Urteil des BGH vom 17.11.2009

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 219/09
vom
30. September 2010
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO §§ 766, 574; ZVG § 17
a) Gegen die Anordnung der Zwangsversteigerung durch das Beschwerdegericht
kann der nicht angehörte Schuldner bei dem Beschwerdegericht die Vollstre-
ckungserinnerung nach § 766 ZPO einlegen. Gegen die Zurückweisung der Voll-
streckungserinnerung durch das Beschwerdegericht ist nach Maßgabe von § 574
ZPO die Rechtsbeschwerde statthaft.
b) § 17 Abs. 1 Fall 2 ZVG ist auf eine erbgangsgleiche Universalsukzession entspre-
chend anwendbar. Eine solche Universalsukzession liegt vor, wenn eine zwei-
gliedrige Erbengemeinschaft durch Abschichtung aufgelöst wird und der Nachlass
Alleineigentum eines Erben wird.
BGH, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 219/09 - LG Tübingen
AG
Calw
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. September 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Krüger, die Richter Dr.
Lemke und
Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Roth
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer
des Landgerichts Tübingen vom 17. November 2009 wird auf Kos-
ten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
15.000 €.
Gründe:
I.
Der Gläubiger betreibt aus an ihn formgerecht abgetretenen Briefgrund-
schulden an dem eingangs dieses Beschlusses bezeichneten Grundstück die
Vollstreckungsversteigerung, zu deren Duldung die Schuldnerin durch rechts-
kräftiges Urteil des Landgerichts Tübingen vom 4.
September 2006
(4 O 133/06) verurteilt worden ist. Als Eigentümer des Grundstücks sind die
Beteiligten in Erbengemeinschaft eingetragen. Der Gläubiger macht geltend, er
sei im Wege der Abschichtung kraft Gesetzes aus der Erbengemeinschaft aus-
geschieden. Dazu verweist er auf ein rechtskräftiges Urteil des Oberlandesge-
richts Karlsruhe vom 24. Februar 2000 (11 U 18/98), durch das die Schuldnerin
verurteilt worden ist, an den Gläubiger 477.500 DM nebst Zinsen zu zahlen Zug
um Zug unter anderem gegen Abgabe einer Bewilligung, derzufolge der Gläu-
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biger aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden und die Schuldnerin damit
Alleineigentümerin des Grundstücks geworden ist.
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Das Vollstreckungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der Zwangs-
versteigerung zunächst mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich
um eine nach § 1197 Abs. 1 BGB unzulässige Zwangsvollstreckung in das ei-
gene Grundstück. Nach Aufhebung dieser Entscheidung durch das Landgericht
hat es den Antrag erneut, und zwar mit der Begründung zurückgewiesen, es
fehle an der nach § 17 Abs. 1 ZVG erforderlichen Eintragung der Schuldnerin
als Alleineigentümerin. Auf die neuerliche sofortige Beschwerde des Gläubigers
hat das Landgericht selbst die Zwangsversteigerung
angeordnet. Dagegen hat
die Schuldnerin Vollstreckungserinnerung eingelegt, die das Landgericht mit
dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat. Dagegen wendet sich die
Schuldnerin mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde,
deren Zurückweisung der Gläubiger beantragt.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die Anordnung der Zwangsversteigerung
scheitere nicht daran, dass die Schuldnerin nicht als Alleineigentümerin im
Grundbuch eingetragen ist. Das Grundbuch sei nämlich unrichtig. Der Gläubi-
ger sei aufgrund der Abschichtungsvereinbarung mit der Schuldnerin vom
8. September 1992 kraft Gesetzes aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden.
Das ergebe sich eindeutig aus dem erwähnten Urteil des Oberlandesgerichts
Karlsruhe vom 24. Februar 2000. Einer vorherigen Berichtigung des Grund-
buchs bedürfe es nicht. In einem Fall wie dem vorliegenden sei die für die Voll-
streckung gegen den Erben des Erblassers in § 17 Abs. 1 Fall 2 ZVG vorgese-
hene Ausnahmeregelung entsprechend anzuwenden.
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III.
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Diese Erwägungen halten im Ergebnis einer Überprüfung stand.
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1. Das Rechtsmittel ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwide-
rung statthaft und auch sonst zulässig.
a) Gegen die Zurückweisung der Vollstreckungserinnerung nach § 766
ZPO durch das Beschwerdegericht ist nicht die sofortige Beschwerde nach
§ 793 ZPO, sondern nach Maßgabe von § 574 ZPO die Rechtsbeschwerde ge-
geben.
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aa) Welches Rechtsmittel der Schuldner gegen die Anordnung einer
Zwangsvollstreckungsmaßnahme durch das Beschwerdegericht einlegen kann,
wird allerdings unterschiedlich beurteilt: Nach herrschender Meinung stellt eine
solche Anordnung des Beschwerdegerichts nur dann eine rechtsbeschwerdefä-
hige Entscheidung dar, wenn der Schuldner zuvor angehört worden ist (vgl. in-
soweit BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 104/04, NZI 2004, 447 f.; OLG
Köln, NJW-RR 1992, 894; Musielak/Lackmann, ZPO, 6. Aufl., § 766 Rn. 11).
Fehlt es - wie im vorliegenden Fall - an einer vorherigen Anhörung des Schuld-
ners, handelt es sich nach dieser Ansicht der Sache nach nicht um eine "Ent-
scheidung", sondern um die Vornahme einer Vollstreckungshandlung, gegen
die die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO gegeben ist (OLG Braun-
schweig, JW 1924, 421; OLG Hamm, MDR 1975, 938; LG Wiesbaden, JW
1936, 1394; MünchKomm-ZPO/K. Schmidt, 3. Aufl., § 766 Rn. 18; Stein/Jonas/
Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 766 Rn. 10; Wieczorek/Schütze/Salzmann, ZPO,
3. Aufl., § 766 Rn. 55; Pohle, JW 1936, 1395; Schulz, JW 1924, 421, 422). Über
diese habe das Beschwerdegericht selbst zu entscheiden (aM insofern Wieczo-
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rek/Schütze/Salzmann, aaO: Vollstreckungsgericht). Nach der Gegenauffas-
sung (OLG Darmstadt, Hess. Rspr. 11 [1911] S. 122, 123; BayObLG, Bay-
ObLGZ XIII [1892] 334, 336 f.; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 31. Aufl., § 766
Rn. 29) ist gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts nur die Rechtsbe-
schwerde nach Maßgabe von § 574 ZPO gegeben. Darauf, ob der Schuldner
vorher angehört worden ist oder nicht, kommt es nach dieser Auffassung nicht
an.
bb) Der Senat folgt im Ansatz der herrschenden Meinung.
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(1) Wäre gegen die Anordnung der Zwangsversteigerung oder einer an-
deren Zwangsvollstreckungsmaßnahme durch das Beschwerdegericht stets nur
die Rechtsbeschwerde gegeben, müsste dem Schuldner vor der Anordnung der
Zwangsvollstreckungsmaßnahme durch das Beschwerdegericht in jedem Fall
rechtliches Gehör gewährt werden. Sonst könnte sich der Schuldner rechtliches
Gehör nur verschaffen, wenn ein Zulassungsgrund vorliegt und das Beschwer-
degericht die Rechtsbeschwerde deshalb zulässt. Den Schuldner stets vor der
Anordnung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme anzuhören, wäre aber mit
den Vorgaben des Zwangsvollstreckungsrechts nicht zu vereinbaren und auch
in der Sache unzweckmäßig. Beantragt der Gläubiger z.B. den Erlass eines
Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, hat das Vollstreckungsgericht den
Schuldner nach § 834 ZPO nicht anzuhören, um ihm keine Gelegenheit zu ge-
ben, den Erfolg der Pfändung zu vereiteln. Daran ändert es nichts, wenn das
Vollstreckungsgericht den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überwei-
sungsbeschlusses zurückweist und der Gläubiger gezwungen ist, den Erlass im
Wege der sofortigen Beschwerde bei dem Beschwerdegericht durchzusetzen.
Denn seine Beschwerde ist begründet, wenn das Vollstreckungsgericht den
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beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu erlassen hatte. Das
aber setzt nach § 834 ZPO die Anhörung des Schuldners gerade nicht voraus.
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(2) Nichts anders gilt im Ergebnis für den hier gegebenen Fall einer An-
ordnung der Zwangsversteigerung. Hier besteht zwar ein dem Anhörungsverbot
nach § 834 ZPO vergleichbares Verbot nicht. Gleichwohl ist die vorherige Anhö-
rung des Schuldners bei der Anordnung der Zwangsversteigerung nicht vorge-
schrieben, sondern im Gegenteil in aller Regel auch nicht angezeigt (BGH, Be-
schluss vom 3. Mai 1984 - IX ARZ 5/84, NJW 1984, 2166, 2167). Denn eine
vorherige Anhörung würde die Anordnung der Zwangsversteigerung verzögern
und damit dazu führen, dass die durch sie nach § 20 ZVG bewirkte Beschlag-
nahme des Grundstücks später eintritt. Dann aber hätte der Schuldner die Mög-
lichkeit, über das Grundstück zu verfügen und die Zwangsversteigerung zu ver-
eiteln oder zu erschweren. Auch daran ändert sich im Beschwerdeverfahren
nichts.
(3) Es wäre deshalb auch im Beschwerdeverfahren nicht sachgerecht,
den Schuldner vor der Anordnung einer Zwangsversteigerung stets anzuhören.
Die in diesen Fällen gegebene Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO muss
dem Schuldner deshalb auch möglich sein, wenn es zu der Anordnung der
Zwangsversteigerung erst im Beschwerdeverfahren gekommen ist. Über diese
Vollstreckungserinnerung kann sinnvoll nur das Beschwerdegericht selbst ent-
scheiden.
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cc) Damit ist aber die hier entscheidende Frage nicht beantwortet, wel-
ches Rechtsmittel gegen die Zurückweisung einer Vollstreckungserinnerung
des Schuldners durch das Beschwerdegericht gegeben ist. Nicht zweifelhaft ist,
dass es sich hierbei um eine "Entscheidung" im Zwangsvollstreckungsverfahren
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handelt. Die Frage kann nur sein, ob diese Entscheidung in der Sache als Ent-
scheidung des Vollstreckungsgerichts zu behandeln ist, gegen die die sofortige
Beschwerde nach § 793 ZPO gegeben wäre, oder ob sie eine Entscheidung
des Beschwerdegerichts ist, die nur mit der Rechtsbeschwerde nach § 574
ZPO angegriffen werden kann. Der Senat entscheidet die Frage im zweiten
Sinn.
Das Beschwerdegericht ist zur Entscheidung über die Vollstreckungser-
innerung berufen, weil es selbst die Zwangsvollstreckungsmaßnahme - nicht
etwa als Vollstreckungsgericht, sondern als Beschwerdegericht (vgl. § 101 Abs.
1 ZVG) - angeordnet hat. Deshalb handelt es sich auch bei der Zurückweisung
einer Vollstreckungserinnerung gegen diese Vollstreckungsmaßnahme um eine
Entscheidung des Beschwerdegerichts, die nach näherer Maßgabe von § 574
ZPO mit der Rechtsbeschwerde angegriffen werden kann.
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b) Die danach statthafte Rechtsbeschwerde ist auch form- und fristge-
recht erhoben und begründet worden.
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2. Das Rechtsmittel ist aber unbegründet. Das Beschwerdegericht hat
die Zwangsversteigerung zu Recht angeordnet.
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a) Die Anordnung der Zwangsversteigerung scheitert nicht daran, dass
die Schuldnerin nicht als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen ist.
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aa) Richtig ist allerdings, dass eine Zwangsversteigerung nach § 17
Abs. 1 ZVG nur angeordnet werden darf, wenn der Schuldner als (Allein-) Ei-
gentümer im Grundbuch eingetragen oder wenn er Erbe des eingetragenen
Eigentümers ist. Keine dieser beiden Alternativen liegt hier vor. Die Schuldnerin
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ist selbst nicht als Alleineigentümerin eingetragen. Eingetragen ist auch nicht
mehr der frühere Erblasser. Vielmehr sind die Beteiligten als dessen (ursprüng-
liche) Erben in Erbengemeinschaft eingetragen. Eine solche Fallgestaltung wird
nach dem Wortlaut der Vorschrift von § 17 ZVG nicht erfasst. Die aus den bei-
den Beteiligten bestehende im Grundbuch noch eingetragene Erbengemein-
schaft ist aber kraft Gesetzes durch Abschichtung mit der Folge erloschen, dass
die Schuldnerin jetzt materiell-rechtlich Alleineigentümerin des Grundstücks ist.
Auf eine solche Fallgestaltung ist § 17 Abs. 1 Fall 2 ZVG entsprechend anzu-
wenden.
bb) Das ergibt sich allerdings entgegen der Auffassung des Beschwer-
degerichts nicht schon daraus, dass dieser Fall den über die Sondervorschrift
des § 133 ZVG (Wiederversteigerung) hinaus anerkannten Ausnahmen ent-
spräche. Die in diesem Zusammenhang angeführten Beispielsfälle stellen näm-
lich in der Sache keine Ausnahmen von § 17 Abs. 1 ZVG dar. Zwar darf die
Zwangsversteigerung eines Grundstücks erfolgen, das Gegenstand eines Flur-
bereinigungs- oder Baulandumlegungsverfahrens ist, wenn die Flurbereinigung
oder Baulandumlegung materiell-rechtlich abgeschlossen, aber noch nicht im
Grundbuch vollzogen ist (OLG Oldenburg, KTS 1975, 239, 240 f.; Stei-
ner/Hagemann, ZVG, 9. Aufl., § 17 Rn. 37 f.; Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 17 Anm.
3.6 und 3.7). Mit der in § 17 Abs. 1 ZVG behandelten Fragestellung hat das
aber nichts zu tun. Denn in diesem Fall geht es nicht um die Identität von Gläu-
biger und Schuldner, sondern um die Identität des Grundstücks (OLG Olden-
burg, aaO). Auch bei der als weitere "Ausnahme" anerkannten Verurteilung
nach § 11 AnfG bzw. § 143 InsO (Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 17 Rn. 4) handelt
es sich in der Sache nicht um eine Abweichung von § 17 Abs. 1 ZVG. Aner-
kannt ist zwar, dass derjenige, der aufgrund anfechtbaren Erwerbs Eigentümer
des Grundstücks geworden ist, im Anfechtungsprozess nicht zur Rückauflas-
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sung des Grundstücks verurteilt werden darf, sondern nur dazu, die Zwangs-
vollstreckung in sein Grundstück zu dulden (RGZ 50, 121, 124; 56, 142, 144 f.;
67, 20, 22). Wird er aber verurteilt, so ist er Schuldner dieses Duldungstitels
und als solcher im Grundbuch eingetragen, wie es § 17 Abs. 1 ZVG verlangt (so
RGZ 56, 142, 144 f.).
cc) Im Ergebnis ist dem Beschwerdegericht aber dennoch Recht zu ge-
ben. § 17 Abs. 1 Fall 2 ZVG ist auf die vorliegende Fallgestaltung entsprechend
anwendbar, weil es sich um eine erbgangsähnliche Gesamtrechtsnachfolge
handelt.
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(1) Mit der Regelung in § 17 Abs. 1 ZVG will der Gesetzgeber verhin-
dern, dass die Zwangsversteigerung eines schuldnerfremden Grundstücks an-
geordnet wird (Denkschrift zum ZVG in Hahn/Mugdan, Die gesammelten Mate-
rialien zu den Reichs-Justizgesetzen Band 5, 1897, S. 39). § 17 Abs. 1 Fall 2
ZVG enthält aber eine Ausnahme für den Erben, die inhaltlich der Ausnahme
entspricht, die § 40 GBO für das Erfordernis der Voreintragung des Betroffenen
vorsieht (Steiner/Hagemann, aaO, § 17 Rn. 1). Wie im formellen Grundbuch-
recht braucht der Schuldner, der Erbe des eingetragenen Eigentümers ist, nicht
im Grundbuch eingetragen zu sein. Der Gesetzgeber war, was er allerdings nur
für die Ausnahme in der heutigen Vorschrift des § 40 GBO näher ausgeführt hat
(Denkschrift zur GBO in Hahn/Mugdan, aaO, S. 164 zu § 39 GBO-E), der Über-
zeugung, den Beteiligten unnötige Kosten ersparen zu können, weil die vorheri-
ge Eintragung der Erben weder zur Vereinfachung der Grundbuchführung noch
durch Interessen Dritter geboten sei. Diesen Gedanken hat er mit § 17 Abs. 1
Fall 2 ZVG auf die Anordnung der Zwangsversteigerung übertragen.
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(2) Im Grundbuchrecht ist anerkannt, dass eine Ausnahme von dem
Prinzip der Voreintragung des Betroffenen nicht nur in dem speziell in § 40
Abs. 1 GBO geregelten Fall des Erben, sondern auch beim Erbeserben und
anderen Fällen einer erbgangsgleichen Gesamtrechtsnachfolge geboten ist. Die
im Grundbuchrecht entstehende Lücke wird durch eine entsprechende Anwen-
dung von § 40 GBO geschlossen. Die gleiche Lücke ergibt sich auch bei § 17
Abs. 1 Fall 2 ZVG. Sie hätte der Gesetzgeber, hätte er das Problem erkannt, in
gleicher Weise geschlossen. Er hat § 17 ZVG der Regelung im formellen
Grundbuchrecht nachgebildet und für das Zwangsversteigerungsverfahren das
gleiche Regelungsmuster gewählt. Diese Parallelität lässt sich nur erhalten,
wenn die bei § 40 GBO anerkannten Ausnahmen im Zwangsversteigerungs-
recht nachvollzogen werden.
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(3) Im Grundbuchrecht ist weiter anerkannt, dass dem in § 40 GBO dem
Wortlaut nach nur geregelten Erbfall andere Gesamtrechtsnachfolgen gleich-
stehen, wenn sie erbgangsgleich ausgestaltet sind. In diesem Sinne sind aner-
kannt der Anfall des Vereins- oder Stiftungsvermögens an den Fiskus nach
§§ 46, 88 BGB (KG, JFG 1, 289, 292; Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., § 40
Rn. 15), der Übergang des Vermögens inländischer Rechtsträger durch Um-
wandlung, Verschmelzung oder Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz (Hü-
gel/Zeiser, GBO, § 40 Rn. 7), der Übergang des Vermögens eines Ehegatten in
gemeinschaftliches Eigentum aufgrund der Vereinbarung einer Gütergemein-
schaft (KG, JFG 1, 289, 292 f.; Hügel aaO Rn. 5) oder gesetzliche Eigentums-
übergänge etwa nach § 2 Abs. 2 BImAG (OLG Schleswig, DNotZ 2006, 768,
769).
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(4) Ein solcher gesetzlicher Vermögensübergang ist auch hier gegeben.
Die Erbengemeinschaft der Beteiligten besteht nicht mehr. Sie ist vielmehr da-
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durch aufgelöst worden, dass die Parteien eine Abschichtungsvereinbarung
getroffen haben. Diese Abschichtungsvereinbarung hat nicht zu einer rechtsge-
schäftlichen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft geführt, die von § 40
GBO nicht erfasst wäre (vgl. OLG Düsseldorf, MittBayNot 2007, 245, 246 zu
§ 60 Abs. 4 KostO) und damit auch keine entsprechende Anwendung von § 17
Abs. 1 Fall 2 ZVG rechtfertigen würde. Vielmehr hat diese Abschichtungsver-
einbarung dazu geführt, dass die Erbengemeinschaft kraft Gesetzes erloschen
und die Schuldnerin alleinige Eigentümerin der Nachlassgegenstände gewor-
den ist (BGH, Urteil vom 21. Januar 1998 - IV ZR 346/96, BGHZ 138, 8, 11, 13).
Damit aber liegt eine dem Erbfall gleiche Vermögenssukzession vor, die eine
entsprechende Anwendung von § 17 Abs. 1 Fall 2 ZVG rechtfertigt.
dd) Dieser Vermögensübergang ist nach § 17 Abs. 3 ZVG durch Urkun-
den nachzuweisen. Das ist hier durch Vorlage einer Ausfertigung des erwähn-
ten Urteils vom 24. Februar 2000 geschehen. Diesem Urteil hat das Beschwer-
degericht zu Recht entnommen, dass die Parteien eine Abschichtungsvereinba-
rung geschlossen haben, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs zu einem Erlöschen einer zweigliedrigen Erbengemeinschaft kraft Geset-
zes führt.
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b) Der Zwangsversteigerung steht damit auch nicht § 1197 Abs. 1 BGB
entgegen. Danach darf der Inhaber einer Grundschuld aus dieser nicht vollstre-
cken, solange er Eigentümer des Grundstücks ist. Das ist der Gläubiger aber
nicht mehr, weil die ursprünglich bestehende Erbengemeinschaft aufgelöst und
die Schuldnerin jetzt Alleineigentümerin des Grundstücks ist.
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c) Die Anordnung der Zwangsversteigerung scheitert schließlich auch
nicht an §§ 1148, 1192 Abs. 1 BGB. Danach gilt zwar bei der Verfolgung des
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Rechts aus einer Grundschuld zugunsten des Gläubigers derjenige als Eigen-
tümer, der im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. Diese Fiktion gilt aber
nur zugunsten des Gläubigers. Sie hindert ihn nicht, die Vollstreckung aus der
Grundschuld gegen denjenigen zu betreiben, dem das Grundstück tatsächlich
gehört (PWW/Waldner, BGB, 5. Aufl., § 1148 Rn. 1).
IV.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Norm ist an-
wendbar, da sich die Beteiligten beim Streit um die Anordnung der Zwangsver-
steigerung in der Regel und so auch hier wie in einem kontradiktorischen Ver-
fahren gegenüberstehen (Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB
125/05, BGHZ 170, 378, 381 Rn. 8)
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Krüger Lemke
Schmidt-Räntsch
Stresemann
Roth
Vorinstanzen:
AG Calw, Entscheidung vom 7.01.2008 - 2 K 7/07 -
LG Tübingen, Entscheidung vom 17.11.2009 - 5 T 56/08 -