Urteil des BGH vom 05.04.2000

BGH (stpo, halle, vollstreckung, strafe, treffen, freiheitsstrafe, 1995, anhörung, verweis, grund)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 ARs 83/00
2 AR 32/00
vom
5. April 2000
in der Bewährungssache
gegen
Az.: III StVK 232/95 Landgericht Rostock
Az.: 361 (300) BRs 54/97 Amtsgericht Halle
Az.: 1 Ws 525/99 Generalstaatsanwaltschaft Naumburg
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts am 5. April 2000 beschlossen:
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock ist für
die Bewährungsaufsicht und die gemäß § 453 StPO zu treffenden
nachträglichen Entscheidungen hinsichtlich der mit Urteil des
Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 10. Juli 1997 bewilligten Straf-
aussetzung zur Bewährung zuständig.
Gründe:
I.
Durch Urteil des Landgerichts Schwerin vom 18. Januar 1995 wurde der
Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten
verurteilt. Nachdem er zwei Drittel der Strafe in der Justizvollzugsanstalt Büt-
zow verbüßt hatte, wurde von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts
Rostock die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe durch Beschluß vom
7. Juli 1995 zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit wurde durch wei-
tere Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock vom
3. Februar 1997 und vom 12. Februar 1998 bis zum 25. Juli 2001 verlängert.
Durch Urteil des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 10. Juli 1997 wurde
der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, de-
ren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
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Das Landgericht Rostock (Strafvollstreckungskammer) und das Amtsge-
richt Halle-Saalkreis (erkennendes Gericht) streiten sich über die Zuständigkeit
für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen (§ 453
StPO) hinsichtlich der mit Urteil des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 10. Juli
1997 bewilligten Strafaussetzung zur Bewährung.
II.
Der Bundesgerichtshof ist als gemeinschaftliches oberes Gericht zur
Entscheidung des Zuständigkeitsstreites berufen (§ 14 StPO).
Zuständig ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock
(§ 462 a Abs. 4 Satz 3 i.V. mit Abs. 1 Satz 2 StPO).
Da die weiteren Verurteilungen des Angeklagten durch das Amtsgericht
Hamburg vom 27. August 1996 und durch das Amtsgericht Halle-Saalkreis vom
16. Oktober 1996 zum einen durch Erlaß und zum anderen durch vollständige
Bezahlung der Geldstrafe erledigt sind, kommt keine nachträgliche Gesamts-
trafenbildung gemäß § 460 StPO in Betracht, so daß sich die Zuständigkeit
nicht nach § 462 a Abs. 3 Satz 1 StPO richtet. Maßgebend ist vielmehr § 462 a
Abs. 4 StPO, der dem Konzentrationsprinzip Ausdruck verleiht. Durch diese
Vorschrift wird die Zuständigkeit e i n e s Gerichts für nachträgliche Ent-
scheidungen in allen Verfahren begründet, auch wenn die Zuständigkeit in dem
Einzelverfahren, in dem die Entscheidungen zu treffen sind, an sich nicht ge-
geben wäre. Eine Entscheidungszersplitterung soll nämlich vermieden werden.
Deshalb sind alle nachträglichen Entscheidungen bei e i n e m Gericht oder
e i n e r Strafvollstreckungsbehörde konzentriert, wobei die Zuständigkeit der
Strafvollstreckungskammer stets die Zuständigkeit des Gerichts des ersten
Rechtszuges verdrängt (vgl. u.a. BGHSt 26, 118, 120; 30, 189, 192). Dies gilt
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gerade auch in den Fällen, in denen verschiedene Gerichte den Angeklagten
rechtskräftig zu Strafe verurteilt haben (§ 462 a Abs. 4 Satz 1 und Satz 3
StPO).
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock ist gemäß
§ 462 a Abs. 1 Satz 2 StPO zuständig geblieben für Entscheidungen, die zu
treffen sind, nachdem die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Be-
währung ausgesetzt wurde. Nach § 462 a Abs. 4 Satz 3 StPO entscheidet in
den Fällen des Absatzes 1 die Strafvollstreckungskammer. Da durch den Ver-
weis auf Fälle des Absatzes 1 sowohl Absatz 1 Satz 1 als auch Absatz 1 Satz 2
erfaßt wird, ist für die Entscheidung ohne Bedeutung, daß die Strafvollstrek-
kungskammer "nur" zuständig geblieben ist (§ 462 a Abs. 1 Satz 2 StPO). Für
eine Unterscheidung der Fälle dahin, ob die Strafvollstreckungskammer gemäß
§ 462 a Abs. 1 Satz 1 zuständig ist oder nach § 462 a Abs. 1 Satz 2 StPO zu-
ständig geblieben ist, gibt es keinen sachlichen Grund.
Danach verdrängt - entsprechend dem allgemeinen Prinzip - die Zustän-
digkeit der Strafvollstreckungskammer auch hier die Zuständigkeit des Gerichts
des ersten Rechtszuges.
Jähnke Niemöller Bode
Otten Rothfuß