Urteil des BGH vom 22.01.2014

wetteronline.de Leitsatzentscheidung mit Berichtigungsbeschluss

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 164/12
Verkündet am:
22. Januar 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
wetteronline.de
BGB § 12; UWG § 4 Nr. 10
a) Das Verwenden eines Domainnamens (hier: "wetteronlin.de"), der aus der
fehlerhaften Schreibweise einer bereits zuvor registrierten Internetadresse
(hier: "wetteronline.de") gebildet ist (sog. "Tippfehler-Domain"), verstößt unter
dem Gesichtspunkt des Abfangens von Kunden gegen das Verbot unlauterer
Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG, wenn der Internetnutzer auf eine Inter-
netseite geleitet wird, auf der er nicht die zu erwartende Dienstleistung (hier:
Wetterinformationen), sondern lediglich Werbung (hier: Werbung für Kran-
kenversicherungen) vorfindet.
b) Wird der Internetnutzer auf der Internetseite, die er bei versehentlicher Ein-
gabe der "Tippfehler-Domain" erreicht, sogleich und unübersehbar auf den
Umstand aufmerksam gemacht, dass er sich nicht auf der Internetseite be-
findet, die er aufrufen wollte, wird eine unlautere Behinderung regelmäßig zu
verneinen sein.
BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 164/12 - OLG Köln
LG Köln
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 31. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Dr. h.c. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Koch und
Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Februar 2012 aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Köln vom 9. August 2011 teil-
weise abgeändert und werden die auf Verletzung des Namens-
rechts gestützte Klage sowie der auf Wettbewerbsrecht gestützte
Antrag auf Einwilligung in die Löschung des Domainnamens "wet-
teronlin.de" abgewiesen.
Im Übrigen (auf Wettbewerbsrecht gestützter Klageantrag zu 1.1
gerichtet auf Unterlassung der Benutzung des Domain-Namens
"wetteronlin.de" als Titel für Internet-Homepages und/oder als Se-
cond-Level-Domain-Bezeichnung und die darauf bezogenen Kla-
geanträge zu 1.3 und 2 auf Auskunftserteilung und Feststellung
der Schadensersatzpflicht) wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-
rufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Die Klägerin führt die Firma "WetterOnline Meteorologische Dienstleistun-
gen GmbH". Sie betreibt unter dem für sie seit dem 25. November 1996 re-
gistrierten Domainnamen "www.wetteronline.de" eine durch Werbung finanzier-
te Internetseite, auf der sie über das Wetter informiert und Dienstleistungen zu
den Themen Wetter und Klima erbringt.
Für den Beklagten ist seit dem 2. Oktober 2003 der im Streitfall von der
Klägerin beanstandete Domainname "www.wetteronlin.de" registriert. Außer-
dem ist er Inhaber der Domainnamen "www.autoscot24.de", "www.altavister.de"
und "www.bafoegantrag.de". Rief ein Nutzer diese Domainnamen auf, wurde er
jeweils auf die Seite "www.sedoparking.com" geleitet, auf der unter der Über-
schrift "pkvleistung24.de" private Krankenversicherer ihre Leistungen anboten.
Hierfür erhielt der Beklagte ein Entgelt.
Nach Ansicht der Klägerin hat der Beklagte den Domainnamen
"www.wetteronlin.de" bewusst in einer fehlerhaften Schreibweise ihres bereits
zuvor registrierten Domainnamens - sogenannte "Tippfehler-Domain" - ange-
meldet, um Interessenten, die eigentlich die Internetseite der Klägerin aufsu-
chen wollten, deren Domainnamen versehentlich aber nur unvollständig eintipp-
ten, auf eine Internetseite mit Werbung umzuleiten. Dies sei als wettbewerbs-
rechtswidrige Behinderung und als Verletzung ihres bekannten Unternehmens-
kennzeichens unzulässig.
Bereits Ende 2004 hatte die Klägerin den Beklagten abgemahnt und die
Einstellung der Nutzung des beanstandeten Domainnamens "wetteronlin.de"
sowie seine Löschung verlangt. Daraufhin gab der Beklagte am 6. Januar 2005
eine auf meteorologische Waren, Dienstleistungen und Informationen begrenzte
Unterlassungserklärung ab. Eine ausdrückliche Annahme dieser Erklärung
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durch die Klägerin erfolgte nicht. Mit Schreiben vom 3. März 2011 mahnte die
Klägerin den Beklagten erneut ab. Daraufhin veranlasste der Beklagte die "Ab-
schaltung" der Internetseite, gab aber keine strafbewehrte Unterlassungserklä-
rung ab.
Die Klägerin hat beantragt (Klageantrag zu 1.1), den Beklagten unter An-
drohung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen,
den Domain-Namen "wetteronlin.de" als Titel für Internet-Homepages und/oder als
Second-Level-Domain-Bezeichnung "www.wetteronlin.de" zu benutzen und/oder
benutzen zu lassen.
Ferner hat die Klägerin den Beklagten auf Einwilligung in die Löschung
des Domainnamens "wetteronlin.de" (Klageantrag zu 1.2) sowie auf Auskunft
in Anspruch genommen (Klageantrag zu 1.3) und die Feststellung der Scha-
densersatzpflicht (Klageantrag zu 2) begehrt.
Das Landgericht hat den Beklagten - unter Einschränkung des Feststel-
lungsantrags auf die Zeit ab dem 25. September 2010 - gemäß den Anträgen
der Klägerin verurteilt. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG
Köln, WRP 2012, 989). Das Berufungsgericht hat lediglich klarstellend auch den
auf Auskunft gerichteten Urteilsausspruch des Landgerichts auf die Zeit ab dem
25. September 2010 begrenzt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klä-
gerin beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
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Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die gel-
tend gemachten Ansprüche aus §§ 8, 9, 4 Nr. 10 UWG sowie aus §§ 12, 823,
1004 BGB zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Zwischen den Parteien bestehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, weil
sich die Verwendung des beanstandeten Domainnamens behindernd auf den
Wettbewerb der Klägerin auswirken könne. Eine gezielte Behinderung liege
darin, dass das Geschäftsmodell des Beklagten darauf gerichtet sei, Nutzer, die
auf die Internetseite der Klägerin gelangen wollten, auf die eigene Internetseite
umzulenken. Für ein zielgerichtetes Verhalten spreche auch der Umstand, dass
sich der Beklagte eine Vielzahl weiterer "Tippfehler-Domains" gesichert habe.
Die Klägerin werde auch dann behindert, wenn der irregeleitete Nutzer alsbald
bemerke, dass er nicht zum gewünschten Ziel gelangt sei. Eine Vielzahl der
fehlgeleiteten Nutzer werde sich aus Verärgerung oder weil sie sich mit dem
Grund der Fehlleitung nicht näher befassen wollten, einen anderen Wetter-
dienst suchen. Auf diese Weise gingen der Klägerin Werbeeinnahmen verloren.
Die geltend gemachten Ansprüche rechtfertigten sich zudem aus §§ 12,
823, 1004 BGB. In der Verwendung des jedenfalls abstrakt mit der Firma der
Klägerin verwechslungsfähigen Domainnamens liege eine Verletzung ihres
Namensrechts. Es bestehe kein schützenswertes Interesse des Beklagten, po-
tentielle Besucher der Internetseite der Klägerin auf die von ihm geführte Seite
umzuleiten. Demgegenüber habe die Klägerin ein erhebliches Interesse daran,
dass ihr Name nicht zu diesem Zweck missbraucht werde.
B. Die gegen die Verurteilung des Beklagten gerichteten Angriffe der Re-
vision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur
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Abweisung der Klage, soweit die Klägerin ihre Anträge auf die Verletzung ihres
Namensrechts gemäß § 12 BGB gestützt hat (dazu B II). Im Hinblick auf die
Anträge, die auf eine unlautere Behinderung gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG ge-
stützt sind, führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zu-
rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es den geltend ge-
machten Unterlassungsanspruch und die darauf bezogenen Folgeanträge auf
Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht betrifft (dazu
B III). Der auf eine unlautere Behinderung gestützte Antrag auf Einwilligung in
die Löschung des Domainnamens "wetteronlin.de" ist abzuweisen (dazu B IV).
I. Im Streitfall ist sowohl über eine Verletzung des Namensrechts als auch
über eine wettbewerbswidrige Behinderung der Klägerin zu entscheiden. Es
liegen insoweit zwar unterschiedliche Streitgegenstände vor. Die Klägerin hat
ihr Klagebegehren aber im Wege der kumulativen Klagehäufung auf beide
Streitgegenstände gestützt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der
Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem
sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und
den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehr-
te Rechtsfolge herleitet (BGH, Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR
2012, 1145 Rn. 17 = WRP 2012, 1392 - Pelikan). Bei einem einheitlichen Kla-
gebegehren liegen verschiedene Streitgegenstände vor, wenn die materiell-
rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselb-
ständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausge-
staltet (BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314
Rn. 19 - Biomineralwasser). Das ist etwa der Fall, wenn der Kläger sein Klage-
begehren auf ein Schutzrecht und auf ein wettbewerbswidriges Verhalten des
Beklagten stützt oder seinen Anspruch aus mehreren Schutzrechten herleitet.
Dann liegen auch bei einem einheitlichen Klagebegehren mehrere Streitgegen-
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stände vor (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 60/11, GRUR 2013, 397
Rn. 13 = WRP 2013, 499 - Peek & Cloppenburg III, mwN). So verhält es sich im
Streitfall. Die Klägerin hat ihre Klageanträge sowohl auf eine Verletzung ihres
Namensrechts als auch auf den Gesichtspunkt der unlauteren Behinderung ge-
stützt. Über beide Streitgegenstände ist zu entscheiden, weil die Klägerin erklärt
hat, im Wege der kumulativen Klagehäufung vorzugehen.
II. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsge-
richt die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin aufgrund eines Rechts an
ihrem Namen bejaht hat.
1. Allerdings ist der Anwendungsbereich des Namensschutzes gemäß
§ 12 BGB nicht bereits deswegen verschlossen, weil das Landgericht eine Ver-
letzung der von der Klägerin in erster Instanz geltend gemachten Rechte aus
ihrem Unternehmenskennzeichen verneint hat. § 12 BGB bleibt neben den An-
sprüchen aus §§ 5, 15 MarkenG anwendbar, soweit der Funktionsbereich des
Unternehmens ausnahmsweise durch eine Verwendung der Unternehmensbe-
zeichnung außerhalb der kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr berührt
wird, weil die Unternehmensbezeichnung nicht im geschäftlichen Verkehr oder
- wie es das Landgericht im Streitfall angenommen hat - außerhalb der erforder-
lichen Branchennähe benutzt wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2001
- I ZR 138/99, BGHZ 149, 191, 198 - shell.de; Urteil vom 9. September 2004
- I ZR 65/02, GRUR 2005, 430, 431 = WRP 2005, 488 - mho.de; Urteil vom
24. April 2008 - I ZR 159/05, GRUR 2008, 1099 Rn. 10 = WRP 2008, 1520
- afilias.de). Entsprechendes gilt, wenn - wie im Streitfall - mit der Löschung ei-
nes Domainnamens eine Rechtsfolge begehrt wird, die aus kennzeichenrechtli-
chen Vorschriften grundsätzlich nicht hergeleitet werden kann (BGH, Urteil vom
9. November 2011 - I ZR 150/09, GRUR 2012, 304 Rn. 32 = WRP 2012, 330
- Basler Haar-Kosmetik).
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2. Im Streitfall liegen jedoch die Voraussetzungen des § 12 BGB nicht vor.
a) Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann be-
reits nicht angenommen werden, dass der Klägerin an dem Firmenbestandteil
"WetterOnline" ein Namensrecht zusteht.
Der Schutz des Namensrechts gemäß § 12 BGB setzt namensmäßige Un-
terscheidungskraft der Bezeichnung von Haus aus oder aufgrund von Ver-
kehrsgeltung voraus (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - I ZR 69/02,
GRUR 2005, 517, 518 = WRP 2005, 614 - Literaturhaus, mwN). Daran fehlt es
im Streitfall. Dem Firmenbestandteil "WetterOnline" kommt im Hinblick auf den
Unternehmensgegenstand der Klägerin keine originäre Unterscheidungskraft
zu, weil diese Bezeichnung den Geschäftsgegenstand, "online" Informationen
und Dienstleistungen zum Thema "Wetter" anzubieten, unmittelbar beschreibt.
Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, dass der Firmenbestandteil
"WetterOnline" über Verkehrsgeltung verfügt und er deshalb namensmäßige
Unterscheidungskraft zugunsten der Klägerin erlangt hat. Ohne namensmäßige
Unterscheidungskraft scheiden sämtliche auf eine Verletzung des Namens-
rechts gestützten Ansprüche aus.
b) Der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Domainnamens
(Klageantrag zu 1.2) besteht zudem deshalb nicht, weil auch die weiteren Vo-
raussetzungen des § 12 Satz 1 BGB nicht vorliegen.
aa) Eine im Streitfall allein in Betracht kommende unberechtigte Na-
mensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB ist gegeben, wenn ein Dritter un-
befugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung
eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden (vgl.
BGH, GRUR 2008, 1099 Rn. 18 - afilias.de; GRUR 2012, 304 Rn. 37 - Basler
Haar-Kosmetik). Diese Voraussetzungen können auch durch eine bloße Regist-
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rierung des Domainnamens erfüllt werden. Das kommt in Betracht, wenn mit
der Registrierung eine erhebliche Beeinträchtigung der namensrechtlichen Be-
fugnisse verbunden ist (BGH, Urteil vom 13. März 2008 - I ZR 151/05, GRUR
2008, 912 Rn. 36 = WRP 2008, 1353 - Metrosex, mwN). Das ist im Streitfall
weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
bb) Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die Beeinträchtigung des
Namensrechts durch die Registrierung eines Domainnamens in der dadurch
eintretenden Sperrwirkung, die es ausschließt, dass der Berechtigte unter sei-
nem Namen als Teil der Internetadresse aufgefunden wird (vgl. BGHZ 149,
191, 198 - shell.de). An einer vergleichbaren Interessenbeeinträchtigung fehlt
es in Bezug auf die Registrierung eines Domainnamens, der aus der fehlerhaf-
ten Schreibweise einer bereits zuvor registrierten Internetadresse gebildet ist.
Eine solche Registrierung hindert den Namensinhaber nicht daran, seinen Na-
men in der richtigen Schreibweise als Internetadresse weiter zu benutzen. Hier
ist die Klägerin Inhaberin eines Domainnamens, in dem ihr Unternehmens-
schlagwort "wetteronline" in der richtigen Schreibweise enthalten ist. Das Beru-
fungsgericht hat auch keine Umstände festgestellt, die dafür sprechen könnten,
dass die Klägerin zum Schutz ihres Namensrechts auch auf den angegriffenen
Domainnamen angewiesen ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004
- I ZR 207/01, GRUR 2005, 687, 689 = WRP 2005, 893 - weltonline.de). Es hat
zudem nicht festgestellt, dass die Klägerin ein Interesse daran hat, den ange-
griffenen Domainnamen selbst zu nutzen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar
2004 - I ZR 82/01, GRUR 2004, 619, 621 = WRP 2004, 769 - kurt-
biedenkopf.de; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., Nach § 15 Rn. 89, 91). Dann
steht ihr auch kein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Domainna-
mens zu.
c) Eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es
im Hinblick auf die geltend gemachten namensrechtlichen Ansprüche nicht, weil
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der Senat auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts selbst beurteilen
kann, dass deren Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
III. Die Revision hat ferner Erfolg, soweit sie sich gegen die auf die An-
nahme einer unlauteren Behinderung gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG gestützte
Verurteilung wendet. Zwar behindert der Beklagte durch die beanstandete Ver-
wendung des Domainnamens die Klägerin in unlauterer Weise im Sinne von
§§ 3, 4 Nr. 10 UWG (dazu sogleich unter B III 1). Das Unterlassungsgebot ist
jedoch nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt. Dem Beklagten ist
es verboten worden, den Domain-Namen "wetteronlin.de" als Titel für Internet-
Homepages
und/oder
als
Second-Level-Domain-Bezeichnung
"www.wetteronlin.de" zu benutzen und/oder benutzen zu lassen. Dieses von
der konkreten Verwendung des Domainnamens losgelöste generelle Verbot hat
in der vom Berufungsgericht dafür gegebenen, auf die konkrete Verwendung
dieses Domainnamens für eine Internetseite mit Versicherungswerbung bezo-
genen Begründung keine hinreichende Grundlage. Es erfasst auch erlaubte
Sachverhalte und kann daher keinen Bestand haben (dazu unter B III 2).
1. Allerdings wendet sich die Revision vergeblich gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, dass die Verwendung des angegriffenen Domainnamens für
eine Internetseite, über die der Nutzer auf eine weitere Seite mit Werbung für
private Krankenversicherer weitergeleitet wird, den Tatbestand einer unlauteren
Behinderung gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG erfüllt.
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin
im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG Mitbewerber des Beklagten ist. Zwischen
den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, weil sie versuchen,
gleichartige Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzuset-
zen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten die
Klägerin beeinträchtigen, also in ihrem Absatz behindern oder stören kann (vgl.
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BGH, Urteil vom 13. Juli 2006 - I ZR 241/03, BGHZ 168, 314 Rn. 14 - Kontakt-
anzeigen, mwN). Die Klägerin ermöglicht Dritten die entgeltliche Werbung auf
ihrer Internetseite. Auch der Beklagte stellt seine Internetseite Dritten gegen
Entgelt zu Werbezwecken zur Verfügung. Da die Attraktivität von Internetwer-
bung nach der Lebenserfahrung davon abhängt, wie häufig und intensiv die
Internetseite von Interessenten besucht wird, kann das beanstandete Umleiten
von Besucherströmen durch das Betreiben einer "Tippfehler-Domain" den Ab-
satz des Beklagten fördern und denjenigen der Klägerin behindern.
b) Erfolglos wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Be-
rufungsgerichts, durch die beanstandete Verwendung des Domainnamens
"www.wetteronlin.de" für eine Internetseite, auf der für Versicherungsangebote
geworben werde, habe der Beklagte die Klägerin im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG
unlauter behindert.
aa) Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach §§ 3, 4 Nr. 10
UWG setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkei-
ten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene
Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist.
Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck
verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu
verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten
Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in
angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen
erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des
Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher
und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (vgl. BGH,
Urteil vom 7. Oktober 2009 - I ZR 150/07, GRUR 2010, 346 Rn. 12 = WRP
2010, 633 - Rufumleitung; Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 183/07, GRUR
2010, 642 Rn. 53 = WRP 2010, 764 - WM-Marken; Urteil vom 22. Juni 2011
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- I ZR 159/10, GRUR 2011, 1018 Rn. 65 = WRP 2011, 1469 - Automobil-
Onlinebörse, mwN).
bb) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
Es hat unter Bezugnahme auf die Begründung des Landgerichts angenommen,
die Verwendung des angegriffenen Domainnamens beeinträchtige die Interes-
sen der Klägerin, weil Verbraucher, die auf die Internetseite der Klägerin gelan-
gen wollten, bei irrtümlich fehlerhafter Eingabe der Internetadresse über die
Internetseite des Beklagten auf eine Seite mit Krankenversicherungsangeboten
umgeleitet würden. Eine Behinderung der wettbewerblichen Entfaltungsmög-
lichkeiten der Klägerin sei auch gegeben, wenn der irregeleitete Nutzer alsbald
merke, dass er nicht zu der gewünschten Internetseite gelangt sei. Eine Viel-
zahl dieser Betroffenen werde sich aus Verärgerung oder weil sie sich mit dem
Grund der Fehlleitung nicht näher befassen wollten, einen anderen Wetter-
dienst suchen als denjenigen, den die Klägerin anbiete und den sie eigentlich in
Anspruch nehmen wollten. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Nutzer den
Fehler nur bei sich suchen und die richtige Schreibweise in der Browserzeile
nicht kontrollieren würden. Auf diese Weise gingen der Klägerin zumindest
Werbeeinnahmen verloren. Der Beklagte habe auch zielgerichtet gehandelt. Er
habe sich nicht nur den streitbefangenen Domainnamen, sondern eine Vielzahl
weiterer "Tippfehler-Domains" gesichert. Das könne nur den Sinn gehabt ha-
ben, auf diese Weise Internetnutzer, die die Internetseite der Klägerin aufsu-
chen wollten, umzuleiten.
cc) Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
(1) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der
Beklagte mit der Registrierung und Verwendung des Domainnamens
"www.wetteronlin.de" den Zweck verfolgt hat, solche Nutzer auf die unter dieser
Adresse von ihm betriebene Internetseite zu leiten, die eigentlich die
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Internetseite mit dem Domainnamen "www.wetteronline.de" aufsuchen wollten,
irrtümlich aber den Buchstaben "e" am Ende der Second-Level-Domain nicht
eingegeben haben. Auf den vom Berufungsgericht herangezogenen Umstand,
dass der Beklagte mit den Internetadressen "www.autoscot24.de" und
"www.altavister.de" weitere als "Tippfehler-Domains" in Betracht kommende
Internetadressen registriert und verwendet hat, kommt es nicht an.
(2) Das Berufungsgericht hat auch die weiteren Voraussetzungen einer
wettbewerbsrechtswidrigen Behinderung der Klägerin rechtsfehlerfrei bejaht.
Allerdings ergibt sich eine unlautere Behinderung nicht aus dem Gesichts-
punkt der Ausnutzung einer fremden Einrichtung (aA Köhler in Köhler/Born-
kamm, UWG, 32. Aufl., § 4 Rn. 10.27b). Bei dieser Fallgruppe liegt die gezielte
Behinderung eines Mitbewerbers darin, dass die von oder für einen Mitbewer-
ber geschaffenen Einrichtungen für eigene Zwecke ausgenutzt werden, ohne
dafür ein Entgelt zu entrichten (BGH, GRUR 2010, 346 Rn. 15, 18 ff.
- Rufumleitung; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 10.27b). Der Senat hat
dies in einem Fall angenommen, in dem der Mitbewerber eines Telekommuni-
kationsunternehmens die Bereithaltung eines Mobilfunkanschlusses und die
Unterhaltung eines Mobilfunknetzes durch die Einrichtung einer Rufumleitung
ausnutzt und damit den Anfall eines Zusammenschlussentgelts zugunsten des
Telekommunikationsunternehmens und damit die Möglichkeit verhindert, die
getätigten Investitionen zu erwirtschaften (vgl. BGH, GRUR 2010, 346 Rn. 15,
18 ff. - Rufumleitung). Im Streitfall liegt kein damit vergleichbarer Sachverhalt
vor. Der Beklagte nutzt nicht das Bereithalten der Internetseite der Klägerin,
sondern die falsche Eingabe des Domainnamens aus.
(3) Eine unlautere Behinderung ergibt sich im Streitfall jedoch aus dem
Gesichtspunkt des Abfangens von Kunden.
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Das Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Ausspannen sowie
Abfangen von Kunden gehören allerdings grundsätzlich zum Wesen des Wett-
bewerbs. Eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers ist deshalb erst gege-
ben, wenn auf Kunden, die bereits dem Wettbewerber zuzurechnen sind, in un-
angemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen
oder zu erhalten. Eine solche unangemessene Einwirkung auf den Kunden liegt
vor, wenn sich der Abfangende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und
dessen Kunden stellt, um diesen eine Änderung ihres Entschlusses, das Ange-
bot des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen, aufzudrängen (BGH, Urteil vom
5. Februar 2009 - I ZR 119/06, GRUR 2009, 876 Rn. 21 = WRP 2009, 1086
- Änderung der Voreinstellung II; BGH, GRUR 2010, 346 Rn. 15 - Rufumleitung;
BGH, Urteil vom 24. November 2011 - I ZR 154/10, GRUR 2012, 645 Rn. 17 =
WRP 2012, 817 - Mietwagenwerbung, mwN). Diese Voraussetzungen liegen im
Hinblick auf die konkret beanstandete Verwendung des Domainnamens für eine
Internetseite mit Versicherungswerbung vor.
Der wettbewerbliche Charakter einer "Tippfehler-Domain" zeichnet sich
dadurch aus, dass der Inhaber eines solchen Domainnamens den Kunden, der
- entweder direkt in das Adressenfeld seines Internetbrowsers oder in eine
Suchmaschine - eine bestimmte Internetadresse eingibt und sich deshalb ge-
wissermaßen bereits auf dem direkten Weg zur so gekennzeichneten Internet-
seite befindet, durch das Ausnutzen typischer und deshalb vorhersehbarer Ver-
sehen bei der Adresseneingabe auf das eigene Angebot leitet.
Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, es bestehe kein
schützenswertes Interesse des Beklagten, potentielle Besucher der Internetsei-
te der Klägerin auf die von ihm betriebene Internetseite mit Versicherungswer-
bung umzuleiten. Dagegen ist das Interesse der Klägerin beeinträchtigt, ihre
Leistungen am Markt durch eigene Anstrengungen in angemessener Weise zur
Geltung zu bringen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gehen der
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Klägerin durch den Betrieb der Internetseite des Beklagten mit der "Tippfehler-
Domain" Aufrufe ihrer Internetseite verloren.
Die Revision macht dagegen vergeblich geltend, dem auf die Internetseite
des Beklagten gelangten Nutzer werde sogleich deutlich, dass ein Fehler vor-
liegen müsse. Er werde deshalb durch eine Neueingabe des Domainnamens
der Klägerin deren Wetterdienst aufsuchen, so dass der Klägerin diese Interes-
senten nicht als Kunden verlorengingen.
Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Behinderung der wettbe-
werblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Klägerin sei auch dann gegeben,
wenn der irregeleitete Nutzer alsbald bemerke, dass er nicht zu dem gewünsch-
ten Ziel gelangt sei. Eine Vielzahl dieser Betroffenen werde sich aus Verärge-
rung oder weil sie sich mit dem Grund der Fehlleitung nicht näher befassen
wollten, einen anderen Wetterdienst suchen als denjenigen, den die Klägerin
anbiete und den sie eigentlich nutzen wollten. Es könne nicht davon ausgegan-
gen werden, dass die Nutzer den Fehler nur bei sich suchen und die richtige
Schreibweise in der Browserzeile kontrollieren würden. Diese auf tatrichterli-
chem Gebiet liegende Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Es ent-
spricht der Lebenserfahrung, dass Nutzer, die die Internetseite der Klägerin auf-
rufen wollen, weil sie entweder das Angebot der Klägerin bereits kennen oder
aber jedenfalls den Anbieter eines Wetterdienstes unter dem Domainnamen
"wetteronline.de" vermuten, verärgert reagieren werden, wenn sie stattdessen
auf eine Internetseite mit Versicherungswerbung gelangen. Ebenso ist es nicht
erfahrungswidrig, dass eine erhebliche Anzahl der Nutzer nicht von einem eige-
nen Eingabefehler ausgehen, sondern annehmen wird, dass der unter dem
Domainnamen "wetteronline.de" auftretende Anbieter durch das Angebot von
Werbefläche kommerziellen Nutzen aus dem Interesse an dieser Internetadres-
se ziehen will.
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(4) Das beanstandete Verhalten des Beklagten beeinträchtigt zudem Ver-
braucherinteressen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass kein Internet-
nutzer, der die Internetseite "wetteronline.de" aufsuchen wolle, einen Vergleich
von Versicherungsanbietern erwarte. Die Wahl eines Domainnamens, der als
"Tippfehler-Domain" gebildet ist, führt deshalb zu einer den Internetnutzer be-
lästigenden Fehlleitung. Dies gilt auch im Hinblick auf Verbraucher, die die Klä-
gerin als Anbieter von Wetterdienstleistungen im Internet nicht kennen, sondern
den Domainnamen der Klägerin wegen seines beschreibenden Charakters ein-
geben und sich dabei verschreiben.
(5) Eine unlautere Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG ist nicht
deshalb zu verneinen, weil der Domainname, an den sich die beanstandete
"Tippfehler-Domain" anlehnt, aus einem rein beschreibenden Begriff besteht
(vgl. OLG Jena, MMR 2005, 776, 777; Omsels in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl.,
§ 4 Nr. 10 Rn. 86; Hasselblatt in Gloy/Loschelder/Erdmann, Wettbewerbsrecht,
4. Aufl., § 57 Rn. 31; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rn. 10.51;
aA LG Hamburg, K&R 2009, 745, 746; M. Viefhues in Hoeren/Sieber, Multime-
dia-Recht, 25. Lief., Teil 6.1. Rn. 214). Der Verkehr weiß, dass in vielen Fällen
auch generische Domainnamen von einem bestimmten Anbieter kommerziell
genutzt werden (vgl. BGH, GRUR 2005, 687, 688 - weltonline.de). Er wird des-
halb auch beim Aufsuchen einer Internetseite mit einer generischen Internet-
adresse in Rechnung stellen, zum Angebot eines bestimmten Anbieters zu ge-
langen. Die Registrierung und Nutzung von generischen Domainnamen von
einem Anbieter zu kommerziellen Zwecken ist rechtlich zulässig (vgl. BGH, Ur-
teil vom 17. Mai 2001 - I ZR 216/99, BGHZ 148, 1, 9 ff. - Mitwohnzentrale.de;
BGH, GRUR 2005, 687, 688 - weltonline.de). Solchen Domainnamen kann
deshalb der wettbewerbsrechtliche Schutz gemäß § 4 Nr. 10 UWG nicht grund-
sätzlich versagt werden. Die vorliegende Fallkonstellation ist auch nicht mit der
Verwendung von Gattungsbegriffen in unterschiedlicher Schreibweise - etwa
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mit und ohne Umlaute - vergleichbar, die vielfach nicht als wettbewerbsrechtlich
unlauter beurteilt werden (OLG Köln, GRUR-RR 2006, 19; Ohly in Piper/Ohly/
Sosnitza aaO § 4 Rn. 10.51; Fezer/Götting, UWG, 2. Aufl., § 4-10 Rn. 103; Om-
sels in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 10 Rn. 86; Wirtz in Götting/Nordemann,
UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 10 Rn. 10.58; Hasselblatt in Gloy/Loschelder/Erdmann
aaO § 57 Rn. 31). Die Verwendung unterschiedlicher Schreibweisen ein und
desselben Gattungsbegriffs ist in der Verwendung derartiger Bezeichnungen
angelegt und Teil des Wettbewerbs.
(6) Der Annahme einer unlauteren Behinderung steht schließlich auch
nicht entgegen, dass das Verhalten des Beklagten vorrangig darauf gerichtet
sein mag, über fehlgeleitete Aufrufe seiner Internetseite Werbeeinnahmen zu
erzielen. Unlauter ist eine Wettbewerbshandlung auch dann, wenn sie sich zwar
als Entfaltung eigenen Wettbewerbs darstellt, aber - wie im Streitfall - das Ei-
geninteresse des Handelnden unter Berücksichtigung des Grundsatzes der
Wettbewerbsfreiheit weniger schutzwürdig ist als die Interessen der übrigen
Beteiligten und der Allgemeinheit. Eine auf die Behinderung gerichtete Absicht
ist für die Annahme einer gezielten Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG
nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 135/06, GRUR
2009, 685 Rn. 41 = WRP 2009, 803 - ahd.de).
c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, die Ansprüche der Klägerin seien nicht verwirkt.
aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass wegen eines vor-
sätzlichen Verhaltens des Beklagten hohe Anforderungen an die Annahme ei-
ner Verwirkung zu stellen sind, die im Streitfall nicht erfüllt sind. Zwar sei der
Beklagte schon 2004 umfassend abgemahnt worden, habe eine auf meteorolo-
gische Dienstleistungen und Informationen beschränkte Unterlassungserklä-
rung abgegeben und sich an diese auch gehalten. Daraus, dass die Klägerin
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anschließend wegen der Nutzung außerhalb des Bereichs der Meteorologie
zunächst keine Ansprüche geltend gemacht habe, habe der Beklagte aber nicht
den Schluss ziehen können, die Klägerin werde nicht mehr gegen ihn vorgehen.
Es sei auch nicht ersichtlich, worin der schützenswerte Besitzstand liege, den
der Beklagte durch die Fehlleitung der Nutzer erworben haben könnte. Diese
Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
bb) Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe den
Vortrag des Beklagten nicht berücksichtigt, wonach auf seiner Internetseite be-
reits im Jahr 2004 für Krankenversicherungen geworben worden sei, betrifft
dies vorrangig das Zeitmoment der Verwirkung. Das Berufungsgericht hat je-
doch das Umstandsmoment und den Gesichtspunkt des schutzwürdigen Be-
sitzstandes verneint. Mit ihrem Vorbringen, der Beklagte habe aufgrund des
Umstands, dass die Klägerin sich mit einer auf meteorologische Dienstleistun-
gen eingeschränkten Unterlassungserklärung zufriedengegeben habe und mehr
als sechs Jahre lang untätig geblieben sei, davon ausgehen dürfen, dass die
Klägerin gegen die von ihm vorgenommene Werbung für Krankenversicherun-
gen im Rahmen eines Domain-Parking-Systems nichts einzuwenden habe, legt
die Revision keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts dar. Sie begibt sich
insoweit vielmehr auf das ihr revisionsrechtlich verschlossene Gebiet der tat-
richterlichen Würdigung.
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, dass das Beru-
fungsgericht das Verbot nicht auf die konkrete Verwendung des beanstandeten
Domainnamens für eine Internetseite mit Werbung für Versicherungsanbieter
begrenzt hat, sondern die Verwendung generell, also unabhängig davon verbo-
ten hat, ob unter dem Domainnamen eine Internetseite betrieben wird und ggf.
welchen Inhalt diese Seite hat.
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a) Ein Klageantrag ist unbegründet, wenn er aufgrund seiner zu weiten
Fassung die vom Kläger geltend gemachte konkrete Verletzungsform verfehlt,
weil er auch erlaubte Verhaltensweisen erfasst (BGH, Urteil vom 29. März 2007
- I ZR 164/04, GRUR 2007, 987 Rn. 19 = WRP 2007, 1341 - Änderung der Vor-
einstellung I; Urteil vom 18. Oktober 2012 - I ZR 137/11, GRUR 2013, 409
Rn. 21 = WRP 2013, 496 - Steuerbüro, mwN; Urteil vom 15. August 2013
- I ZR 188/11, GRUR 2013, 1161 Rn. 53 ff. = WRP 2013, 1465 - Hard Rock
Café). So liegt es auch im Streitfall.
b) Eine unlautere Behinderung im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 10 UWG ist auf-
grund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksich-
tigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteil-
nehmer sowie der Allgemeinheit festzustellen. Im Streitfall beruht die Annahme
einer unlauteren Behinderung auf der Feststellung des Berufungsgerichts, dass
ein erheblicher Teil der Verbraucher unter der Internetadresse "wetteronline.de"
das Angebot von Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Thema Wetter
und keine Werbung für Versicherungsunternehmen erwarten wird. Dagegen
scheidet eine unlautere Behinderung dann aus, wenn der Nutzer auf der Inter-
netseite des Beklagten sogleich und unübersehbar auf den Umstand aufmerk-
sam gemacht wird, dass er sich nicht auf der Seite "wetteronline.de" befindet,
weil er sich vermutlich bei der Eingabe des Domainnamens vertippt hat. In ei-
nem solchen Fall kann nicht angenommen werden, dass ein erheblicher Teil
der Nutzer aus Verärgerung eine andere Internetseite mit Wetterinformationen
aufsuchen werde und der Klägerin deshalb werberelevante Aufrufe ihrer Inter-
netseite verlorengehen werden. In diesem Fall werden auch keine Verbraucher-
interessen beeinträchtigt, weil der Betroffene auf die fehlerhafte Eingabe sofort
hingewiesen wird.
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c) Die zu weite Fassung des Unterlassungsantrags führt allerdings nicht
zu seiner Abweisung. Nach der Rechtsprechung des Senats gebieten bei erst-
mals in der Revisionsinstanz festgestellten Mängeln des Klageantrags der
Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Anspruch der Parteien auf ein fai-
res Gerichtsverfahren, dem Kläger durch die Wiedereröffnung der Berufungs-
instanz Gelegenheit zu geben, den insoweit bestehenden Bedenken durch eine
angepasste Antragsfassung Rechnung zu tragen (BGH, Urteil vom 8. März
2012 - I ZR 85/10, GRUR 2012, 1153 Rn. 16 = WRP 2012, 1390 - Unfallersatz-
geschäft; BGH, GRUR 2013, 409 Rn. 23 - Steuerbüro, jeweils mwN).
3. Aus den vorstehenden Gründen ist die Sache auch im Hinblick auf die
Folgeanträge auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatz-
pflicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Diese Anträge sind auf den
Unterlassungsanspruch bezogen und teilen deshalb sein rechtliches Schicksal.
IV. Die Revision hat ferner Erfolg, soweit sie sich gegen die auf den Ge-
sichtspunkt der unlauteren Behinderung gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG gestützte
Verurteilung zur Einwilligung in die Löschung des Domainnamens "wetteron-
lin.de" gegenüber der DENIC eG wendet.
1. Die Registrierung eines Domainamens kann nur bei Vorliegen besonde-
rer Umstände den Tatbestand einer unlauteren Mitbewerberbehinderung erfül-
len (vgl. BGH, GRUR 2009, 685 Rn. 41 - ahd.de). Solche besonderen Umstän-
de hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Der Umstand, dass die Klägerin wegen der Registrierung des beanstande-
ten Domainnamens daran gehindert ist, diesen für ihr Unternehmen zu nutzen,
ist Folge des bei der Vergabe von Domainnamen geltenden Prioritätsprinzips.
Die darin liegende Beeinträchtigung ihrer wettbewerblichen Entfaltungsmöglich-
keiten hat die Klägerin daher grundsätzlich hinzunehmen (BGH, GRUR 2009,
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685 Rn. 42 - ahd.de). Dass sie ein Interesse daran hat, die als "Tippfehler-
Domain" angegriffene Internetadresse selbst zu nutzen, hat das Berufungsge-
richt nicht festgestellt.
Das Verhalten des Beklagten stellt sich auch nicht als rechtsmissbräuch-
lich dar. Es ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass er den Domain-
namen ohne einen ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht hat registrieren
lassen, sich diesen vom Inhaber eines entsprechenden Kennzeichen- oder
Namensrechts abkaufen zu lassen (vgl. BGH, GRUR 2008, 1099 Rn. 33
- afilias.de). Zudem kann eine unlautere Behinderung ausgeschlossen werden,
indem die unter dem angegriffenen Domainnamen betriebene Internetseite
- etwa durch klar erkennbare, eindeutige Hinweise auf eine möglicherweise feh-
lerhafte Eingabe - derart gestaltet ist, dass eine unzutreffende Vorstellung der
Verbraucher über den Betreiber der aufgerufenen Internetseite sofort ausge-
schlossen wird. Kann der Beklagte aber unter dem angegriffenen Domainna-
men eine rechtlich zulässige Internetseite betreiben und kann ihm deshalb die
Registrierung und das Halten des Domainnamens nicht generell untersagt wer-
den, ist ein Antrag auf Zustimmung zur Löschung unbegründet.
2. Eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es
im Hinblick auf den Löschungsantrag nicht. Der Senat hat hinsichtlich des Lö-
schungsanspruchs in der Sache selbst zu entscheiden, weil sie zur Endent-
scheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der auf das Wettbewerbsrecht gestützte
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Löschungsantrag ist abzuweisen, weil dessen Voraussetzungen nicht vorliegen,
was der Senat auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts selbst beurtei-
len kann.
Vorsitzender Richter am BGH
Pokrant
Büscher
Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm
ist wegen Erkrankung verhin-
dert zu unterschreiben.
Pokrant
Koch
Löffler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.08.2011 - 81 O 42/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.02.2012 - 6 U 187/11 -