § 28 Abs. 2
FGG).
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1. Das vorlegende Gericht vertritt die Ansicht, dass die Bauverpflichtung
und die Selbstnutzungsverpflichtung regelmäßig als zusätzliche Leistungen für
die Überlassung des Grundstücks im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2
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KostO anzusehen seien und ihr Wert deshalb dem Kaufpreis hinzuzurechnen
sei. Für die Bewertung dieser Verpflichtungen sei allein das Interesse des Be-
rechtigten, dem gegenüber sie übernommen worden seien, an der Errichtung
des Wohnhauses und an der anschließenden Selbstnutzung maßgebend. Da
dieses hier nicht wirtschaftlicher, sondern ideeller Natur sei, handele es sich um
eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit, für deren Bewertung § 30 Abs. 3
Satz 1 KostO gelte. Für eine Schätzung des Werts fehle es an genügenden tat-
sächlichen Anhaltspunkten, weil weder auf die voraussichtlichen Baukosten
noch auf einen Bruchteil des Kaufpreises abgestellt werden könne. Deshalb sei
der Wert der Verpflichtungen nach § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO mit jeweils 3.000 €
anzunehmen.
Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. in der ge-
nannten Entscheidung die Auffassung, dass die voraussichtlichen Baukosten
eine geeignete Grundlage für die Schätzung des Werts einer Bauverpflichtung
seien. Das Bayerische Oberste Landesgericht und das Pfälzische Oberlandes-
gericht Zweibrücken (jeweils aaO) meinen, dass als Wert einer Bauverpflich-
tung und einer Selbstnutzungsverpflichtung (OLG Zweibrücken aaO) ein Bruch-
teil des Kaufpreises anzusetzen sei.
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Das vorlegende Gericht und die genannten anderen Gerichte sind mithin
unterschiedlicher Auffassung in der Frage, wie der Wert einer in einem Grund-
stückskaufvertrag enthaltenen Bau- und Selbstnutzungsverpflichtung zu
bestimmen ist. Dies trägt die Vorlage.
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2. Ihrer Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass das Vorlageverfahren
bei der Notarkostenbeschwerde erst durch Art. 33 Nr. 3 des Zivilprozessreform-
gesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) eingeführt worden ist und dass
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die Auffassung des vorlegenden Gerichts von Entscheidungen abweicht, die vor
dem 1. Januar 2002 ergangen sind (Senat, Beschl. v. 12. Mai 2005, V ZB
40/05, WM 2005, 1434 f.).
III.
Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 156 Abs. 2 Satz 2 KostO). Sie hat
jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zwar beruht die Entscheidung des Be-
schwerdegerichts auf einer Verletzung des Rechts (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO);
aber das führt nicht zu einer Änderung der Kostenberechnung zugunsten des
Kostengläubigers.
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1. Zutreffend hat das Beschwerdegericht seiner Berechnung des Ge-
schäftswerts für die Beurkundung des Kaufvertrags zunächst den Verkehrswert
des Kaufgegenstands in Höhe von 42.925 € (85 €/qm) und nicht - wie der Kos-
tengläubiger - den in dem Vertrag vereinbarten Kaufpreis von 40.400 € zugrun-
de gelegt. Das entspricht der Regelung in § 20 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 KostO.
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2. Ebenfalls zu Recht ist es davon ausgegangen, dass auch der Wert der
Bauverpflichtung und der Wert der Selbstnutzungsverpflichtung bei der Berech-
nung des Geschäftswerts für die Beurkundung des Kaufvertrags herangezogen
werden müssen. Beide Verpflichtungen sind von den Käufern übernommene
Leistungen im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KostO.
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3. Rechtsfehlerhaft hat das Beschwerdegericht jedoch den Wert der
Bauverpflichtung und den der Selbstnutzungsverpflichtung nach § 30 Abs. 2
Satz 1 KostO mit jeweils 3.000 € angenommen. Das verkennt, dass diese Vor-
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schrift für die Bestimmung des Werts solcher Verpflichtungen keine Anwendung
findet.
a) Die Frage, wie der Wert einer Bauverpflichtung zu bemessen ist, die
der Erwerber eines Grundstücks gegenüber dem Veräußerer übernimmt, ist in
Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach einer Auffassung bietet der von
einer Gemeinde gewährte Preisnachlass gegenüber dem Verkehrswert des
verkauften Grundstücks einen tatsächlichen Anhaltspunkt für eine von dem Re-
gelwert des § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO abweichende Schätzung des Werts (OLG
Zweibrücken JurBüro 1998, 202; Rohs in Rohs/Wedewer, KostO [2002], § 30
Rdn. 14 a). Nach anderer Auffassung soll der Geschäftswert einen Bruchteil der
zu erwartenden Baukosten betragen (OLG Frankfurt DNotZ 1968, 383; 1977,
502; OLG Hamm NVwZ-RR 2004, 814; Lappe, NJW 1998, 1112, 1116; dersel-
be, NotBZ 2005, 339; Wielgoss, JurBüro 2001, 520, 521). Wiederum andere
setzen einen Bruchteil des Kaufpreises oder des für den Fall der Nichteinhal-
tung der Bauverpflichtung vereinbarten Rückkaufpreises an (OLG Schleswig
JurBüro 1974, 1416; BayObLG MittBayNot 1993, 226; OLG Celle OLGR 1995,
252; OLG Oldenburg Nds.Rpflege 1997, 137; OLG Zweibrücken FGPrax 1999,
76; Waldner, Die Kostenordnung für Anfänger, 6. Aufl., Rdn. 65 a). Schließlich
wird die - von dem Beschwerdegericht und von dem vorlegenden Gericht geteil-
te - Auffassung vertreten, dass mangels anderer Anhaltspunkte als Geschäfts-
wert der Bauverpflichtung der Regelwert des § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO anzu-
nehmen sei (OLG Stuttgart Rpfleger 1964, 132; KG Rpfleger 1968, 298; OLG
Köln JurBüro 1986, 589; OLG Düsseldorf DNotZ 1994, 723; OLG Hamm NVwZ-
RR 2004, 811; Rohs in Rohs/Wedewer, aaO).
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b) In Fällen wie dem vorliegenden hält der Senat die erste Auffassung im
Ergebnis für zutreffend.
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aa) Für die Bewertung der Bauverpflichtung ist nach allgemeiner Auffas-
sung regelmäßig das Interesse des Verkäufers, dem gegenüber sie übernom-
men wird, an der Bebauung des verkauften Grundstücks maßgebend (siehe nur
OLG Hamm NVwZ-RR
2004, 811, 812 m.w.N.; Reimann in Korinten-
berg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl., § 30 Rdn. 16 m.w.N.). Dieses
kann sowohl wirtschaftlicher als auch ideeller Art sein. Von ersterem ist zum
Beispiel auszugehen, wenn eine Gemeinde mit der Veräußerung des Grund-
stücks den Zweck verfolgt, einen Gewerbebetrieb anzusiedeln und dadurch ihr
Steueraufkommen zu erhöhen (vgl. OLG Oldenburg Rpfleger 1967, 83) oder
wenn ein privater Verkäufer eine ihm obliegende Bauverpflichtung an einen
Grundstückserwerber weitergibt (vgl. OLG Hamm NVwZ-RR 2004, 814). Letzte-
res ist zum Beispiel anzunehmen, wenn eine Gemeinde - wie hier die Beteiligte
zu 3 - bei dem Grundstücksverkauf sicherstellen will, dass die Einheitlichkeit
des Stadtbildes durch eine in etwa gleichzeitige Bebauung eines größeren Bau-
gebiets gewährleistet wird.
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bb) In beiden Fällen hat die Bauverpflichtung einen wirtschaftlichen Wert,
also auch dann, wenn der aus ihr Berechtigte an ihrer Übernahme lediglich ein
ideelles Interesse hat. Die Übernahme ist in beiden Fällen eine vermögens-
rechtliche Angelegenheit im Sinne von § 30 Abs. 1 KostO (Hartmann,
Kostengesetze, 35. Aufl., § 30 KostO Rdn. 5; Lappe, NotBZ 2005, 339). Die
gegenteilige Auffassung, die auch das vorlegende Gericht vertritt, nimmt an,
dass bei einem ideellen Interesse des Berechtigten eine nichtvermögensrechtli-
che Angelegenheit im Sinne von § 30 Abs. 3 KostO vorliege (OLG Stuttgart
Rpfleger 1964, 132; OLG Karlsruhe DNotZ 1969, 689, 690; OLG Schleswig
JurBüro 1974, 1416, 1417; OLG Köln JurBüro 1986, 589; BayObLG MittBay-
Not 1993, 226, 227; OLG Düsseldorf DNotZ 1994, 723; OLG Zweibrücken Jur-
Büro 1998, 202, 203; OLG Hamm NVwZ-RR 2004, 811, 812; Assenma-
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cher/Mathias, KostO, 15. Aufl., "Bauverpflichtung" Anm. 2; Reimann aaO,
Rdn. 15; Rohs aaO, Rdn. 14 a). Das verkennt die Bedeutung des Begriffs
"nichtvermögensrechtlich". Sie unterscheidet sich hier nicht von der in § 48
Abs. 2 Satz 1 GKG. Deshalb gelten hier dieselben Grundsätze wie dort. Dem-
nach sind vermögensrechtlich nicht nur auf Geld oder Geldeswert gerichtete
Ansprüche, sondern auch solche, die auf vermögensrechtlichen Beziehungen
beruhen, mögen auch für ihre Geltendmachung andere Beweggründe als die
Wahrnehmung eigener Vermögensinteressen im Vordergrund stehen
(BGHZ 83, 106, 109), sowie Ansprüche, die im Wesentlichen der Wahrung wirt-
schaftlicher Belange dienen (BGHZ 89, 198, 200). Alle anderen Ansprüche sind
nichtvermögensrechtlich. Danach ist neben der Übernahme von Bauverpflich-
tungen, die der Grundstücksverkäufer im wirtschaftlichen Interesse durchsetzt,
auch die Übernahme solcher Pflichten vermögensrechtlich, die er im
ideellen Interesse dem Käufer auferlegt. Denn sie beruhen auf einer vermö-
gensrechtlichen Beziehung zwischen dem Verkäufer und dem Käufer, nämlich
auf der Vereinbarung von Leistungen und Verpflichtungen in einem Grund-
stückskaufvertrag. Wird - wie hier - für die Übernahme der Bauverpflichtung ein
Preisnachlass gewährt, verdeutlicht das ihren wirtschaftlichen Wert und die
vermögensrechtliche Beziehung in besonderem Maß.
cc) Damit scheidet die Bestimmung des Werts einer Bauverpflichtung
nach § 30 Abs. 3 Satz 1 KostO aus. Möglich ist indes eine Wertbestimmung
nach freiem Ermessen durch Schätzung nach § 30 Abs. 1 Halbs. 1 KostO. Das
setzt jedoch voraus, dass sich der Wert der Bauverpflichtung nicht aus den
Vorschriften der Kostenordnung ergibt und auch sonst nicht feststeht. In diesen
Fällen bieten allerdings die voraussichtlichen Baukosten im Allgemeinen keine
geeignete Grundlage für eine Schätzung. Ihre Höhe hängt von der Entschei-
dung des Grundstückskäufers ab, mit welchem wirtschaftlichen Aufwand er sein
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Bauvorhaben verwirklicht. Für die für die Bewertung der Bauverpflichtung maß-
geblichen Interessen des Verkäufers sind die Baukosten jedoch ohne Belang.
Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn die Höhe der Baukosten für den
Grundstücksverkäufer ersichtlich von Bedeutung ist wie zum Beispiel bei der
Veräußerung eines Grundstücks zur Errichtung gewerblicher Objekte
(BayObLG MittBayNot 1995, 488; OLG Zweibrücken MittBayNot 2001, 97). Da-
gegen bietet der vereinbarte Kaufpreis bzw. der für den Fall der Nichteinhaltung
der Bauverpflichtung vereinbarte Rückkaufpreis eine ausreichende Schät-
zungsgrundlage. In ihrer Höhe, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von zu-
sätzlichen Leistungen des Verkäufers, kommt dessen Interesse an der Erfüllung
der Bauverpflichtung durch den Käufer zum Ausdruck. Denn in der Regel ver-
einbaren die Vertragsparteien für die Übernahme eine Vergütungspflicht des
Verkäufers in der Form, dass der Kaufpreis unter dem Verkehrswert des
Grundstücks liegt; die Übernahme der Verpflichtung zusätzlich zu der Pflicht zur
Zahlung des dem Verkehrswert entsprechenden Kaufpreises ohne sonstige
Gegenleistung des Verkäufers ist eher die Ausnahme. Davon ausgehend ist es
gerechtfertigt, den Wert der Bauverpflichtung durch Schätzung anhand des ver-
einbarten Kaufpreises bzw. des Rückkaufpreises zu bestimmen, wenn sich eine
Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Verkehrswert des Grundstücks
nicht aus dem Kaufvertrag oder aus sonstigen Umständen ergibt. Dabei kann
der Wert mit einem prozentualen Anteil des Kaufpreises unter Berücksichtigung
der jeweiligen Umstände des Einzelfalls bestimmt werden. Bewertungsge-
sichtspunkte sind die Zeitspanne, innerhalb derer der Erwerber das Grundstück
bebauen muss, die Kosten, die er zur Herstellung der Bebaubarkeit des Grund-
stücks aufwenden muss, und die Wahrscheinlichkeit der Ausübung eines für
den Verkäufer vereinbarten Rückkaufrechts (BayObLG MittBayNot 1993, 226,
227; OLG Zweibrücken FGPrax 1999, 76, 77). Für die Bewertung einer Bauver-
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pflichtung mit dem Regelwert von 3.000 € (§ 30 Abs. 2 Satz 1 KostO) bleibt so-
mit kein Raum.
dd) In dem vorliegenden Fall scheidet die Bestimmung des Werts der
Bauverpflichtung nach freiem Ermessen nach § 30 Abs. 1 Halbs. 1 KostO je-
doch aus, weil der Wert feststeht. Das schließt die Anwendung der Vorschrift
aus.
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Der Verkehrswert des Grundstücks betrug nach den Feststellungen des
Beschwerdegerichts in dem für die Wertberechnung maßgeblichen Zeitpunkt
(§ 18 Abs. 1 Satz 1 KostO) 42.925 €. Als Kaufpreis war ein Betrag von 40.400 €
vereinbart. Die Differenz von 2.525 € ist der Preisnachlass, den die Beteiligte
zu 3 den Kostenschuldnern für die Übernahme der Bauverpflichtung und der
Selbstnutzungsverpflichtung gewährt hat, weil weder festgestellt noch ersicht-
lich ist, dass er ihnen aus einem anderen Grund eingeräumt wurde. Dem Preis-
nachlass entspricht der Wert der beiden Verpflichtungen. Welcher Teil davon
auf die Bauverpflichtung und welcher Teil auf die Selbstnutzungsverpflichtung
entfällt, kann offen bleiben. Denn der Wert für die Selbstnutzungsverpflichtung
ist nach denselben Grundsätzen wie der für die Bauverpflichtung zu bestimmen.
In erster Linie ist ein aufgrund der Differenz zwischen dem Verkehrswert und
dem vereinbarten Kaufpreis feststehender Wert zugrunde zu legen; fehlt es
daran, hat die Wertbestimmung nach freiem Ermessen durch Schätzung nach
§ 30 Abs. 1 Halbs. 1 KostO zu erfolgen (vgl. OLG Zweibrücken JurBüro 1998,
202). Hier besteht der Wert beider Verpflichtungen in der Differenz zwischen
dem Verkehrswert und dem vereinbarten Kaufpreis. Er ist für die Bestimmung
des Geschäftswerts für die Beurkundung des Kaufvertrags insgesamt - ohne
dass eine Aufteilung auf die eine und auf die andere Verpflichtung notwendig
ist - maßgebend.
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4. Dieser Wert ist dem vereinbarten Kaufpreis und nicht dem Verkehrs-
wert hinzuzurechnen; denn der Verkehrswert entspricht hier dem Gesamtwert
der Leistungen der Käufer, nämlich dem Kaufpreis zuzüglich dem Wert der
Bau- und Selbstnutzungsverpflichtung (vgl. OLG Zweibrücken JurBüro 1998,
202, 203; Tiedtke, MittBayNot 1998, 54, 55). In diesem Fall scheidet die Hinzu-
rechnung des Werts der zusätzlich zu der Verpflichtung zur Zahlung des Kauf-
preises übernommenen Verpflichtungen zu dem Verkehrswert aus. Anderen-
falls würde der Wert der zusätzlich übernommenen Verpflichtungen zweimal
angesetzt.
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5. Für die hier streitige Kostenrechnung gilt somit folgendes:
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Der Geschäftswert für die Beurkundungsgebühr beträgt 42.925 €; er
setzt sich aus dem vereinbarten Kaufpreis (40.000 €) und aus dem Wert der
von den Kostenschuldnern übernommenen Bau- und Selbstnutzungsverpflich-
tung (2.525 €) zusammen. Nach diesem Geschäftswert ist das Doppelte der
vollen Gebühr zu erheben (§ 36 Abs. 2 KostO), also 240 €. Das sind zwar 24 €
weniger, als das Beschwerdegericht dem Kostengläubiger zugestanden hat.
Der Senat kann jedoch die Kostenberechnung des Beschwerdegerichts nicht
um diesen Betrag zuzüglich der darauf entfallenden Mehrwertsteuer kürzen.
Denn in dem Verfahren nach § 156 KostO gilt zugunsten des Rechtsmittelfüh-
rers, hier also des Kostengläubigers, das Verbot der Schlechterstellung (Bay-
ObLGZ 1955, 185, 197; OLG Hamm Rpfleger 1957, 26; Jansen, FGG, 2. Aufl.,
§ 25 Rdn. 9; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 19 Rdn. 116).
Deshalb verbleibt es bei der bloßen Zurückweisung der weiteren Beschwerde.
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IV.
Einer Entscheidung über die Pflicht zur Tragung der Gerichtskosten des
Verfahrens der weiteren Beschwerde bedarf es nicht (vgl. §§ 2, 156 Abs. 5
Satz 2, 131 Abs. 1 Satz 2 KostO). Die Entscheidung über die Erstattung von
außergerichtlichen Kosten ergibt sich aus §§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO, 13 a
Abs. 1 Satz 2 FGG.
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Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Rechtsbeschwerdever-
fahren beruht auf § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO.
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Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 09.02.2005 - 6 T 106/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.06.2005 - 2 Wx 7/05 -