Urteil des BGH vom 29.04.2014

BGH: röhre, erfindung, ausdehnung, patentanspruch, patentgericht, muster, öffnung, form, zustand, minimal

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 20/11
Verkündet am:
29. April 2014
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. April 2014 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski, Hoff-
mann, Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21. Januar 2011 an
Verkündungs Statt zugestellte Urteil des 4. Senats (Nichtigkeits-
senats) des Bundespatentgerichts abgeändert.
Das deutsche Patent 195 49 477 wird dadurch teilweise für nichtig
erklärt, dass die Patentansprüche 1 bis 9 durch folgende Pa-
tentansprüche 1 bis 7 ersetzt werden:
"1. Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in
ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper
einführbar ist, in welchem er ausdehnbar ist, mit
folgenden Merkmalen:
a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11),
welche sich in eine erste Richtung (9) erstre-
cken,
b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern
(12), welche sich in eine zweite, von der ersten
verschiedene Richtung (13) erstrecken,
c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12)
sind aus flachem Metall ausgebildet (nicht aus
Draht) und weisen Schlaufen (14, 16, 18, 20)
auf,
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d) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12)
sind derart verbunden, dass zumindest eine
Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters
(11) zwischen den benachbarten zweiten Mä-
andermustern (12) und zumindest eine Schlau-
fe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12)
zwischen den benachbarten ersten Mäander-
mustern (11) angeordnet ist.
2. Stent nach Anspruch 1, bei dem die ersten und
zweiten Mäandermuster (11, 12) derart verbunden
sind, dass sie geschlossene Zellen (42, 44) bilden,
die eine Vielzahl von Schlaufen (14, 16, 18, 20)
aufweisen.
3. Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in
ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper
einführbar ist, in welchem er ausdehnbar ist, mit
folgenden Merkmalen:
a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11),
welche sich in einer ersten Richtung (9) erstre-
cken,
b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern
(12), welche sich in eine zweite, von der ersten
Richtung verschiedene Richtung (13) erstre-
cken,
c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12)
sind aus flachem Metall ausgebildet (nicht aus
Draht) und sind derart verbunden, dass sie eine
allgemein gleichmäßige, verteilte Struktur aus
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Zellen (42, 44) bilden, so dass bei radialer Aus-
dehnung des Stents seine Gesamtlänge im
Wesentlichen gleich bleibt, da einige Zellen-
elemente des Stents in der Längsrichtung der
Röhre wachsen, während einige Zellenelemen-
te des Stents in der Längsrichtung der Röhre
schrumpfen,
d) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12)
weisen Schlaufen (14, 16, 18, 20) auf und sind
derart verbunden, dass zumindest eine Schlau-
fe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11)
zwischen den benachbarten zweiten Mäander-
mustern (12) und zumindest eine Schlaufe (18,
20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwi-
schen den benachbarten ersten Mäandermus-
tern (11) angeordnet ist.
4. Stent nach einem der Ansprüche 1 bis 3, bei dem
die erste und zweite Richtung (9, 13) orthogonal
sind.
5. Stent nach einem der Ansprüche 1 bis 4, bei dem
bei Ausdehnungen Änderungen in der Form der
Schlaufen (14, 16, 18, 20) dem Stent Steifigkeit ver-
leihen, damit der Stent ein Blutgefäß oder eine an-
dere Körperöffnung auf einem gewünschten inne-
ren Durchmesser halten kann.
6. Stent nach einem der Ansprüche 1 bis 5, bei dem
der Stent in einer der nachfolgenden Arten endbe-
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arbeitet ist: Plattieren mit einem Schutzmaterial,
Einbetten eines Medikaments oder Beschichten mit
einem Material.
7. Stent nach einem der Ansprüche 1 bis 6, bei dem
auch im ausgedehnten Zustand des Stents erste
und zweite Mäandermuster gegeben sind."
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen 2/3 und
die Beklagte 1/3.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents 195 49 477 (Streitpa-
tents), das - unter Inanspruchnahme der Prioritäten zweier US-amerikanischer
Patentanmeldungen vom 28. Juli 1994 und 31. Mai 1995 - am 26. Juli 1995 an-
gemeldet wurde. Das Streitpatent umfasst neun Patentansprüche, von denen
die Patentansprüche 1 und 3 folgenden Wortlaut haben:
"1. Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in ein Blut-
gefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in
welchem er ausdehnbar ist, mit folgenden Merkmalen:
a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welche
sich in eine erste Richtung (9) erstrecken,
b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welche
sich in eine zweite, von der ersten verschiedene Rich-
tung (13) erstrecken,
c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) weisen
Schlaufen (14, 16, 18, 20) auf,
d) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind
derart verbunden, dass zumindest(ens) eine Schlaufe
(14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11) zwischen den
benachbarten zweiten Mäandermustern (12) und zumin-
dest(ens) eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mä-
andermusters (12) zwischen den benachbarten ersten
Mäandermustern (11) angeordnet ist.
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3.
Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in ein Blut-
gefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in
welchem er ausdehnbar ist, mit folgenden Merkmalen:
a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welche
sich in einer ersten Richtung (9) erstrecken,
b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welche
sich in eine zweite, von der ersten Richtung verschiede-
ne Richtung (13) erstrecken,
c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind
derart verbunden, dass sie eine allgemein gleichmäßige,
verteilte Struktur aus Zellen (42, 44) bilden, so dass bei
radialer Ausdehnung des Stents seine Gesamtlänge im
Wesentlichen gleich bleibt, da einige Zellenelemente des
Stents in der Längsrichtung der Röhre wachsen, wäh-
rend einige Zellenelemente des Stents in der Längsrich-
tung der Röhre schrumpfen."
Patentanspruch 2 ist auf Patentanspruch 1, die Patentansprüche 4 bis 9
sind auf die Patentansprüche 1 und 3 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen.
Die Klägerinnen haben geltend gemacht, der Gegenstand der Patentan-
sprüche 1 und 3 gehe über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich ein-
gereichten Fassung hinaus und sei nicht patentfähig, weil er weder neu sei
noch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Der Gegenstand von Patentan-
spruch 3 sei zudem nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fach-
mann ihn ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten
Fassung und mit zwei Hilfsanträgen verteidigt.
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Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen richtet
sich die Berufung der Beklagten, wobei sie das Klagepatent zuletzt mit einem
gegenüber der erteilten Fassung der Patentansprüche abweichenden Hauptan-
trag sowie vier Hilfsanträgen verteidigt. Die Klägerinnen beantragen, die Beru-
fung zurückzuweisen.
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing.
, ein schriftliches Gutachten erstellt, das er in der mündlichen
Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
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- 9 -
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat im zuletzt noch geltend
gemachten Umfang auch Erfolg.
I.
Das Streitpatent betrifft einen Stent. Dabei handelt es sich um ein
Implantat, das in ein Blutgefäß oder ein anderes Hohlorgan des Körpers einge-
bracht und dort aufgeweitet (expandiert) wird, um das Hohlorgan dauerhaft of-
fen zu halten. In der Beschreibung wird erläutert, dass der Stent typischerweise
mittels eines aufblasbaren Ballonkatheters an den gewünschten Ort im Körper
zugeführt und ausgedehnt werde, dass aber auch andere mechanische Vorrich-
tungen bekannt seien, mit denen die Ausdehnung des Stents bewirkt werden
könne (Rn. 2).
Wie in der Beschreibung weiterhin ausgeführt wird, sind Stents mit aus-
dehnbaren röhrenförmigen Implantaten bekannt, die eine Vielzahl von parallel
zur Längsachse der Röhre angeordneten Schlitzen aufweisen. Da die Implanta-
te relativ steif seien, seien sie mit flexiblen schraubenförmigen Verbindern ver-
bunden, so dass die Stents auch durch ein gekrümmtes Blutgefäß zum ge-
wünschten Ort geführt werden könnten. Dabei auftretende Verdrehbewegungen
der schraubenförmigen Verbinder könnten jedoch für das Blutgefäß schädlich
sein. Andere bekannte Stents wiesen deshalb gerade Verbinder auf, die aber
nicht die erforderliche Festigkeit hätten (Rn. 4 f.).
Nach den Angaben des Streitpatents liegt der Erfindung das Problem
zugrunde, einen flexiblen Stent bereitzustellen, der während der Ausdehnung
minimal in der Längsrichtung schrumpft (Rn. 8).
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Nach den Patentansprüchen 1 und 3 jeweils in der Fassung des zuletzt
von den Beklagten verteidigten Hauptantrags soll dies durch einen Stent er-
reicht werden, dessen Merkmale sich - im Wesentlichen mit dem Patentgericht -
wie folgt gliedern lassen (wobei die gegenüber der erteilten Fassung hinzuge-
fügten Merkmale durch Unterstreichungen hervorgehoben sind):
Patentanspruch 1
1
Stent, der als eine Röhre ausgebildet und in ein Blutgefäß
oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in wel-
chem er ausdehnbar ist.
a
Eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11) erstrecken
sich in eine erste Richtung (9).
b
Eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12) erstrecken
sich in eine zweite, von der ersten verschiedene Richtung
(13).
c
Die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind aus
flachem Metall ausgebildet (nicht aus Draht) und weisen
Schlaufen (14, 16, 18, 20) auf.
d
Die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart
verbunden, dass
d.1
zumindest eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mä-
andermusters (11) zwischen den benachbarten
zweiten Mäandermustern (12) und
d.2
zumindest eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mä-
andermusters (12) zwischen den benachbarten ers-
ten Mäandermustern (11) angeordnet ist.
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Patentanspruch 3
3
Stent, der als eine Röhre ausgebildet und in ein Blutgefäß
oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in wel-
chem er ausdehnbar ist.
a
Eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11) erstrecken
sich in einer ersten Richtung (9).
b
Eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12) erstrecken
sich in eine zweite, von der ersten Richtung verschiedene
Richtung (13).
c
Die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind aus
flachem Metall ausgebildet (nicht aus Draht) und sind derart
verbunden, dass sie eine allgemein gleichmäßige, verteilte
Struktur aus Zellen (42, 44) bilden,
c.1
so dass bei radialer Ausdehnung des Stents seine
Gesamtlänge im Wesentlichen gleich bleibt,
c.2
da einige Zellenelemente des Stents in der Längs-
richtung der Röhre wachsen, während einige Zel-
lenelemente des Stents in der Längsrichtung der
Röhre schrumpfen,
d
Die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart
verbunden, dass
d.1
zumindest eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mä-
andermusters (11) zwischen den benachbarten
zweiten Mäandermustern (12) und
d.2
zumindest eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mä-
andermusters (12) zwischen den benachbarten ers-
ten Mäandermustern (12) angeordnet ist.
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Mit einem erfindungsgemäßen Mäandermuster ist, so wird dem Fach-
mann, der ein Ingenieur der Fachrichtung Medizintechnik ist, der sich -
gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Medizinern - mit biomedizinischer Tech-
nik und insbesondere mit der Entwicklung von Gefäßimplantaten befasst und
über mehrjährige berufliche Erfahrungen auf diesem Gebiet verfügt (Urteil des
Patentgerichts, S. 9; Sachverständigengutachten, S. 23), erläutert, ein periodi-
sches Muster um eine Mittellinie gemeint. Bei der in der nachfolgend wiederge-
gebenen Figur 2 gezeigten Ausführungsform hat beispielsweise das erste Mä-
andermuster 11 eine vertikale Mittellinie 9 und das zweite Mäandermuster 12
eine horizontale Mittellinie 13.
Dabei dürfen sich Schlaufen des ersten Mäandermusters nicht vollständig mit
Schlaufen des zweiten Mäandermusters überdecken. Das ergibt sich daraus,
dass erfindungsgemäß zwei (unterschiedliche) Mäandermuster vorgesehen
sind, die sich in zwei (unterschiedliche) Richtungen erstrecken sollen. Danach
ist es zwar möglich, dass Schlaufen des ersten und des zweiten Mäandermus-
ters gemeinsame Abschnitte aufweisen, wie dies beispielsweise in Figur 2 im
Grenzbereich zwischen den Schlaufen 14 und 16 des ersten Mäandermusters
11 und den Schlaufen 18 und 20 des zweiten Mäandermusters 12 verwirklicht
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ist. Hingegen kann - in Übereinstimmung mit dem Patentgericht und dem ge-
richtlichen Sachverständigen - eine vollständige Überdeckung von Schlaufen
des ersten und zweiten Mäandermusters nicht mehr als erfindungsgemäß an-
gesehen werden (vgl. auch Technische Beschwerdekammer, Entscheidung
vom 21. Januar 2011 - T 1967/08 Rn. 2.1, BR 26, S. 5).
Unter dem Begriff "flaches Metall" ist aus Sicht des Fachmanns im Kon-
text der Patentansprüche 1 und 3 ein dünnwandiges Metall zu verstehen. Im
Hinblick darauf, dass es sich bei beiden Patentansprüchen um Erzeugnis- und
nicht um Verfahrensansprüche handelt, kommt es auf die Herstellungsweise
nicht an.
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt
begründet:
Der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 3 in der erteilten Fassung
gehe nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus.
Entgegen der Ansicht der Klägerinnen verstehe der Fachmann die ur-
sprüngliche Anmeldung allerdings so, dass diese sich - über die in den Ausfüh-
rungsbeispielen und Patentansprüchen aufgeführten Ausgestaltungen mit gera-
den und ungeraden ersten Mäandermustern hinaus - auch auf Ausgestaltungen
beziehe, die ausschließlich gerade oder ausschließlich ungerade erste Mäan-
dermuster aufwiesen.
Den Klägerinnen könne auch nicht darin zugestimmt werden, dass in den
ursprünglichen Unterlagen keine Stents offenbart seien, bei denen nicht nur
eine, sondern auch mehrere Schlaufen des zweiten Mäandermusters zwischen
benachbarten ersten Mäandermustern vorhanden sein könnten. Zwar sei in den
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Figuren der ursprünglichen Unterlagen durchgehend gezeigt, dass jeweils eine
Schlaufe 18, 20 des zweiten Mäandermusters 12 zwischen den benachbarten
ersten Mäandermustern 11 angeordnet sei. Der Anmeldung sei jedoch nicht zu
entnehmen, dass die Erfindung auf derartige Ausgestaltungen beschränkt sein
solle.
Die Erfindung werde in Patentanspruch 3 auch so deutlich und vollstän-
dig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Für diesen sei unter
Heranziehung der Beschreibung und der Figuren 4, 5A und 5B ersichtlich, dass
mit Zellen im Sinne des Merkmals 3C die in Figur 4 gezeigten Räume 42 und
44 gemeint seien. Als Zellenelemente seien somit die Schlaufen 14, 16 bzw. 18,
20 anzusehen. Deren Dehnung bzw. Schrumpfung werde in den Figuren 5A
und 5B beschrieben. Der Fachmann erkenne daraus, dass das horizontale
Schrumpfen des Musters 11 durch das horizontale Wachsen des Musters 12
zumindest teilweise kompensiert werde, so dass die Gesamtlänge des Stents
im Wesentlichen gleich bleibe.
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung sei je-
doch nicht patentfähig. Er werde durch das US-amerikanische Patent 4 856 516
(BR 8) vorweggenommen, aus der die nachfolgend wiedergegebene Figur 2A
stammt:
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Dort werde ein rohrförmiger Stent offenbart, der in ein Blutgefäß einführ-
bar und in diesem ausdehnbar sei. Der Stent sei aus einem mäanderförmig ge-
bogenen Draht gefertigt und weise eine Vielzahl von ersten Mäandermustern
(Schlingen 50) auf, welche sich in eine erste (Umfangs-)Richtung erstreckten.
Die Schlingen 50 seien durch axial verlaufende mäanderförmig gebogene
Drahtstücke 54 miteinander verbunden. Diese in einer Linie hintereinander an-
geordneten Drahtstücke 54 bildeten insgesamt ein Rückgrat 52. Zusätzlich zu
dem in den Figuren 2 und 2A gezeigten Rückgrat 52 könne noch ein weiteres
aus hintereinander angeordneten mäanderförmig gebogenen Drahtstücken ge-
bildetes Rückgrat auf der gegenüberliegenden Seite des Stents vorgesehen
werden. Der Stent verfüge somit auch über eine Vielzahl von zweiten Mäan-
dermustern, die sich in eine zweite Richtung erstreckten.
Die Schlingen 50 und die axial verlaufenden Drahtstücke 54 wiesen
Schlaufen auf. Die Drahtstücke würden nicht, wie von der Beklagten behauptet,
beim Herstellen des Stents geradegezogen. Der Draht werde vielmehr bei der
Fertigung des Stents in einer Hülse 70 geführt, um eine Verformung der Schlau-
fen zu vermeiden. Die in axialer Richtung in einer Linie angeordneten mäander-
förmig gebogenen Drahtstücke 54 seien untereinander und mit den jeweiligen
Schlingen durch einen halben Schlag 56 des Stentdrahtes verschlungen. Die
Schlingen 50 und die axialen Drahtstücke 54 bildeten dadurch eine allgemein
gleichmäßige, verteilte Struktur aus Zellen. Bei radialer Ausdehnung des auf
einem Ballon 16 angebrachten Stents 10 dehnten sich die Schlaufen des Stent-
drahtes. Durch diese Dehnbarkeit der Schlaufen des Stentdrahtes und da der
Stent während seiner Ausdehnung durch Reibungskräfte auf dem Ballon 16
gehalten werde, bleibe auch seine Gesamtlänge während der Ausdehnung im
Wesentlichen gleich. Beim Dehnen der Schlaufen der in Umfangsrichtung ver-
laufenden Schlingen 50 schrumpften diese Schlaufen zwangsläufig in Längs-
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richtung des Stents, während die Schlaufen der in axialer Richtung angeordne-
ten Drahtstücke beim Ausdehnen des auf dem Ballon 16 gehaltenen Stents
zwangsläufig in Längsrichtung des Stents gedehnt würden, um die Dehnung
der Schlaufen des Stentdrahtes der Schlingen 50 des Stents zu kompensieren.
Wie in der Figur 2A erkennbar, befinde sich zumindest eine Schlaufe jeder der
Schlingen 50 zwischen benachbarten axialen Drahtstücken 54 und zumindest
eine Schlaufe jedes axialen Drahtstückes 54 zwischen benachbarten Schlingen
50. Damit seien alle Merkmale der Ansprüche 1 und 3 aus der BR 8 bekannt.
Dies gelte auch für die Patentansprüche 1 und 3 in der Fassung des
Hilfsantrags I und für Patentanspruch 3 in der Fassung des Hilfsantrags II, die
jeweils zusätzlich das Merkmal aufwiesen, dass während des Biegens die
Schlaufen der ersten und zweiten Mäandermuster an der Biegestelle ihre Form
ändern, um die Unterschiede in der Länge des Innenbogens und des Außenbo-
gens auszugleichen. Denn der Stent 10 werde zur Implantation auf dem Ballon
16 eines Katheters befestigt und durch das Gefäßsystem eines Patienten bis
zum Implantationsort geführt. Während des Transports werde der Ballon mit
dem Stent in Biegungen des Gefäßsystems zwangsläufig in verschiedene Rich-
tungen gebogen, wobei auch die Schlaufen des ersten und zweiten Mäander-
musters ihre Form ändern müssten, um die Differenzen zwischen dem Innen-
und dem Außenbogen des fest auf dem Ballon 16 sitzenden Stents 10 auszu-
gleichen. Damit sei auch dieses Merkmal in der BR 8 offenbart.
III. Die Ausführungen des Patentgerichts halten der Berufung der Be-
klagten im zuletzt von dieser noch geltend gemachten Umfang nicht stand.
1. Der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 3 in der zuletzt von der
Beklagten im Hauptantrag verteidigten Fassung geht nicht über den Inhalt der
ursprünglichen Anmeldung hinaus.
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a) Die in der zuletzt von der Beklagten verteidigten Fassung der Pa-
tentansprüche 1 und 3 erfolgte Einfügung des Merkmals, dass die ersten und
zweiten Mäandermuster aus flachem Metall (nicht aus Draht) ausgebildet sein
sollen, führt zu keiner Erweiterung des Gegenstands der Patentansprüche über
den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus. Darin wird
vielmehr erläutert, dass der erfindungsgemäße Stent aus Flachmetall herge-
stellt werden könne, in welches das in Figur 2 gezeigte Muster geätzt und wel-
ches dann in die Form der Röhre gebogen werde. Alternativ könne das Muster
auch aus geschweißtem oder gewundenem Draht hergestellt werden (Veröf-
fentlichung der Anmeldung [WO 96/03092, im Folgenden: Anmeldung], S. 7,
Z. 21 ff.). Aus Sicht des Fachmanns folgt daraus ohne weiteres, dass der Stent
als Erzeugnis (im hergestellten Zustand) aus Flachmetall oder aus Draht beste-
hen kann. Eine Beschränkung auf Stents aus Flachmetall, in die das Muster
eingeätzt ist, ergibt sich daraus nicht. Zudem steht es im Belieben des Fach-
manns, sich für eines der beiden ausdrücklich genannten Materialien (Flachme-
tall) und zugleich gegen das andere (Draht) zu entscheiden.
b) Der ursprünglichen Anmeldung ist nicht zu entnehmen, dass aus-
schließlich Stents als zur Erfindung gehörend anzusehen sind, die gerade und
ungerade Mäandermuster aufweisen, die zueinander phasenverschoben sind.
Zwar sehen die Ansprüche 1 und 3 sowie die darauf rückbezogenen weiteren
Ansprüche der ursprünglichen Anmeldung eine solche Anordnung vor, jedoch
ergibt sich der Inhalt der Patentanmeldung aus der Gesamtheit der Unterlagen
und nicht nur aus den darin enthaltenen Ansprüchen. Insoweit hat bereits das
Patentgericht zutreffend ausgeführt, dass in der Beschreibung unter der Über-
schrift "Zusammenfassung der Erfindung" von der Ausbildung der ersten Mäan-
dermuster in gerade und ungerade Mäandermuster, die außer Phase zueinan-
der sind, lediglich im Hinblick auf "eine Ausführungsform" die Rede ist (Anmel-
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dung, S. 2, Z. 23 ff.: "one embodiment"), während "der Stent der vorliegenden
Erfindung" zuvor allgemein als Röhre mit einer gemusterten Form beschrieben
wird, die in sich verschlungene erste und zweite Mäandermuster aufweist und
bei der die Achsen sich in erste und zweite Richtungen erstrecken (Anmeldung,
S. 2, Z. 16 ff.: "The stent of the present invention"). Auch an anderer Stelle in
der Beschreibung heißt es allgemein, dass die Erfindung alle Stents umfassen
solle, die mit einem Muster hergestellt seien, das aus zwei Mäandermustern
ausgebildet sei, unabhängig davon, ob diese orthogonal oder andersartig seien
(Anmeldung, S. 7, 31 ff.). Der nebengeordnete Patentanspruch 6 der Ur-
sprungsanmeldung sieht - anders als Patentanspruch 1 - nicht vor, dass der
Stent ungerade erste Mäandermuster aufweist, die 180° außer Phase mit gera-
den ersten Mäandermustern sind. In der ursprünglichen Anmeldung findet sich
im Übrigen, wie auch der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten
hervorhebt (S. 24 ff.), kein Hinweis darauf, dass Stents, bei denen das erste
Mäandermuster nicht aus phasenverschobenen ersten und zweiten Mustern
besteht, nicht zur Erfindung gehören sollen. Dem steht die Darstellung derarti-
ger Stents in den Figuren 1 bis 8 nicht entgegen, die lediglich beispielhaft drei
erfindungsgemäße Ausführungsformen wiedergeben (Anmeldung, S. 3 f.). Auch
die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, dass nur phasenver-
schobene Stents von dem Problem der Längenverkürzung während der Auf-
dehnung betroffen seien, führen zu keinem anderen Verständnis vom Offenba-
rungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung. Nach den Angaben in der Be-
schreibung ist es zwar ein Ziel der anmeldungsgegenständlichen Erfindung,
einen flexiblen Stent bereitzustellen, der während der Ausdehnung minimal in
der Längsrichtung schrumpft (Anmeldung, S. 3, Z. 16 ff.). Das erlaubt jedoch
nicht den Schluss, dass diese beiden Vorgaben (Flexibilität und minimale
Schrumpfung in Längsrichtung bei Ausdehnung) nur bei phasenverschobenen
Stents erreicht werden sollen.
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Aus den vorstehenden Gründen kann auch nicht dem Gerechtshof's-
Gravenhage zugestimmt werden, der - bestätigt vom Hoge Raad (Urteil vom 4.
April 2014 - 12/00522 Rn. 3.2.6; ähnlich wie im Ergebnis auch der irische High
Court, Urteil vom 27. Mai 2011 - 2008 No. 10436 P Rn. 13 ff.) - entschieden hat,
dass die Erfindung auf phasenverschobene Stents beschränkt sei, weil nir-
gendwo in der ursprünglichen Anmeldung des Streitpatents ein Hinweis zu fin-
den sei, dass auch Stents mit andersartigen Mäandermustern als zur Erfindung
gehörend anzusehen seien (Gerechtshof's-Gravenhage, Urteil vom 30. Oktober
2012 - 200.059.579/01 Rn. 9.1 ff.; 10.9, 11). Vielmehr gilt umgekehrt, dass
- unter Berücksichtigung der weiteren obigen Erwägungen - auch Stents mit (im
vorgenannten Sinne) phasengleichen Mäandermustern zur Erfindung gehören,
weil diese nirgendwo in der ursprünglichen Anmeldung von der Erfindung aus-
geschlossen sind.
c) Die ursprüngliche Anmeldung enthält auch keinen Anhalt dafür, dass
allein Stents als erfindungsrelevant anzusehen sind, bei denen jeweils eine
Schlaufe des zweiten Mäandermusters zwischen den benachbarten ersten Mä-
andermustern angeordnet ist. Zwar sind die in den Figuren der ursprünglichen
Anmeldung gezeigten Stents derart ausgestaltet und hat zudem der gerichtliche
Sachverständige ausgeführt, dass es wenig Sinn ergebe, mehr als eine Schlau-
fe des zweiten Mäandermusters zwischen den benachbarten ersten Mäander-
mustern anzuordnen. Dies lässt aber - wie auch das Patentgericht zu Recht
ausgeführt hat - noch nicht den Schluss zu, dass die in der Anmeldung offen-
barte Erfindung auf eine solche Ausgestaltung beschränkt sein soll.
2. Der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 3 in der zuletzt von der
Beklagten im Hauptantrag verteidigten Fassung ist auch patentfähig.
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a) Er wird von keiner der vorgelegten Entgegenhaltungen vorwegge-
nommen.
(1) Die BR 8 offenbart einen länglichen, zylindrischen und expandierba-
ren Stent, der aus einem mäanderförmig gebogenen Draht gefertigt ist. Der
Stent verfügt über sich in eine erste Richtung erstreckende erste Mäandermus-
ter in Gestalt der Schlingen 50 und über sich in eine (von der ersten verschie-
dene) zweite Richtung erstreckende zweite Mäandermuster in Gestalt eines
axialen Rückgrates 52/54 (BR 8, Sp. 3, Z. 31 ff.; Ansprüche 1 und 6; Figur 2A).
In der BR 8 wird zudem vorgeschlagen, dem Stent als zweite Stützanordnung
einen einzelnen gewundenen Draht gegenüberliegend dem
axialen Rückgrat hinzuzufügen (BR 8, Sp. 4, Z. 17 ff.), so dass der Stent dann
auch insoweit über ein sich in eine zweite Richtung erstreckendes Mäander-
muster verfügt. Die ersten und zweiten Mäandermuster weisen Schlaufen auf.
Dem Offenbarungsgehalt der BR 8 ist entgegen den Ausführungen des Privat-
gutachters der Beklagten (KW 9, Bildunterschrift zu Figur 3) nicht zu entneh-
men, dass die sich axial erstreckenden, Rückgrate bildenden Drahtteile bzw.
der hinzugefügte zweite Draht beim Montagevorgang völlig gerade gezogen
werden, so dass keine Mäandermuster bzw. Schlaufen mehr bestehen, wie
auch der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat (Gutachten, S. 39 f.). Viel-
mehr sollen die Drähte nach den ausdrücklichen Angaben in der BR 8 gewun-
den sein (Sp. 4, Z. 17 ff.; Anspruch 6), sich bei der Herstellung
nicht ungebührlich verformen (Sp. 3, Z. 62 ff.:
) und werden auch in den Zeichnungen der Entgegenhaltung in gewunde-
nem Zustand gezeigt (Figuren 2 und 2A). Die axial angeordneten mäanderför-
mig gebogenen Drahtteile 52/54 bzw. der zweite Draht die mäanderförmig ge-
bogenen Schlingen 50 sind jeweils durch einen halben Schlag 56
des axialen Drahtes 52/54 miteinander verbunden. Ob dies dazu führt, dass
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eine allgemein gleichmäßige, verteilte Struktur aus Zellen gebildet wird, so dass
- wie in Merkmal c des Patentanspruchs 3 vorgesehen - bei radialer Ausdeh-
nung des Stents seine Gesamtlänge im Wesentlichen gleich bleibt, da einige
Zellenelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre wachsen, während
einige Zellenelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre schrumpfen,
bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls steht einer Vorwegnahme des Ge-
genstands der Patentansprüche 1 und 3 in der Fassung des zuletzt von der Be-
klagten gestellten Hauptantrags entgegen, dass die in der BR 8 offenbarten
ersten und zweiten Mäandermuster nicht aus flachem Metall, sondern aus
Draht ausgebildet sind.
(2) Der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 3 geht auch nicht aus
der europäischen Patentanmeldung 0 540 290 (BR 5) hervor. Die in dieser Ent-
gegenhaltung in den Figuren 5 und 11 gezeigten Stents weisen keine sich in
eine zweite Richtung, die unterschiedlich zur Richtung der durch die Schlaufen
12 gebildeten (ersten) Mäanderstruktur ist, erstreckenden zweiten Mäander-
muster auf. Diese können nicht in den geraden Verbindungsstücken 13 gese-
hen werden. Selbst wenn dies anders bewertet würde, fehlte es an einer ein-
zelnen Schlaufe des zweiten Mäandermusters, die zwischen jedem der be-
nachbarten ersten Mäandermuster angeordnet sein soll. Denn diese einzelne
Schlaufe darf nicht, auch nicht teilweise, dem zweiten Mäandermuster zugehö-
rig sein, wie das Patentgericht bereits überzeugend ausgeführt hat. Entspre-
chend fehlt es auch an einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme durch die in-
ternationale Patentanmeldung WO 95/26695 (BR 7).
(3) Der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 3 war weiterhin nicht
der internationalen Patentanmeldung WO 95/31945 (BR 6) zu entnehmen. Der
dort offenbarte Stent weist zwar in axialer Richtung ein Mäandermuster auf. In
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Umfangsrichtung ist er jedoch statt eines Mäandermusters mit einem Muster
aus geschlossenen Schlaufen ausgestattet, so dass es insoweit an einem zwei-
ten Mäandermuster fehlt.
b) Der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 3 in der zuletzt von der
Beklagten verteidigten Fassung hat sich für den Fachmann nicht in naheliegen-
der Weise aus einer Kombination der BR 8 mit dem US-amerikanischen Patent
4 733 665 (KW 1) oder der BR 5 ergeben.
Wie bereits erläutert, bezieht sich die BR 8 auf einen länglichen, zylindri-
schen und expandierbaren Stent, der aus einem mäanderförmig gebogenen
Draht gefertigt ist. Gegenstand der in der BR 8 offenbarten Erfindung ist zum
einen die besondere Art der Herstellung eines zylindrischen Stents durch Wi-
ckeln eines langgestreckten Drahtes in einen Aufeinanderfolge um einen zylind-
rischen Montagedorn zur Bildung einer Reihe von Schlingenabschnitten (vgl.
Sp. 5, 3, Z. 49 ff.; Figur 3; Anspruch 7). Gegenstand der in der BR 8 offenbarten
Erfindung ist zum anderen ein fertig hergestellter Stent, der aus einem langge-
streckten Draht gebildet sein soll, der zur Bildung einer eine Aufeinanderfolge
von in relativ engem Abstand liegenden Windungen oder Biegungen auch in
Form einer Mehrzahl von Schlingen gebogen ist, die im Abstand entlang der
axialen Dimension des Stents angeordnet und durch eine Reihe von Halb-
schlag-Verbindungen miteinander verbunden sind (vgl. Sp. 5, Z. 14 ff.; Figuren
2 und 2A; Anspruch 1). Vor dem Hintergrund dieses Offenbarungsgehalts hatte
der Fachmann keine Veranlassung, über ein anderes Material als Draht zur
Herstellung des in der BR 8 offenbarten Stents nachzudenken, auch wenn ihm
aufgrund seines allgemeinen Fachwissens zum Prioritätszeitpunkt durchaus,
etwa aus der KW 1 oder aus der BR 5 (vgl. BR 5, Sp. 3, Z. 28 ff.; Sp. 6,
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Z. 50 ff.; Ansprüche 5, 11 und 15), allgemein bekannt war, dass Stents nicht nur
aus Draht, sondern auch aus flachem Metall hergestellt werden können.
Ging der Fachmann demgegenüber zunächst von der BR 5 aus, ist nicht
ersichtlich, dass ihn der in der BR 8 offenbarte Stent aus Draht dazu hätte ver-
anlassen können, die Verbindungselemente 13 des dort in Figur 11 gezeigten
Stents als zweites Mäandermuster auszugestalten. Zudem fehlt es an einer An-
regung, bei dem in Figur 11 gezeigten Stent einzelne Schlaufen zwischen den
benachbarten ersten Mäandermustern 12 vorzusehen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Ver-
bindung mit §§ 91, 92, 97 ZPO.
Meier-Beck
Grabinski
Hoffmann
Deichfuß
Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 21.01.2011 - 4 Ni 42/09 -
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