Urteil des BGH vom 19.11.2008
BGH (zahlung, vorläufig, vorbehalt, leistung, schuldner, zwangsvollstreckung, rückforderung, vollstreckung, beweislast, veränderung)
BUNDESGERICHTSHOF
HINWEISBESCHLUSS
X ZR 39/08
vom
19. November 2008
in dem Rechtsstreit
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Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. November 2008
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf
beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Ur-
teil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom
28. Februar 2008 durch Beschluss zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum
22. Dezember 2008.
Gründe:
I. Durch vorläufig vollstreckbares Versäumnisurteil vom 19. Mai 2005
wurde die Klägerin verurteilt, an die Beklagten 3.925,46 EUR nebst Zinsen zu
zahlen. Das Versäumnisurteil wurde durch Urteil vom 9. Februar 2006 mit der
Maßgabe aufrechterhalten, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil
nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf. Die Klägerin zahlte den
ausgeurteilten Betrag nebst Zinsen (insgesamt 4.492,92 EUR) und legte Beru-
fung ein. Wegen Eintritts der Verjährung wurden das Versäumnisurteil in der
Berufungsinstanz aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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Die Klägerin nimmt die Beklagten nunmehr als Gesamtschuldner auf
Rückerstattung des von ihr gezahlten Betrages nebst Zinsen in Anspruch.
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Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klä-
gerin könne gemäß § 214 Abs. 2 BGB das zur Befriedigung des verjährten An-
spruchs Geleistete nicht mehr zurückfordern. Das Berufungsgericht hat das Ur-
teil abgeändert und die Beklagten mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung
antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Die Revision hat es wegen grundsätzli-
cher Bedeutung der Sache zugelassen.
II. Die Revision hat weder Aussicht auf Erfolg noch liegt ein Zulassungs-
grund vor (§ 552a ZPO).
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Zwar kann gemäß § 214 Abs. 2 BGB das zur Befriedigung eines verjähr-
ten Anspruchs Geleistete nicht nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen
(vgl. § 813 Abs. 1 Satz 2 BGB) zurückgefordert werden. Voraussetzung ist je-
doch, dass mit der Zahlung der verjährte Anspruch zum Erlöschen gebracht
wurde. Ein Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den
Gläubiger - endgültig - bewirkt worden ist (§ 362 Abs. 1 BGB). Hieran fehlt es,
wenn der Schuldner ohne Anerkennung seiner Schuld unter Vorbehalt einer
Rückforderung ohne Veränderung der den Gläubiger treffenden Beweislast sei-
ne Leistung erbringt (BGHZ 86, 267, 269; BGHZ 139, 357, 368). Ein solcher
Vorbehalt ist in aller Regel anzunehmen, wenn die Zahlung des Schuldners an
den Gläubiger aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils zur Vermeidung
der Zwangsvollstreckung erfolgt (BGHZ 86, 267, 269; BGH, Urt. v. 24.6.1981
- IVa ZR 104/80, NJW 1981, 2244; Urt. v. 24.11.2006 - LwZR 6/05, NJW 2007,
1269, 1270). Das gilt auch dann, wenn - wie hier - die Zahlung vor Einlegung
des Rechtsmittels erfolgt; denn der Schuldner muss bis zum Eintritt der formel-
len Rechtskraft grundsätzlich davon ausgehen, dass der Gläubiger das vorläu-
fig vollstreckbare Urteil nicht als abschließende Regelung des Streitverhältnis-
ses hinnehmen will, sondern lediglich zahlt, um eine Vollstreckung des Titels
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auszuschließen (vgl. BGH, Beschl. v. 25.5.1976 - III ZB 4/76, WM 1976,
1069 f.).
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Vor diesem Hintergrund kann die Revision nur dann Erfolg haben, wenn
nicht allein aus dem Vorliegen eines vorläufig vollstreckbaren Titels auf den
Vorbehalt der Rückforderung der Leistung geschlossen werden darf, sondern
beim Fehlen (hier nicht festgestellter) weiterer tatsächlicher Anhaltspunkte - wie
etwa dem (konkreten) Drohen der Zwangsvollstreckung - davon auszugehen
ist, dass der Schuldner mit seiner Zahlung die Forderung des Gläubigers aner-
kennt und sie bedingungslos und endgültig tilgt. Das ist zu verneinen. In der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschl. v. 25.5.1976 - III ZB 4/76,
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WM 1976, 1069 m.w.N.) ist bereits hinreichend geklärt, dass Zahlungen auf-
grund eines vorläufig vollstreckbaren Titels grundsätzlich nur vorläufige Leis-
tungen darstellen und nicht zur einer Erfüllung des geltend gemachten An-
spruchs führen. Demgemäß tritt im Entscheidungsfall entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts auch kein Grund für die Zulassung der Revision zutage.
Melullis Keukenschrijver
Mühlens
Meier-Beck
Asendorf
Hinweis:
den.
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 24.08.2007 - 32 C 418/07 (22) -
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 28.02.2008 - 2/24 S 215/07 -