Urteil des BGH vom 29.11.2007

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 26/07
vom
29. November 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
zum Zweck der Aufhebung der Gemeinschaft
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZVG §§ 180 Abs. 2, 28
Die Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft ist nach § 180 Abs. 2
i.V.m. § 28 Abs. 1 ZVG nur dann einstweilen einzustellen oder aufzuheben, wenn
außer dem Wechsel der an der aufzuhebenden Gemeinschaft Beteiligten auch der
Zeitpunkt aus dem Grundbuch ersichtlich ist, zu dem der Beteiligtenwechsel wirksam
geworden ist. Fehlt es daran, kann ein Wechsel der Beteiligten nur im Wege der
Drittwiderspruchsklage geltend gemacht werden.
BGH, Beschl. v. 29. November 2007 - V ZB 26/07 - LG Potsdam
AG
Potsdam
- 2 -
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. November 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Be-
schluss der 5.
Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom
14. Februar 2007 wir auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird
auf 119.400 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Eigentümerin des eingangs bezeichneten Grundbesitzes ist eine Gesell-
schaft bürgerlichen Rechts, die ursprünglich aus dem Beteiligten zu 1 und R.
S. bestand. Als Gläubiger von R. S. erwirkte U. G.
am 31. Januar 2005 bei dem Amtsgericht Potsdam einen Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss, durch den dessen Anteil an der Gesellschaft bürgerli-
chen Rechts einschließlich seines Anspruchs auf Aufhebung der Gemeinschaft
gepfändet und ihm zur Einziehung überwiesen wurden. Am 9. August 2005
kündigte er die Gesellschaft und beantragte die Zwangsversteigerung zum
1
- 3 -
Zweck der Aufhebung der Gemeinschaft an dem Grundbesitz. Diese ordnete
das Amtsgericht am 17. Oktober 2005 an.
Am 19. Dezember 2005 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 die einst-
weilige Einstellung der Zwangsversteigerung nach § 180 ZVG mit der Begrün-
dung, R. S. habe seinen hälftigen Anteil an der Gesellschaft zum
1. Januar 2002 in Höhe von 49 % und zum 1. Januar 2003 in Höhe von 1 % auf
die Beteiligte zu 2 übertragen; Drittwiderspruchsklage sei erhoben. Dieser An-
trag blieb ohne Erfolg. Am 16. August 2006 beantragte die Beteiligte zu 2 er-
neut die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung nach § 180 ZVG,
diesmal mit der Begründung, R. S. habe am 23. September 2005 die
Berichtigung des Grundbuchs mit dem Ziel der Eintragung der Beteiligten zu 2
bewilligt. Auch dieser Antrag blieb ohne Erfolg.
2
Aufgrund dieser Bewilligung wurde die Beteiligte zu 2 am 19. September
2006 anstelle von R. S. als Eigentümerin in Gesellschaft bürgerlichen
Rechts mit dem Beteiligten zu 1 in die Grundbücher des Grundstücks und der
Wohnungs- und Teileigentumsrechte eingetragen. Am 20. Oktober 2006 bean-
tragten die Beteiligten zu 1 und 2 die Einstellung der Zwangsversteigerung nach
§ 28 ZVG.
3
Das Amtsgericht hat die Zwangsversteigerung nunmehr einstweilen ein-
gestellt und U. G. aufgegeben, binnen drei Monaten die Erhebung ei-
ner Klage nachzuweisen, mit dem Antrag festzustellen, dass der Gesellschafts-
anteil von R. S. nicht auf die Beteiligte zu 2 übergegangen ist. Auf die
Beschwerde von U. G. hat das Landgericht den Beschluss aufgeho-
ben. Dagegen richtet sich die von dem Landgericht zugelassene Rechtsbe-
schwerde der Beteiligten zu 1 und 2. Während des Rechtsbeschwerdeverfah-
rens ist über das Vermögen des ursprünglichen Antragstellers das Insolvenz-
4
- 4 -
verfahren eröffnet worden. Die Beteiligte zu 3 hat als Treuhänderin in diesem
Verfahren die Fortsetzung der Zwangsversteigerung beantragt.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
5
1. Das Beschwerdegericht meint, die Zwangsversteigerung zum Zweck
der Aufhebung einer Gemeinschaft sei zwar nach §§ 180 Abs. 2, 28 ZVG ein-
zustellen, wenn das entgegenstehende Recht des Dritten durch seine Eintra-
gung aus dem Grundbuch ersichtlich werde. Das sei hier aber nicht der Fall. In
der Vorbemerkung der Berichtigungsbewilligung heiße es, der Beteiligte zu 1
und R. S. "seien" Eigentümer der hier zur Versteigerung stehenden
Grundstücke. Demgegenüber werde über die Beteiligte zu 2 ausgeführt, sie
"werde" Rechtsnachfolger von R. S. . Das stelle keinen ausreichenden
Beleg dafür dar, dass die Übertragung des Gesellschaftsanteils vor der Anord-
nung der Zwangsversteigerung erfolgt sei und dieser jetzt entgegenstehe.
6
2. Das hält rechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.
7
a) Die Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft ist nach
§§ 180 Abs. 1, 28 Abs. 1 ZVG sofort aufzuheben oder unter Bestimmung einer
Frist, binnen welcher der Gläubiger die Hebung des Hindernisses nachzuwei-
sen hat, einstweilen einzustellen, wenn dem Vollstreckungsgericht ein aus dem
Grundbuch ersichtliches Recht bekannt wird, das der Zwangsversteigerung
oder der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht. Eine Zwangsversteigerung
zum Zweck der Aufhebung einer Gemeinschaft, um die es hier geht, ist danach
unter Berücksichtigung von § 181 Abs. 2 Satz 1 ZVG aufzuheben oder unter
Bestimmung einer Frist zur Erhebung einer Klage einstweilen einzustellen,
8
- 5 -
wenn der Antragsteller oder derjenige, dessen Rechte der Antragsteller als
Pfändungsgläubiger geltend macht, bei Anordnung der Zwangsversteigerung
nicht als Eigentümer (hier: in Gesellschaft bürgerlichen Rechts) eingetragen war
oder sein Anteil an der Gesellschaft nach Anordnung der Zwangsversteigerung
wirksam von einem Dritten erworben wurde und dies aus dem Grundbuch er-
sichtlich ist. Diese Voraussetzungen hat das Beschwerdegericht im Ergebnis zu
Recht verneint.
b) Das ergibt sich allerdings, das ist der Rechtsbeschwerde zuzugeben,
nicht schon aus der von dem Beschwerdegericht angesprochenen Formulie-
rung in der Berichtigungsbewilligung. Auf diese durfte das Beschwerdegericht
jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zurückgreifen. Es ist nämlich an die Eintra-
gung im Grundbuch gebunden (Steiner/Eickmann, ZVG, 9. Aufl., § 28 Rdn. 12).
Sein genauer Inhalt mag sich zwar im Einzelfall erst aus einer in Bezug ge-
nommenen Eintragungsbewilligung ergeben. Das kann dazu führen, dass sich
erst unter deren Berücksichtigung feststellen lässt, ob das der Zwangsverstei-
gerung oder ihrer Fortsetzung entgegenstehende Recht aus dem Grundbuch
ersichtlich ist. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben. Das Grundbuchamt
hat zwar auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen, den Gesellschaf-
terwechsel aber selbst ermittelt und in die Änderungsspalte des Grundbuchs als
Änderungsgrund eingetragen. Das entsprach der Bewilligung, weil die an ihrer
Errichtung Beteiligten mit der von dem Beschwerdegericht hervorgehobenen
Formulierung ersichtlich nur den Gesellschafterwechsel beschreiben wollten.
9
c) Eine Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Zwangsversteige-
rungsverfahrens nach §§ 180 Abs. 1, 28 Abs. 1 ZVG kommt aber nur in Be-
tracht, wenn sich aus dem Grundbuch nicht nur das Recht als solches, sondern
auch ergibt, dass es der Zwangsversteigerung oder ihrer Fortsetzung entge-
gensteht. In der Zwangsversteigerung zur Verwertung des Grundstück ist um-
10
- 6 -
stritten, ob diese Voraussetzung überhaupt aus dem Grundbuch ersichtlich sein
kann (dafür: Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 26 Rdn. 5; dagegen: Stöber, ZVG,
18. Aufl., § 28 Anm. 4.5; Steiner/Eickmann, aaO, § 28 Rdn. 20, Jursnik,
MittBayNot 1999, 125, 127). Welcher Ansicht zu folgen ist und ob das Ergebnis
auf die Teilungsversteigerung zu übertragen ist, bedarf hier keiner Entschei-
dung.
Der in den Grundbüchern eingetragene Gesellschafterwechsel steht der
angeordneten Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft und ihrer
Fortsetzung nur entgegen, wenn er entweder vor der Pfändung des Gesell-
schaftsanteils von R. S. am 31. Januar 2005 erfolgte oder der Beteilig-
ten zu 2 bei einem späteren Erwerb die Pfändung des Anteils weder bekannt
noch infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war (§§ 136, 135 Abs. 2 BGB).
Andernfalls ist ein etwaiger Erwerb des Anteils von R. S. durch die Be-
teiligte zu 2 der Beteiligten zu 3 gegenüber unwirksam und steht einer Fortset-
zung des Verfahrens nicht entgegen. Der Zeitpunkt des Anteilserwerbs und ein
etwa erforderlicher guter Glaube der Beteiligten zu 2 ergeben sich aber weder
aus dem Grundbuch noch aus der der Eintragung zugrunde liegenden Bewilli-
gung. Beides lässt sich mit den Mitteln des Zwangsversteigerungsverfahrens
auch nicht aufklären. Damit aber scheidet eine Aufhebung oder Einstellung
nach §§ 180 Abs. 1, 28 Abs. 1 ZVG aus. Ein der Beteiligten zu 3 gegenüber
wirksamer Anteilserwerb kann deshalb nur mit einer Drittwiderspruchsklage
nach § 771 ZPO geltend gemacht werden.
11
- 7 -
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, der im Zwangsversteige-
rungsverfahren anwendbar ist, wenn sich die Beteiligten wie im kontradiktori-
schen Verfahren gegenüberstehen (Senat, Beschl. v. 25. Januar 2007, V ZB
125/05, NJW 2007, 2993 f., vorgesehen für BGHZ 170, 378). Das ist bei einer
Entscheidung über die Einstellung der Teilungsversteigerung der Fall (Senat,
Beschl. v. 22. März 2007, V ZB 152/06, FamRZ 2007, 1010, 1012; vgl. auch
Beschl. v. 20. Juli 2006, V ZB 168/05, NJW-RR 2007, 143).
12
Krüger
Klein
Lemke
Schmidt-Räntsch
Roth
Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 08.12.2006 - 2 K 532-1/05 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 14.02.2007 - 5 T 77/07 -