Urteil des BGH vom 23.04.2013
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 161/11
Verkündet am:
23. April 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BetrAVG § 11 Abs.1, § 15 Satz 1; BGB § 22 Satz 1
a) Auf den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (hier: Pensions-Sicherungs-
Verein auf Gegenseitigkeit) finden die Vorschriften des Vereinsrechts des Bürger-
lichen Gesetzbuchs Anwendung, soweit nicht im Versicherungsaufsichtsgesetz
auf abschließende Regelungen des Aktien- oder Genossenschaftsrechts verwie-
sen wird.
b) Bei dem Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit ist zwischen der öffent-
lich-rechtlichen Beitragspflicht der Arbeitgeber und dem Mitgliedschaftsverhältnis
zu unterscheiden. Das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen den Arbeitgebern und
dem Verein ist keine Zwangsmitgliedschaft, sondern privatrechtlicher Natur.
c) Erteilt der Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit einem Mitglied Aus-
kunft über die Namen und die Anschriften der anderen Mitglieder, liegt darin kein
Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 15 Satz 1 BetrAVG.
BGH, Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 161/11 - LG Köln
AG Köln
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 23. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann,
die Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder
für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer
des Landgerichts Köln vom 30. Juni 2011 wird auf seine Kosten
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, ein mittelständisches Unternehmen, ist Mitglied des Beklag-
ten, der vom Verband der Lebensversicherungsunternehmen, der Bundesverei-
nigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und dem Bundesverband der
Deutschen Industrie zum Zwecke der Insolvenzsicherung nach dem Gesetz zur
Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gegründet wurde.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Herausgabe einer Mitgliederliste.
Die Kenntnis der anderen Mitglieder sei zur Wahrnehmung ihrer Mitglied-
schaftsrechte erforderlich, da die Geltendmachung bestimmter satzungsmäßi-
ger Rechte ein Quorum von 5 % der Mitglieder des Beklagten erfordere. Zudem
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begründet sie ihr Begehren damit, dass ihr Geschäftsführer nur dann eine
Chance habe, in den Aufsichtsrat des Beklagten gewählt zu werden, wenn er
eine entsprechende Wahlwerbung bei den übrigen Mitgliedern des Beklagten
betreiben könne. Der Beklagte meint, dem Anspruch stehe bereits § 67 Abs. 6
AktG entgegen. Zudem sei ihm eine Weitergabe der Mitgliederdaten aus daten-
schutzrechtlichen Gründen verwehrt. Außerdem ergebe sich aus § 15 BetrAVG
eine strafbewehrte Geheimhaltungspflicht.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat
den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Beru-
fungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht (LG Köln, NZG 2011, 1193 ff.) hat zur Begrün-
dung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Das privatrechtliche Vereinsrecht, das auch auf Versicherungsvereine
auf Gegenseitigkeit (VVaG) wie den Beklagten anwendbar sei, gebe den Ver-
einsmitgliedern einen Anspruch auf Einsicht in die Mitgliederlisten und Heraus-
gabe einer Abschrift mit den Anschriften. § 67 Abs. 6 Satz 1 AktG, auf den das
Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) nicht verweise, stelle eine Besonderheit
des Aktienrechts dar, die auf das Vereinsrecht nicht übertragbar sei. Ebenso
wenig sei § 31 GenG auf den VVaG anwendbar. Das für das Einsichtsrecht ei-
nes Mitglieds erforderliche berechtigte Interesse an dem Erhalt der Mitgliederlis-
te habe die Klägerin dargetan. Dem Einsichtsrecht stünden weder
§ 15 BetrAVG entgegen, da die Mitgliederliste nicht in den Bereich der von
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§ 15 BetrAVG geschützten Geheimnisse falle, noch datenschutzrechtliche
Gründe, da die Klägerin bei vernünftiger Betrachtung auf die Datenverwendung
zur Wahrnehmung ihrer Rechte angewiesen sei. Ob diese Grundsätze auch auf
das Einsichtsrecht im Falle einer Zwangsmitgliedschaft Anwendung fänden,
könne dahingestellt bleiben, da es sich bei der Mitgliedschaft bei dem Beklag-
ten nicht um eine Zwangsmitgliedschaft handele. Die Tatsache, dass der Be-
klagte zur Führung einer Mitgliederliste nicht verpflichtet und deren Erstellung
daher möglicherweise mit Aufwand und Kosten verbunden sei, entbinde den
Beklagten nicht von seiner Verpflichtung, der Klägerin eine Aufstellung von
Namen und Anschriften der Mitglieder zur Verfügung zu stellen.
II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.
Bei dem Beklagten handelt es sich nach § 1 Abs. 1 der Satzung um ei-
nen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) und damit um einen
rechtsfähigen Verein in der vom Gesetzgeber vorgegebenen Form des wirt-
schaftlichen Vereins im Sinne des § 22 Satz 1 BGB, auf den, falls nicht auf ab-
schließende Regelungen des Aktien- bzw. Genossenschaftsrechts verwiesen
wird, ergänzend die Vorschriften des Vereinsrechts des Bürgerlichen Gesetz-
buchs anzuwenden sind (vgl. Prölss/Weigel, VAG, 12. Aufl., vor § 15 Rn. 26
mwN sowie § 15 Rn. 6; Kaulbach in Fahr/Kaulbach/Behr/Pohlmann, VAG,
5. Aufl., § 15 Rn. 7; Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 5. Aufl., § 14 Rn. 5, 10;
Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., Einf. v. § 21 Rn. 16; einschränkend Benkel,
Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 2. Aufl., S. 41, 71). Das Beru-
fungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zum
Anspruch von Vereinsmitgliedern auf Erhalt der Mitgliederliste (BGH, Beschluss
vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2397 ff.; Beschluss vom
25. Oktober 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2399 ff.; vgl. auch BGH, Urteil vom
11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 ff.; ebenso speziell für einen sol-
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chen Anspruch bei einem VVaG: Wilm in Bähr, Handbuch des Versicherungs-
aufsichtsrechts, 2011, § 20 Rn. 71; Hoppmann, Vorstandskontrolle im Versiche-
rungsverein auf Gegenseitigkeit, 2000, S. 243 ff.; Großfeld, Der Versicherungs-
verein auf Gegenseitigkeit im System der Unternehmensformen, 1985, S. 67;
Winter, Festschrift für Reimer-Schmidt, 1976, S. 121, 134; Brenzel, Der Versi-
cherungsverein auf Gegenseitigkeit, 1975, S. 46; Ullrich, Die Bildung des obers-
ten Organs der großen Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Diss. Göttin-
gen 1951, S. 93; Müller-Wiedenhorn, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit
im Unternehmensverbund, 1993, S. 25; aA Benkel, Der Versicherungsverein
auf Gegenseitigkeit, 2. Aufl., S. 139; Prölss/Weigel, VAG, 12. Aufl., § 20
Rn. 21a; Kisch, Das Recht des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, 1951,
S. 145 Fn. 9; Wörner, LZ 1908, Sp. 291, 294) zutreffend entschieden, dass die
Klägerin ein berechtigtes Interesse an dem Erhalt der Mitgliederliste des Be-
klagten dargetan und deshalb einen Anspruch auf Herausgabe der Liste hat.
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass mangels
spezialgesetzlicher Regelung auf das Auskunftsrecht der Klägerin die vereins-
rechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung finden.
a) Anders als die Revision unter Bezugnahme auf Pauls (NZG 2011,
1166, 1177 f.) meint, ist das Auskunftsrecht eines Mitglieds des Beklagten nicht
durch den Verweis auf § 118, § 131 AktG in § 36 Satz 1 VAG - der gemäß § 14
Abs. 1 Satz 4 BetrAVG auf den Beklagten Anwendung findet - spezialgesetzlich
geregelt. § 131 AktG betrifft nur die Informationsrechte in der Hauptversamm-
lung. Die Vorschrift regelt die Informationsrechte des Aktionärs nicht abschlie-
ßend. Das Aktienrecht kennt auch außerhalb der Hauptversammlung eine Rei-
he von Informationsrechten (vgl. Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 118 Rn. 8; Spindler in
K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 118 Rn. 18), die von § 118, § 131 AktG nicht
erfasst werden (vgl. Liebscher in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 118
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AktG Rn. 4, 8). Bei dem Recht auf Einsicht in die Mitgliederliste handelt es sich
nicht um ein versammlungsgebundenes Informationsrecht der Klägerin im Sin-
ne des § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG.
b) Auf die Regelung in § 67 Abs. 6 Satz 1 AktG, die das Auskunftsrecht
des Namensaktionärs bezüglich der Namen der Mitaktionäre einschränkt, wird
in § 36 Satz 1 VAG nicht verwiesen.
Eine entsprechende Anwendung von § 67 Abs. 6 Satz 1 AktG kommt
nicht in Betracht. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass der
Gesetzgeber mit Art. 2 Abs. 4 des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und
Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. September 2005 (BGBl. I
S. 2802, 2807) die in § 36 Satz 1 VAG enthaltenen Verweise auf das Aktienge-
setz angepasst hat, ohne einen Verweis auf § 67 Abs. 6 AktG oder § 127a AktG
aufzunehmen, obwohl diese Möglichkeit bestanden hätte, wenn ein derartiger
Verweis seinem Willen entsprochen hätte. Zudem handelt es sich bei der Rege-
lung in § 67 Abs. 6 AktG, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen
hat, um eine Besonderheit des Aktienrechts, die auf das vereinsrechtliche In-
formationsrecht hinsichtlich Namen und Anschriften der anderen Vereinsmit-
glieder nicht übertragbar ist (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09,
ZIP 2010, 2397 Rn. 10; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Januar 2011
- II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 16).
2. Die Klägerin hat, wie das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei
festgestellt hat, ein berechtigtes Interesse an dem Erhalt der Mitgliederliste dar-
gelegt, das im Vereinsrecht Voraussetzung für einen solchen Informationsan-
spruch ist (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2397
Rn. 4, 5 mwN). Ohne Kenntnis von Namen und Anschriften der anderen Ver-
einsmitglieder kann die Klägerin ihr sich aus der Mitgliedschaft ergebendes
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Recht auf Mitwirkung an der vereinsrechtlichen Willensbildung nicht wirkungs-
voll ausüben (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010,
2397 Rn. 6; OLG Saarbrücken, NZG 2008, 677; OLG München, Urteil vom
15. November 1990 - 19 U 3483/90, juris Rn. 6).
a) Gemäß § 17 Abs. 4 der Satzung des Beklagten kann nur eine Anzahl
von mindestens 5 % der Mitglieder spätestens eine Woche nach der Bekannt-
machung der Mitgliederversammlung im Bundesanzeiger verlangen, dass be-
stimmte Anträge zur Beschlussfassung auf der Mitgliederversammlung ange-
kündigt werden. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsge-
richts sind 5 % der Mitglieder des Beklagten ca. 3.750 Mitglieder, deren Stim-
men zur Stellung eines Antrags nötig sind. Da der Klägerin jedoch nur etwa 20
weitere Mitglieder des Beklagten persönlich bekannt sind, ist es für sie nicht
möglich, 5 % der Mitglieder zu erreichen, wenn sie nicht weiß, wer die anderen
Mitglieder des Beklagten sind.
Entgegen der Ansicht der Revision kann das berechtigte Interesse der
Klägerin nicht deshalb verneint werden, weil nach § 15 Abs. 4 der Satzung je-
des Mitglied des Beklagten ohne Geltung eines Quorums in der Mitgliederver-
sammlung antrags- und stimmberechtigt ist. Die Revision verkennt, dass eine
Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung über Anträge von Mitgliedern
gemäß § 36 Satz 1 VAG i.V.m. § 124 Abs. 4 AktG nur möglich ist, wenn der
Beschlussgegenstand ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. Die vorhe-
rige Bekanntmachung setzt jedoch einen Antrag von 5 % der Mitglieder voraus.
Dementsprechend hat der Vorsitzende des Aufsichtsrats des Beklagten in der
Vergangenheit mehrfach eine Abstimmung über von Mitgliedern in der Mitglie-
derversammlung gestellte Anträge abgelehnt.
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b) Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht ein berechtigtes Interesse
an der Mitgliederliste auch im Hinblick auf die geplante Kandidatur des Ge-
schäftsführers der Klägerin für den Aufsichtsrat des Beklagten bejaht. Dieses
Interesse ist entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb zu verneinen, weil
der Geschäftsführer der Klägerin sein Desinteresse an einer Kandidatur
dadurch dokumentiert habe, dass er sich in der Mitgliederversammlung am
4. Juli 2011 nicht zur Wahl für den Aufsichtsrat gestellt habe, obwohl dies nach
§ 15 Abs. 4 der Satzung möglich gewesen sei. Die Revision verkennt, dass eine
solche Kandidatur ohne vorherige vereinsinterne Wahlwerbung aussichtslos ist
(vgl. OLG Saarbrücken, NZG 2008, 677, 678). Eine erfolgversprechende Wahl-
werbung vor der Abstimmung in der Mitgliederversammlung kann der Ge-
schäftsführer der Klägerin aber nur betreiben, wenn er die Namen und die An-
schriften der anderen Vereinsmitglieder kennt. Angesichts dessen kann die Re-
vision aus dem Verzicht des Geschäftsführers auf eine Kandidatur für die
Wahlperiode von 2011 bis 2016 nichts für ein fehlendes Interesse an der
Kenntnis der anderen Vereinsmitglieder herleiten.
3. Ob ein Mitglied auch dann, wenn die Mitgliedschaft im Verein eine
Zwangsmitgliedschaft ist, einen Anspruch auf Einsicht in die Mitgliederliste hat,
kann dahingestellt bleiben. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Beru-
fungsgericht rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Mitgliedschaft im Beklagten
keine Zwangsmitgliedschaft ist (vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 5. Aufl.,
§ 10 Rn. 1; Höfer, BetrAVG, 13. Aufl., § 10 Rn. 4754; Paulsdorff, Kommentar
zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl., § 10 Rn. 1,
§ 14 Rn. 11, 13; Joussen, BB 2010, 1469, 1470; Fehns, Versicherungsrechtli-
che Fragen zum Pensions-Sicherungs-Verein, 1995, S. 16; siehe auch VG
München, Urteil vom 29. Mai 2008 - M 17 K 07.3299, juris Rn. 32; VG Würz-
burg, Urteil vom 16. Februar 2012 - W 3 K 11.310, juris Rn. 44). Das privat-
rechtliche Mitgliedschaftsverhältnis zwischen dem Beklagten und seinen Mit-
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gliedern ist von dem daneben bestehenden Versicherungsverhältnis mit einer
öffentlich-rechtlich ausgestalteten Beitragspflicht der Arbeitgeber zu trennen.
Zwar setzt die Mitgliedschaft beim Beklagten ein bestehendes Versicherungs-
verhältnis voraus (§ 3 Abs. 1 der Satzung, § 10 Abs. 1 BetrAVG). Die Existenz
eines Versicherungsverhältnisses hat aber umgekehrt nicht notwendig auch die
Mitgliedschaft beim Beklagten zur Folge. Vielmehr zeigt § 3 Abs. 3 der Satzung
des Beklagten, dass auch Nichtmitglieder versichert werden können. Insoweit
beruht die Mitgliedschaft auf einem freiwilligen Entschluss des Arbeitgebers.
Die Mitgliedschaft kommt erst dadurch zustande, dass der Arbeitgeber die
Durchführung einer sicherungspflichtigen Altersversorgung gemäß § 11 Abs. 1
Satz 1 BetrAVG meldet und der Beklagte diese Meldung annimmt. Will der Ar-
beitgeber die Mitgliedschaft verhindern, muss er der Meldung einen entspre-
chenden Antrag beigefügen (vgl. Fehns, Versicherungsrechtliche Fragen zum
Pensions-Sicherungs-Verein, 1995, S. 16; Joussen, BB 2010, 1469, 1470). In
Übereinstimmung hiermit hat der Beklagte im Rahmen der Ablehnung eines
Antrags der Klägerin nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) die Ansicht
vertreten, die Insolvenzsicherungspflicht eines Arbeitgebers bedeute nicht
zwangsläufig auch eine Mitgliedschaft bei ihm, dem Beklagten.
4. Dem Anspruch auf die Mitgliederliste stehen entgegen der Ansicht der
Revision weder die Regelung des § 15 Satz 1 BetrAVG noch datenschutzrecht-
liche Gesichtspunkte entgegen.
a) Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Auskunft an die Klägerin
über die Namen und Anschriften der anderen Mitglieder des Beklagten nicht
den der gesteigerten Verschwiegenheitspflicht unterfallenden Bereich der in
§ 15 Satz 1 BetrAVG geschützten Geheimnisse berührt, ist frei von Rechtsfeh-
lern.
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Nach § 15 Satz 1 BetrAVG dürfen Personen, die bei dem Träger der In-
solvenzsicherung beschäftigt oder für ihn tätig sind, fremde Geheimnisse, ins-
besondere Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, nicht unbefugt offenbaren
oder verwerten. Unter Geheimnissen im Sinne des § 15 Satz 1 BetrAVG sind
alle Umstände zu verstehen, die nicht allgemein bekannt sind und an deren
Geheimhaltung der Geheimnisträger ein Interesse hat (Blomeyer/Rolfs/Otto,
BetrAVG, 5. Aufl., § 15 Rn. 3).
Bei der mit der Übersendung der Mitgliederliste verbundenen Information
darüber, dass die genannten Mitglieder eine betriebliche Altersversorgung zu-
gesagt oder gewährt haben, handelt es sich weder um Betriebsgeheimnisse der
Mitglieder, da darunter nur technische Abläufe fallen (vgl. Köhler/Bornkamm,
UWG, 31. Aufl., § 17 Rn. 4a), noch um Geschäftsgeheimnisse, weil ein (be-
rechtigtes) Interesse an der Geheimhaltung dieser Information nicht dargetan
und auch nicht ersichtlich ist (vgl. hierzu Wilm in Bähr, Handbuch des Versiche-
rungsaufsichtsrechts, 2011, § 20 Rn. 71; nach Hoppmann, Vorstandskontrolle
im Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 2000, S. 246 f. liegt keine unbefug-
te Offenbarung vor; aA Behrens in Kemper, BetrAVG, 2. Aufl., § 15 Rn. 3).
Der Ansicht der Revision, aus dem Umstand, dass einzelne Parameter
der betrieblichen Altersversorgung unter den Begriff des Betriebs-/Ge-
schäftsgeheimnis fallen, folge erst recht, dass dies auch für die Frage gelten
müsse, ob überhaupt eine betriebliche Altersversorgung gewährt werde, kann
nicht gefolgt werden. In der Angabe einzelner Parameter, wie z. B. der Höhe
des von einem Mitglied zu leistenden Beitrags, sind (mittelbar) Angaben über
gezahlte Gehälter oder die Kapitalausstattung enthalten (vgl. § 10 Abs. 3 Be-
trAVG). Hierbei handelt es sich um Unternehmensdaten, an deren Geheimhal-
tung ein berechtigtes Interesse des Mitglieds besteht. Mit der bloßen Mitteilung,
dass ein Unternehmen eine betriebliche Altersversorgung verspricht oder ge-
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währt, sind hingegen keine Angaben verbunden, die derartige Rückschlüsse auf
Unternehmensdaten ermöglichen.
Anders als die Revision meint, ist die Mitteilung über die Tatsache der
Zusage bzw. Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung auch nicht mit
der nach § 203 Abs. 1 Satz 6 StGB verbotenen Information gleichzusetzen,
dass eine Privatperson eine Personenversicherung unterhält (vgl. hierzu BGH,
Urteil vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 53/09, WM 2010, 669). Der Umstand,
dass ein Betroffener durch den Abschluss einer privaten Personenversicherung
zur Absicherung bestehender oder künftiger gesundheitlicher Risiken finanzielle
Vorsorgemaßnahmen getroffen hat, unterfällt der Geheimhaltungspflicht, da er
Auskunft über die persönliche, der Öffentlichkeit nicht zugängliche wirtschaftli-
che Lebensgestaltung des Versicherungsnehmers gibt (BGH, Urteil vom
10. Februar 2010 - VIII ZR 53/09, WM 2010, 669 Rn. 19 mwN). Bei der Tatsa-
che, dass ein Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung zugesagt hat oder
gewährt, handelt es sich hingegen um keine vergleichbare, dem schutzwürdi-
gen persönlichen Bereich zuzuordnende, der Öffentlichkeit nicht zugängliche
Information. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass Kapitalgesellschaften
und Personenhandelsgesellschaften im Sinne von § 264a HGB derartige Ver-
sorgungszusagen zu bilanzieren (§ 249 Abs. 1 Satz 1, § 253 Abs. 1, Abs. 2
HGB, § 266 Abs. 3 B.1 HGB) und nach Maßgabe des § 325 HGB offenzulegen
haben. Im Übrigen spricht gegen die Einordnung der Zusage oder Gewährung
einer betrieblichen Altersversorgung als Geschäftsgeheimnis, dass es in der
Regel keinem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich untersagt ist, darüber zu spre-
chen, dass sein Arbeitgeber ihm eine betriebliche Altersversorgung zugesagt
hat oder gewährt.
b) Datenschutzrechtliche Gesichtspunkte stehen einem aus der Mitglied-
schaft in einem Verein oder einer Gesellschaft hergeleiteten Auskunftsbegeh-
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ren, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, nicht entgegen (vgl. BGH,
Beschluss vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2397 Rn. 14; Beschluss
vom 25. Oktober 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2399 Rn. 6; vgl. auch BGH,
Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 17; Urteil vom
5. Februar 2013 - II ZR 134/11, ZIP 2013, 570 Rn. 41). Das Recht auf informa-
tionelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG
ist gleichfalls nicht verletzt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1991
- 1 BvR 185/91, juris).
Bergmann Caliebe Drescher
Born Sunder
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 04.11.2010 - 128 C 145/10 -
LG Köln, Entscheidung vom 30.06.2011 - 6 S 252/10 -