Urteil des BGH vom 18.12.2002

BGH (vollmacht, zpo, zustimmung, mieter, begründung, entgegennahme, wohnung, erhöhung, bag, vermieter)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 72/02
Verkündet am:
18. Dezember 2002
M a y e r,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
MHG (in der bis zum 31. August 2001 geltenden Fassung) § 2 Abs. 2;
BGB n.F. § 558 a;
BGB § 174;
ZPO § 81
a) Zur Angabe von Vergleichswohnungen in einem Mieterhöhungsverlangen.
b) Die zur Verteidigung gegenüber einem Mieterhöhungsverlangen erteilte Prozeß-
vollmacht ermächtigt auch zur Entgegennahme eines während des Verfahrens
abgegebenen (weiteren) Mieterhöhungsverlangens.
c) § 174 BGB findet auf eine von einem Rechtsanwalt im Rahmen des gesetzlichen
Umfangs seiner Prozeßvollmacht abgegebenen Erklärung keine Anwendung.
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2002 - VIII ZR 72/02 - LG Kassel
AG Kassel
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Dezember 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die
Richter Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Dr. Leimert und Dr. Frellesen
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer
des Landgerichts Kassel vom 21. Februar 2002 im Kostenpunkt
und insoweit aufgehoben, als die Klage bezüglich des Hilfsantrags
abgewiesen worden ist.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisions-
verfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagten mieteten im Jahre 1979 vom Rechtsvorgänger des Klä-
gers eine im zweiten Obergeschoß des Hauses W. Allee in
K. gelegene Wohnung. Die monatlich zu zahlende Nettomiete betrug auf-
grund einer zum 1. Januar 1996 erfolgten Erhöhung zuletzt 691,20 DM. Mit
Schreiben vom 6. November 2000 forderte der Kläger die Beklagten auf, einer
Erhöhung des Mietzinses auf 898,56 DM bis spätestens 31. Januar 2001 zuzu-
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stimmen. Zur Begründung verwies der Kläger auf den - höheren - Mietzins für
drei Wohnungen, die im Erdgeschoß, im ersten und im zweiten Obergeschoß
eines Hauses in derselben Straße gelegen sind. In diesem Gebäude befinden
sich auf jedem der genannten Stockwerke zwei Wohnungen. Aus dem Schrei-
ben, welches die Adresse, das Geschoß, die Ausstattung, die Wohnfläche und
den gezahlten Mietzins der Vergleichswohnungen angibt, ist nicht ersichtlich,
welche der beiden jeweils in Betracht kommenden Wohnungen desselben Ge-
schosses benannt werden soll. Die Beklagte hat dem Erhöhungsverlangen nicht
zugestimmt.
Das Amtsgericht hat die auf Zustimmung zur Erhöhung des Mietzinses
ab dem 1. Februar 2001 gerichtete Klage mit Urteil vom 22. Juni 2001, den Be-
klagten zugestellt am 29. Juni 2001, abgewiesen.
Gegen das amtsgerichtliche Urteil hat der Kläger am 30. Juli 2001 Beru-
fung eingelegt. Mit einem an den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ge-
richteten Schreiben vom 30. August 2001, das diesem am selben Tag zugestellt
worden ist, hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers von den Beklagten Zu-
stimmung zur Erhöhung der Miete auf 898,56 DM ab dem 1. November 2001
begehrt. In diesem Schreiben sind zusätzlich zu den Erläuterungen im ersten
Erhöhungsverlangen die Lage der Vergleichswohnungen in den Stockwerken
und deren Mieter angegeben. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat
das Erhöhungsverlangen mit Schreiben an den Klägervertreter vom
6. September 2001 zurückgewiesen, weil er zur Entgegennahme außerprozes-
sual zugesandter Schriftstücke nicht bevollmächtigt sei und dem Schreiben,
was unstreitig ist, keine Vollmacht des Klägervertreters beigefügt war.
Gestützt auf das Erhöhungsverlangen vom 30. August 2001 hat der Klä-
ger in der Berufungsinstanz hilfsweise beantragt, die Beklagten zur Zustimmung
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zu einer Mieterhöhung auf 898,56 DM ab dem 1. November 2001 zu verurtei-
len. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und auch die wei-
tergehende Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht
zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die mit dem Hauptantrag verfolgte Klage auf Zustimmung zur Mieterhö-
hung ab dem 1. Februar 2001 sei unzulässig, weil das Mieterhöhungsverlangen
vom 6. November 2000 mangels ausreichender Bezeichnung der Vergleichs-
wohnungen unwirksam sei. Die Vergleichswohnungen müßten in dem Erhö-
hungsverlangen so genau benannt werden, daß der Mieter die Wohnungen oh-
ne weitere Nachforschungen aufsuchen könne. Daran fehle es hier, weil sich
aus dem Erhöhungsverlangen nicht ergebe, welche der beiden in den jeweili-
gen Geschossen gelegenen Wohnungen gemeint sei.
Der Hilfsantrag auf Zustimmung zur Mieterhöhung ab dem 1. November
2001 sei gleichfalls unzulässig, weil ihm kein wirksames Erhöhungsverlangen
zugrunde liege. Eine Nachholung des Erhöhungsverlangens nach § 2 Abs. 3
Satz 3 MHG erfordere eine vollständige Neuvornahme. Das mit Schreiben vom
30. August 2001 gestellte Erhöhungsverlangen genüge dem nicht, weil es nicht
an den Mieter, die Beklagten, gerichtet worden sei. Der Prozeßbevollmächtigte
der Beklagten sei zu einer Empfangnahme des Erhöhungsverlangens nicht be-
vollmächtigt gewesen. Die ihm zur Verteidigung gegen die Klage erteilte Pro-
zeßvollmacht habe ihn nicht zur Entgegennahme eines weiteren Mieterhö-
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hungsverlangens befugt. Eine Prozeßvollmacht erstrecke sich nach § 81 ZPO
nur auf den Rechtsstreit betreffende Prozeßhandlungen. Das zweite Mieterhö-
hungsverlangen sei jedoch, da jeder auf ein gesondertes Mieterhöhungsverlan-
gen gestützte Anspruch einen eigenen Streitgegenstand bilde, am 30. August
2000 nicht Streitgegenstand des Prozesses gewesen. Ob das Erhöhungsver-
langen darüber hinaus wegen der auch auf die Nichtvorlage einer Vollmacht
gestützten Zurückweisung unwirksam sei, könne deshalb dahingestellt bleiben.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nur hin-
sichtlich des Hauptantrages, nicht jedoch hinsichtlich des Hilfsantrages stand.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Abweisung des
Hauptantrages des Klägers, die Beklagten zur Zustimmung zur Mieterhöhung
mit Wirkung ab dem 1. Februar 2001 zu verurteilen. Das Berufungsgericht hat
zu Recht angenommen, daß das Mieterhöhungsverlangen des Klägers vom
6. November 2000, auf das nach Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB die Vor-
schrift des § 2 MHG in der bis zum 31. August 2001 geltenden Fassung anzu-
wenden ist, unwirksam ist, weil die zur Begründung des Erhöhungsverlangens
herangezogenen Vergleichswohnungen nicht hinreichend genau benannt wur-
den.
a) Das für ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nach § 2 Abs. 2
MHG (jetzt: § 558 a BGB) bestehende Begründungserfordernis soll dem Mieter
konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens
geben, damit er während der Überlegungsfrist des § 2 Abs. 3 Satz 1 MHG die
Berechtigung der Mietzinserhöhung überprüfen und sich darüber schlüssig
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werden kann, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmt oder nicht. Erfolgt die
Begründung anhand von Vergleichswohnungen, so soll der Mieter durch die
Benennung von "einzelne(n)" Wohnungen die Möglichkeit haben, sich über die
Vergleichswohnungen zu informieren und die behauptete Vergleichbarkeit
nachzuprüfen (BGHZ 84, 392, 395 f. m.w.Nachw.). Die Vergleichswohnungen
müssen deshalb so genau bezeichnet werden, daß der Mieter sie ohne nen-
nenswerte Schwierigkeiten auffinden kann (vgl. Barthelmeß, Wohnraumkündi-
gungsschutzgesetz, Miethöhegesetz, 5. Aufl., § 2 MHG Rdnr. 107; Emmerich/
Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 2 MHG Rdnr. 60; Schmidt-Futterer/
Börstinghaus, Mietrecht, 7. Aufl., § 2 MHG Rdnr. 438; Schultz in: Bub/Treier,
Handbuch des Mietrechts, 3. Aufl., III Rdnr. 434; Soergel/Heintzmann, BGB,
12. Aufl., § 2 MHG Rdnr. 75).
b) Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen ausgehend zu
Recht dazu gelangt, daß die Angaben des Klägers im Mieterhöhungsschreiben
vom 6. November 2000 nicht ausreichend waren. Befinden sich nämlich, wie im
vorliegenden Fall, in einem Mehrfamilienhaus mit mehreren Geschossen auf
derselben Ebene mehr als eine Wohnung, sind für die Auffindbarkeit der Woh-
nung über die Angabe der Adresse und des Geschosses hinaus weitere Anga-
ben erforderlich. Solche Angaben können die Beschreibung der genauen Lage
der Wohnung im Geschoß, die Bezeichnung einer nach außen erkennbaren
Wohnungsnummer oder der Name des Mieters sein. Zu Unrecht meint die Re-
vision, weitere Angaben seien hier deshalb nicht erforderlich gewesen, weil bei
nur zwei Wohnungen in derselben Etage die Beklagte bei einer der beiden
Mietparteien hätte nachfragen und auf diesem Weg die gemeinte Vergleichs-
wohnung ermitteln können. Um die Wohnung auf diesem Weg aufzufinden,
müßten beide Mieter nach der Miethöhe, der Größe der Wohnung und ihrer
Ausstattung befragt und deren Angaben mit denen im Mieterhöhungsverlangen
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verglichen werden. Sind solche Nachforschungen aber notwendig, ist das Auf-
finden der Vergleichswohnung nicht mehr unschwer möglich.
c) Das Erfordernis, in einem Mieterhöhungsverlangen zum Zweck der
Identifizierung der benannten Vergleichswohnungen auch deren Lage innerhalb
eines Geschosses anzugeben, verletzt den Vermieter weder in seinem Eigen-
tumsrecht (Art. 14 GG) noch in seinem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz
(Art. 19 Abs. 4 GG). Zwar dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts bei der Handhabung der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 2
Abs. 2 und 3 MHG an die Begründung des Mieterhöhungsverlangens nicht An-
forderungen gestellt werden, durch die die mit dem Mieterhöhungsverfahren
verbundenen Schwierigkeiten einseitig zu Lasten des Vermieters gehen
(BVerfGE 49, 244, 250, 79, 80, 84; BVerfG NJW-RR 1993, 1485). Das Bundes-
verfassungsgericht hat es jedoch als zumutbar angesehen, daß der Vermieter
dem Mieter diejenigen Informationen übermitteln muß, die diesem eine eigene
Nachprüfung des Mieterhöhungsverlangens ermöglichen (vgl. BVerfGE 79, 80,
85). Dazu zählen jedenfalls diejenigen Angaben, die für die Identifizierbarkeit
der Vergleichswohnungen erforderlich sind. Soweit in der Entscheidung BVerf-
GE 49, 244, 251 eine Angabe über die "Lage in der Etage" als nicht notwendig
angesehen wurde, beruhte dies darauf, daß in dem zugrundeliegenden Fall der
Vermieter neben der Adresse auch den Namen des Wohnungsinhabers ange-
geben hatte und anhand dessen die gemeinte Wohnung unschwer feststellbar
war.
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Abweisung des
Hilfsantrags, mit dem der Kläger aufgrund des Mieterhöhungsverlangens vom
30. August 2001 Zustimmung zur Erhöhung des Mietzinses ab dem
1. November 2001 begehrt. Nicht zu beanstanden ist zwar der Ausgangspunkt
des Berufungsgerichts, die Nachholung eines Mieterhöhungsverlangens im
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Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 2 MHG, der nach Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB
auch auf das am 30. August 2001 dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten
zugegangene Erhöhungsverlangen Anwendung findet, erfordere eine vollstän-
dige Neuvornahme des Mieterhöhungsverlangens (LG Osnabrück, WuM 1985,
316; LG Berlin ZMR 1998, 430; LG Oldenburg NZM 2000, 31; Emmerich/
Sonnenschein aaO, § 2 MHG Rdnr. 78; Fischer in: Bub/Treier, aaO VIII
Rdnr. 69; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III Rdnr. 710). Zu Unrecht hat das Beru-
fungsgericht aber angenommen, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten sei
zur Entgegennahme des Mieterhöhungsverlangens nicht bevollmächtigt gewe-
sen. Vielmehr berechtigte die dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten er-
teilte Prozeßvollmacht ihn auch zum Empfang des zweiten Mieterhöhungsver-
langens.
a) Eine Prozeßvollmacht ermächtigt nach § 81 ZPO den Bevollmächtig-
ten zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozeßhandlungen. "Prozeßhand-
lungen" im Sinne dieser Vorschrift sind auch materiell-rechtliche Willenserklä-
rungen, wenn sie sich auf den Gegenstand des Rechtsstreits beziehen, weil sie
zur Rechtsverfolgung innerhalb des Prozeßziels oder zur Rechtsverteidigung
dienen (vgl. BGHZ 31, 206, 209; BGH, Urteil vom 20. März 1992 - V ZR 7/91,
NJW 1992, 1963 unter II 3; BAG, Urteil vom 10. August 1977 - V AZR 394/76,
AP § 81 ZPO Nr. 2 = BB 1978, 208 unter I 1 a aa; Jauernig, Zivilprozeßrecht,
27. Aufl., § 21 IV.; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 81 Rdnr. 8 und 10; a.A.
MünchKomm-ZPO/v. Mettenheim, 2. Aufl., § 81 Rdnr. 7 ff.). Solche Erklärungen
sind auch dann von der Prozeßvollmacht umfaßt, wenn sie außerhalb des Pro-
zesses abgegeben werden (BAG aaO, Jauernig aaO, Stein/Jonas/Bork aaO
Rdnr. 10 m.w.Nachw.; vgl. auch BGHZ 31, 206, 209). Im gleichen Umfang, wie
die Prozeßvollmacht zur Abgabe von Erklärungen befugt, ermächtigt sie auch
den Prozeßbevollmächtigten der Gegenseite zu deren Entgegennahme
(MünchKomm-ZPO/v. Mettenheim, aaO Rdnr. 12; Stein/Jonas/Bork, aaO
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Rdnr. 13), so beispielsweise zum Empfang einer im Zusammenhang mit einer
Räumungsklage oder einer arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzklage abgege-
benen Folgekündigung (vgl. BGH, Beschluß vom 23. Februar 2000 - XII ZR
77/98, NJW-RR 2000, 745 und BAG, Urteil vom 21. Januar 1988 - 2 AZR
581/86, NJW 1988, 2691 unter II 2 d).
b) Die Vollmacht, die die Beklagten ihrem Prozeßbevollmächtigten zur
Verteidigung gegen die auf das erste Mieterhöhungsverlangen gestützte Klage
erteilt hatten, berechtigte ihn danach auch zur Entgegennahme des zweiten
Mieterhöhungsverlangens vom 30. August 2001. Dieses Mieterhöhungsverlan-
gen lag innerhalb des vom Kläger verfolgten Prozeßzieles, denn damit wurde
Zustimmung zur Mieterhöhung um denselben Betrag begehrt wie mit dem in
erster Instanz gestellten Klageantrag. Daß die Erhöhung des Mietzinses im
zweiten Erhöhungsverlangen mit Rücksicht auf die Zustimmungsfrist des § 2
Abs. 3 MHG erst ab einem späteren Zeitpunkt, ab dem 1. November 2001 an,
beansprucht wurde, stellte lediglich eine Einschränkung gegenüber dem Klage-
antrag dar. Eine das bisherige Begehren lediglich einschränkende Klageände-
rung läßt die Identität des Rechtsschutzbegehrens unberührt.
Dem sachlichen Zusammenhang zwischen der bereits erhobenen Miet-
erhöhungsklage und dem Mieterhöhungsverlangen vom 30. August 2001 steht
nicht entgegen, daß jedes Mieterhöhungsverlangen einen selbständigen Klage-
grund bildet. Zwar liegt in der nachträglichen Begründung der Klage mit einem
weiteren Mieterhöhungsverlangen eine Klageänderung. Bereits deshalb, weil in
§ 2 Abs. 3 Satz 2 MHG ausdrücklich zugelassen ist, daß der Vermieter das
Mieterhöhungsverlangen - nunmehr wirksam - im Rechtsstreit nachholen kann,
ist diese Änderung in aller Regel als sachdienlich anzusehen (vgl. Musie-
lak/Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 263 Rn. 3 und Fischer in: Bub/Treier aaO, VIII
Rn. 79). Sie verändert nicht das Prozeßziel der ursprünglichen Klage, sondern
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dient dessen Weiterverfolgung, indem dasselbe Begehren auf eine weitere tat-
sächliche Begründung gestützt wird. Da der Gesetzgeber dem Vermieter in § 2
Abs. 3 Satz 2 MHG die Möglichkeit eingeräumt hat, ein weiteres Mieterhö-
hungsverlangen nachzuschieben, ist im Rechtsstreit über das ursprüngliche
Mieterhöhungsverlangen von vornherein damit zu rechnen, daß die Klage dann
um ein erneutes Mieterhöhungsverlangen erweitert wird, gegen das sich der
Mieter noch im anhängigen Rechtsstreit verteidigen muß. Auch aus diesem
Grunde dient die Prozeßvollmacht seines Prozeßbevollmächtigten zugleich der
Rechtsverteidigung gegen das weitere Mieterhöhungsverlangen des Vermieters
in demselben Verfahren und erstreckt sich deshalb auch auf die Entgegennah-
me eines weiteren Mieterhöhungsverlangens des Vermieters.
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Hilfsantrag stellt
sich auch nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis richtig dar (§ 561
ZPO n.F.). Das Mieterhöhungsverlangen des Klägers vom 30. August 2001 ist
nicht wegen der vom Prozeßbevollmächtigten der Beklagten unter Hinweis auf
die fehlende Vorlage einer Vollmacht erfolgten Zurückweisung nach § 174
Satz 1 BGB unwirksam. Es kann dahingestellt bleiben, ob die für einseitige
Rechtsgeschäfte geltende Regelung des § 174 BGB auf ein Mieterhöhungs-
verlangen nach § 2 MHG entsprechend anzuwenden ist (so OLG Hamm (RE)
NJW 1982, 2076). Ein Recht des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten zur
Zurückweisung des Mieterhöhungsverlangens vom 30. August 2001 bestand
jedenfalls deshalb nicht, weil § 174 BGB auf eine von einem Rechtsanwalt im
Rahmen des gesetzlichen Umfangs seiner Prozeßvollmacht abgegebene Erklä-
rung keine Anwendung findet (so im Ergebnis, jedoch mit unterschiedlicher Be-
gründung: BAG, Urteil vom 10. August 1977, aaO, unter I.1 a; LG Tübingen,
NJW-RR 1991, 972; Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 174 Rdnr. 4; Rim-
melspacher, Anmerkung zu BAG AP § 81 ZPO Nr. 2 unter II 2 b; Soer-
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gel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 174 Rdnr. 4; Fischer in: Bub/Treier, aaO VIII
Rdnr. 71; a.A.: LG Dortmund AnwBl. 1984, 222; LG Karlsruhe WuM 1985, 320).
Die Vorschriften der §§ 78 ff. ZPO bilden für die Prozeßvollmacht ein
Sonderrecht. Die allgemeinen Regeln der §§ 164 ff. BGB finden auf die Pro-
zeßvollmacht nur insoweit Anwendung, als die Zivilprozeßordnung auf sie ver-
weist oder in ihnen allgemeine Rechtsgedanken der Stellvertretung zum Aus-
druck kommen (Soergel/Leptien aaO, Vor § 164 Rdnr. 80). Das ist beim Zu-
rückweisungsrecht des § 174 BGB jedenfalls gegenüber einem Rechtsanwalt
nicht der Fall.
Das Zurückweisungsrecht des § 174 BGB dient dem Schutz desjenigen,
demgegenüber im Namen eines anderen ein einseitiges Rechtsgeschäft vorge-
nommen wird, weil dieser einerseits keine Gewißheit darüber hat, ob der als
Bevollmächtigter Auftretende über eine entsprechende Vollmacht verfügt und
andererseits eine Genehmigung durch den Vertretenen bei einseitigen Rechts-
geschäften nach § 180 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom
4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79, NJW 1981, 1210 unter II 3 b bb unter Bezug
auf die Motive zum Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches, 1888, Bd. I,
S. 240 und 245). Die Regelung ist danach auf die bürgerlich-rechtliche Voll-
macht zugeschnitten, die formfrei erteilt und willkürlich beschränkt werden kann.
Demgegenüber ist für die Prozeßvollmacht in § 88 Abs. 1 in Verbindung mit
Abs. 2, 2. Halbs. ZPO bestimmt, daß beim Auftreten eines Rechtsanwaltes als
Bevollmächtigten der Mangel der Vollmacht vom Gericht nur bei einer - in jeder
Lage des Verfahrens zulässigen - Rüge des Prozeßgegners von Amts wegen
zu berücksichtigen ist.
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III.
Das Berufungsurteil ist dementsprechend hinsichtlich der Entscheidung
über den Hilfsantrag aufzuheben (§ 562 ZPO n.F.) und der Rechtsstreit an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen. Eine eigene Sachentscheidung ist dem
Revisionsgericht verwehrt, weil das Berufungsgericht zu den weiteren Voraus-
setzungen eines Anspruchs des Klägers auf Zustimmung zur Mieterhöhung
gemäß dem Hilfsantrag noch keine Feststellungen getroffen hat.
Dr. Deppert Dr. Hübsch Dr. Beyer
Dr. Leimert Dr. Frellesen