Urteil des BGH vom 16.06.1999

BGH (berichtigung, nachteil, stpo, verurteilung, zahl, falle, vertreter, offenkundig, freispruch, staatsanwaltschaft)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 430/99
vom
17. März 2000
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun-
desanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers gemäß § 349 Abs. 2
StPO am 17. März 2000 einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Köln vom 16. Juni 1999 wird mit der Maßgabe als unbegründet
verworfen, daß der Angeklagte wegen sexuellen Mißbrauchs von
Kindern in 36 (sechsunddreißig) Fällen verurteilt ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen not-
wendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von
Kindern in 26 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
Seine Revision ist unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
allein erhobenen allgemeinen Sachrüge keinen Rechtsfehler zu seinem Nach-
teil ergeben hat.
Der Senat berichtigt jedoch den Urteilstenor dahin, daß der Angeklagte
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in 36 und nicht - wie es im verkün-
deten Urteilstenor heißt - 26 Fällen verurteilt ist.
Diese Berichtigung wäre allerdings nicht zulässig, wenn das Landgericht
bei der Urteilsverkündung tatsächlich nur 26 Fälle des sexuellen Mißbrauchs
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von Kindern zum Gegenstand der Verurteilung gemacht, also 10 weitere Fälle
übersehen hätte; dann müßte es bei der im Tenor genannten Zahl von 26 Fäl-
len bewenden, da sich in diesem Fall die - angebliche - Berichtigung in Wahr-
heit als sachliche Änderung des anders beschlossenen Urteils darstellen wür-
de.
So verhält es sich hier aber nicht. Vielmehr handelt es sich um ein of-
fensichtliches Verkündungsversehen in dem Sinne, daß dem Landgericht ein
Fehler allein bei der Zählung der tatsächlich abgeurteilten Fälle unterlaufen ist;
ein solcher darf berichtigt werden, wenn er für alle Verfahrensbetei-
ligten offensichtlich ist und seine Behebung darum auch nicht den entfernten
Verdacht einer inhaltlichen Änderung des Urteils begründen kann (speziell zu
Zählfehlern: BGHR StPO § 260 Abs. 1 Urteilstenor 4; BGH, Beschl. v.
24. Januar 1997 - 1 StR 771/96; Engelhardt in KK 4. Aufl. § 260 Rdn. 13; Sei-
bert NJW 1964, 239, allgemein zu den Voraussetzungen einer Berichtigung:
BGHR StPO § 267 Berichtigung 2 S. 2 f m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind
im vorliegenden Falle gegeben. Nach den Urteilsgründen hat der Angeklagte in
36 Fällen sexuellen Mißbrauch von Kindern begangen (15 Taten zum Nachteil
des Kindes T. , 21 Taten zum Nachteil des Kindes S. ) und ist für jede
dieser Taten mit einer Einzelstrafe belegt worden. Es kann dahingestellt blei-
ben, ob allein der Umstand, daß in den Urteilsgründen mehr Taten festgestellt,
bewertet und sanktioniert worden sind, als es dem verkündeten Urteilstenor
entspricht, schon dazu berechtigen würde, einen offensichtlichen Zählfehler
anzunehmen. Hier jedenfalls kommt hinzu, daß einerseits der Vertreter der
Staatsanwaltschaft in seinem Schlußvortrag die Verhängung von Einzelstrafen
für 47 Taten beantragt hatte, andererseits der Urteilstenor in 4 Fällen auf Frei-
spruch und in weiteren 7 Fällen auf Verfahrenseinstellung lautete. Damit war
für alle Verfahrensbeteiligten offenkundig, daß sich die Verurteilung des Ange-
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klagten auf 36 Taten beziehen mußte und auch bezog, die im Urteilstenor ge-
nannte Zahl von 26 Fällen also nur auf einem Zählfehler beruhen konnte.
Jähnke Niemöller Bode
Otten Rothfuß