Urteil des BGH vom 21.02.2008
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 200/07
Verkündet
am:
21. Februar 2008
K i e f e r
Justizangestellter
als
Urkundsbeamter
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 157 D, 313, 536, 581; BJagdG § 11; BayJagdGAV § 8
a) Bei einem als Hochwildrevier verpachteten Jagdrevier muss in Bayern Rot-
wild als Standwild vorkommen. Fehlt es daran, so stehen dem Jagdpächter
wegen eines Sachmangels Gewährleistungsrechte zu.
b) Eine Verkürzung der Pachtzeit zugunsten des Verpächters mit Rücksicht
auf die für Niederwildreviere übliche geringere Vertragsdauer ist dann we-
der wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage noch aus dem Gesichtspunkt
ergänzender Vertragsauslegung gerechtfertigt.
BGH, Urteil vom 21. Februar 2008 - III ZR 200/07 - OLG Bamberg
LG Aschaffenburg
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dr. Herrmann und Wöstmann
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 1. Zivilse-
nats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 21. Juni 2007 im Kos-
tenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers
entschieden worden ist, und das Urteil der 3. Zivilkammer des
Landgerichts Aschaffenburg vom 4. Oktober 2006 weiter abgeän-
dert.
Die Widerklage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger
48 % und die Beklagte 52 %. Die Kosten der Rechtsmittelverfah-
ren fallen der Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Pächter eines Eigenjagdbezirks der beklagten Stadt. In
den ab 1. April 1998 für die Dauer von zwölf Jahren geschlossenen Jagdpacht-
vertrag trat er anstelle des ursprünglichen Pächters mit Wirkung vom 1. April
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2004 ein. Verpachtet ist der Jagdbezirk "als Hochwildrevier", ohne dass die Be-
klagte eine Gewähr für die Größe und Ergiebigkeit der Jagd übernahm (§ 1
Abs. 1 des Vertrags). Der Pachtzins sollte jährlich 6.825 DM (35 DM/ha =
17,90 €/ha, insgesamt 3.489,57 €) betragen.
Der Kläger hat behauptet, seit 2004 sei in dem gepachteten Jagdrevier
Rotwild nicht mehr als Standwild anzutreffen. Es handele sich deshalb nur noch
um ein Niederwildrevier, für das im örtlichen Durchschnitt ein Pachtpreis von
lediglich 3 €/ha gezahlt werde. Wegen des Differenzbetrags hat er Minderung
geltend gemacht und die Beklagte für die Pachtjahre 2004/2005 und 2005/2006
auf Rückzahlung von 5.809,14 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Er hat
ferner die Feststellung begehrt, dass der von ihm angepachtete Eigenjagdbe-
zirk ein Niederwildrevier sei, für das der angemessene Pachtzins 3 €/ha betra-
ge. Die Beklagte hat Eventualwiderklage erhoben mit dem Antrag festzustellen,
dass der Jagdpachtvertrag zwischen den Parteien zum 31. März 2007 ende.
Sie hat die Auffassung vertreten, bei einer etwa berechtigten Minderung wegen
Wegfalls der Eigenschaft als Hochwildrevier sei die Geschäftsgrundlage für die
vereinbarte Vertragsdauer entfallen. Niederwildreviere würden allgemein nur für
die Dauer von neun Jahren verpachtet.
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Das Landgericht ist, sachverständig beraten, zu der Überzeugung ge-
langt, dass es sich um ein Niederwildrevier handele, und hat einen Pachtpreis
von 11,25 €/ha für angemessen gehalten. Es hat auf dieser Grundlage der Kla-
ge teilweise stattgegeben und außerdem auf die Hilfswiderklage die Feststel-
lung getroffen, dass der Jagdpachtvertrag mit dem 31. März 2007 ende. Die
Entscheidung zur Widerklage hat der Kläger mit der Berufung angefochten. Das
Oberlandesgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung ein
Ende des Jagdpachtvertrags erst zum 31. März 2008 festgestellt. Dagegen rich-
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tet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er
die vollständige Abweisung der Eventualwiderklage begehrt.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Die Widerklage ist insgesamt unbegründet.
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I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in OLG-Report Bamberg 2007, 721
veröffentlicht ist, verneint eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313
Abs. 1 BGB, da die Parteien die Eigenschaft des verpachteten Reviers als
"Hochwildrevier" ausdrücklich zum Vertragsinhalt gemacht hätten. Es liege zwar
ein Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB vor. Gleichwohl bedürfe die Frage,
ob der Kläger hieraus die einem Pächter grundsätzlich zustehenden Rechte
geltend machen könne beziehungsweise ob es der Beklagten als Verpächterin
angesichts des Mangels verwehrt sei, hieraus eigene Ansprüche zu verfolgen,
näherer Prüfung. Vorliegend habe die Beklagte ihre Verpflichtung, dem Kläger
oder seinem Rechtsvorgänger die Pachtsache als Hochwildrevier zu überlas-
sen, unstreitig erfüllt, so dass allein über die Frage zu befinden sei, ob sie auch
verpflichtet gewesen sei, die Pachtsache während der Pachtzeit als Hochwild-
revier zu erhalten. Das sei zu verneinen. Die jagdrechtlichen Pflichten zum Er-
halt des Wildbestandes gingen mit dem Abschluss des Jagdpachtvertrags auf
den Pächter über. Dessen Aufgabe sei es daher, durch entsprechende Hege-
maßnahmen den Erhalt als Hochwildrevier sicherzustellen. Grundsätzlich treffe
ihn somit auch das Risiko des Ausbleibens entsprechenden Wildbestandes.
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Daraus folge, dass der Pächter die sich aus den §§ 536 ff. BGB ergebenden
Rechte nur dann geltend machen könne, wenn der erst im Verlaufe eines
Pachtverhältnisses eintretende Verlust der Eigenschaft als "Hochwildrevier" auf
eine von der Verpächterin zu vertretende Ursache zurückzuführen sei. Derarti-
ges werde vorliegend aber weder behauptet noch sei es sonst in irgendeiner
Weise ersichtlich. Da andererseits auch ein pflichtwidriges Verhalten des Klä-
gers nicht behauptet werde, sei durch ergänzende Vertragsauslegung zu ermit-
teln, welche Bedeutung und Tragweite einer Verpachtung als Hochwildrevier
zukomme. Die Parteien hätten nicht nur die Höhe des Pachtzinses, sondern
auch die Vertragslaufzeit eng mit der vertraglich vereinbarten Eigenschaft des
Jagdbezirks verknüpft; die vereinbarte Pachtzeit habe sich an der für Hochwild-
reviere nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayJG geltenden Mindestpachtzeit von zwölf
Jahren ausgerichtet. Da für Niederwildreviere lediglich eine gesetzliche Min-
destpachtdauer von neun Jahren vorgesehen sei, führe dies im Verhältnis der
Parteien unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich bei dem vorlie-
genden Revier während der ersten sechs Jahre der Vertragslaufzeit tatsächlich
um ein Hochwildrevier gehandelt habe, zu einer Gesamtlaufzeit des Vertrags
von zehn Jahren und somit zu einer Vertragsbeendigung zum 31. März 2008.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im entscheiden-
den Punkt nicht stand.
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1.
Auf das Vertragsverhältnis ist gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit
dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes
zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.
November 2001 (BGBl.
I
S. 3138) anzuwenden.
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2.
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Beklagten auf
Anpassung der Vertragsdauer nach § 313 Abs. 1 BGB wegen einer Störung der
Geschäftsgrundlage verneint. Eine Heranziehung der Regeln über den Wegfall
der Geschäftsgrundlage ist im Anwendungsbereich der miet- und pachtrechtli-
chen Gewährleistungsvorschriften nach den §§ 536 ff. BGB (§ 581 Abs. 2 BGB)
grundsätzlich ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1991 - XII ZR
63/90 - NJW-RR 1992, 267; Urteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW
2000, 1714, 1716; MünchKomm/Häublein, BGB, 5. Aufl., vor § 536 Rn. 7, 25;
Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2006, Vorbem. zu § 536 Rn. 18). Die
diesen Bestimmungen zugrunde liegende gesetzliche Risikoverteilung darf nicht
über die Annahme einer Störung der Geschäftsgrundlage verändert werden
(Staudinger/Emmerich, aaO). Wie das Berufungsgericht gleichfalls zutreffend
entschieden hat, handelt es sich aber bei einem Fortfall der Eigenschaft des
Jagdreviers als "Hochwildrevier" um einen Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1
BGB (i.V.m. § 581 Abs. 2 BGB), für den der Verpächter gewährleistungspflichtig
ist.
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b) Der Jagdpachtvertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag, auf den die Vor-
schriften über das Pachtverhältnis (§§ 581 ff. BGB) anzuwenden sind, soweit
nicht spezielle jagdrechtliche Bestimmungen oder jagdrechtliche Besonderhei-
ten entgegenstehen (Senatsurteil vom 5. Februar 1987 - III ZR 234/85 -
NJW-RR 1987, 839). Gegenstand des Pachtvertrags ist das Jagdausübungs-
recht; es handelt sich daher um eine Rechtspacht. Die mietrechtlichen Regeln
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über die Sachmängelgewährleistung gelten jedoch entsprechend (Staudinger/
Sonnenschein/Veit, BGB, Neubearb. 2005, § 581 Rn. 55, 298). Mangel der
Mietsache ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zu-
stands vom vertraglich geschuldeten, sofern dadurch die Tauglichkeit zum ver-
tragsgemäßen Gebrauch unmittelbar aufgehoben oder gemindert ist (BGH, Ur-
teil vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899, 900 Rn. 19;
Staudinger/Emmerich, aaO, § 536 Rn. 5 m.w.N.).
c) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Verpachtet ist der
Eigenjagdbezirk der Beklagten "als Hochwildrevier". Zum Hochwild gehören
Schalenwild (unter anderem Rotwild) außer Rehwild, ferner Auerwild, Steinadler
und Seeadler (§ 2 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 BJagdG). Nach § 8 der Verordnung
zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (AVBayJG) vom 1. März 1983
(GVBl. S. 51) muss in Bayern ferner in einem Hochwildrevier zum Hochwild
zählendes Schalenwild außer Schwarzwild regelmäßig erlegt werden. Vorkom-
men von zum Schalenwild zählenden Hochwild, das während der Jagdzeit nicht
ständig im Revier steht (Wechselwild), oder die Zugehörigkeit eines Jagdreviers
zu einem Rotwildgebiet machen ein Jagdrevier noch nicht zu einem Hochwild-
revier. Rotwild muss deswegen dort als Standwild vorkommen (für das nieder-
sächsische Landesrecht offen gelassen im Senatsbeschluss vom
26. September 1985 - III ZR 174/84 - WM 1985, 1408). Auf der Grundlage des
vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens ist indes zwischen
den Parteien unstreitig geworden, dass in dem an den Kläger verpachteten Re-
vier Rotwild nicht als Standwild, sondern lediglich unregelmäßig als Wechsel-
wild anzutreffen ist. Damit fehlt es in einem wesentlichen, auch für die Höhe des
Pachtzinses entscheidenden Anteil an der vertraglich vereinbarten Beschaffen-
heit. Dass die Beklagte nach § 1 Abs. 1 des Jagdpachtvertrags keine Gewähr
für Größe und Ergiebigkeit der Jagd übernommen hat, enthält nach der nicht zu
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beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts lediglich einen Ausschluss
der Gewährleistung für eine bestimmte Abschussmenge an Hochwild und lässt
die Notwendigkeit, dass zum Hochwild zählendes Schalenwild im Revier über-
haupt als Standwild vorkommt, nicht entfallen. Das entspricht - unter Berück-
sichtigung landesrechtlicher Besonderheiten - auch überwiegend vertretener
Auffassung (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 26. November 1999 - 10 U 376/99 -
juris Rn. 10 ff., in r+s 2000, 439 insoweit nicht abgedruckt; OLG Köln VersR
1992, 193 = Jagdrechtliche Entscheidungen II Nr. 114; LG Amberg Jagdrechtli-
che Entscheidungen III Nr. 116; LG Marburg Jagdrechtliche Entscheidungen III
Nr. 182; AG Lauterbach, Jagdrechtliche Entscheidungen III Nr. 132; Leonhardt,
Jagdrecht, Stand 1. August 2007, Erl. zu § 11 BJagdG [Kennzahl 11.11] 2.9
S. 13 ff.; einschränkend für die Rechtslage in Rheinland-Pfalz OLG Koblenz
Jagdrechtliche Entscheidungen III Nr. 147; für Hessen AG Rothenburg a. d.
Fulda Jagdrechtliche Entscheidungen III Nr. 181; siehe auch Münch-
Komm/Harke, aaO, § 581 Rn. 37).
3.
a) Dieselben Gründe, die hiernach zur Unanwendbarkeit der Regeln
über eine Störung der Geschäftsgrundlage im Anwendungsbereich der Gewähr-
leistungsvorschriften führen, verbieten aber entgegen der Ansicht des Beru-
fungsgerichts auch einen Rückgriff auf das Institut der ergänzenden Ver-
tragsauslegung und eine von den §§ 536 ff. BGB nicht gedeckte Anpassung
des Vertragsinhalts auf diesem Wege. Die ergänzende Vertragsauslegung setzt
eine Regelungslücke im Vertrag - eine planwidrige Unvollständigkeit - voraus
(BGHZ 127, 138, 142; Senatsurteil BGHZ 163, 42, 47; BGHZ 170, 311, 322
Rn. 26). Eine Vertragsergänzung nach dem hypothetischen Parteiwillen kommt
darum nicht in Betracht, wenn bereits das dispositive Recht diese Lücke
schließt (vgl. BGHZ 137, 153, 157; 146, 250, 261; Senatsurteil vom 24. Januar
2008 - III ZR 79/07 - Umdruck S. 7 Rn. 14; z.V.b.). Bei Sachmängeln erfolgt der
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Lückenschluss jedoch mangels einer besonderen Parteiabrede durch die ge-
setzlichen Gewährleistungsbestimmungen. Mit einer zusätzlichen Anwendung
der Grundsätze über die ergänzende Vertragsauslegung würde, nicht anders
als bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage, nicht nur die gesetzliche Rege-
lung über die Gewährleistung mindestens teilweise beiseite geschoben, son-
dern dadurch würde auch, insbesondere bei der hier in Rede stehenden Ver-
tragsanpassung zugunsten des Vermieters oder Verpächters, die gesetzliche
Risikoverteilung unterlaufen, die das Mängelrisiko grundsätzlich dem Vermieter
(Verpächter) zuweist. Das Gesetz gesteht bei Mängeln der Mietsache allein
dem Mieter bestimmte Rechte zu (Minderung, Schadensersatz- und Aufwen-
dungsersatzansprüche nach den §§ 536 ff. BGB oder Kündigung aus wichtigem
Grund gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 und 4 BGB). Der Vertragsinhalt im Üb-
rigen bleibt davon unberührt, insbesondere findet ein Ausgleich zugunsten des
Vermieters - etwa durch Verkürzung der Vertragslaufzeit - nicht statt. Dass sich
vorliegend die vereinbarte Vertragsdauer an der gesetzlichen Mindestpachtzeit
für Hochwildreviere orientiert hat, ist entgegen der Auffassung des Berufungs-
gerichts ohne Belang.
b) Davon abgesehen sind die vom Berufungsgericht für seine abwei-
chende Ansicht angeführten Gründe auch in sich nicht stichhaltig. Es trifft zwar
zu, dass auf den Jagdpächter die Pflicht zur Hege des Wildes nach § 1 Abs. 1
Satz 2 BJagdG übergeht (Mitzschke/Schäfer, BJagdG, 4. Aufl., § 11 Rn. 59).
Das bedeutet indes nicht, dass er den Erhalt des Reviers als Hochwildrevier,
wie das Berufungsgericht formuliert, "sicherzustellen" hätte und demnach
grundsätzlich ihn das Risiko eines Ausbleibens von Hochwild als Standwild trä-
fe. Dem steht schon entgegen, dass der Wildbestand von zahlreichen anderen
Faktoren außerhalb des Einflussbereichs eines Jagdpächters abhängt, die al-
lein der Risikosphäre des nach § 535 Abs. 1 BGB (§ 581 Abs. 2 BGB) zur
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Gebrauchsgewährung verpflichteten Verpächters zuzuordnen sind (Lage, Grö-
ße, Form und Beschaffenheit des Reviers, Art und Umfang der Nutzung des
Waldes sowie angrenzender Flächen durch Dritte), und die nach den Feststel-
lungen des in erster Instanz bestellten Sachverständigen gerade in dem vom
Kläger gepachteten Revier Rotwild als Standwild fast ausschließen. Hegemaß-
nahmen können diesen Tatbestand nur bedingt beeinflussen. Es ist deswegen
verfehlt, hieraus eine Einstandspflicht des Jagdpächters für das Vorkommen
von Hochwild zu folgern und auf diese Weise den Verpächter von seiner grund-
sätzlichen Verpflichtung zur Gebrauchsverschaffung zu entlasten. Das Beru-
fungsgericht setzt sich mit seiner Risikoverteilung zu Lasten des Jagdpächters
auch in Widerspruch zu seiner - rechtlich zutreffenden (oben 2 c) - Annahme
eines Sachmangels nach § 536 BGB. Ein solcher Mangel kann nur gegeben
sein, wenn und soweit der Vermieter oder Verpächter gemäß § 535 Abs. 1
Satz 1 BGB zur Erfüllung verpflichtet ist. Das bedeutet aber umgekehrt, dass
der Vermieter insoweit verschuldensunabhängig auch das Erfüllungsrisiko trägt,
falls nicht der Mieter selbst - wofür im Streitfall kein Anhalt besteht - pflichtwid-
rig den Mangel verursacht hat. Mit der Feststellung eines Mangels ist daher die
Folgerung verbunden, dass die Nachteile hieraus nicht den Mieter oder Päch-
ter, sondern den Vermieter (Verpächter) treffen.
III.
Das angefochtene Urteil kann nach alledem nicht bestehen bleiben. Der
Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif. Eine Reduzierung der Pachtlaufzeit
kommt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht. Infolgedessen ist
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unter Aufhebung und Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen die Wi-
derklage in vollem Umfang abzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Schlick
Wurm
Kapsa
Herrmann
Wöstmann
Vorinstanzen:
LG Aschaffenburg, Entscheidung vom 04.10.2006 - 3 O 566/05 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 21.06.2007 - 1 U 169/06 -