Urteil des BGH vom 15.01.2008
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 38/08
vom
24. September 2009
in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO § 21
Das Insolvenzgericht kann den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht ermächti-
gen, Räume eines am Eröffnungsverfahren nicht beteiligten Dritten zu durch-
suchen.
BGH, Beschluss vom 24. September 2009 - IX ZB 38/08 - LG Koblenz
AG Bad Neuenahr-
Ahrweiler
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Fischer und
Dr. Pape
am 24. September 2009
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 und zu 3
wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz
vom 15. Januar 2008 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben,
als der Antrag auf Feststellung abgewiesen worden ist, dass der
Beschluss des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 23. No-
vember 2007 rechtswidrig ist, soweit er den Beteiligten zu 4 er-
mächtigt hat, die im Besitz der Beteiligten zu 2 oder zu 3 befindli-
chen Geschäftsräume B. Str. …, R. , zu betre-
ten, bei der Durchsuchung anwesend zu sein und Bücher, Ge-
schäftspapiere und ähnliche Unterlagen, die für die Aufklärung der
Vermögensverhältnisse der Schuldnerin von Bedeutung sein kön-
nen, in Besitz zu nehmen.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Bad
Neuenahr-Ahrweiler vom 23. November 2007 insoweit rechtswid-
rig ist.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verwor-
fen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € fest-
gesetzt.
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Gründe:
I.
Der (weitere) Beteiligte zu 1 hat mit Schreiben vom 25. Oktober 2007 die
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin bean-
tragt. Der (weitere) Beteiligte zu 4 ist am 21. November 2007 mit der Erstattung
eines Gutachtens beauftragt und am 22. November 2007 zum vorläufigen In-
solvenzverwalter bestellt worden. Auf seine Anregung hat das Insolvenzgericht
am 23. November 2007 einen Durchsuchungsbeschluss über die Geschäfts-
räume der Schuldnerin B. Straße … in R. erlassen. Wörtlich heißt
es in dem Beschluss:
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"Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Geschäfts-
räume B. Str. …, R. , zu betreten, bei der
Durchsuchung anwesend zu sein und Bücher, Geschäftspapiere
und ähnliche Unterlagen, die für die Aufklärung der Vermögens-
verhältnisse der Schuldnerin von Bedeutung sein können, in Be-
sitz zu nehmen, auch soweit sie sich im Besitz von M.
[= weitere Beteiligte zu 3] bzw. I. [= weitere
Beteiligte zu 4] oder R. S. [= Geschäftsführer oder Vor-
stand aller genannter Gesellschaften] befinden."
Am 26. November 2007 ließ der Beteiligte zu 4 die Räumlichkeiten der
Schuldnerin sowie diejenigen der (weiteren) Beteiligten zu 2 und zu 3 durchsu-
chen. Er nahm dabei verschiedene Unterlagen und Dokumente an sich, welche
er nach Durchsicht am 29. November 2007 wieder zurückreichte. Außerdem
kopierte er Dateien auf eigene Datenträger, die sich zur Auswertung noch bei
ihm befinden.
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Am 7. Dezember 2007 haben die Beteiligten zu 2 und zu 3 sofortige Be-
schwerde gegen den Beschluss vom 23. November 2007 eingelegt. Sie haben
beantragt,
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festzustellen, dass der vorgenannte Durchsuchungsbeschluss des
Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 23. November 2007
rechtswidrig ist;
dem vorläufigen Insolvenzverwalter aufzugeben, sämtliche von
ihm im Rahmen der Durchsuchung am 26. November 2007 auf
Datenträger gespeicherten Dateien an die Firma M.
AG herauszugeben.
Die sofortige Beschwerde ist als unbegründet zurückgewiesen worden.
Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 2 und zu 3 die genann-
ten Anträge weiter.
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II.
Die Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg.
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1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei
zulässig. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse folge daraus, dass der Durch-
suchungsbeschluss die Durchsuchung der Geschäftsräume der Beteiligten zu 2
und zu 3 anordne und damit in deren Recht auf Freiheit (Art. 2, 104 Abs. 1 GG)
sowie auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) eingreife und Rechts-
schutz vor der Durchsuchung nicht zu erlangen gewesen sei; zudem habe der
Beteiligte zu 4 nach wie vor Dateien im Besitz, die er von den Servern der Be-
schwerdeführer kopiert habe. Die Statthaftigkeit der in der Insolvenzordnung
nicht vorgesehenen sofortigen Beschwerde folge ebenfalls unmittelbar aus der
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Verfassung. Das Rechtsmittel sei jedoch nicht begründet. Die Durchsuchungs-
anordnung sei rechtmäßig ergangen. Die dem Beteiligten zu 4 eingeräumten
Befugnisse seien hinreichend bestimmt. Die Insolvenzordnung enthalte auch
eine ausreichende gesetzliche Legitimierung für eine auf Räumlichkeiten Dritter
bezogene richterliche Durchsuchungsanordnung. Dass § 22 Abs. 3 Satz 1 InsO
dem vorläufigen Insolvenzverwalter nur gestatte, die Geschäftsräume des
Schuldners zu betreten, stehe nicht entgegen. Grundlage des Beschlusses sei
§ 21 Abs. 2 InsO, der das Gericht ermächtige, auch andere als die in § 21
Abs. 2 Nr. 1 bis 4 ausdrücklich genannten Maßnahmen zu treffen. Eine unbe-
grenzte Ausweitung der Befugnisse des Verwalters auf unbeteiligte Dritte erfol-
ge damit nicht. Der vorläufige Insolvenzverwalter müsse dann richterlich er-
mächtigt werden können, in Räumen Dritter nach Geschäftsunterlagen des
Schuldners zu suchen, wenn die begründete Befürchtung eines kollusiven Zu-
sammenwirkens zwischen dem Schuldner und dem Dritten bestehe; denn an-
dernfalls könne er seiner Pflicht zur Sicherung und Erhaltung des Schuldner-
vermögens nicht nachkommen. Im vorliegenden Fall hätten hinreichende An-
haltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken der Beteiligten zu 2 und 3 mit
dem Geschäftsführer der Schuldnerin bestanden. Der Antrag auf Herausgabe
der kopierten Dateien könne keinen Erfolg haben, weil der Beteiligte zu 4 Gele-
genheit erhalten müsse abzugleichen, ob und in welchem Umfang Daten der
Insolvenzschuldnerin auf dem Server der Beschwerdeführer gespeichert seien.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in vol-
lem Umfang stand.
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a) Hinsichtlich der Anordnung, die Geschäftsräume der Beteiligten zu 2
und zu 3 zu durchsuchen, ist die Rechtsbeschwerde zulässig und begründet.
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aa) Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde folgt aus §§ 7, 574 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 ZPO. Gegen die Entscheidung über die sofortige Beschwerde fin-
det die Rechtsbeschwerde statt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde
zu Recht für zulässig gehalten und sachlich beschieden, obwohl § 21 Abs. 1
Satz 2 InsO eine sofortige Beschwerde nicht am Eröffnungsverfahren beteiligter
Dritter gegen Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren nicht vorsieht.
Das Enumerationsprinzip des § 6 Abs. 1 InsO beschränkt die Anfechtungsmög-
lichkeiten zwar auf die in der Insolvenzordnung ausdrücklich vorgesehenen Fäl-
le, kann sich damit jedoch nur auf solche Maßnahmen beziehen, die nach Wort-
laut, Inhalt und Zweck des Gesetzes überhaupt in Betracht kommen können.
Für diese Anordnungen gilt, dass allein die ausdrücklich bezeichneten einem
Rechtsmittel zugänglich sind. Liegt die gerichtliche Maßnahme dagegen von
vornherein außerhalb der Befugnisse, die dem Insolvenzgericht von Gesetzes
wegen verliehen sind, fehlt es an einer insolvenzrechtlichen Regelung, für die
das Enumerationsprinzip gelten könnte (BGHZ 158, 212, 215). Zwangsmaß-
nahmen gegen am Eröffnungsverfahren nicht beteiligte Dritte sieht die Insol-
venzordnung nicht vor.
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Dass die Durchsuchung bereits stattgefunden hat, steht der Zulässigkeit
beider Rechtsmittel ebenfalls nicht entgegen. Sofortige Beschwerde und
Rechtsbeschwerde setzen zwar wie jedes andere Rechtsmittel auch eine Be-
schwer des Rechtsmittelführers voraus, die im Zeitpunkt der Entscheidung noch
gegeben sein muss (BGH, Beschl. v. 12. Oktober 2006 - IX ZB 34/05, WM
2006, 2329, 2330). Trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels
kann ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung jedoch fortbestehen, wenn
das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage in besonde-
rer Weise schutzwürdig ist, etwa dann, wenn das gerichtliche Verfahren dazu
dient, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beein-
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trächtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen (BVerfGE 96,
27, 40). Darüber hinaus kommt ein trotz Erledigung fortbestehendes Rechts-
schutzinteresse in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe in Betracht. Hier-
unter fallen insbesondere solche Eingriffe, die unter Richtervorbehalt stehen
und nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt sind,
in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozess-
ordnung vorgegebenen Instanz kaum erlangen kann (BVerfGE 104, 220,
232 ff). Ein Rechtsschutzinteresse trotz prozessualer Überholung hat das Bun-
desverfassungsgericht insbesondere nach Durchsuchungen von Wohn- und
Geschäftsräumen angenommen (BVerfGE 107, 299, 337 f; 110, 77, 89 ff). Das
Rechtsschutzbedürfnis folgt in einem solchen Fall allein aus dem tiefgreifenden
Grundrechtseingriff (BVerfG ZIP 2008, 2027, 2029).
Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO sind ebenfalls erfüllt. Die
Frage, ob §§ 21, 22 InsO zu Eingriffen in Rechte Dritter berechtigt, ist in Recht-
sprechung und Literatur umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschie-
den.
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bb) Soweit die Rechtsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet.
Der Beschluss des Insolvenzgerichts vom 23. November 2007 ist rechtswidrig,
soweit er den Beteiligten zu 4 ermächtigt, die Geschäftsräume der Beteiligten
zu 2 und zu 3 zu betreten und zu durchsuchen, und verletzt diese in ihren
Rechten.
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(1) Die Insolvenzordnung enthält keine ausdrückliche Regelung, nach
welcher das Insolvenzgericht dem vorläufigen Insolvenzverwalter erlauben
kann, Räume zu betreten und zu durchsuchen, die nicht im Besitz des Schuld-
ners stehen. § 22 Abs. 3 Satz 1 InsO ermächtigt den vorläufigen Insolvenzver-
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walter, "die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachfor-
schungen anzustellen". Diese Regelung ist eindeutig. Sie betrifft die Räume des
Schuldners, nicht die Räume Dritter. Das wird, soweit ersichtlich, in der unterge-
richtlichen Rechtsprechung und in der Literatur auch nicht in Zweifel gezogen.
(2) § 21 Abs. 1 und 2 InsO stellt keine ausreichende gesetzliche Grund-
lage für eine Durchsuchungsanordnung dar. § 21 InsO bestimmt, welche vor-
läufigen Maßnahmen das Insolvenzgericht treffen kann. Dabei enthält § 21
Abs. 2 InsO keine abschließende Regelung, wie sich schon aus dem Einlei-
tungssatz "das Gericht kann insbesondere" ergibt. In diesem Ansatz ist dem
Beschwerdegericht zuzustimmen. Alle beispielhaft aufgeführten Maßnahmen
betreffen jedoch Rechte des Schuldners, die eingeschränkt oder deren Aus-
übung überwacht werden können. Schon deshalb liegt eine Ausdehnung dieser
Ermächtigungsgrundlage auf Eingriffe in Rechte Dritter nicht nahe. Die Rege-
lung war auch nicht in diesem Sinne gemeint. Dies zeigt insbesondere die durch
das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom
26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2710) nachträglich eingefügten Regelung des § 21
Abs. 1 Satz 2 InsO. Das Enumerationsprinzip des § 6 InsO und die dadurch
bewirkte Beschränkung von Rechtsmitteln auf die im Gesetz ausdrücklich ge-
nannten Fälle sollte den zügigen Ablauf des Insolvenzverfahrens gewährleisten
(BT-Drucks. 12/2443, S. 110). Gegen nach § 21 InsO angeordnete Siche-
rungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren war eine sofortige Beschwerde zu-
nächst nicht vorgesehen. Sie wurde nachträglich eingeführt, weil vorläufige Si-
cherungsmaßnahmen nachhaltig in die Rechtsposition des Schuldners eingrei-
fen können und der völlige Ausschluss jedes Rechtsmittels auch verfassungs-
rechtlich bedenklich sei (BT-Drucks. 14/5680, S. 25; vgl. die Nachweise bei Uh-
lenbruck, InsO 12. Aufl. § 21 Rn. 50). Das Rechtsmittel der sofortigen Be-
schwerde ist jedoch, wie gesagt, ausdrücklich dem Schuldner vorbehalten wor-
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den. Würde § 21 InsO auch Eingriffe in (Grund-) Rechte Dritter erlauben, hätte
diesen Dritten zum Ausgleich ebenfalls das Rechtsmittel der sofortigen Be-
schwerde eingeräumt werden müssen.
(3) Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (AG Gelsenkir-
chen ZIP 1997, 2092; AG Duisburg NZI 2000, 38; LG Mainz NZI 2001, 384; AG
Korbach ZInsO 2005, 1060, 1061; dagegen wohl nur LG Göttingen ZInsO 2005,
1280, 1281) sowie in der Literatur (Frind EWiR 2008, 351, 352; Graf-
Schlicker/Voß, InsO § 21 Rn. 30; Hess, Insolvenzrecht § 21 Rn. 106; HK-
InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 20 Rn. 23; Irmen/Werres NZI 2001, 579, 583 f; Pape; in
Kübler/Prütting/Borg, InsO; HambKomm-InsO/Schröder, 3. Aufl. § 21 Rn. 13;
§ 21 Rn. 44; MünchKomm-InsO/Haarmeyer, 2. Aufl. § 22 Rn. 180; Thiemann
DZWiR 2008, 251, 252; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 21 Rn. 10; Vallender
EWiR 1997, 1097 f) dann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegen-
de Verdunkelungshandlungen des Dritten im Zusammenwirken mit dem
Schuldner vorliegen, Durchsuchungen (und andere Zwangsmaßnahmen, vgl.
AG München ZVI 2007, 22, 23 zur Anordnung einer Kontensperre) gegen am
Verfahren nicht beteiligte Dritte für zulässig erachtet werden, wird dies vor allem
mit den Bedürfnissen der Praxis begründet. Auch das Beschwerdegericht hat
für entscheidend gehalten, dass der vorläufige Insolvenzverwalter seine Aufga-
ben dann, wenn Vermögensgegenstände des Schuldners in den alleinigen Ge-
wahrsam Dritter verschoben würden, nicht wahrnehmen könne, wenn ihm keine
Zwangsbefugnisse gegen den Dritten zustünden.
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Vermeintliche oder wirkliche Bedürfnisse der Praxis vermögen das Feh-
len einer verfassungsrechtlich gebotenen Ermächtigungsgrundlage jedoch nicht
zu ersetzen. Die Durchsuchung von Geschäftsräumen greift in das Grundrecht
der Gewahrsamsinhaber aus Art. 13 Abs. 1 GG auf Unverletzlichkeit der Woh-
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nung ein (vgl. zur Erstreckung des Grundrechtsschutzes auf geschäftlich ge-
nutzte Räume, die nicht allgemein zugänglich sind, BVerfGE 120, 274, 309 mit
weiteren Nachweisen; BVerfG NJW 2009, 2518, 2519). Jede Durchsuchung,
auch diejenige durch den Gerichtsvollzieher, stellt ihrer Natur nach regelmäßig
einen schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte Privat- und
Lebenssphäre des Betroffenen dar (BVerfGE 51, 97, 110). Sie bedarf deshalb
gemäß Art. 13 Abs. 2 GG, der auf die gesetzlich vorgesehenen Organe und auf
die gesetzlich vorgeschriebene Form verweist, einer ausreichend bestimmten
gesetzlichen Ermächtigung (BK/Herdegen, GG Art. 13 Rn. 47; Dreier/Hermes,
GG Art. 13 Rn. 33; Jarass/Pieroth, GG 10. Aufl. Art. 13 Rn. 16; Maunz/Dürig/
Herzog/Papier, GG Art. 13 Rn. 21). An einer solchen fehlt es hier. Den Vor-
schriften der §§ 21, 22 InsO lässt sich, wie gezeigt, nicht entnehmen, dass das
Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter zu einer Durchsuchung von
Räumen Dritter ermächtigen kann. Wegen des Fehlens einer hinreichend be-
stimmten Ermächtigungsgrundlage ist es auch nicht möglich, den Eingriff in das
Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung Dritter durch eine Analogie zu
§ 103 StPO zu begrenzen, die Durchsuchungsanordnung also vom Vorliegen
der (engen) Voraussetzungen des § 103 StPO abhängig zu machen und so zu
legitimieren (vgl. Irmen/Werres, aaO). Eine solche Regelung müsste der Ge-
setzgeber treffen.
(4) Der Senatsbeschluss vom 17. Januar 2008 (IX ZB 41/07, NZI 2008,
179 betrifft den Fall des Mitgewahrsams eines Dritten an Räumlichkeiten des
Schuldners. Dass Mitgewahrsamsinhaber die Durchsuchung zu dulden haben,
ist gesetzlich geregelt (§ 758a Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 4 InsO). Der an-
gegriffene Beschluss ist indes nicht von gemeinsam genutzten Räumen, son-
dern von getrennten Räumen der Schuldnerin einerseits, der weiteren Beteilig-
ten zu 2 und zu 3 andererseits ausgegangen.
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b) Hinsichtlich des Antrags auf Herausgabe von Datenträgern bleibt die
Rechtsbeschwerde dagegen ohne Erfolg. Sie ist bereits unzulässig, wie auch
die sofortige Beschwerde insoweit unzulässig war. Die Beteiligten zu 2 und zu 3
machen mit dem Antrag auf "Rückgabe" der kopierten Dateien der Sache nach
einen Folgenbeseitigungsanspruch geltend. Dies ist im Verfahren der sofortigen
Beschwerde gegen eine Durchsuchungsanordnung nicht möglich. Es handelt
sich um einen materiell-rechtlichen Anspruch, der erforderlichenfalls - wenn der
Beteiligte zu 4 auch nach Erlass des vorliegenden Beschlusses die Herausgabe
verweigern sollte - klageweise vor den ordentlichen Gerichten geltend zu ma-
chen ist.
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3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
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Ganter Vill
Lohmann
Fischer
Pape
Vorinstanzen:
AG Bad Neuenahr-Ahrweiler, Entscheidung vom 23.11.2007 - 6 IN 125/07 -
LG Koblenz, Entscheidung vom 15.01.2008 - 2 T 862/07 -