Urteil des BGH vom 10.04.2002

BGH (antrag, nacht, strafkammer, beweismittel, begründung, schuldspruch, stpo, behauptung, annahme, wohnung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 19/02
vom
10. April 2002
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun-
desanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 10. April 2002 ge-
mäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge-
richts Lübeck vom 4. Oktober 2001 wird als unbegründet ver-
worfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, daß
der Angeklagte des sexuellen Mißbrauchs von Kindern in fünf
Fällen, des sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in
35 Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit sexueller Nö-
tigung und sexuellem Mißbrauch von Kindern sowie in neun
Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern
schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Der Senat hat entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts den
Schuldspruch dahin geändert, daß in den vor dem 23. November 1993 began-
genen Fällen die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Mißbrauchs ei-
ner Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB entfällt. Im übrigen hat die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keine durch-
greifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2
StPO). Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt
der Senat:
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Die Strafkammer hätte zwar den Beweisantrag auf Vernehmung der
Zeugen L. und S. nicht mit der gegebenen Begründung, die
Beweismittel seien “völlig ungeeignet”, ablehnen dürfen, doch kann der Senat
ausschließen, daß das Urteil auf diesem Fehler beruht. Die unter Beweis ge-
stellte Behauptung, die Geschädigte sei am Abend des 28. September 1997 zu
ihrer Freundin F. gebracht worden und am Folgetag gegen 10 oder
11 Uhr mit ihr im Tierheim erschienen, steht der Annahme, die Geschädigte sei
während der dazwischenliegenden Nacht in der elterlichen Wohnung miß-
braucht worden, nicht entgegen. Soweit darüber hinaus vorgetragen wird, die
Zeugen hätten auch bekunden können, daß die Geschädigte die (gesamte)
Nacht bei ihrer Freundin verbracht hatte, hätte der Antrag als Beweisermitt-
lungsantrag wegen fehlender Konnexität zwischen Beweismittel und Beweistat-
sache (vgl. BGHSt 43, 321, 329 f.) abgelehnt werden dürfen, da der Begrün-
dung nichts dafür zu entnehmen ist, weshalb die im Tierheim beschäftigten
Zeugen etwas zum Aufenthalt der Geschädigten während der gesamten Nacht
hätten bekunden können. Im übrigen kann ausgeschlossen werden, daß mögli-
cherweise unzutreffende Angaben zu dem unter Beweis gestellten Vorfall, der
sich mehr als ein Jahr nach dem angeklagten und abgeurteilten Zeitraum er-
eignete, die Glaubwürdigkeit der Mädchen zu den abgeurteilten Taten in Frage
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gestellt hätte, zumal die Geschädigte zur Überzeugung der Strafkammer ohne-
hin Schwierigkeiten mit der zeitlichen Einordnung der Taten hatte (UA S. 8).
Rissing-van Saan Winkler Pfister
von Lienen Becker