Urteil des BGH vom 30.01.2006

BGH (zeitlicher zusammenhang, brandstiftung, gebäude, brand, stgb, diskothek, waffengesetz, strafzumessung, vorstellung, versuch)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 28/06
vom
9. März 2006
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Brandstiftung u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. März 2006,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Winkler
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Pfister,
Becker,
Hubert
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Die Revision des Angeklagten Ü. gegen das Urteil des Landge-
richts Hannover vom 20. September 2005 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tra-
gen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten Ü. wegen versuchter Brandstif-
tung und wegen Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit
unerlaubtem Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jah-
ren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf die Sachrüge
gestützte Revision. Sie hat keinen Erfolg. Die beiden ebenfalls wegen der ge-
meinschaftlich begangenen versuchten Brandstiftung verurteilten Mitangeklag-
ten E. und A. haben kein Rechtsmittel eingelegt.
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1. Der Schuldspruch wegen mittäterschaftlich begangener versuchter
Brandstiftung ist nicht zu beanstanden. Ihm liegen folgende Feststellungen
zugrunde:
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Der gesondert verfolgte Ö. plante, die von ihm betriebene Diskothek
in Brand setzen zu lassen, um die Versicherungssumme kassieren zu können.
Er beauftragte den Angeklagten Ü. , der bei ihm als Türsteher tätig war und
den Brand nicht selbst legen wollte, "zwei Leute für die Brandlegung zu besor-
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gen". Ü. gewann dafür A. , der seinerseits E. und den Zeugen K. mit
dem Versprechen überredete, jeder könne dabei 10.000 € verdienen. Alle vier
besprachen gemeinsam den Tatplan, wonach die Außentüre des Gebäudes mit
einem von Ö. zur Verfügung gestellten Schlüssel sowie eine verschlossene
Zwischentüre zum Diskothekenraum mit einem mitgeführten Kuhfuß geöffnet,
dort aus einem mitgebrachten Kanister Benzin verschüttet und dieses dann
entzündet werden sollte. Alle vier begaben sich mit der vorgesehenen Ausrüs-
tung (Schlüssel, Kuhfuß und Brandbeschleuniger) in die Nähe des Tatortes.
Ü. und E. blieben im Fahrzeug, um die anderen nach der Brandlegung auf-
nehmen zu können. A. und K. gingen zur Diskothek, öffneten mit dem
Schlüssel die Außentüre, betraten das Gebäude und wurden noch im Vorraum
von der Polizei festgenommen, an die K. den Plan verraten hatte.
a) Bei dieser Sachlage ist die Schwelle von der Vorbereitung zum Ver-
such der Brandstiftung überschritten. Gemäß § 22 StGB liegt der Versuch einer
Straftat vor, sobald der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirkli-
chung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Dies ist entgegen der Auffassung
der Revision und des Generalbundesanwalts nicht erst dann der Fall, wenn er
bereits eine der Beschreibung des gesetzlichen Tatbestandes entsprechende
Handlung vornimmt bzw. ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Auch eine frühe-
re, vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs be-
gründen. Dies gilt aber nur dann, wenn sie nach der Vorstellung des Täters bei
ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung
unmittelbar einmündet oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen
Zusammenhang steht. Diese abstrakten Maßstäbe bedürfen angesichts der
Vielzahl denkbarer Sachverhaltsgestaltungen jedoch stets der wertenden Kon-
kretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles. Hierbei können
etwa die Dichte des Tatplans oder der Grad der Rechtsgutsgefährdung, der aus
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Sicht des Täters durch die zu beurteilende Handlung bewirkt wird, für die Ab-
grenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnen
(BGHSt 26, 201, 203; BGHR StGB § 22 Ansetzen 30 m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben haben sich die Täter hier wegen versuchter
Brandstiftung schuldig gemacht. Sie sind entsprechend einem fest gefassten
und detaillierten Tatplan bereits mit den erforderlichen Tatmitteln in das in
Brand zu setzende Gebäude eingedrungen. Sie mussten nur noch die Zwi-
schentüre mit dem für diesen Zweck mitgeführten Kuhfuß aufhebeln sowie den
ebenfalls mitgebrachten Brandbeschleuniger verteilen und entzünden. Damit
haben sie vorgelagerte Handlungen begangen, die bei ungestörtem Fortgang
ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar eingemündet
hätten. Dabei kam dem Öffnen der Zwischentüre unter den hier gegebenen
Umständen nicht das Gewicht eines Zwischengeschehens zu, dessen Ausgang
offen gewesen wäre oder das zu neuen Planungen oder Entschlussfassungen
geführt hätte. Vielmehr war den Tätern das Vorhandensein der Zwischentüre
und ihre Beschaffenheit bekannt, weshalb sie die gewaltsame Öffnung von vor-
neherein geplant und vorbereitet hatten.
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Zudem lag hier ein sehr enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang
mit der geplanten Brandlegung vor. Die bereits in das Gebäude eingedrunge-
nen Täter trennten nur noch wenige Meter und Sekunden von der Tatbestands-
verwirklichung, so dass bereits eine hohe Gefährdung des zu schützenden
Rechtsgutes gegeben war.
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b) Das Landgericht hat den Angeklagten Ü. zutreffend als Mittäter an-
gesehen. Er hat einen wesentlichen Tatbeitrag erbracht, weil er die Verbindung
zwischen dem Auftraggeber Ö. und den übrigen Tätern hergestellt und diese
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erst für ihn "besorgt" hatte. Gerade im Hinblick hierauf wurde der Angeklagte
Ü. bei der Strafzumessung als "weiterer Initiator" bezeichnet.
2. Die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz ist
ebenfalls nicht zu beanstanden. Wie der Generalbundesanwalt zu Recht ausge-
führt hat, bedürfen selbstverständliche und auf der Hand liegende Umstände,
für deren Gegenteil nicht die geringsten Anhaltspunkte bestehen (und von der
Revision auch nicht vorgetragen werden), keiner ausdrücklichen Erörterung. Da
der Angeklagte diesen Verstoß sogar eingeräumt hatte, liegt die Rüge, es fehle
die ausdrückliche Feststellung und der erforderliche Beleg für das Fehlen einer
waffenrechtlichen Erlaubnis, offensichtlich neben der Sache.
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3. Auch die Strafzumessung ist nicht zu beanstanden:
a) Die Annahme eines minder schweren Falles eines Verstoßes gegen
das Waffengesetz lag angesichts der hohen Gefährlichkeit dieser großkalibri-
gen Faustfeuerwaffe, die zusammen mit entsprechender Munition aufbewahrt
worden ist, auch bei Berücksichtigung des Umstandes fern, dass der Angeklag-
te Ü. die Waffe für seinen Chef nur kurze Zeit in Besitz hatte, bevor sie si-
chergestellt wurde.
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b) Auch die übrigen Einwände gegen die Strafzumessungserwägungen
des angefochtenen Urteils sind, wie der Generalbundesanwalt in seiner An-
tragsschrift vom 30. Januar 2006 ausgeführt hat, offensichtlich unbegründet.
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Winkler Miebach Pfister
Becker Hubert