Urteil des BGH vom 06.02.2013

VOODOO Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 106/11
Verkündet am:
6. Februar 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
VOODOO
Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b, Art. 15 Abs. 1
und 2, Art. 104 Abs. 1
a) Eine Verfahrensaussetzung nach Art. 104 Abs. 1 GMV kommt nicht in Be-
tracht, wenn die Verletzungsklage nach Art. 96 Buchst. a GMV vor dem An-
trag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmar-
ke nach Art. 56 GMV erhoben worden ist.
b) Ob die Anmeldung der Marke bösgläubig im Sinne des Art. 52 Abs. 1
Buchst. b GMV erfolgt ist, ist eine Frage des materiellen Rechts und nicht
der Prozessführungsbefugnis des Prozessstandschafters.
c) Die Verwendung einer Gemeinschaftsmarke ausschließlich in Deutschland
kann für ihre rechtserhaltende Benutzung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 GMV
genügen.
d) Eine Lizenzvereinbarung für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum
begründet keine rechtserhaltende Benutzung der Marke im Sinne von
Art. 15 Abs. 1 und 2 GMV.
BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 - I ZR 106/11 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 6. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Koch und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. Mai 2011 im Kosten-
punkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten
erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-
rufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, eine in der Schweiz ansässige Aktiengesellschaft, ist Inha-
berin einer Lizenz an der Gemeinschafsmarke Nr. 1 911 742
„VOODOO“ (Kla-
gemarke). Diese ist mit Priorität vom 20. Oktober 2000 am 13. Januar 2005 für
die Waren
„Sportartikel“ eingetragen worden. Der Markeninhaber Andreas M.
hat die Klägerin ermächtigt, die Rechte aus der Marke im eigenen Namen gel-
tend zu machen.
Die Beklagte zu 1 (nachfolgend auch Beklagte), deren Geschäftsführer
der Beklagte zu 2 ist, betreibt die Internetseiten
„ .de“ und „
.de
“. Zu ihrem Angebot gehören Artikel für den Angelsport. Ende
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2008/Anfang 2009 bot sie auf ihren Internetseiten unter den Bezeichnungen
„VOODOO Bait Partikelfutter“, „VOODOO Bait Futtermix“ und „VOODOO Pel-
lets
“ Anlockfutter für Fische an.
Die Klägerin sieht in der Verwendung des Begriffs
„VOODOO“ durch die
Beklagten eine Verletzung ihres Markenrechts. Sie hat die Beklagten auf Unter-
lassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und auf Zahlung von Abmahn-
kosten in Höhe von 3.160
€ nebst Zinsen in Anspruch genommen und die Fest-
stellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt.
Die Beklagten haben den Einwand mangelnder Benutzung der Klage-
marke erhoben.
Das Landgericht hat die Beklagten mit Ausnahme der Abmahnkosten an-
tragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zu-
rückgewiesen und sie auf die Anschlussberufung der Klägerin zur Zahlung von
Abmahnkosten in Höhe von 2.759,60
€ nebst Zinsen verurteilt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die
Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden der Un-
terlassungsanspruch aus Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b, Art. 102 Abs. 1 GMV
sowie die geltend gemachten Folgeansprüche zu. Zur Begründung hat es aus-
geführt:
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Der Rechtsstreit sei nicht im Hinblick auf die beim Harmonisierungsamt
für den Binnenmarkt gegen die Klagemarke gerichteten Anträge auf Löschung
wegen Verfalls und Nichtigkeit der Klagemarke auszusetzen.
Das Landgericht Mannheim sei international zuständig. Die Klägerin sei
prozessführungsbefugt. Sie sei vom Markeninhaber zur Geltendmachung der
Ansprüche im eigenen Namen ermächtigt worden.
Zwischen der Klagemarke und der von den Beklagten genutzten Be-
zeichnung
„VOODOO“ bestehe Verwechslungsgefahr. Die Beklagten hätten
den Begriff
„VOODOO“ markenmäßig verwendet. Die Klagemarke verfüge für
den Bereich der Sportartikel über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die
Kennzeichnungskraft der Klagemarke werde nicht dadurch beeinträchtigt, dass
durch den Begriff
„VOODOO“ beim Publikum Assoziationen an eine magische
Wirkung des Fischanlockfutters entstehen könnten.
Es bestehe Zeichenidentität oder - soweit das Zeichen
„VOODOO“ von
den Beklagten mit weiteren Bestandteilen verwandt worden sei - hochgradige
Zeichenähnlichkeit. Die Begriffe
„Bait/Baits“ (englisch für Köder), „Futtermix“
oder
„Partikelmix“ seien beschreibend und prägten die zusammengesetzten
Zeichen nicht.
Zu den Sportartikeln, für die die Klagemarke geschützt sei, rechneten
Produkte, die unmittelbar der Ausübung des Angelsports dienten. Zwischen
diesen Erzeugnissen und den mit dem Zeichen
„VOODOO“ versehenen Natur-
ködern, die die Beklagte vertrieben habe, bestehe jedenfalls erhebliche Waren-
ähnlichkeit. Die Klagemarke sei auch für Sportartikel rechtserhaltend benutzt
worden. Sie sei mit Zustimmung des Markeninhabers von dem Unternehmen
„VOODOO Flyfishing Ltd.“ und seinem Inhaber Kristian G. für Angelhaken, ins-
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besondere Angelfliegen und Köder für den Angelsport, noch vor Ablauf der Be-
nutzungsschonfrist in der Werbung verwendet worden.
Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten ein-
schließlich der Kosten eines Patentanwalts in Höhe von 2.759,60
€ nebst Zin-
sen zu.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision führen
zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an
das Berufungsgericht.
I. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist das vorliegende Ver-
fahren nicht im Hinblick auf die beim Amt gestellten Anträge auf Erklärung des
Verfalls oder der Nichtigkeit der Klagemarke auszusetzen.
1. Es liegen weder die Voraussetzungen des Art. 104 Abs. 1 noch des
Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GMV für eine Aussetzung des Verfahrens vor.
a) Die Bestimmung des Art. 104 Abs. 1 GMV sieht die Aussetzung des
Verfahrens über eine Klage im Sinne des Art. 96 GMV - mit Ausnahme einer
Klage auf Feststellung der Nichtverletzung - vor, wenn beim Amt bereits ein An-
trag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke
gestellt worden ist. Das vorliegende Verfahren betrifft zwar eine Verletzungs-
klage im Sinne des Art. 96 Buchst. a GMV. Die Aussetzung nach Art. 104
Abs. 1 GMV setzt aber voraus, dass der Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit
oder des Verfalls vor Erhebung der Klage gestellt worden ist (vgl. österr. OGH,
GRUR Int. 2003, 861, 863; OLG Hamburg, GRUR-RR 2005, 251; Schennen in
Eisenführ/Schennen, Gemeinschaftsmarkenverordnung, 3. Aufl., Art. 104 Rn. 7;
Hoffrichter-Daunicht in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz
Urheberrecht Medienrecht, 2. Aufl., Art. 104 GMV Rn. 2; v. Mühlendahl/Ohlgart,
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Die Gemeinschaftsmarke, § 26 Rn. 32 und 35; zum inhaltsgleichen Art. 91
Abs. 1 GGV BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 23/10, GRUR 2012,
512 Rn. 21 = WRP 2012, 558 - Kinderwagen I). Andernfalls hätte, soweit keine
besonderen Gründe vorliegen, jede gegen die Rechtsgültigkeit einer Gemein-
schaftsmarke gerichtete Widerklage - auch eine solche in einem anderen Ver-
fahren - und jeder Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit der
Gemeinschaftsmarke zwingend eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 104
Abs. 1 GMV zur Folge. Das würde die Durchsetzung der Rechte aus Gemein-
schaftsmarken wesentlich erschweren und stünde mit Sinn und Zweck des
Art. 99 Abs. 1 GMV nicht in Einklang, wonach die Gemeinschaftsmarkengerich-
te von der Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke auszugehen haben, sofern
diese nicht durch den Beklagten mit einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls
oder der Nichtigkeit angefochten ist.
b) Die Anträge auf Erklärung der Nichtigkeit und des Verfalls sind beim
Amt am 15. Juli 2009 und am 8. Februar sowie 15. März 2010 und damit nach
Rechtshängigkeit der Klage am 15. Mai 2009 eingereicht worden.
c) Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung geltend, ein Verfahren sei
nach Art. 104 Abs. 1 oder 2 Satz 2 GMV auch dann auszusetzen, wenn der
Einwand des Verfalls der Marke gemäß Art. 99 Abs. 3 GMV nach Antragstel-
lung beim Amt erhoben worden sei. Art. 104 Abs. 1 GMV stellt auf eine vor Kla-
geerhebung in einem anderen Verfahren erhobene Widerklage oder einen An-
trag beim Amt gegen die Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke ab. Dem
steht der im vorliegenden Verfahren erhobene Einwand des Verfalls der Ge-
meinschaftsmarke nach Art. 99 Abs. 3 GMV nicht gleich. Er wirkt nur zwischen
den Parteien des Rechtsstreits und ist deshalb - anders als die Entscheidung
über den Verfall der Gemeinschaftsmarke im Wege der Widerklage oder auf
Antrag beim Amt nach Art. 55 Abs. 1 GMV - nicht geeignet, über das Verfahren
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hinausgehende Wirkungen zu entfalten. Aus diesem Grund kommt - anders als
die Revisionserwiderung meint - auch keine Verfahrensaussetzung nach
Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GMV in Betracht. Diese Vorschrift setzt die Erhebung ei-
ner Widerklage über die Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke voraus, an
der es vorliegend fehlt.
2. Eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 101 Abs. 3 GMV in Verbin-
dung mit § 148 ZPO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Ob ein Verletzungsver-
fahren im Hinblick auf einen Antrag auf Erklärung des Verfalls nach § 148 ZPO
auszusetzen ist, entscheidet sich anhand der Abwägung der Erfolgsaussichten
des Verfahrens über den Verfall der Klagemarke und der mit der Aussetzung
verbundenen Prozessverzögerung (vgl. BGH, GRUR 2012, 512 Rn. 22 - Kin-
derwagen I). Die Anträge, die Gemeinschaftsmarke für die hier in Rede stehen-
de Ware
„Sportartikel“ für verfallen zu erklären, sind erst während des Beru-
fungsverfahrens gestellt worden. Mit der Aussetzung des Verfahrens wäre eine
unzumutbare Verfahrensverzögerung verbunden. Zwar hat vorliegend die Klä-
gerin die Aussetzung des Verfahrens beantragt. Dieser haben jedoch die Be-
klagten widersprochen. Deren Interessen an einer abschließenden Klärung der
Frage, ob sie die Verwendung des Zeichens
„VOODOO“ unterlassen müssen,
überwiegt das Interesse der Klägerin an der Verfahrensaussetzung. Der Zeit-
raum bis zur endgültigen Entscheidung über den Antrag auf Erklärung des Ver-
falls nach Art. 56 ff GMV ist derzeit nicht abzuschätzen, weil die Verfahren noch
vor den Beschwerdekammern des Amtes anhängig sind.
II. Die Klage ist zulässig.
1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch unter
Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prü-
fen ist, folgt aus Art. 97 Abs. 1 GMV. Die Beklagte zu 1 hat ihren Sitz und der
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Beklagte zu 2 seinen Wohnsitz in Deutschland. Für die internationale Zustän-
digkeit kommt es nicht darauf an, dass die Beklagten nicht im Zuständigkeitsbe-
reich des Landgerichts Mannheim als Gemeinschaftsmarkengericht ansässig
sind, sondern im Bezirk des Oberlandesgerichts München, für den das Landge-
richt München I nach § 30 Nr. 1 der bayerischen Verordnung über gerichtliche
Zuständigkeiten im Bereich des Staatsministeriums der Justiz und für Verbrau-
cherschutz vom 16. November 2004 (GVBl. 2004, 471) vorliegend zuständig
war. Dies berührt nur die örtliche Zuständigkeit, die der revisionsgerichtlichen
Nachprüfung nach § 545 Abs. 2 ZPO entzogen ist (vgl. BGH, GRUR 2012, 512
Rn. 18 - Kinderwagen I; BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 102/11, GRUR
2013, 285 Rn. 17 = WRP 2013, 341 - Kinderwagen II).
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, die Klägerin sei be-
rechtigt, die Rechte aus der Klagemarke im eigenen Namen geltend zu ma-
chen.
a) Nach Art. 22 Abs. 3 Satz 1 GMV kann der Lizenznehmer ein Verfah-
ren wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke nur mit Zustimmung des
Markeninhabers anhängig machen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass
die Klägerin Inhaberin einer Lizenz an der Klagemarke ist und aufgrund der Er-
mächtigung vom 1. April 2009 über die Zustimmung des Markeninhabers ver-
fügt, die Rechte aus der Klagemarke im eigenen Namen geltend zu machen.
b) Die Revision beanstandet, das Berufungsgericht habe keine Feststel-
lungen dazu getroffen, ob die Klägerin die Rechte aus der Klagemarke anstelle
des Markeninhabers nicht nur deshalb geltend mache, um die Durchsetzung
von Kostenerstattungsansprüchen auszuschließen oder zu erschweren. Die
Rüge der Revision greift nicht durch. Das Berufungsgericht hat hierzu zwar kei-
ne Feststellungen getroffen. Das ist jedoch unschädlich. Die Prozessstand-
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schaft der Klägerin, die vorliegend in Rede steht, betrifft eine Prozessvoraus-
setzung, deren Vorliegen das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen hat
(vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, NJW 2000, 738 f.;
Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 137/10, GRUR 2012, 630 Rn. 52 = WRP 2012,
824 - CONVERSE II). Anhaltspunkte dafür, dass der Markeninhaber die Kläge-
rin zur Klageerhebung ermächtigt hat, um das Prozesskostenrisiko zu Lasten
der Beklagten zu verringern oder auszuschließen, bestehen nicht. Die Klägerin
ist eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft mit einem Aktienkapital von
100.000 Schweizer Franken. Dass sie nicht in der Lage ist, das Prozesskosten-
risiko zu tragen, zeigt die Revision nicht auf und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Die Möglichkeit der Vollstreckung etwaiger Kostenerstattungsansprüche im Fal-
le des Unterliegens der Klägerin sind nach Maßgabe des hier einschlägigen
Art. 38 des Lugano-Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 gewährleistet.
c) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe unberück-
sichtigt gelassen, dass bei der Klägerin als Prozessstandschafter eine Situation
vorliege, aus der sich beim Markeninhaber eine bösgläubige Markenanmeldung
ergebe. In einem derartigen Fall fehle beim Prozessstandschafter ein schutz-
würdiges Interesse an der Geltendmachung der Ansprüche.
Die Frage, ob die Anmeldung der Klagemarke im Sinne von Art. 52
Abs. 1 Buchst. b GMV bösgläubig erfolgt ist, ist eine Frage des materiellen
Rechts und nicht der Prozessführungsbefugnis. Es kommt daher im vorliegen-
den Zusammenhang auch nicht darauf an, ob der Antrag beim Amt sowie die
Widerklage im Verletzungsverfahren nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b GMV eine
abschließende Regelung darstellen.
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III. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Klage bis auf einen
Teil der Abmahnkosten begründet ist, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung
nicht stand.
1. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellun-
gen kann ein Unterlassungsanspruch nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b,
Art. 102 Abs. 1 GMV wegen der Gefahr einer Verwechslung zwischen der Kla-
gemarke und den beanstandeten Bezeichnungen nicht bejaht werden.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, zwischen den kollidierenden
Zeichen bestehe Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2
Buchst. b GMV. Die Klagemarke sei für die Ware
„Sportartikel“ durchschnittlich
kennzeichnungskräftig. Bei der beanstandeten Bezeichnung
„VOODOO Pellets“
diene
der Begriff „VOODOO“ aufgrund der Packungsgestaltung als einziges
herkunftshinweisendes Zeichen. Deshalb liege zwischen der Klagemarke und
der angegriffenen Bezeichnung Zeichenidentität vor. Zwischen der Klagemarke
und den übrigen beanstandeten Bezeichnungen
„VOODOO Bait Futtermix“ und
„VOODOO Bait Partikelmix“ bestehe hochgradige Zeichenähnlichkeit. Die Wa-
ren, für die die beanstandeten Bezeichnungen verwendet worden seien, und die
Sportartikel, für die die Klagemarke Schutz beanspruche, seien zumindest in
erheblichem Maße ähnlich. Da die Klagemarke dem Benutzungszwang unter-
liege und die Beklagten den Einwand erhoben hätten, die Marke sei für Sportar-
tikel verfallen, seien bei der Klagemarke von der eingetragenen Ware
„Sportar-
tikel
“ nur diejenigen Produkte der Prüfung der Warenähnlichkeit zugrunde zu
legen, die unter diesen Warenoberbegriff fielen und für die die Klagemarke
rechtserhaltend benutzt worden sei. Dies seien
„Angelhaken, insbesondere An-
gelfliegen und Köder für den Angelsport
“, die unter die Ware „Sportartikel“ fie-
len.
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b) Auf der Grundlage der bisher vom Berufungsgericht getroffenen Fest-
stellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Einwand der Be-
klagten, die Klagemarke sei verfallen, unbegründet ist.
aa) Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass
die Beklagten der vorliegenden Verletzungsklage nach Art. 96 Buchst. a GMV
den Einwand des Verfalls der Gemeinschaftsmarke wegen mangelnder Benut-
zung nach Art. 99 Abs. 3 GMV entgegenhalten können.
Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass die Benut-
zung der Gemeinschaftsmarke mit Zustimmung des Markeninhabers Andreas
M. als Benutzung durch den Inhaber gilt (Art. 15 Abs. 2 GMV).
Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung der Warenähnlichkeit von den
unter den weiten Warenoberbegriff der
„Sportartikel“ fallenden Waren nach Ab-
lauf der Benutzungsschonfrist zu Recht nur diejenigen berücksichtigt, für die die
Klägerin eine rechtserhaltende Benutzung geltend gemacht hat (vgl. BGH, Ur-
teil vom 29. Juni 2006 - I ZR 110/03, GRUR 2006, 937 Rn. 22 = WRP 2006,
1133 - Ichthyol II).
bb) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Be-
rufungsgerichts, die Klagemarke sei rechtserhaltend durch die Voodoo Fly-
fishing Ltd. im Sinne von Art. 15 GMV benutzt worden.
(1) Nach Art. 15 Abs. 1 GMV setzt eine rechtserhaltende Benutzung vor-
aus, dass der Inhaber die Gemeinschaftsmarke für die Waren oder Dienstleis-
tungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren nach Eintragung
ernsthaft in der Union benutzt hat. Diese Bestimmung entspricht inhaltlich
Art. 10 Abs. 1 MarkenRL. Für beide Vorschriften - und damit auch für § 26 Mar-
kenG, durch den Art. 10 Abs. 1 MarkenRL in deutsches Recht umgesetzt wird -
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gelten danach einheitliche Maßstäbe (vgl. EuGH, Urteil vom 13. September
2007 - C-234/06, Slg. 2007, I-7333 = GRUR 2008, 343 Rn. 83 - Il Ponte Finan-
ziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH, Beschluss vom 17. August 2011
- I ZR 84/09, GRUR 2011, 1142 Rn. 19 = WRP 2011, 1615 - PROTI I). Unter
Benutzung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 GMV ist eine Verwendung der Marke zu
verstehen, die ihrer Hauptfunktion entspricht, dem Verbraucher oder Endab-
nehmer die Ursprungsidentität einer Ware oder Dienstleistung zu garantieren,
indem ihm ermöglicht wird, diese Ware oder Dienstleistung von Waren oder
Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden, ohne einer Verwechs-
lungsgefahr zu unterliegen (EuGH, Urteil vom 9. Dezember 2008 - C-442/07,
Slg. 2008, I-9223 = GRUR 2009, 156 Rn. 13 - Verein Radetzky-Orden; BGH,
Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 135/10, GRUR 2012, 832 Rn. 18 = WRP 2012,
940 - ZAPPA).
Ernsthaft ist die Benutzung einer Marke, wenn sie verwendet wird, um für
diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen und zu si-
chern. Ausgeschlossen sind die Fälle, in denen die Marke nur symbolisch be-
nutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit
der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu
beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsver-
kehr belegt werden kann. Dazu rechnen insbesondere der Umfang und die
Häufigkeit der Benutzung der Marke (vgl. EuGH, GRUR 2008, 343 Rn. 72
- Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH, Urteil vom 19. November
2009 - I ZR 142/07, GRUR 2010, 729 Rn. 15 = WRP 2010, 1046 - MIXI). Die
Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig ausreichend ist, um Marktanteile für
die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder
hinzuzugewinnen, hängt somit von mehreren Faktoren und einer Einzelfallbeur-
teilung ab (vgl. EuGH, GRUR 2008, 343 Rn. 73 - Il Ponte Finanziaria/HABM
[BAINBRIDGE]; BGH, GRUR 2012, 832 Rn. 49 - ZAPPA).
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Diese Maßstäbe gelten auch für die Frage der erforderlichen territorialen
Reichweite der Benutzung einer Gemeinschaftsmarke im Sinne des Art. 15
Abs. 1 GMV. Danach ist die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wor-
den ist, ein Aspekt im Rahmen der Prüfung, ob von einer ernsthaften Benut-
zung auszugehen ist. In diesem Zusammenhang kommt es nicht entscheidend
auf die Grenzen der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten an. Dementsprechend
kann von einer ernsthaften Benutzung einer Gemeinschaftsmarke auch dann
auszugehen sein, wenn ihre Benutzung auf das Hoheitsgebiet eines einzelnen
Mitgliedstaats beschränkt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012
- C-149/11, GRUR 2013, 182 Rn. 36, 50 und 57 - Leno Merken/Hagelkruis
Beheer [ONEL/OMEL]).
(2) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegan-
gen. Es hat jedoch zu Unrecht angenommen, die Klägerin habe den Nachweis
einer rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke während des maßgebli-
chen Fünfjahreszeitraums durch die Voodoo Flyfishing Ltd. geführt. Der maß-
gebliche Fünfjahreszeitraum, innerhalb dessen die Marke rechtserhaltend be-
nutzt werden musste, begann mit Eintragung der Marke am 13. Januar 2005
und endete am 13. Januar 2010.
(3) Nicht zu beanstanden ist indes der rechtliche Ausgangspunkt des Be-
rufungsgerichts, wonach auch eine erst kurz vor Ablauf des Fünfjahreszeit-
raums aufgenommene Benutzung rechtserhaltend wirken kann. Für eine ernst-
hafte Benutzung ist keine kontinuierliche Verwendung der Marke während des
in Rede stehenden Zeitraums erforderlich (vgl. EuGH, GRUR 2008, 343 Rn. 72
bis 74 - Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH, Urteil vom 18. Okto-
ber 2007 - I ZR 162/04, GRUR 2008, 616 Rn. 23 = WRP 2008, 802 - AKZEN-
TA; vgl. bereits zu § 11 Abs. 1 Nr. 4 WZG BGH, Urteil vom 17. Januar 1985
- I ZR 107/83, GRUR 1985, 926, 927 - topfitz/topfit). Die Benutzungsaufnahme
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muss nur die Kriterien erfüllen, die an eine ernsthafte Benutzung im Sinne von
Art. 15 Abs. 1 GMV zu stellen sind. Dazu kann auch eine erst kurz vor Ablauf
des Fünfjahreszeitraums aufgenommene Markenverwendung ausreichen, wenn
sie sich als Beginn einer ernsthaften Benutzung darstellt. Ob die Benutzung
diese Anforderungen erfüllt, ist unter Einbeziehung des weiteren Verlaufs der
Markennutzung zu beurteilen (vgl. BGH, GRUR 1985, 926, 928 - topfitz/topfit).
(4) Anders als die Revision meint, konnte das Berufungsgericht für die
Frage einer ernsthaften rechtserhaltenden Benutzung der Gemeinschaftsmarke
auch ausschließlich auf deren Verwendung in Deutschland abstellen, weil durch
eine auf das Bundesgebiet beschränkte Verwendung eine rechtserhaltende Be-
nutzung nicht von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. EuGH, GRUR 2013, 182
Rn. 50 - Leno Merken/Hagelkruis Beheer [ONEL/OMEL]).
(5) Das Berufungsgericht hat die rechtserhaltende Benutzung aus der
Verwendung der Klagemarke durch die Voodoo Flyfishing Ltd. in München und
ihren Inhaber Kristian G. gefolgert. Das hält den Angriffen der Revision nicht
stand. Die Beklagten haben eine rechtserhaltende Benutzung der Klagemarke
bestritten. Aus den vom Berufungsgericht herangezogenen Anlagen K 53 bis
K 56 ergibt sich keine rechtserhaltende Benutzung der Klagemarke im Sinne
des Art. 15 GMV während des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums.
(6) Die Anlage K 53 zeigt eine Internetseite der Voodoo Flyfishing Ltd.
Die Verwendung der Klagemarke durch diese Gesellschaft kann zwar eine
rechtserhaltende Benutzung begründen, weil die Voodoo Flyfishing Ltd. auf-
grund des Lizenzvertrages von Dezember 2009 Unterlizenznehmerin der Kläge-
rin ist und die Benutzung mit Zustimmung des Markeninhabers erfolgte (Art. 15
Abs. 2 GMV).
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Einer rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke steht - anders als
die Revision meint - auch nicht der Umstand entgegen, dass die Lizenzverein-
barung möglicherweise infolge einer Abmahnung der Voodoo Flyfishing Ltd.
durch die Klägerin abgeschlossen worden ist. Das ist für die Wirksamkeit der
Zustimmung des Markeninhabers und der Klägerin als Hauptlizenznehmerin zur
Benutzung der Klagemarke durch die Voodoo Flyfishing Ltd. und ihren Inhaber
als Unterlizenznehmer und für die Frage der Ernsthaftigkeit der Markenbenut-
zung ohne Belang.
Der Ausdruck der Internetseite (Anlage K 53) zeigt jedoch das Datum
31. Mai 2010. Daraus folgt mithin keine Benutzungsaufnahme während des in
Rede stehenden Fünfjahreszeitraums.
Die Anlage K 54 zeigt eine weitere Internetseite der Voodoo Flyfishing
Ltd. Das Datum des Ausdrucks ist nicht erkennbar; Feststellungen des Beru-
fungsgerichts hierzu fehlen. Zum Beleg der Benutzungsaufnahme innerhalb des
maßgeblichen Zeitraums ist dieser Ausdruck daher ungeeignet. Entsprechen-
des gilt für den in der Anlage K 55 wiedergegebenen Internetauftritt der Voodoo
Flyfishing Ltd. Die von der Revisionserwiderung als Anlagen BG 1 und BG 2
vorgelegten Ablichtungen, die die vollständigen Abdrucke der Internetseiten mit
jeweiligem Datum zeigen, stellen neuen Tatsachenvortrag dar, den der Senat
im Revisionsverfahren nicht berücksichtigen kann (§ 559 Abs. 1 ZPO). Die An-
lage K 56 zeigt ein Ausdruckdatum, das nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums
liegt (31. Mai 2010) und die rechtzeitige Aufnahme der Benutzung nicht belegt.
Zudem ist die Verwendung der Bezeichnung
„Voodoo Flyfishing Ltd.“ In
Groß- und Kleinschreibung sowie mit und ohne
„R“ im Kreis in den vom Beru-
fungsgericht herangezogenen Anlagen K 53 bis K 56 ungeeignet, eine rechts-
erhaltende Benutzung der Klagemarke im Sinne von Art. 15 Abs. 1 GMV zu be-
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legen. Eine rechtserhaltende Benutzung liegt nicht vor, wenn der Verkehr das
Zeichen im Hinblick auf ein gleichnamiges Unternehmen als rein firmenmäßigen
Hinweis auffasst, weil die Verwendung des Zeichens zu anderen Zwecken als
der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen erfolgt (vgl. EuGH, Urteil
vom 11. September 2007 - C-17/06, Slg. 2007, I-7041 = GRUR 2007, 971
Rn. 21 - Céline; BGH, Urteil vom 21. Juli 2005 - I ZR 293/02, GRUR 2005,
1047, 1049 = WRP 2005, 1527 - OTTO; Urteil vom 10. April 2008 - I ZR 167/05,
GRUR 2009, 60 Rn. 24 bis 27 = WRP 2008, 1544 - LOTTOCARD). Das Zei-
chen
„Voodoo Flyfishing Ltd.“ wird der Verkehr - auch bei Verwendung des „R“
im Kreis bei dem Wort
„Voodoo“ - ausschließlich als Hinweis auf das entspre-
chende Unternehmen und nicht als Verwendung einer Marke verstehen, die ih-
rer Hauptfunktion entspricht, dem Verbraucher die Ursprungsidentität einer Wa-
re oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware
oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistun-
gen anderer Herkunft zu unterscheiden. Auch wenn das angesprochene Publi-
kum dem
„R“ im Kreis häufig den Hinweis auf eine eingetragene Marke ent-
nehmen wird, gilt dies nicht im vorliegenden Fall, weil das
„R“ im Kreis innerhalb
eines Unternehmenskennzeichens und damit innerhalb eines anderen Kennzei-
chens als einer Marke angebracht worden ist.
2. Die Anträge auf Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung der
Schadensersatzpflicht sowie der Antrag auf Zahlung der Abmahnkosten sind
auf der Grundlage der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen
ebenfalls nicht begründet. Auch insoweit greift der Nichtbenutzungseinwand
aus Art. 15, 99 Abs. 3 GMV durch.
C. Auf die Revision der Beklagten ist danach das Berufungsurteil aufzu-
heben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Beru-
fungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann auf der
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Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts nicht ab-
schließend beurteilen, ob der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche zu-
stehen. Bei seiner neuen Entscheidung wird das Berufungsgericht Folgendes
zu beachten haben:
I. Die Klägerin hat geltend gemacht, die Unterlizenznehmerin Voodoo
Flyfishing Ltd. habe die Marke vor und nach Abschluss des Lizenzvertrages
vom 18./21. Dezember 2009 rechtserhaltend benutzt.
1. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug
die erforderlichen Feststellungen dazu treffen müssen, von wann der Internet-
auftritt der Voodoo Flyfishing Ltd. datiert, aus dem die Klägerin eine rechtserhal-
tende Benutzung der Klagemarke herleitet und ob sich aus den Internetseiten
eine markenmäßige Verwendung des Zeichens
„VOODOO“ ergibt.
2. Das Berufungsgericht wird zudem zu prüfen haben, ob eine rechtser-
haltende Benutzung durch die Voodoo Flyfishing Ltd. oder ihren Inhaber schon
vor Abschluss des Lizenzvertrages vom 18./21. Dezember 2009 erfolgt ist.
a) Diese ergibt sich allerdings nicht schon aus der weiteren Lizenzver-
einbarung vom 14./21. Dezember 2009 zwischen der Klägerin und der Voodoo
Flyfishing Ltd. und ihrem Inhaber über die Verwendung der Klagemarke im Zeit-
raum vom 1. Januar 2005 bis 8. März 2009. Die nachträgliche Lizenzvereinba-
rung für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum begründet keine ernst-
hafte rechtserhaltende Benutzung der Klagemarke (vgl. Eisenführ in Eisenführ/
Schennen aaO Art. 15 Rn. 53; v. Mühlendahl/Ohlgart aaO § 8 Rn. 12; zu § 5
Abs. 7 Satz 2 WZG BGH, Beschluss vom 11. Oktober 1984 - I ZB 14/83, GRUR
1985, 385 f. - FLUOSOL; zu § 26 MarkenG Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 26
Rn. 162; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 26 Rn. 116).
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Das Amt ist in der Entscheidung über den Antrag der Beklagten zu 1 zum
Verfall der Klagemarke allerdings vom gegenteiligen Ergebnis ausgegangen
(Entscheidung vom 24. Mai 2012 - 4241 C Rn. 53). Das ist jedoch unschädlich.
Es ist Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten, die Umstände zu beurteilen und
zu gewichten, aus denen sich eine ernsthafte Benutzung der Gemeinschafts-
marke ergeben kann (vgl. EuGH, GRUR 2013, 182 Rn. 56 - Leno Merken/
Hagelkruis Beheer [ONEL/OMEL]). Der rückwirkende Abschluss einer Lizenz-
vereinbarung, mit dem eine zuvor rechtsverletzende Markenverwendung durch
einen Dritten nachträglich vom Markeninhaber gebilligt wird, rechnet nicht zu
den Faktoren, die den Schluss auf eine ernsthafte Markenbenutzung im Sinne
von Art. 15 Abs. 1 GMV zulassen.
b) Die Klägerin hat jedoch auch geltend gemacht, nach der Unterwer-
fungserklärung vom 6. März 2009 habe die Voodoo Flyfishing Ltd. mit Zustim-
mung des Markeninhabers die Klagemarke benutzt. Diesen Vortrag hat die Klä-
gerin zwar erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungs-
instanz gehalten. Das Berufungsgericht hat ihn deshalb zu Recht in seiner Ent-
scheidung unberücksichtigt gelassen (§§ 296a, 525 ZPO). Soweit die Klägerin
diesen Vortrag zum Gegenstand ihres Vorbringens im wiedereröffneten Beru-
fungsrechtszug macht, wird das Berufungsgericht - falls der Vortrag noch zuzu-
lassen ist - auch zu prüfen haben, ob sich hieraus eine rechtserhaltende Benut-
zung ergibt.
3. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass inner-
halb des Fünfjahreszeitraums eine Benutzung aufgenommen worden ist, wird
es anhand sämtlicher relevanten Merkmale zu prüfen haben, ob sich daraus
auch die Ernsthaftigkeit der Benutzung ergibt. In diesem Zusammenhang wird
es gegebenenfalls auch den Zeitraum nach Ablauf der Benutzungsschonfrist in
die Betrachtung einzubeziehen haben.
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II. Hinsichtlich des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzverpflich-
tung der Beklagten ist zu beachten, dass dem Lizenznehmer nach der Recht-
sprechung des Senats kein eigener Schadensersatzanspruch zusteht, sondern
der Lizenzgeber als Markeninhaber im Wege der Drittschadensliquidation einen
dem Lizenznehmer entstandenen Schaden geltend machen kann (vgl. BGH,
Urteil vom 19. Juli 2007 - I ZR 93/04, GRUR 2007, 877 Rn. 32 = WRP 2007,
1187 - Windsor Estate). Auch wenn die Klägerin als Lizenznehmerin zur Gel-
tendmachung dieses Schadensersatzanspruchs im eigenen Namen ermächtigt
ist, handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch des Lizenzgebers, was
in dem Feststellungsantrag zum Ausdruck kommen muss.
III. Soweit das Berufungsgericht einen Anspruch auf Erstattung der Ab-
mahnkosten nach Art. 102 Abs. 2 GMV in Verbindung mit §§ 670, 683, 677
BGB dem Grunde nach bejaht, wird es weiter prüfen müssen, ob der Anspruch
die Erstattung der Kosten des mitwirkenden Patentanwalts umfasst (vgl. BGH,
Urteil vom 24. Februar 2011 - I ZR 181/09, GRUR 2011, 754 Rn. 19 ff. = WRP
2011, 1057 - Kosten des Patentanwalts II; Urteil vom 21. Dezember 2011
- I ZR 196/10, GRUR 2012, 756 Rn. 24 ff. - Kosten des Patentanwalts III; Urteil
vom 10. Mai 2012 - I ZR 70/11, GRUR 2012, 759 Rn. 14 ff. - Kosten des Pa-
tentanwalts IV).
Dagegen bestehen entgegen der Ansicht der Revision keine Bedenken
gegen die Erforderlichkeit der Mitwirkung eines Rechtsanwalts bei der in Rede
stehenden Abmahnung. Anders als die Revision meint, ist auch nicht zu bean-
standen, dass das Berufungsgericht die Fälligkeit des Anspruchs auf Zahlung
der Abmahnkosten bejaht hat. Zwar besteht - sollten die mit der Abmahnung
beauftragten Anwälte der Klägerin noch keine Rechnung gestellt haben - zu-
nächst lediglich ein Anspruch auf Freistellung von den entsprechenden Kosten.
Auch geht nach § 250 Satz 2 BGB der Befreiungsanspruch nach § 257 BGB
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erst dann in einen Geldanspruch über, wenn der Gläubiger erfolglos eine Frist
zur Freistellung mit Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Allerdings wandelt sich
der nach § 257 BGB bestehende Befreiungsanspruch in einen Zahlungsan-
spruch um, wenn der Schuldner die Zahlung ernsthaft und endgültig verweigert
und der Gläubiger Geldersatz fordert (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1999
- VIII ZR 70/98, NJW 1999, 1542, 1544; Urteil vom 13. Januar 2004
- XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868 f.). Davon ist vorliegend auszugehen.
Bornkamm
Pokrant
Büscher
Koch
Löffler
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 18.12.2009 - 7 O 77/09 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.05.2011 - 6 U 19/10 -