Urteil des BGH vom 23.06.2000

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 165/00
vom
23. Juni 2000
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun-
desanwalts am 23. Juni 2000 gemäß §§ 154 Abs. 2, 206 a Abs. 1, 349 Abs. 2
und 4 StPO einstimmig beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des
Landgerichts Darmstadt vom 10. Januar 2000 wird
1. das Verfahren eingestellt, soweit dem Angeklagten zur
Last liegt,
a) nach dem 11. November 1997 in zwei Fällen jeweils
100 g Kokain an B. und
b) am 27. November 1997 in zwei Fällen in Darmstadt an
unbekannte Abnehmer Kokain verkauft zu haben;
im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfah-
rens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der
Staatskasse zur Last;
2. die Urteilsformel dahin geändert, daß der Angeklagte des
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in elf Fällen und des Handeltreibens mit Betäu-
bungsmitteln in 68 Fällen schuldig ist,
3. das Urteil im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe mit
den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
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II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten
des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-
richts zurückverwiesen.
III. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-
bungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen und Handeltreibens mit Be-
täubungsmitteln in 70 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren
verurteilt. Wegen weitergehender Vorwürfe des Handeltreibens mit Betäu-
bungsmitteln hat es ihn freigesprochen.
Die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Ange-
klagten hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im üb-
rigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Soweit dem Angeklagten vorgeworfen wurde, in den Monaten September
bis November 1997 in mindestens 12 Fällen an B. jeweils 100 g Kokain
verkauft zu haben (Fälle 1 bis 12 des Urteils - UA S. 3), hat der Senat mit Zu-
stimmung des Generalbundesanwalts das Verfahren in zwei Fällen (Taten be-
gangen nach dem 11. November 1997) gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
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Wegen Verbrauchs der Strafklage einzustellen war das Verfahren dar-
über hinaus, soweit dem Angeklagten zur Last lag, am 27. November 1997 in
zwei Fällen jeweils eine Plombe mit 0,1 g Kokain verkauft zu haben (Fälle 14
bis 23 des Urteils UA S. 4). Der Angeklagte ist nämlich durch rechtskräftigen
Strafbefehl des Amtsgerichts Darmstadt vom 9. Dezember 1998 (Az.: 212 Cs
18 Js 7064/98) wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden,
weil er ”am 27. November 1997 zwei Plömbchen Kokain von je 0,3 g an einen
Dritten verkauft hat”. Zwar decken sich Abnehmer und Menge des Rauschgifts
sowie der Ort des Verkaufs nicht mit den Feststellungen, die der Verurteilung in
den Fällen 14 bis 23 des Urteils (UA S. 4) zugrunde liegen. Angesichts des
engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhanges und der Gleichartigkeit des
verkauften Rauschgifts ist aber davon auszugehen, daß die verkauften Mengen
insgesamt aus einem Vorrat stammten, so daß es sich unter dem Gesichts-
punkt der Bewertungseinheit bei allen Verkäufen am 27. November 1997 um
eine Tat im Rechtssinne handelt (vgl. BGHSt 30, 28, 31; BGH StV 1998,
594 ff.). Für die im vorliegenden Verfahren abgeurteilten Taten vom 27. No-
vember 1997 besteht deshalb das Verfahrenshindernis des Verbrauchs der
Strafklage mit der Folge der Einstellung des Verfahrens. Die für diese Taten
verhängten Einzelstrafen entfallen.
Die Einstellung des Verfahrens hat eine Änderung des Schuldspruchs zur
Folge. Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe kann trotz des erhebli-
chen Umfangs verbleibender Einzelstrafen keinen Bestand haben. Da insge-
samt vier Einzelstrafen in Wegfall kommen (zweimal jeweils zwei Jahre sowie
zweimal jeweils ein Jahr), läßt sich nicht ausschließen, daß das Landgericht
eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte. Zur Bildung einer neuen
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Gesamtfreiheitsstrafe war die Sache daher an eine andere Strafkammer des
Landgerichts zurückzuverweisen.
Jähnke Detter Bode
Otten Rothfuß