Urteil des BGH vom 14.01.2010

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 153/07
vom
14. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 14. Januar 2010
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom
1. August 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf
40.802,97 € festgesetzt.
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO)
und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat aber keinen Erfolg.
Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fort-
bildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts.
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1. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die vorgenommenen Ver-
rechnungen keine Bargeschäfte im Sinne des § 142 InsO darstellen, erweist
sich unter zulässigkeitsrelevanten Gesichtspunkten als beanstandungsfrei. Die
in der Senatsrechtsprechung verschiedentlich getroffene Aussage, es komme
auf die Reihenfolge von Gutschriften und Belastungsbuchungen nicht an
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(BGHZ 167, 190, 202 Rn. 39; BGH, Urt. v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, WM
2001, 689, 691; v. 10. Mai 2007 - IX ZR 146/05, WM 2007, 1181, 1182 Rn. 15),
bezieht sich auf das Merkmal der Unmittelbarkeit des Leistungsaustauschs.
Davon unabhängig wurde stets gefordert, dass die Verrechnung einer Gutschrift
nicht der letzte Akt sein darf, bevor das Kreditinstitut das Konto des Schuldners
schließt. Es müssen vielmehr weitere Verfügungen zugelassen werden. Hieran
fehlt es.
2. Entgegen der Ansicht der Beschwerde hat das Berufungsgericht die
subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hinsichtlich der Verrech-
nung vom 3. November 2005 beanstandungsfrei festgestellt. Die subjektiven
Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere,
dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mit-
telbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegrif-
fe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem
oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden (BGH, Urt.
v. 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943, 1944 Rn. 8). Es genügt,
dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei
zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zwei-
felsfrei folgt (BGHZ 180, 63, 66 f Rn. 13). Die in diesem Zusammenhang fest-
stellbaren Beweisanzeichen hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdi-
gung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Ge-
samtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prü-
fen (BGH, Urt. v. 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084, 2087 Rn. 21; v.
13. August 2009 - IX ZR 159/06, aaO). Diesen Anforderungen ist das Beru-
fungsgericht, wie insbesondere die Darlegungen unter Ziff. 2 b cc und hh im
angegriffenen Urteil zeigen, hinreichend nachgekommen.
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3. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4
Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der
Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
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Prof. Dr. Gehrlein
ist wegen Urlaubs
an der Unterschrift
gehindert.
Ganter Ganter Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 15.11.2006 - 21 O 117/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 01.08.2007 - 9 U 240/06 -