Urteil des BGH vom 19.04.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 47/12
Verkündet am:
19. April 2013
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 1191
a) Der Sicherungsnehmer ist nach Maßgabe des allgemeinen Schuldrechts zum
Schadensersatz verpflichtet, wenn er den durch den endgültigen Wegfall des
Sicherungszwecks aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr einer Si-
cherungsgrundschuld nach Bedingungseintritt schuldhaft nicht erfüllt; ist der
Rückgewähranspruch - etwa an einen nachrangigen Grundpfandgläubiger - ab-
getreten worden, steht der Anspruch auf Schadensersatz dem Zessionar zu.
b) Ob der Sicherungszweck endgültig weggefallen ist, richtet sich nach der Siche-
rungsvereinbarung; auch wenn diese eine Revalutierung der Grundschuld er-
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laubt, tritt die aufschiebende Bedingung jedenfalls mit dem endgültigen Ende
der Geschäftsbeziehung ein.
c) Nach einer dem Sicherungsnehmer angezeigten Abtretung kann die
Sicherungsvereinbarung nur unter Mitwirkung des Zessionars inhaltlich geän-
dert werden, soweit die Änderung den Rückgewähranspruch einschließlich der
aufschiebenden
Bedingung
betrifft,
unter
der
dieser
steht.
BGH, Urteil vom 19. April 2013 - V ZR 47/12 - OLG Rostock
LG Rostock
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. April 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
Dr. Kazele
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des 1. Zivilse-
nats des Oberlandesgerichts Rostock vom 21. Dezember 2011
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die beklagte Bank war Inhaberin einer erstrangigen Gesamtgrundschuld,
die auf zwei Grundstücken lastete, sowie einer auf einem weiteren Grundstück
lastenden erstrangigen Grundschuld. Die klagende Sparkasse war Inhaberin
einer auf den drei Grundstücken lastenden nachrangigen Gesamtgrundschuld.
Die zwischen der Klägerin und dem Eigentümer der drei Grundstücke als Siche-
rungsgeber getroffene Sicherungsvereinbarung enthält folgende Klausel:
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„Der Sicherungsgeber tritt hiermit den, auch zukünftigen oder bedingten,
Anspruch auf Rückgewähr aller vor- und gleichrangigen Grundschulden
(Anspruch auf Übertragung oder Löschung oder Verzicht sowie auf Zutei-
lung des Versteiger
ungserlöses) an die Sparkasse ab.“
Die Klägerin zeigte der Beklagten die Abtretung an. In der Folgezeit
übertrug die Beklagte ihre nur noch teilweise valutierenden Grundschulden ge-
gen Zahlung von
rund 150.000 € an eine weitere Bank. Die Erwerberin ließ die
Grundschulden neu valutieren. Später bewilligte sie gegen Zahlung von
450.000
€ deren Löschung im Zusammenhang mit einer Veräußerung der
Grundstücke.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie hätte die Rückgewähr der vorrangi-
gen Grundschulden verlangen können, soweit sie im Zeitpunkt der Übertragung
nicht mehr valutiert hätten. Sie macht einen Schaden von 300.000
€ geltend,
der ihr durch die Nichterfüllung der Rückgewährverpflichtung entstanden sein
soll. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die
Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 ZPO in der Fassung vom 21. Okto-
ber 2011 durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen. Mit der von dem Se-
nat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter; die
Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, für den geltend gemachten Schadenser-
satzanspruch fehle es an einer Rechtsgrundlage. Zwischen den Parteien des
Rechtsstreits bestehe weder ein Schuldverhältnis im Sinne von § 280 BGB
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noch hafte die Beklagte aus Deliktsrecht. Auch aus abgetretenem Recht ergebe
sich kein Anspruch. Die Beklagte habe trotz der Abtretung des Rückgewähran-
spruchs das Recht gehabt, den durch den Rang des Grundpfandrechts mitbe-
stimmten Sicherungsrahmen voll auszuschöpfen. Es mache rechtlich keinen
Unterschied, ob die Beklagte zulässigerweise neu gewährte Kredite durch die
Grundschulden absichere und die Kredite nebst Grundpfandrechten anschlie-
ßend an einen Dritten übertrage, oder ob sie die Grundschulden schon vor der
Revalutierung an einen Dritten übertrage, der sie seinerseits als Sicherungsmit-
tel für neue Kredite verwende. Die Klägerin habe es versäumt, den Anspruch
durch die Eintragung einer Vormerkung zu sichern. Auch der Umstand, dass die
Beklagte die Geschäftsbeziehung mit dem Eigentümer beendet habe und der
Sicherungszweck entfallen sei, schränke die Rechtsposition der Beklagten nicht
ein.
II.
Die Revision hat Erfolg. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
kommt ein Schadensersatzanspruch der Klägerin in Betracht.
1. Den geltend gemachten Schaden kann die Beklagte gemäß § 275
Abs. 4, § 280 Abs. 1 und 3, § 283 BGB unter dem Gesichtspunkt zu ersetzen
haben, dass sie den an die Klägerin abgetretenen Anspruch auf Rückgewähr
von Teilen der vorrangigen Grundschulden infolge der Übertragung der Grund-
schulden und deren anschließende Löschung schuldhaft nicht mehr erfüllen
kann.
a) Ist eine Grundschuld als Kreditsicherheit bestellt worden, kann der
Sicherungsgeber von dem Sicherungsnehmer unter bestimmten Voraussetzun-
gen deren Rückgewähr verlangen. Wann und in welcher Form die Rückgewähr
erfolgen muss, ergibt sich aus der Auslegung des Sicherungsvertrags. Regel-
mäßig ist der Anspruch durch den endgültigen Wegfall des Sicherungszwecks
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aufschiebend bedingt; auch vor Bedingungseintritt kann er abgetreten werden
(vgl. Senat, Urteil vom 5. November 1976 - V ZR 5/75, NJW 1977, 247; BGH,
Urteil vom 10. November 2011 - IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 Rn. 12; Urteil
vom 25. März 1986 - IX ZR 104/85, NJW 1986, 2108, 2110, insoweit in BGHZ
97, 280 ff. nicht abgedruckt).
b) Nach Maßgabe des allgemeinen Schuldrechts ist der Sicherungsneh-
mer als Schuldner des Rückgewähranspruchs zum Schadensersatz verpflichtet,
wenn er den Anspruch nach Eintritt der Bedingung schuldhaft nicht erfüllt (OLG
Saarbrücken, OLGR 2005, 627; Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2009], vor
§ 1191 Rn. 164; Erman/F. Wenzel, BGB, 13. Aufl., § 1191 Rn. 61 aE; Clemen-
te, Recht der Sicherungsgrundschuld, 4. Aufl., Rn. 603; Gaberdiel/Gladenbeck,
Kreditsicherung durch Grundschulden, 8. Aufl., Rn. 776, 781; Schoppmeyer in
Lwowski/Fischer/Langenbucher, Das Recht der Kreditsicherung, 9. Aufl., § 15
Rn. 272; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 2337a; F. Wenzel,
Sicherung von Krediten durch Grundschulden, Rn. 2485, 2487; Freckmann,
BKR 2012, 133, 140; Gnamm, ZIP 1986, 822, 824 f.; im Ergebnis offen gelas-
sen von BGH, Urteil vom 17. Mai 1988 - IX ZR 5/87, NJW-RR 1988, 1146,
1149; Urteil vom 6. Juli 1989 - IX ZR 277/88, BGHZ 108, 237, 247). So kann er
beispielsweise Schadensersatz nach § 275 Abs. 4, § 280 Abs. 1 und 3, § 283
BGB zu leisten haben, wenn die aufschiebende Bedingung für den Rückge-
währanspruch eingetreten ist und er ihn nicht erfüllen kann, weil er die Grund-
schuld dinglich wirksam, aber unter Verletzung seiner Pflichten aus dem Siche-
rungsvertrag an einen Dritten übertragen hat.
c) Inhaber derartiger Sekundäransprüche ist der jeweilige Gläubiger des
Rückgewähranspruchs; ist dieser - etwa an einen nachrangigen Grundpfand-
gläubiger - abgetreten worden, steht der Anspruch auf Schadensersatz dem
Zessionar zu (Gaberdiel/Gladenbeck, aaO, Rn. 782; Gnamm, ZIP 1986, 822,
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824 f.; vgl. auch MünchKomm-BGB/Roth, 6. Aufl., § 398 Rn. 99; Palandt/
Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 398 Rn. 19).
d) Ob der abgetretene Rückgewähranspruch durch eine Vormerkung
gesichert werden könnte (dazu Volmer, MittBayNot 2012, 237, 240; Windel,
KTS 2012, 457, 464 f. mwN), ist für die Entstehung der Schadensersatzpflicht
unerheblich. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klage sei auch wegen
der fehlenden Eintragung einer Vormerkung unschlüssig, trifft schon im Ansatz
nicht zu. Eine Vormerkung dient ausschließlich dem Schutz des Primäran-
spruchs gegen bestimmte Verfügungen. Unterbleibt eine solche Sicherung,
kann zwar der Primäranspruch - hier der Anspruch auf Rückgewähr der vorran-
gigen Grundschulden - vereitelt werden; dadurch wird aber nicht die Entstehung
von Sekundäransprüchen verhindert. Aus dem gleichen Grund stellt es auch
- anders als die Beklagte meint - kein Mitverschulden im Sinne von § 254 Abs. 1
BGB dar, wenn der Zessionar keine Vormerkung eintragen lässt.
e) Unverzichtbare Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist,
dass die aufschiebende Bedingung, unter der der abgetretene Rückgewähran-
spruch steht, eingetreten ist. Denn erst ab dem Bedingungseintritt muss der
Sicherungsnehmer dem Zessionar auf Verlangen die Grundschuld zurückge-
währen.
aa) Wann, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form der Si-
cherungsnehmer dem Sicherungsgeber die Grundschuld zurückgewähren
muss, bestimmt die Sicherungsvereinbarung. Bei einem engen Sicherungs-
zweck, bei dem die Grundschuld nur der Sicherung einer bestimmten Verbind-
lichkeit dient, tritt die aufschiebende Bedingung schon mit der Tilgung der An-
lassverbindlichkeit ein. Ist dagegen ein weiter Sicherungszweck vereinbart, der
eine Revalutierung der Grundschuld erlaubt, kann die Rückgewähr erst dann
verlangt werden, wenn eine solche Revalutierung endgültig nicht mehr in Be-
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tracht kommt; das ist der Fall, wenn die Geschäftsbeziehung endet (BGH, Urteil
vom 10. November 2011 - IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 Rn. 13 ff.; Kesseler,
NJW 2012, 577, 578). Wenn sich aus der Sicherungsvereinbarung nichts ande-
res ergibt, muss die Grundschuld auf Verlangen des Sicherungsgebers auch in
Teilen zurückgewährt werden; dies setzt voraus, dass insoweit eine endgültige
Übersicherung eingetreten ist, mit der der Sicherungszweck entfallen ist (Senat,
Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 53/88, NJW-RR 1990, 455; BGH, Urteil
vom 10. November 2011 - IX ZR 142/10, aaO, Rn. 16; Kesseler, NJW 2012,
577, 578).
bb) Ist der Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld abgetreten, muss
der Zessionar Rechtshandlungen des Zedenten und des Sicherungsnehmers,
die den Bedingungseintritt hinausschieben oder vereiteln, gemäß § 407 Abs. 1
BGB gegen sich gelten lassen, solange der Sicherungsnehmer von der Abtre-
tung keine Kenntnis hat (Gaberdiel/Gladenbeck, aaO, Rn. 889; Clemente,
Recht der Sicherungsgrundschuld, 4. Aufl., Rn. 321; Freckmann, BKR 2012,
133, 137). Hat der Sicherungsnehmer dagegen Kenntnis von der Abtretung er-
langt, so bestimmt die Sicherungsvereinbarung, ob und inwieweit Zedent und
Sicherungsnehmer ohne Zustimmung des Zessionars auf den Bedingungsein-
tritt einwirken dürfen.
(1) Eine nach der Sicherungsvereinbarung zulässige Neuvalutierung
kann der Zessionar nicht verhindern, obgleich sie den Eintritt der aufschieben-
den Bedingung hinausschiebt (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. November 2011
- IX ZR 142/10, aaO, Rn. 14; Gaberdiel/Gladenbeck, aaO, Rn. 884; Erman/F.
Wenzel, BGB, 13. Aufl., § 1191 Rn. 73; Kesseler, NJW 2007, 3466, 3468).
Ebenso wenig kann er sich bei Eintritt des Sicherungsfalls einer nach der Siche-
rungsvereinbarung zulässigen freihändigen Verwertung der Grundschuld wider-
setzen, obwohl der Rückgewähranspruch dadurch erlischt und die Bedingung
nicht mehr eintreten kann (vgl. Senat, Urteil vom 8. Dezember 1978 - V ZR
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221/77, NJW 1979, 717; Gnamm, ZIP 1986, 822, 825). In diesen Fällen verwirk-
licht sich eine dem Rückgewähranspruch aufgrund der getroffenen Sicherungs-
vereinbarung von vorneherein anhaftende Schwäche, die der Zessionar hin-
nehmen muss, weil er den Anspruch nur in dieser Form erworben hat (BGH,
Urteil vom 10. November 2011 - IX ZR 142/10, aaO, Rn. 14). Der Zessionar hat
- vorbehaltlich anderer Vereinbarungen - keinen Anspruch darauf, dass der Si-
cherungsgeber den Eintritt der aufschiebenden Bedingung herbeiführt, etwa
indem er eine nach der Sicherungsvereinbarung zulässige Neuvalutierung un-
terlässt.
(2) Dagegen kann die Sicherungsvereinbarung nach der Abtretung nur
unter Mitwirkung des Zessionars inhaltlich geändert werden, soweit die Ände-
rung den Rückgewähranspruch einschließlich der aufschiebenden Bedingung
betrifft. Denn nachdem der Zedent nicht mehr Inhaber des Anspruchs ist, kann
er nicht mehr über ihn verfügen. Aus diesem Grund bedarf eine in der Siche-
rungsvereinbarung nicht vorgesehene Neuvalutierung der Zustimmung des
Zessionars (BGH, Urteil vom 25. März 1986 - IX ZR 104/85, NJW 1986, 2108,
2011 unter I. 3 d), insoweit bei BGHZ 97, 280 ff. nicht abgedruckt; Erman/
F. Wenzel, BGB, 13. Aufl., § 1191 Rn. 74; Gaberdiel/Gladenbeck, aaO,
Rn. 887; Clemente, ZfIR 2012, 317 f.; Dörrie, ZfIR 1999, 717, 727; Eickmann,
DNotZ 1999, 746; Freckmann, BKR 2012, 133, 137; aA OLG München, DNotZ
1999, 744, 745; Soergel/Konzen, BGB, 13. Aufl., § 1191 Rn. 53). Sofern eine
weite Sicherungsvereinbarung die Neuvalutierung des vorrangigen Grundpfand-
rechts gestattet, tritt die aufschiebende Bedingung jedenfalls mit dem endgülti-
gen Ende der Geschäftsbeziehung ein, also dann, wenn feststeht, dass eine
Neuvalutierung zwischen den Vertragsparteien nicht mehr erfolgen wird. Die
Entscheidung darüber, ob die Geschäftsbeziehung beendet wird, liegt allerdings
regelmäßig bei dem Zedenten, weil die Abtretung des Rückgewähranspruchs
im Zweifel nicht das Kündigungsrecht umfasst (Gaberdiel/Gladenbeck, aaO,
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Rn. 885). Auch die Auswechselung des Zedenten im Wege der Schuldüber-
nahme ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wegen der fortbe-
stehenden Schuld nicht als Ende der Geschäftsbeziehung anzusehen; sie lässt
den Rückgewähranspruch unberührt und bedarf nicht der Zustimmung des
Zessionars (vgl. auch § 418 Abs. 1 Satz 3 BGB; BGH, Urteil vom 1. Oktober
1991 - XI ZR 186/90, BGHZ 115, 241 ff.).
(3) Nichts anderes folgt aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom
9. März 2006, auf das sich die Vorinstanzen gestützt haben (IX ZR 11/05,
BGHZ 166, 319 Rn. 20); dass die Befugnis zur Revalutierung bei einer weiten
Sicherungsvereinbarung jedenfalls mit der Geschäftsbeziehung endet, hat der
Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10. November 2011 präzisiert (IX ZR 142/10,
aaO, Rn. 15). Ob - wie es der Bundesgerichtshof in diesem Urteil ausgeführt
hat - die aufschiebende Bedingung bei einer weiten Sicherungsvereinbarung
schon mit der vollständigen Tilgung der Schulden eintritt und die zulässige Re-
valutierung nur als auflösende Bedingung anzusehen ist (Urteil vom 10. No-
vember 2011 - IX ZR 142/10, aaO, Rn. 16), oder ob die aufschiebende Bedin-
gung erst dann eintritt, wenn feststeht, dass eine Revalutierung nicht mehr er-
folgen wird (so Kesseler, NJW 2012, 577, 579), kann offenbleiben, weil nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts von dem Ende der Geschäftsbezie-
hung zwischen der Beklagten und ihrem Sicherungsgeber auszugehen ist.
2. Daran gemessen kommt ein Anspruch auf Schadensersatz in Be-
tracht.
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten umfasst die Abtretung auch
einen auf Teile der Grundschulden bezogenen Rückgewähranspruch. Richtig ist
zwar, dass der Rückgewähranspruch aufgrund der in der formularmäßigen Si-
cherungsvereinbarung enthaltenen Klausel insgesamt abgetreten worden ist.
Die Frage, ob die aufschiebende Bedingung, unter der der Rückgewähran-
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spruch steht, schon dann eintritt, wenn die Grundschulden nur noch teilweise
valutieren, betrifft aber allein den Inhalt des abgetretenen Anspruchs. Maßgeb-
lich dafür ist die in dem Verhältnis zwischen der Beklagten als vorrangiger
Grundpfandgläubigerin und dem Zedenten getroffene Sicherungsvereinbarung.
Mangels anderer Feststellungen ist für das Revisionsverfahren davon auszuge-
hen, dass diese die üblicherweise geschuldete Rückgewähr von Teilen der
Grundschulden nicht ausschließt.
b) Nach dem bisher festgestellten Sachverhalt können die Vorausset-
zungen für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin auch im Übrigen vor-
liegen. Danach hat die Beklagte, die von der Abtretung Kenntnis hatte, die Ge-
schäftsbeziehung mit dem Zedenten im Zuge der Übertragung der Grundschul-
den an eine andere Bank und der damit verbundenen Ablösung der noch offe-
nen Kredite beendet. Infolgedessen kann im Hinblick auf den nicht mehr valutie-
renden Teil der Sicherungszweck entfallen und die Bedingung für den abgetre-
tenen Rückgewähranspruch eingetreten sein. Die Erfüllung dieses Anspruchs
kann der Beklagten durch die Übertragung der Grundschulden an einen Dritten
und deren nachfolgende Löschung schuldhaft unmöglich geworden sein; dies
kann einen Schaden der Klägerin von 300.000
€ verursacht haben.
3. Schon weil das Berufungsgericht Feststellungen weder zu den auf die
vorrangigen Grundschulden bezogenen Sicherungsvereinbarungen noch zu
dem behaupteten Schaden getroffen hat, ist die Sache nicht entscheidungsreif;
sie ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zu-
rückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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III.
Für die neue Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
Das Berufungsgericht wird zunächst feststellen müssen, ob der Eigentü-
mer der Grundstücke als Zedent überhaupt Inhaber eines Rückgewähran-
spruchs gegen die Beklagte war. Hieran kann es fehlen, wenn die erstrangigen
Grundschulden Forderungen der Beklagten gegen Dritte gesichert haben soll-
ten. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Person des
Sicherungsgebers nicht nach sachenrechtlichen Gesichtspunkten, sondern
durch Auslegung der Sicherungsvereinbarung zu bestimmen. Dabei ist in aller
Regel davon auszugehen, dass der Schuldner der zu sichernden Forderung
Sicherungsgeber sein soll, und zwar auch dann, wenn die Grundschuld - ganz
oder teilweise - auf einem Grundstück lastet, das einem Dritten gehört (näher
Senat, Urteil vom 20. November 2009 - V ZR 68/09, NJW 2010, 935 Rn. 14
mwN). Die Auslegung der Sicherungsvereinbarung kann allerdings auch erge-
ben, dass der Eigentümer in diese eingetreten ist; auch kann ihm der Dritte den
Rückgewähranspruch abgetreten haben, was insbesondere bei einem Eigen-
tumswechsel auch stillschweigend geschehen kann (vgl. BGH, Urteil vom
25. März 1986 - IX ZR 104/85, NJW 1986, 2108, 2110, insoweit in BGHZ 97,
280 ff. nicht abgedruckt; Schoppmeyer in Lwowski/Fischer/Langenbucher, Das
Recht der Kreditsicherung, 9. Aufl., § 15 Rn. 262 f.; Gaberdiel/Gladenbeck,
aaO, Rn. 766; F. Wenzel, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rn. 2280 ff.,
2424). Sollte danach ein Dritter Inhaber des Rückgewähranspruchs gewesen
sein, könnte eine von dem Eigentümer vorgenommene Zession ins Leere ge-
gangen sein. Sekundäransprüche kämen folglich nicht in Betracht. Nachdem
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dieser Gesichtspunkt bisher in dem Verfahren keine Rolle gespielt hat, müssen
die Parteien Gelegenheit haben, ihren Sachvortrag insoweit zu ergänzen.
Stresemann
Roth
Brückner
Weinland
Kazele
Vorinstanzen:
LG Rostock, Entscheidung vom 20.11.2009 - 9 O 333/08 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 21.12.2011 - 1 U 8/10 -