Urteil des BGH vom 06.12.2001

BGH (abweisung der klage, sendung, berichterstattung, fremder, zuschauer, beurteilung, uwg, gebiet, wirkung, ankündigung)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 101/99
Verkündet am:
6. Dezember 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR: ja
UWG § 1; RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1
Wie bitte?!
Setzt das Fernsehen die Wirkung einer öffentlichen Berichterstattung ein, um
Zuschauern bei der Durchsetzung ihrer Interessen zu helfen, ohne daß der
Schwerpunkt der Hilfestellung im rechtlichen Bereich liegt, ist nicht von einer
Rechtsbesorgung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes auszugehen.
BGH, Urt. v. 6. Dezember 2001 - I ZR 101/99 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 6. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Büscher
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. März 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 45. Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Duisburg vom 25. Februar 1998
abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Die Kläger sind Rechtsanwälte in Du..
Im Fernsehprogramm der Beklagten, der RTL Television GmbH, er-
schien seit dem Jahre 1992 die Fernsehreihe "Wie bitte?!", in der kuriose Er-
lebnisse von Zuschauern mit Behörden und Unternehmen durch Schauspieler
nachgespielt wurden. In den Sendungen trat ein als "Mahn-Man" bezeichneter
Schauspieler auf, der in Anlehnung an die Komikfigur "Superman" bei ärgerli-
chen Alltagserlebnissen von Zuschauern mit Verantwortlichen Kontakt aufnahm
und diese zur Rede stellte.
Zu Beginn der streitgegenständlichen Sendung "Wie bitte?!" vom
31. Mai 1997 begrüßte der Moderator die Zuschauer mit den Worten:
"Samstagabend. Kurz nach zehn. Willkommen bei 'Wie bitte?!'.
Daß wir uns einmischen, wissen Sie! Und wo wir uns diese Woche
eingemischt haben, das sehen Sie jetzt."
Im weiteren Verlauf der Sendung äußerten die Moderatoren im Anschluß
an einen Bericht über den neuesten Stand in Fällen aus früheren Sendungen:
"Aber wir bleiben am Ball und mischen uns ein für Sie."
In einer Szene der Sendung vom 31. Mai 1997 trat ein Schauspieler in
der Rolle des "Mahn-Man" auf und griff entsprechend dem im Klageantrag
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zu a) auszugsweise aufgeführten Dialog den Fall eines Zuschauers auf, der bei
einem Preisausschreiben des D. ein Eishockey-
Trikot gewonnen hatte, auf dessen Erhalt er bislang wartete.
Die Kläger sind der Ansicht, das Konzept der Sendung der Beklagten
verstoße gegen das Rechtsberatungsgesetz und sei deshalb wettbewerbswid-
rig. Durch die beanstandeten Beiträge und den Auftritt von "Mahn-Man" kündi-
ge die Beklagte die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten an. Sie erwek-
ke den Eindruck, Zuschauern bei der Durchsetzung bestehender oder ver-
meintlicher Ansprüche zu helfen.
Die Kläger haben - nach teilweiser Klagerücknahme - zuletzt beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen,
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des
Wettbewerbs in der von ihr ausgestrahlten Sendereihe "Wie bit-
te?!"
a) über Fälle zu berichten, in denen die Beklagte oder die Redak-
tion der Sendung "Wie bitte?!" oder einzelne Redaktionsmit-
glieder zum Zwecke der Wahrnehmung der rechtlichen Interes-
sen bestimmter Personen unter den Zuschauern geholfen ha-
ben, wenn dies geschieht wie in der am 31. Mai 1997 ausge-
strahlten Sendung gemäß den nachstehend auszugsweise
wiedergegebenen Textbeiträgen:
Mahn-Man:
Man". Und ich habe einen Auftrag von "Wie bitte?!". Ein schwerer
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Fall. Doch für mich nicht unlösbar. (...) Hey. D..
Ihr habt den Hauptgewinn. Einen Besuch von "Mahn-Man"
von "Wie bitte?!". Aber wo bleibt der Gewinn von O. L. aus
H.? Vor sechs Monaten hat Herr L. bei Euch im Video-
text ein Trikot der "R. Löwen" gewonnen. Er hat es bis heute
nicht!"
Mitarbeiterin des D.:
natürlich die Verantwortung. Es ist uns natürlich unangenehm,
wenn ein Gewinner seinen Gewinn nicht bekommt. Aber wir kön-
nen in den nächsten zehn Minuten den Gewinn nicht herbeischaf-
fen. Es ist aber so, daß wir Ihnen garantieren, daß der Herr O.
L. aus H. sein Trikot, nämlich das, was er gewonnen hat,
ein original handsigniertes Trikot der "R. Löwen", innerhalb
der nächsten zehn Tage zugeschickt bekommt. Und wenn er es
nicht hat, wovon wir nicht ausgehen - das garantiere ich Ihnen hier
jetzt -, dann kommen Sie noch einmal vorbei. Wünsch' ich mir
aber nicht. (...)
Mahn-Man liest vor:
L. innerhalb der nächsten zehn Tage das original handsignierte
Trikot der "R. Löwen" von uns zugesandt bekommt. (...)
Mahn-Man:
was bekomm' ich da als Pfand mit? Damit kann ich leben. Ich
nehm' das als Pfand mit. Das darf der Herr L. behalten und in-
nerhalb der nächsten zehn Tage haben Sie das organisiert. (...)
Mahn-Man:
D.-Mitarbeiterin:
Mahn-Man fährt fort:
... Erfolg ... für "Mahn-Man";
b) im Hinblick auf Berichterstattungen zu a) die Zuschauer wie
folgt aufzufordern: "Willkommen bei 'Wie bitte?!'. Daß wir uns
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einmischen, das wissen Sie! Und wo wir uns diese Woche ein-
gemischt haben, das sehen Sie jetzt."
und/oder
"Aber wir bleiben am Ball und mischen uns ein für Sie."
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat sich darauf beru-
fen, die Sendung beinhalte satirische Unterhaltung und keine Besorgung frem-
der Rechtsangelegenheiten. Für das Publikum sei erkennbar, daß die Beklagte
sich durch die Berichterstattung als solche "einmische", ohne weitere Aktivitä-
ten zugunsten der Beteiligten zu entfalten.
Das Landgericht hat die Beklagte nach dem Klageantrag erster Instanz
verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist - nach teilweiser Klagerücknahme -
erfolglos geblieben.
Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Kla-
ge. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch nach § 1
UWG i.V. mit Art. 1 § 1 RBerG bejaht. Hierzu hat es ausgeführt:
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Soweit die Beklagte in unzulässiger Weise Rechtsbesorgung betreibe,
diese ankündige oder hierfür werbe, trete sie zu den Klägern als Rechtsan-
wälten unmittelbar in Wettbewerb. Die Beklagte handele auch zu Zwecken des
Wettbewerbs. Indem sie den Zuschauern den Eindruck vermittele, es sei aus-
sichtsreicher, sich sogleich an sie und nicht an einen Anwalt zu wenden, förde-
re sie ihren eigenen Wettbewerb zu Lasten der Rechtsanwaltschaft, was sie
auch beabsichtige. Die Beklagte wolle einen Markt für Konfliktlösungen abseits
herkömmlicher Wege schaffen.
Das Auftreten von "Mahn-Man" könne vom Publikum nur als Besorgung
fremder Rechtsangelegenheiten aufgefaßt werden. Die im Klageantrag zu b)
angeführten Äußerungen seien als Ankündigung einer Rechtsbesorgung zu
verstehen. Demgegenüber könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf Art. 5
Abs. 1 und Abs. 3 GG berufen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage.
1. Entgegen der Ansicht der Revision sind die Klageanträge hinreichend
bestimmt. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag nicht so
undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der Umfang der Prü-
fungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind,
sich der Beklagte nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem
Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem
Beklagten verboten ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1999 - I ZR 189/97, GRUR
2000, 438, 440 = WRP 2000, 389 - Gesetzeswiederholende Unterlassungsan-
träge; BGHZ 144, 255, 263 - Abgasemissionen; BGH, Urt. v. 26.10.2000
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- I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 454 = WRP 2001, 400 - TCM-Zentrum; Urt. v.
9.11.2000 - I ZR 167/98, GRUR 2001, 529, 531 = WRP 2001, 531 - Herz-
Kreislauf-Studie).
Diesen Anforderungen entsprechen die Klageanträge. Der Klageantrag
zu a) ist gerichtet gegen die Berichterstattung über das Auftreten des "Mahn-
Man" bei der Durchsetzung von Forderungen einzelner Zuschauer. Er wird
durch die Wiedergabe der beanstandeten Verletzungsform ausreichend kon-
kretisiert. Der Klageantrag zu b) nimmt unmittelbar Bezug auf den Klageantrag
zu a) und somit auf die dort angeführte Berichterstattung, was für eine ausrei-
chende Bestimmtheit des Antrags ebenfalls genügt.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Unterlas-
sungsanspruch nach § 1 UWG jedoch nicht gegeben, weil die Voraussetzun-
gen eines Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG nicht vorliegen.
Das Berufungsgericht hat angenommen, das Auftreten des "Mahn-Man"
in der Sendung vom 31. Mai 1997 könne nur als Besorgung fremder Rechtsan-
gelegenheiten verstanden werden. Dieser nehme sich eines konkreten Falles
an und setze die entsprechende Forderung durch, auf deren wirtschaftliches
Gewicht es nicht ankomme. Auch der Einsatz journalistischer oder publizisti-
scher Mittel ändere nichts daran, daß das Rechtsberatungsgesetz anwendbar
sei. Diesem liege die Annahme zugrunde, daß grundsätzlich nur ein Rechts-
anwalt in der Lage sei, Parteien rechtlich so zu beraten, daß eine auch die Be-
dürfnisse der Rechtspflege berücksichtigende Lösung zu erwarten sei. Eine
Tätigkeit, die von ihrem Ausgangspunkt und ihrem Ziel her dem hergebrachten
Rechtsbesorgungsbereich unterfalle, stelle erlaubnispflichtige Rechtsbesor-
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gung dar, auch wenn keine spezifisch rechtlichen Mittel eingesetzt würden. Die
im Klageantrag zu b) angeführten Äußerungen seien als Ankündigung einer
Rechtsbesorgung zu werten. Der Hinweis "Aber wir bleiben am Ball und mi-
schen uns ein für Sie" sei im Gesamtzusammenhang der Sendung zu bewer-
ten. Vor dieser Äußerung sei auf einen Mietrechtsstreit von Blumenhändlern
mit der Stadt K., über den bereits in einer früheren Sendung der Beklagten be-
richtet worden sei, wie folgt verwiesen worden:
"'Wie bitte?!' fragte nach, was denn die höherrangigen Gesicht
s-
punkte seien, die der Grund der Kündigung waren." ... "In einer
Stellungnahme der Stadt K. heißt es dazu, mündliche Abspra-
chen seien nicht eingehalten worden." ... "Sie wollen bis zur Räu-
mungsklage weiterarbeiten; doch die Klage läßt seltsamerweise bis
heute auf sich warten."
Die Äußerung verweise beispielhaft auf ein besonderes Engagement der
Beklagten in einem konkreten Fall. Sie müsse bei den Zuschauern den Ein-
druck hervorrufen, als habe sich die Beklagte für das Fortbestehen eines kon-
kreten Mietverhältnisses mit der Stadt K. eingesetzt. Die Einfügung des
Wortes "seltsamerweise" könne von einem unbefangenen Zuschauer nur so
interpretiert werden, daß die Redaktion bei der Klärung konkreter Rechtsfragen
zugunsten der Händler erfolgreich gewesen sei.
Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht
stand.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist zur Abgrenzung
erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung
auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil eine Besor-
gung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen ver-
knüpft ist. Eine - erlaubnispflichtige - Besorgung fremder Rechtsangelegen-
heiten i.S. des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG liegt vor, wenn eine geschäftsmäßige
Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegen-
heiten zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten.
Es ist daher zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Ge-
biet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die
rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um
die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht. Für die Einstufung als erlaubnis-
pflichtige Rechtsbesorgung kann in Anbetracht der Tatsache, daß nahezu alle
Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind und kaum eine wirtschaftliche
Betätigung ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich ist oder ohne rechtliche
Wirkung bleibt, nicht allein auf die rechtlichen Formen und Auswirkungen des
Verhaltens abgestellt werden. Es bedarf vielmehr einer abwägenden Beurtei-
lung des jeweils beanstandeten Verhaltens danach, ob es sich hierbei um
Rechtsbesorgung handelt, oder ob es um eine Tätigkeit geht, welche von ande-
ren Dienstleistern erfüllt werden kann, ohne daß die Qualität der Dienstleistung
oder die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und die zu ihrer Aufrechterhal-
tung benötigten Rechtsberater beeinträchtigt werden (vgl. BGH, Urt. v.
25.6.1998 - I ZR 62/96, GRUR 1998, 956, 957 = WRP 1998, 976
- Titelschutzanzeigen für Dritte; Urt. v. 30.3.2000 - I ZR 289/97, GRUR 2000,
729, 730 = WRP 2000, 727 - Sachverständigenbeauftragung, jeweils m.w.N.;
vgl. auch Großkomm.UWG/Teplitzky § 1 Rdn. G 119).
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Diese Grundsätze sind auch bei der Beurteilung heranzuziehen, ob die
Beklagte durch die konkrete Gestaltung der beanstandeten Fernsehsendung
gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen hat (vgl. hierzu auch: Ren-
nen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rdn. 23). In die Abwä-
gung sind dabei die das Rechtsberatungsgesetz tragenden Belange des Ge-
meinwohls einzubeziehen, den einzelnen und die Allgemeinheit vor ungeeig-
neten Rechtsberatern zu schützen und die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege
nicht zu gefährden (vgl. BVerfGE 97, 12, 27; BVerfG NJW 2000, 1251). Dabei
ist auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der rechtsberatenden Berufe
Rücksicht zu nehmen.
Weiter ist zu berücksichtigen, daß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die Rund-
funkfreiheit gewährleistet, die der freien individuellen und öffentlichen Mei-
nungsbildung dient (BVerfGE 90, 60, 87). Die sich aus allgemeinen Gesetzen
ergebenden Grenzen des Grundrechts der Freiheit der Berichterstattung durch
Presse und Rundfunk müssen im Licht dieses Grundrechts gesehen werden.
Die allgemeinen Gesetze sind daher aus der Erkenntnis der Bedeutung dieses
Grundrechts auszulegen und so in ihrer dieses Grundrecht beschränkenden
Wirkung selbst wieder einzuschränken (vgl. BVerfGE 71, 206, 214). Die Ein-
schränkung der Presse- und Rundfunkfreiheit muß zudem geeignet und erfor-
derlich sein, den Schutz des allgemeinen Gesetzes - hier des Rechtsbera-
tungsgesetzes - zu bewirken.
Ob von einer Rechtsbesorgung i.S. des Rechtsberatungsgesetzes
grundsätzlich auszugehen ist, wenn sich Presse, Rundfunk und Fernsehen zur
Durchsetzung von Ansprüchen in einem Einzelfall einschalten und dabei aus-
schließlich durch die Berichterstattung versuchen, Forderungen durchzuset-
zen, ist umstritten (bejahend OLG Düsseldorf AfP 1998, 232, 234 und WRP
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1998, 1086, 1089; OLG Köln NJW 1999, 502, 503 f.; Hirtz, EWiR 1998, 853,
854; Henssler/Holthausen, EWiR 1999, 419, 420; Flechsig, ZUM 1999, 273,
277; Bürglen, WRP 2000, 846, 851 ff.; a.A. Rennen/Caliebe aaO Art. 1 § 1
Rdn. 23; Bethge, AfP 1999, 309, 315 f.; Kleine-Cosack, NJW 2000, 1593,
1601; vgl. hierzu auch: Großkomm.UWG/Teplitzky § 1 Rdn. G 120 unter Hin-
weis auf den Nichtannahmebeschluß des Senats vom 11.2.1999 - I ZR 105/98,
Umdr. S. 3 f.).
Wird nur die von der Berichterstattung in Medien ausgehende Wirkung
benutzt, um Forderungen von Zuschauern aufgrund des öffentlichen Drucks
durchzusetzen, ohne daß der Schwerpunkt der Hilfestellung im rechtlichen Be-
reich liegt, ist nicht bereits von einer Rechtsberatung im Sinne des Rechtsbe-
ratungsgesetzes auszugehen. Denn der Handelnde muß unmittelbar auf recht-
lichem Gebiet tätig werden (vgl. Altenhoff/Busch/Chemnitz, Rechtsberatungs-
gesetz, 10. Aufl., Rdn. 62; Henssler/Prütting, BRAO, Art. 1 § 1 RBerG Rdn. 13
m.w.N.; Rennen/Caliebe aaO Art. 1 § 1 Rdn. 23 m.w.N.), woran es bei einer
derartigen Berichterstattung fehlt. Diese berührt nicht den Schutzzweck des
Rechtsberatungsgesetzes, den einzelnen und die Allgemeinheit vor ungeeig-
neten Rechtsberatern zu schützen und die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege
nicht zu gefährden. Soweit die Sendungen zur Folge haben, daß sich Zu-
schauer an Fernsehsender im Vertrauen darauf wenden, sie erhielten dort Hil-
fe, und dadurch Rechtsnachteile erleiden, weil sie nicht (rechtzeitig) einen
Rechtsanwalt aufsuchen (vgl. zu dieser Befürchtung: Rennen/Caliebe aaO
Art. 1 § 1 Rdn. 24; Hirtz, EWiR 1998, 853, 854), rechtfertigt dies nicht, das ent-
sprechende Verhalten des Fernsehsenders dem Rechtsberatungsgesetz zu
unterwerfen. Dies ist vielmehr eine mögliche Konsequenz für den Betroffenen,
wenn er seine Rechte in nicht rechtsförmlicher Weise durchzusetzen versucht.
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Auch die Belange der Rechtsanwaltschaft werden durch die beanstandete Be-
richterstattung in Medien nicht betroffen. Den Angehörigen der rechtsberaten-
den Berufe ist nicht jede Hilfeleistung vorbehalten, die sich rechtlich auswirken
kann (vgl. BGH GRUR 1998, 956, 957 - Titelschutzanzeigen für Dritte). Das
Rechtsberatungsgesetz sichert nicht, daß Streitigkeiten über die Durchsetzung
von Forderungen und Verbraucherinteressen mit Schwerpunkt auf rechtlichem
Gebiet und als Rechtsstreitigkeiten geführt werden. Gegen eine etwaige mit
den Sendungen verbundene Bloßstellung Beteiligter müssen sich die jeweils
Betroffenen zur Wehr setzen; für die Anwendung des Rechtsberatungsgeset-
zes ist dies ohne Belang.
Im Streitfall ist ein Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG danach nicht gege-
ben. Die Unterstützung, die die Beklagte Betroffenen bei der Durchsetzung von
Forderungen gewährt, liegt nicht auf rechtlichem Gebiet. Dies kann der Senat
aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts selbst entscheiden.
Rechtsfragen werden in den von den Klägern beanstandeten Teilen der Sen-
dung nicht erörtert. Die Berichterstattung über die Mietrechtsstreitigkeit von
Blumenhändlern mit der Stadt K., die das Berufungsgericht in seine Beurtei-
lung einbezogen hat, enthält keine rechtliche Erörterung der Auseinanderset-
zung. Sie ist auch nicht dem Wort "seltsamerweise" im Zusammenhang mit der
Räumungsklage zu entnehmen. Die gegenteilige Beurteilung des Berufungsge-
richts, wonach die Einfügung dieses Wortes von einem unbefangenen Zu-
schauer nur so interpretiert werden könne, daß die Redaktion bei der Klärung
konkreter Rechtsfragen zugunsten der Händler erfolgreich tätig gewesen sei,
ist erfahrungswidrig. Sie legt dem Wort "seltsamerweise" eine Bedeutung zu,
die ihm im Zusammenhang der Textpassage, die keinen näheren Bezug zur
Erörterung von Rechtsfragen enthält, nicht zukommt.
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Das Auftreten des "Mahn-Man" stellt ebenfalls keine Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten dar. Dessen Beitrag bei der Durchsetzung (vermeintli-
cher) Ansprüche betroffener Zuschauer ist darauf beschränkt, in Form einer
Parodie (Anlehnung an Superman) ausschließlich die Wirkung öffentlicher Me-
dienberichterstattung auszunutzen. Eine auf rechtlichem Gebiet liegende Lei-
stung ist damit nicht verbunden.
Liegt der Schwerpunkt der von den Klägern beanstandeten und vom Be-
rufungsgericht herangezogenen Teile der Sendung der Beklagten vom 31. Mai
1997 nicht im rechtlichen Bereich und besorgt sie keine fremden Rechtsange-
legenheiten i.S. von Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG, so sind die im Klageantrag zu b)
angeführten Textpassagen nach ihrem Gesamtzusammenhang in der Sendung
auch nicht als Ankündigung der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten
aufzufassen. Dadurch unterscheidet sich der Streitfall auch von dem Sachver-
halt, der der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. März
1998 - 2 U 116/97 - zugrunde lag. In dieser Entscheidung hatte das Beru-
fungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt, daß die Leser einer Zeitschrift die
Aufforderung der Redaktion als Ankündigung verstanden, der Verlag werde
geltend gemachte Ansprüche von Lesern, die sich an den Verlag wendeten,
auf ihre rechtliche Begründetheit überprüfen (vgl. hierzu: Groß-
komm.UWG/Teplitzky § 1 Rdn. G 120 und Bürglen, WRP 2000, 846, 853 unter
Hinweis auf den Beschluß des Senats vom 11.2.1999 - I ZR 105/98 über die
Nichtannahme der Revision gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts
Düsseldorf vom 26.3.1998 - 2 U 116/97).
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III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben, auf die Berufung
der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage mit der
Kostenfolge des § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsprechend abzuwei-
sen.
Erdmann
v. Ungern-Sternberg
Starck
Pokrant
Büscher