Urteil des BGH vom 07.05.1996

BGH (einziehung, vergewaltigung, stgb, freiheitsstrafe, umfang, strafkammer, einsatz, nebenstrafe, bestand, durchführung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 526/02
vom
5. März 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. März 2003 gemäß
§ 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Darmstadt vom 3. September 2002
a) im Schuldspruch dahin klargestellt, daß der Angeklagte der
Vergewaltigung schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf-
gehoben.
2. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine an-
dere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer sexueller Nöti-
gung (Vergewaltigung) zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und
das Fahrzeug des Angeklagten der Marke Audi eingezogen. Die Revision des
Angeklagten hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg,
im übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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Zur Fassung des Urteilstenors bei Verwirklichung des Regelbeispiels
des § 177 Abs. 2 StGB wird auf BGH NStZ 1998, 510 f. verwiesen. Ergänzend
zu der Stellungnahme des Generalbundesanwalts zu den Verfahrensrügen
weist der Senat darauf hin, daß der Beweisantrag auf Einholung eines rechts-
medizinischen Sachverständigengutachtens zu der Beweisbehauptung, daß
eine Vergewaltigung ohne körperliche Verletzungen des Tatopfers nicht be-
kannt und ausgeschlossen sei, schon wegen Allgemeinkundigkeit des Gegen-
teils der unter Beweis gestellten Tatsache abzulehnen war. Die Durchführung
der beantragten Tatrekonstruktion stand im Ermessen des Gerichts und ist von
der Strafkammer zur Erforschung der Wahrheit ersichtlich nicht für erforderlich
erachtet worden. Der Senat schließt aus, daß das Urteil auf der rechtlich nicht
bedenkenfreien Begründung der Ablehnungsbeschlüsse beruht.
Zum Strafausspruch hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
"Der Strafausspruch kann jedoch keinen Bestand haben, weil der Tat-
richter nicht erkennbar gemacht hat, ob und in welchem Umfang er die Einzie-
hung des Pkw's bei der Bemessung der Freiheitsstrafe berücksichtigt hat; die
Strafzumessungerwägungen sind deshalb unvollständig. Der Charakter der
Einziehung als Nebenstrafe erfordert eine Gesamtschau mit der Hauptstrafe,
um insgesamt zu einer schuldangemessenen Rechtsfolge zu gelangen (BGH
MDR 1983, 767; BGH StV 1986, 58; 1996, 206; BGH, Beschluss vom 7. Mai
1996 - 4 StR 185/96 -). An dieser Gesamtschau fehlt es hier; es kann auch
nicht sicher ausgeschlossen werden, dass der Tatrichter die Freiheitsstrafe für
den Beschwerdeführer milder bemessen hätte, wenn er sich des Charakters
der Einziehung als Nebenstrafe bewußt gewesen wäre.
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Die Einziehungsentscheidung kann dagegen Bestand haben. Gemäß
§ 74 Abs. 1 StGB können als Tatwerkzeuge nicht nur solche Gegenstände ein-
gezogen werden, die zur eigentlichen Begehung der Tat Verwendung finden
bzw. nach der Planung des Täters hierzu bestimmt sind; der Einziehung unter-
liegt vielmehr alles, was die Tat vom Stadium der Vorbereitung bis zur Beendi-
gung (vgl. BGH NJW 1952, 892; BGH bei Dallinger MDR 1970, 559) überhaupt
ermöglicht und zu ihrer Durchführung dient oder hierzu erforderlich ist (BGHR
StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 4). Diese Voraussetzung liegt nach den Feststel-
lungen hier vor. Ohne den Einsatz des Fahrzeuges hätte der Beschwerdeführer
die Tat nicht begehen können; es ermöglichte daher die Tat und unterfällt des-
halb dem Regelungsbereich des § 74 StGB. Die Einziehung verstößt ange-
sichts der Schwere der unter Einsatz des Fahrzeugs begangenen Tat auch
nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit."
Dem kann sich der Senat nicht verschließen.
Rissing-van Saan Detter Bode
Otten Roggenbuck