Urteil des BGH vom 06.05.2010

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 463/10
vom
29. September 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 29. September 2010 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 6. Mai 2010 im Strafausspruch aufgeho-
ben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des
Angeklagten, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landge-
richts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlages zu einer Frei-
heitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge
der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Ange-
klagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im
Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
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1. Das Landgericht hat eine Strafrahmenmilderung nach § 213 StGB
rechtsfehlerhaft nicht geprüft. Unter den gegebenen Umständen hätte sich das
Gericht aber zu der Erörterung gedrängt sehen müssen, ob nicht jedenfalls die
Voraussetzungen eines sonst minder schweren Falles des Totschlages nach
§ 213 Alt. 2 StGB vorlagen. Bereits an dieser Stelle wären die im Rahmen der
konkreten Strafzumessung zugunsten des Angeklagten angeführten Strafmilde-
rungsgründe (frühzeitiges Geständnis, ernsthafte Reue, alkoholbedingte Ent-
hemmung, spontaner Tatentschluss und anfängliche Notwehrsituation) unter
Berücksichtigung der Strafschärfungsgründe zu würdigen gewesen. Hätten
nach Bewertung des Tatrichters die allgemeinen Strafmilderungsgründe allein
zur Begründung eines minder schweren Falles nicht ausgereicht, hätte auch der
vertypte Strafmilderungsgrund des § 21 StGB neben allen anderen, in den Ur-
teilsgründen dargestellten Milderungs- und Erschwerungsgründen im Rahmen
einer Gesamtbewertung erörtert werden müssen.
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2. Der Strafausspruch kann auf diesem Rechtsfehler beruhen. Zwar hat
das Landgericht die fakultative Strafrahmenmilderung nach § 21 StGB bejaht
und den nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 StGB
zugrunde gelegt. Doch schon der einfach gemilderte Strafrahmen des § 213
StGB wäre für den Angeklagten günstiger, wobei auch nicht ausgeschlossen
werden kann, dass bei zutreffender Gesamtwürdigung der Strafrahmen des
§ 213 StGB wegen des - zur Begründung des minder schweren Falles womög-
lich nicht benötigten - vertypten Strafmilderungsgrundes noch einmal herabge-
setzt worden wäre.
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Der Senat kann trotz der nicht unangemessen hohen Strafe nicht sicher
ausschließen, dass der Tatrichter unter Zugrundlegung eines anderen Straf-
rahmens zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre. Da die den Strafausspruch
zugrunde liegenden Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen sind, hat der Senat
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sie aufrechterhalten. Der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene
Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen.
Fischer
Appl
Schmitt
Krehl
Ott