Urteil des BGH vom 11.12.2013

BGH: wiedereinsetzung in den vorigen stand, nötigung, gefahr, anstiftung, unterlassen, gesamtstrafe, untersuchungshaft, vollstreckung, strafschärfungsgrund, anhörung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 478/13
vom
11. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Nötigung u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 11. Dezember 2013 gemäß §§ 46,
349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten, ihm Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung
der Revision zu gewähren, wird verworfen.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Frankfurt am Main vom 24. Juni 2013 im Strafausspruch
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück-
verwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
„Nötigung in Tateinheit mit
Anstiftung zur Falschaussage
“ zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verur-
teilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhe-
bung des Strafausspruchs. Im Übrigen haben das Rechtsmittel sowie der An-
trag auf Wiedereinsetzung in die Revisionseinlegungsfrist keinen Erfolg.
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1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Revisionseinlegungsfrist ist
unzulässig, weil das Rechtsmittel - wie der Generalbundesanwalt in seiner An-
tragsschrift vom 18. September 2013 zutreffend ausgeführt hat - rechtzeitig ein-
gelegt wurde (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 3. Juli 2012 - 4 StR 126/12, vom
21. Dezember 2011 - 4 StR 553/11 und vom 25. Mai 2005 - 2 StR 153/05; s.
auch BGH, Beschluss vom 17. Januar 1962 - 4 StR 392/61, BGHSt 17, 94, 96).
2. Die Revision hat zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie unbe-
gründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Das Landgericht hat die Strafe gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB aus dem
Strafrahmen des § 153 StGB i.V.m. § 26 StGB - drei Monate bis fünf Jahre
Freiheitsstrafe - gebildet. Es hat dabei u.a. zu Lasten des Angeklagten gewer-
tet, dass er die vo
n ihm angestiftete Haupttäterin „der Gefahr strafrechtlicher
Verfolgung ausgesetzt hat“ (UA S. 10).
Diese Wertung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Anstiftung (§ 26
StGB) setzt voraus, dass ein anderer zur Begehung einer vorsätzlichen rechts-
widrigen Tat bestimmt wird. Wird - wie hier - die vorsätzliche rechtswidrige
Haupttat begangen, besteht regelmäßig die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung
(vgl. auch § 160 Abs. 1, § 163 Abs. 1 StPO). Die regelmäßigen Auswirkungen
der Anstiftungshandlung stellen aber keinen Strafschärfungsgrund dar (vgl.
auch Senat, Beschluss vom 3. April 1998 - 2 StR 101/98, BGHR StGB § 46
Abs. 3 Beihilfe 3 zu den regelmäßigen Auswirkungen der Beihilfehandlung). Der
Senat kann nicht ausschließen, dass bei rechtsfehlerfreier Strafzumessung eine
niedrigere Strafe ausgesprochen worden wäre.
3. Der Senat weist auf Folgendes hin:
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a) Die bisherige Begründung des Landgerichts, die Vollstreckung der
Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen, begegnet ebenfalls rechtli-
chen Bedenken. Die Strafkammer hat zunächst die Prüfung unterlassen, ob
dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose zu stellen ist (§ 56 Abs. 1
StGB; vgl. auch Senat, Beschluss vom 22. Dezember 1988 - 2 StR 664/88,
BGHR StGB § 56 Abs. 3 Verteidigung 3). Bei Anwendung der Ausnahmevor-
schrift (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1970 - 1 StR 353/70, BGHSt 24, 40, 43)
des § 56 Abs. 3 StGB hat das Landgericht zudem nicht berücksichtigt, dass der
Angeklagte nicht vorbestraft ist (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Juli 1990 - 2 StR
270/90, BGHR StGB § 56 Abs. 3 Verteidigung 7), Untersuchungshaft verbüßt
und die Tat gestanden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 1991 - 1 StR
320/91, BGHR StGB § 56 Abs. 3 Verteidigung 11). Die Überlegungen des
Landgerichts laufen zudem auf den - bedenklichen - Gedanken eines generel-
len Ausschlusses der Aussetzungsmöglichkeit bei Aussagedelikten hinaus. Der
Senat verweist insoweit auf seinen Beschluss vom 13. April 2011 - 2 StR
665/10, BGHR StGB § 56 Abs. 3 Verteidigung 21.
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b) Der neue Tatrichter wird zu prüfen haben, ob eine Gesamtstrafe mit
der Strafe aus dem - aufgrund des Beschlusses des Senats vom 19. November
2013 (2 StR 527/13) nunmehr rechtskräftigen - Urteil des Landgerichts Frank-
furt am Main vom 18. Juni 2013 zu bilden ist.
VRiBGH Prof. Dr. Fischer Appl Eschelbach
ist wegen urlaubsbedingter
Abwesenheit an der Unter-
schriftsleistung gehindert
Appl
Ott Zeng
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