Urteil des BGH vom 06.07.2005
BGH (ehefrau, höhe, ehemann, beschwerde, reformatio in peius, bfa, 1995, ausgleich, verschlechterungsverbot, sache)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 29/00
vom
6. Juli 2005
in der Familiensache
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juli 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose
beschlossen:
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 4. Zivilsenats
- zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivil-
senate in Augsburg, vom 15. Februar 2000 wird auf Kosten des
Antragsgegners zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 511 € (= 1.000 DM)
Gründe
I.
Die am 8. September 1989 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf
den dem Ehemann (Antragsgegner) am 22. Januar 1996 zugestellten Antrag
der Ehefrau (Antragstellerin) durch Verbundurteil des Amtsgerichts - Familien-
gericht - vom 29. Juli 1997 geschieden (insoweit rechtskräftig seit 9. September
1997) und u.a. der Versorgungsausgleich geregelt.
Während der Ehezeit (1. September 1989 bis 31. Dezember 1995;
§ 1587 Abs. 2 BGB) erwarben die Parteien Rentenanwartschaften der gesetzli-
chen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
(Verfahrensbeteiligte zu 1, BfA), deren Höhe das Amtsgericht zunächst mit
383,68 DM (Ehefrau, geb. 7. Juni 1965) und 402,60 DM (Ehemann, geb.
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10. Mai 1964) angenommen hatte. Außerdem erwarb die Ehefrau während der
Ehe Rentenanwartschaften beim Bankenversicherungsverein, deren Höhe das
Amtsgericht zunächst mit 278,88 DM angenommen hat. Das Amtsgericht hat
- im Wege des erweiterten Splittings - vom Versicherungskonto der Ehefrau bei
der BfA auf das Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA Rentenan-
wartschaften in Höhe von 81,20 DM, monatlich und bezogen auf den 31. De-
zember 1995, übertragen. Außerdem hat es die Ehefrau verpflichtet, durch Bei-
tragszahlung in Höhe von 10.004,13 DM auf dem Versicherungskonto des
Ehemannes bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von 48,78 DM, monat-
lich und bezogen auf den 31. Dezember 1995, zu begründen.
Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht die Ent-
scheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Behand-
lung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Das Amtsgericht
hat neue Auskünfte über die Versorgungsanrechte der Ehefrau eingeholt. De-
ren in der Ehezeit erworbene Rentenanwartschaften bei der BfA betragen da-
nach 438,23 DM. Die Rentenanwartschaften der Ehefrau beim Bankenversiche-
rungsverein umfassen Anrechte auf eine jährliche Stammrente, deren Höhe
- unter Einschluß außerehelicher Zeiten - 3.308,05 DM jährlich beträgt, außer-
dem Anrechte auf eine Überschußrente, deren Höhe das Amtsgericht mit
324,32 DM jährlich festgestellt hat. Sodann hat das Amtsgericht - unter Hinweis
auf das Verschlechterungsverbot - im Wege des erweiterten Splittings vom Ver-
sicherungskonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von
81,20 DM, monatlich und bezogen auf den 31. Dezember 1995, auf das Versi-
cherungskonto des Ehemannes bei der BfA übertragen; den Ausgleich der wei-
tergehenden Anwartschaften der Ehefrau beim Bankenversicherungsverein in
Höhe von 48,78 DM hat es dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vor-
behalten.
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Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Ehemannes hat das Ober-
landesgericht vom Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA auf das Versi-
cherungskonto des Ehemannes bei der BfA - im Wege des Splittings - Renten-
anwartschaften in Höhe von 17,82 DM sowie - im Wege des erweiterten Split-
tings - weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 81,20 DM, jeweils monatlich
und bezogen auf den 31. Dezember 1995, übertragen. Hiergegen wendet sich
der Ehemann mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen weiteren Be-
schwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Oberlandesgericht geht davon aus, daß die Ehefrau in der Ehe-
zeit Rentenanwartschaften in Höhe von insgesamt 698,52 DM erworben hat,
von denen die Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der
BfA 438,23 DM betrügen. Die Anrechte der Ehefrau beim Bankenversiche-
rungsverein hat das Oberlandesgericht als volldynamisch angesehen. Dabei hat
es für die Anrechte auf die Stammrente gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB ei-
nen Ehezeitanteil in Höhe von (3.308,05 DM : 12 = 275,67 DM x 66 Monate der
in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit : 78 Monate der gesamten Be-
triebszugehörigkeit =) 233,26 DM monatlich ermittelt. Den Ehezeitanteil der An-
rechte der Ehefrau auf Überschußrente beim Bankenversicherungsverein hat
es mit (324,32 DM : 12 =) 27,03 DM monatlich in Ansatz gebracht.
Da den Anrechten der Ehefrau auf Seiten des Ehemannes (nur) Renten-
anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BfA in Höhe von
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402,60 DM gegenüberstünden, ergebe sich eine Differenz von (698,52 - 402,60
=) 295,92 DM, die hälftig - mithin in Höhe von 147,96 DM - dem Ehemann zu-
stehe. Dabei sei ein Teilbetrag von (438,23 - 402,60 : 2 =) 17,82 DM im Wege
des Splittings auszugleichen. Der überschießende Ausgleichsbetrag von
(147,96 - 17,82 =) 130,14 DM entfalle auf die Anwartschaften beim Bankenver-
sicherungsverein, die grundsätzlich schuldrechtlich auszugleichen seien. Aller-
dings könnten insoweit - bis zu dem in § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorgesehenen
Höchstbetrag - die der Ehefrau zustehenden Anwartschaften der gesetzlichen
Rentenversicherung bei der BfA im Wege des erweiterten Splittings zum Aus-
gleich herangezogen und auf den Ehemann in Höhe von 81,20 DM übertragen
werden. Dem schuldrechtlichen Ausgleich verbliebe dann nur ein Restbetrag
von 48,94 DM. Hinsichtlich dieses Restbetrags komme ein - an sich möglicher -
öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG
nicht in Betracht, da der Ehefrau nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen die
Erbringung von Beitragszahlungen zur Begründung von Rentenanwartschaften
für den Ehemann nicht zumutbar sei.
2. Diese Ausführungen lassen Rechtsfehler zum Nachteil des Eheman-
nes nicht erkennen.
a) Die weitere Beschwerde des Ehemannes rügt, die angefochtene Ent-
scheidung verstoße gegen das Verschlechterungsverbot. Damit hat sie keinen
Erfolg.
Durch das Verbundurteil des Amtsgerichts sind im Wege des Splittings
Rentenanwartschaften der Ehefrau in Höhe von 81,20 DM auf den Ehemann
übertragen worden; gleichzeitig ist die Ehefrau verpflichtet worden, für den
Ehemann Rentenanwartschaften in Höhe von 48,78 DM zu begründen. Diese
Entscheidung ist von der Ehefrau mit der Beschwerde angegriffen worden; auf
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diese Beschwerde hin konnte der den Versorgungsausgleich betreffende Teil
des Verbundurteils deshalb zugunsten der Ehefrau und zum Nachteil des Ehe-
mannes abgeändert werden. Eine solche Abänderung hat das - nach Aufhe-
bung und Zurückverweisung - mit der Sache erneut befaßte Amtsgericht vorge-
nommen, indem es zwar die Übertragung von Rentenanwartschaften der Ehe-
frau auf den Ehemann in Höhe von 81,20 DM beibehalten hat, jedoch von einer
Verpflichtung der Ehefrau, für den Ehemann weitere Rentenanwartschaften
durch Beitragszahlung zu begründen, abgesehen hat. Mit seiner dagegen ge-
richteten Beschwerde hat der Ehemann zwar begehrt, die Verpflichtung der
Ehefrau zur Begründung von Rentenanwartschaften wiederherzustellen; dieses
Begehren konnte das Oberlandesgericht jedoch ablehnen, ohne gegen das
Verschlechterungsverbot zu verstoßen.
Soweit das Oberlandesgericht - über die bereits vom Amtsgericht im
Wege des erweiterten Splittings übertragenen Rentenanwartschaften in Höhe
von 81,20 DM hinaus - im Wege des Splittings - Rentenanwartschaften der
Ehefrau in Höhe von weiteren 17,82 DM auf den Ehemann übertragen hat, ist
der Ehemann nicht beschwert. Die vom Oberlandesgericht erörterte - und ver-
neinte - Frage, ob insoweit ein Verstoß gegen das Verbot der reformatio in pei-
us zu Lasten der Ehefrau vorliegt, kann deshalb hier dahinstehen.
b) In der Sache verfolgt die weitere Beschwerde des Ehemannes das
Anliegen, die Ehefrau zu verpflichten, für den Ehemann zum Ausgleich des auf
die Betriebsrente entfallenden und nicht bereits im Wege des erweiterten Split-
tings ausgeglichenen Teilbetrags durch Beitragszahlung Rentenanwartschaften
der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen. Auch mit diesem Anliegen
dringt die weitere Beschwerde nicht durch.
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Nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG steht es im pflichtgemäßen Ermessen
des Tatrichters, ob und in welchem Umfang er den ausgleichsverpflichteten
Ehegatten zu Beitragszahlungen heranzieht. Das Gericht der weiteren Be-
schwerde kann nur prüfen, ob der Tatrichter sein Ermessen unsachgemäß oder
in einer mit den gesetzlichen Maßstäben nicht übereinstimmenden Weise aus-
geübt und die ihm eingeräumten Ermessensgrenzen überschritten hat oder we-
sentliche Gesichtspunkte nicht erwogen hat, die für die Beurteilung hätten he-
rangezogen werden können (Senatsbeschluß vom 9. Oktober 1996 - XII ZB
188/94 - FamRZ 1997, 166, 168). Das Oberlandesgericht hat die wirtschaftliche
Situation der Ehefrau umfassend gewürdigt. Es hat die fehlende weitere Belast-
barkeit der Eigentumswohnung der Antragstellerin ebenso erwogen wie die Un-
sicherheiten ihres Arbeitsplatzes und die durch ihre Schwangerschaft bedingte
Einschränkung ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit. Diese Erwägungen lassen für
das Verfahren der weiteren Beschwerde bedeutsame Rechtsfehler nicht erken-
nen. Auch die weitere Beschwerde zeigt solche Rechtsfehler nicht auf.
Hahne
Sprick
Weber-Monecke
Wagenitz
Dose