Urteil des BGH vom 11.01.2007
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 265/07
Verkündet
am:
11. November 2008
Vorusso
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 2, § 474 , § 476, § 781, § 812 Abs. 1 Satz 1, § 814
a) Die vorbehaltlose Bezahlung einer Rechnung rechtfertigt für sich genommen we-
der die Annahme eines deklaratorischen noch eines "tatsächlichen" Anerkenntnis-
ses der beglichenen Forderung (im Anschluss an BGH, Urteil vom 11. Januar
2007 - VII ZR 165/05, NJW-RR 2007, 530).
b) Die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr findet bei allen Ansprüchen
zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer Anwendung, bei denen es
im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Sachmängelgewährleistungsrech-
ten des Verbrauchers darauf ankommt, ob die verkaufte Sache bei Gefahrüber-
gang mangelhaft war. Das gilt auch dann, wenn das Bestehen eines Mangels bei
Gefahrübergang Vorfrage für andere Ansprüche ist.
BGH, Urteil vom 11. November 2008 - VIII ZR 265/07 - LG Bonn
AG Rheinbach
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wie-
chers und Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Hessel und den Richter Dr. Achilles
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird unter deren Zurückweisung im
Übrigen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom
5. September 2007 teilweise aufgehoben und wie folgt neu ge-
fasst:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts
Rheinbach vom 6. Oktober 2006 abgeändert, soweit die Beklagte
verurteilt worden ist, an den Kläger 87,29 € vorgerichtliche Kosten
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins-
satz seit dem 2. Dezember 2005 hierauf zu zahlen; insoweit wird
die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten
wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtsmittelverfahren zu tra-
gen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
1
Der Kläger kaufte am 14. April 2005 von der Beklagten zu einem Preis
von 27.500 € einen gebrauchten Pkw M. des Baujahres 1998 mit
einer Laufleistung von nahezu 60.000 Kilometern. Das Fahrzeug wurde ihm am
20. April 2005 übergeben. Nachdem er weitere 12.000 Kilometer gefahren war,
trat Anfang Oktober 2005 ein Getriebeschaden auf, der in der Werkstatt der
Beklagten repariert wurde. Hierfür stellte die Beklagte dem Kläger unter dem
6. Oktober 2005 für das eingebaute Material nach Maßgabe einer bei Vertrags-
schluss für das Fahrzeug abgegebenen Gebrauchtwagen-Garantie als
"30 %iger Kundenanteil auf Material gemäß Garantiebestimmungen" insgesamt
1.071,38 € in Rechnung, die der Kläger bezahlte. Mit Schriftsatz seiner Pro-
zessbevollmächtigten vom 13. Oktober 2005 forderte der Kläger diesen Betrag
mit der Erklärung zurück, ihn in Unkenntnis der Rechtslage bezahlt zu haben,
weil der Getriebeschaden von der Beklagten im Rahmen der gesetzlichen Ge-
währleistungspflicht kostenlos zu beseitigen gewesen sei und abweichende
Gewährleistungs-/Garantiebedingungen wegen Vorliegens eines Verbrauchsgü-
terkaufs unwirksam seien.
Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung des Rechnungsbetrages zu-
züglich vorprozessualer Rechtsanwaltskosten in Höhe von 87,29 € gerichteten
Klage nach Beweiserhebung antragsgemäß stattgegeben. Das Berufungsge-
richt hat auf die Berufung der Beklagten die Klage nach ergänzender Beweiser-
hebung abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger, der seinen auf Zu-
rückweisung der Berufung gerichteten Antrag weiter verfolgt, mit seiner vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision.
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Entscheidungsgründe:
3
Die Revision hat im Wesentlichen Erfolg.
I.
4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-
führt:
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Es könne dahinstehen, ob die Beklagte, wenn sie dem Kläger zur Ge-
währleistung verpflichtet gewesen wäre, die entrichteten Reparaturkosten über-
haupt hätte zurückzahlen müssen. Die in Betracht kommenden Ansprüche aus
ungerechtfertigter Bereicherung oder wegen anfänglichen Fehlens der Ge-
schäftsgrundlage setzten sämtlich voraus, dass dem Kläger ein Anspruch auf
kostenlose Nachbesserung zugestanden habe. Das sei nicht feststellbar. Ent-
gegen der Annahme des Amtsgerichts habe sich durch den erhobenen Sach-
verständigenbeweis nicht klären lassen, ob ein Getriebeschaden, und sei es
auch nur ansatzweise in Form eines übermäßigen Verschleißes des Getriebes,
bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden gewesen sei. Diese Ungewiss-
heit gehe zu Lasten des Klägers, zumal ihm auch die Vermutung des § 476
BGB, sofern dessen Voraussetzungen überhaupt erfüllt seien, nicht zugute
kommen könne. Durch die vorbehaltlose Bezahlung der Reparaturrechnung
habe er ein Tatsachenanerkenntnis im Sinne eines Zeugnisses gegen sich
selbst abgegeben, welches diese Vermutung überlagere, so dass er schon aus
diesem Grunde die Beweislast für das Nichtbestehen eines rechtlichen Grundes
seiner Zahlung zu tragen habe. Auch wenn ihm die zwischenzeitliche Vernich-
tung des ausgetauschten Getriebes nicht als Beweisvereitelung angelastet
werden könne, gehe deshalb allein schon wegen seines tatsächlichen und vor-
behaltlosen Anerkenntnisses der Reparaturforderung die Unaufklärbarkeit der
Schadensursache zu seinen Lasten. Das entspreche auch der Billigkeit, weil die
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Beklagte ebenso wenig wie der Kläger Veranlassung gehabt habe, durch Auf-
bewahrung des ausgetauschten Getriebes Beweise zu sichern, nachdem für sie
aufgrund der Zahlung des Klägers der betreffende Geschäftsvorfall abge-
schlossen gewesen sei.
II.
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Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den erhobenen Rückzahlungsan-
spruch verneint. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Klä-
ger von der Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB die Rückzahlung des
auf die Reparaturkostenrechnung geleisteten Betrages von 1.071,38 € verlan-
gen, weil die Beklagte für den eingetretenen Schaden am Fahrzeuggetriebe
wegen eines hierin liegenden Sachmangels zur Gewährleistung verpflichtet ge-
wesen ist und deshalb die Kosten der Mangelbeseitigung allein tragen muss
(§ 437 Nr. 1, § 439 Abs. 2 BGB). Für die tatsächlichen Voraussetzungen seines
Rückzahlungsanspruchs kommt dem Kläger die Beweislastumkehr des § 476
BGB zugute. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, wird die Vermu-
tungswirkung des § 476 BGB nicht durch ein Tatsachenanerkenntnis des Klä-
gers überlagert.
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1. Die Revision rügt mit Recht, dass bereits die Voraussetzungen für ein
solches Tatsachenanerkenntnis nicht festgestellt sind.
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a) Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, dass es neben
dem "abstrakten" Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) und dem im Bürgerlichen
Gesetzbuch nicht geregelten bestätigenden (deklaratorischen) Schuldaner-
kenntnis noch ein drittes („tatsächliches“) Anerkenntnis gibt, das keinen beson-
deren rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen des Schuldners verkörpert,
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sondern das der Schuldner zu dem Zweck abgibt, dem Gläubiger seine Erfül-
lungsbereitschaft mitzuteilen und ihn dadurch etwa von sofortigen Maßnahmen
abzuhalten oder ihm den Beweis zu erleichtern. Solche „als Zeugnis des Aner-
kennenden gegen sich selbst" zu wertenden Bestätigungserklärungen können
im Prozess eine Umkehr der Beweislast bewirken und stellen dabei ein Indiz
dar, das der Richter - mit der gleichzeitigen Möglichkeit einer Entkräftung - bei
seiner Beweiswürdigung verwerten kann (BGHZ 66, 250, 254 f.).
b) Das Berufungsgericht hat sich bei der Würdigung der geleisteten Zah-
lung des Klägers jedoch rechtsfehlerhaft von der Annahme leiten lassen, „die
vorbehaltlose Erfüllung einer Forderung (sei) die stärkste Form eines tatsächli-
chen Anerkenntnisses einer Forderung“. Zwar ist die tatrichterliche Auslegung
einer - auch konkludenten - Individualerklärung revisionsrechtlich nur be-
schränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte
Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvor-
schriften verletzt sind. Das ist hier indessen der Fall.
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Das Berufungsgericht hat seine Annahme, die vorbehaltlose Erfüllung ei-
ner Forderung sei die stärkste Form eines tatsächlichen Anerkenntnisses einer
Forderung, nicht weiter dahin vertieft, an welche Tatsachen dieses Anerkennt-
nis anknüpft und ob sie den Schluss tragen, dass der Kläger die Ursachen des
Getriebeschadens als in seinem Verantwortungsbereich liegend angesehen
hat. Es hat vielmehr nur den Umstand der Rechnungsstellung und die anschlie-
ßende Bezahlung aus sich heraus ausgelegt und dem eine Bedeutung beige-
messen, wie sie typischerweise einem bestätigenden (deklaratorischen)
Schuldanerkenntnis zukommt, in dessen Zusammenhang die Bewertung der
vorbehaltlosen Zahlung einer Rechnung als Anerkenntnis üblicherweise (allein)
erörtert wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1995 - X ZR 42/93, WM 1995, 1886,
unter II 1; Urteil vom 11. Januar 2007 - VII ZR 165/05, NJW-RR 2007, 530,
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Tz. 8). Hierbei hat das Berufungsgericht übersehen, dass es ohne Feststellung
näherer Umstände keine Vermutung für die Abgabe eines Anerkenntnisses gibt.
Die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklä-
rung als Anerkenntnis setzt vielmehr in der Regel eine Interessenlage voraus,
die zur Abgabe eines Anerkenntnisses Anlass gibt. Eine solche Interessenlage
kann namentlich darin liegen, ein zwischen den Parteien bestehendes Schuld-
verhältnis einem Streit oder zumindest einer (subjektiven) Ungewissheit über
den Bestand des Rechtsverhältnisses oder seine Rechtsfolgen insgesamt oder
in einzelnen Beziehungen zu entziehen (BGHZ 66, 250, 255; BGH, Urteil vom
1. Dezember 1994 - VII ZR 215/93, WM 1995, 402, unter II 2 g; Urteil vom
11. Juli 1995, aaO; Urteil vom 11. Januar 2007, aaO). Dazu ist indessen nichts
festgestellt.
Für die Bezahlung einer Rechnung ohne Erhebung von Einwendungen
ist hiervon keine Ausnahme zu machen. Der Umstand, dass eine Rechnung
vorbehaltlos beglichen wird, enthält über seinen Charakter als Erfüllungshand-
lung (§ 363 BGB) hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand
der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer
Streit stellen zu wollen. Das gilt auch für die tatsächlichen Grundlagen der ein-
zelnen Anspruchsmerkmale. Zwar wird es in der Rechtsprechung des Bundes-
gerichtshofs nicht als ausgeschlossen angesehen, der vorbehaltlosen Beglei-
chung einer Rechnung zugleich eine Anerkenntniswirkung hinsichtlich der zu
Grunde liegenden Forderung beizumessen. Dies erfordert aber stets ein Vorlie-
gen weiterer Umstände, die geeignet sind, eine derartige Wertung zu tragen.
Solche Umstände sind hier nicht festgestellt. Für sich genommen rechtfertigt die
Bezahlung der Rechnung nicht die Annahme eines Anerkenntnisses (BGH, Ur-
teil vom 11. Januar 2007, aaO, Tz. 9).
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2. Gemäß § 476 BGB wird bei einem Verbrauchsgüterkauf im Sinne des
§ 474 Abs. 1 BGB in Fällen, in denen sich innerhalb von sechs Monaten seit
Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei
Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art
der Sache oder des Mangels unvereinbar. Diese Vermutung greift hier zuguns-
ten des Klägers ein.
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a) Es steht zwischen den Parteien außer Frage, dass es sich bei dem
Fahrzeugkauf um einen Verbrauchsgüterkauf gehandelt hat. Der Getriebescha-
den am gekauften Fahrzeug hat sich innerhalb von sechs Monaten seit Über-
gabe gezeigt. Ein normaler Verschleiß hat angesichts der vom Berufungsgericht
festgestellten üblicherweise zu erwartenden Fahrleistung eines solchen Getrie-
bes von 259.000 Kilometern nicht bestanden. Eine ernstlich andere in Betracht
kommende Ursache als einen vorzeitigen übermäßigen Getriebeverschleiß hat
das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es hat es lediglich als unaufklärbar an-
gesehen, ob bereits bei Vertragsschluss ein Sachmangel in Form übermäßigen
Getriebeverschleißes vorgelegen hat oder nicht, nachdem die beim Wechsel
des Getriebes im Getriebeöl vorgefundenen Metallspäne wegen einer zwi-
schenzeitlichen Verschrottung des ausgebauten Getriebes nicht mehr einer
aussagekräftigen Ursachenbestimmung haben zugeführt werden können. Es ist
deshalb allein die Frage ungeklärt geblieben, ob die für den vorzeitig eingetre-
tenen Verschleißschaden maßgeblichen Anlagen bereits bei Übergabe des
Fahrzeugs an den Kläger vorgelegen haben oder erst später entstanden sind.
Für diese Fallgestaltung begründet § 476 BGB gerade die in zeitlicher Hinsicht
wirkende Vermutung, dass die zu Tage getretenen Mängel bereits im Zeitpunkt
des Gefahrübergangs vorgelegen haben (Senatsurteil vom 18. Juli 2007
- VIII ZR 259/06, WM 2007, 2126, Tz. 16).
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b) Die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr kommt auch bei ei-
nem Rückforderungsanspruch zur Anwendung, der darauf gestützt ist, dass ein
Verkäufer die Kosten einer durchgeführten Fahrzeugreparatur allein hätte tra-
gen müssen, weil er nach § 439 Abs. 2 BGB zur kostenfreien Nachbesserung
verpflichtet war. Die von der Revisionserwiderung geforderte Einschränkung auf
solche Fallgestaltungen, in denen der Käufer Gewährleistungsansprüche gel-
tend macht, weil der Verkäufer nur dann zu einer Beweisführung über die Man-
gelursache in der Lage sei, findet bereits im Wortlaut des § 476 BGB keine
Stütze. Der mit dieser Vorschrift verfolgte Regelungszweck, die im Vergleich zu
den - typischerweise - ungleich besseren Erkenntnismöglichkeiten des Unter-
nehmers schlechteren Beweismöglichkeiten des Verbrauchers zu kompensie-
ren (BT-Drs. 14/6040, S. 245), spricht im Gegenteil dafür, die Beweislastumkehr
auf alle Ansprüche zwischen Verbraucher und Unternehmer zu erstrecken, bei
denen es im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Sachmängelgewähr-
leistungsrechten des Verbrauchers darauf ankommt, ob die verkaufte Sache bei
Gefahrübergang mangelhaft war. Das gilt auch dann, wenn das Bestehen eines
Mangels bei Gefahrübergang - wie hier für § 812 BGB - Vorfrage für andere
Ansprüche ist. Den Bedenken der Revisionserwiderung ist bereits dadurch aus-
reichend Rechnung getragen, dass dem Verkäufer im Einzelfall Beweiserleich-
terungen bis hin zu einer Beweislastumkehr zugute kommen können, wenn
dem Käufer der Vorwurf einer zumindest fahrlässigen Beweisvereitelung zu
machen sein sollte (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05,
NJW 2006, 434, Tz. 23 ff.; MünchKommBGB/Lorenz, 5. Aufl., § 476 Rdnr. 25).
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c) Das Berufungsgericht hat eine Beweisvereitelung durch den Kläger
verneint, weil er seinerzeit genauso wenig wie die Beklagte Anlass gehabt ha-
be, das ausgetauschte Getriebe zu Beweiszwecken sicherzustellen. Dies ist
aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Hiergegen wendet sich die Revisi-
onserwiderung auch nicht. Soweit sie geltend macht, die Beklagte habe auf-
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grund der Zahlung des Klägers davon ausgehen können, dass der betreffende
Geschäftsvorfall abgeschlossen gewesen sei, wird übersehen, dass dem Kläger
allein aus der Rechnungsbegleichung noch kein Vorwurf gemacht werden kann,
beweisrechtliche Obliegenheiten verletzt zu haben. Ob dies anders zu beurtei-
len wäre, wenn ein Käufer sich vorbehaltlos für die Bezahlung eines ihm auf-
grund einer Garantievereinbarung in Rechnung gestellten Reparaturkostenan-
teils entscheidet, obgleich er darüber informiert ist, dass ein Anspruch auf kos-
tenfreie Nachbesserung in Betracht kommt, braucht hier nicht entschieden zu
werden. Es ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch sonst dem Partei-
vorbringen zu entnehmen, dass die fachlich überlegene Beklagte dem Kläger
die in Betracht kommende Alternative eines Anspruchs auf kostenfreie Nach-
besserung aufgezeigt hat oder dass der Kläger auch ohne eine solche Aufklä-
rung das Bestehen eines derartigen Anspruchs von sich aus in Betracht gezo-
gen und gleichwohl von der Geltendmachung eines Vorbehalts abgesehen hat.
Erst recht stellt sich bei dieser Sachlage deshalb auch nicht die von der
Revisionserwiderung aufgeworfene Frage, ob ein Rückzahlungsanspruch des
Klägers durch § 814 BGB ausgeschlossen ist. Denn diese Vorschrift schließt
nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Kondiktion
erst aus, wenn der Leistende nicht nur die Tatumstände kennt, aus denen sich
ergibt, dass er nicht verpflichtet ist, sondern auch weiß, dass er nach der
Rechtslage nichts schuldet (BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 – IV ZR 35/96, NJW
1997, 2381, unter II 4 a m.w.N.). Für beides hat das Berufungsgericht nichts
festgestellt.
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3. Dagegen kann der Kläger nicht die geltend gemachten Kosten einer
vorprozessualen Rechtsverfolgung in Höhe von 87,29 € beanspruchen, die ihm
das Amtsgericht nach den im erstinstanzlichen Urteil zitierten Gesetzesvor-
schriften als Verzugsschaden zugesprochen hat. Zum Zeitpunkt der anwaltli-
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chen Rückzahlungsaufforderung vom 13. Oktober 2005, welche die Rechtsver-
folgungskosten ausgelöst hat, hat sich die Beklagte noch nicht im Verzug
(§ 286 BGB) befunden, so dass auch ein Schadensersatzanspruch nach § 280
Abs. 1, 2, § 286 BGB nicht in Betracht kommt.
III.
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Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben und ist
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit das Berufungsgericht die Klage auf
Rückgewähr der vom Kläger geleisteten Zahlung von 1.071,38 € abgewiesen
hat. Da weitere tatsächliche Feststellungen weder zu treffen noch zu erwarten
sind und die Sache deshalb nach dem festgestellten Sachverhältnis zur End-
entscheidung reif ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563
Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils hin-
sichtlich der Kostenentscheidung und insoweit, als der Kläger eine Rückzahlung
des geleisteten Rechnungsbetrages beansprucht.
Ball
Wiechers
Dr.
Frellesen
Dr.
Hessel
Dr.
Achilles
Vorinstanzen:
AG Rheinbach, Entscheidung vom 06.10.2006 - 5 C 475/05 -
LG Bonn, Entscheidung vom 05.09.2007 - 5 S 193/06 -