Urteil des BGH vom 18.01.2008

BGH (pfändung, drittschuldner, zpo, forderung, herausgabe, zwangsvollstreckung, antrag, zahlung, republik, verwertung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZB 11/08
vom
25. März 2010
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. März 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, den Richter Dr. Kuffer, die Richterin
Safari Chabestari und die Richter Halfmeier und Leupertz
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Schuldnerin werden - unter Zurückwei-
sung im Übrigen - die Beschlüsse der 5. Zivilkammer des Landge-
richts Darmstadt vom 18. Januar 2008 (5 T 695/06) und des
Amtsgerichts Darmstadt vom 24. September 2006 abgeändert.
Unter Zurückweisung der weitergehenden Erinnerung der Schuld-
nerin wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amts-
gerichts Darmstadt vom 23. März 2006 in der Fassung vom
20. September 2006 insoweit aufgehoben, als die Pfändung der
unter den Ziffern 6, 7, 8, 11 und 12 genannten Forderungen ange-
ordnet wurde. In diesem Umfang wird der Antrag des Gläubigers
auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zu-
rückgewiesen.
Von den Kosten des Erinnerungsverfahrens und der Rechtsmittel-
verfahren tragen die Schuldnerin 3/4 und der Gläubiger 1/4.
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Gründe:
I.
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Der Gläubiger betreibt gegen die Schuldnerin, die Republik A., die
Zwangsvollstreckung aus einem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main,
durch das die Schuldnerin zur Zahlung von 112.995,51 €, zur Zahlung von
10.481,48 € und zur Zahlung von 6.495,96 € (insgesamt 129.972,95 €) an den
Gläubiger, der Staatsanleihen der Schuldnerin gezeichnet hat, jeweils nebst
Zinsen und Zug um Zug gegen Aushändigung von Inhaberschuldverschreibun-
gen bzw. Zinsscheinen, verurteilt wurde. Das Landgericht berichtigte später den
Tenor dieses Urteils hinsichtlich der Zahlung von 6.495,96 € dahingehend, dass
statt der Zinsscheine Nummer 6 solche mit der Nummer 7 vom Gläubiger he-
rauszugeben sind.
Der Gläubiger bot durch einen Gerichtsvollzieher die im Urteil aufgeführ-
ten Inhaberschuldverschreibungen und Zinsscheine am 23. Mai 2005 dem Pro-
zessbevollmächtigten der Schuldnerin und am 29. Juni 2006 der in den Anlei-
hebedingungen bezeichneten Hauptzahlstelle der Schuldnerin an. Alle Ange-
botsempfänger erklärten, dass die Forderung nicht bezahlt werden könne. Der
Prozessbevollmächtigte der Schuldnerin wies zusätzlich darauf hin, dass für die
Entgegennahme nicht die Rechtsanwälte, sondern die jeweiligen Zahlstellen
zuständig seien. Der Gerichtsvollzieher stellte den Annahmeverzug der Schuld-
nerin fest.
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Auf Antrag des Gläubigers hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht -
am 23. März 2006 die Pfändung von angeblichen gegenwärtigen und zukünftig
entstehenden Forderungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin, einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts von Rechtsanwälten, wegen eines Betrages
von "mindestens 160.000,- € (genauer Betrag siehe beiliegende Anlage A 1 zur
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Forderungsaufstellung) sowie den Kosten dieses Beschlusses und seiner Zu-
stellung" angeordnet und die Ansprüche an den Gläubiger zur Einziehung
überwiesen. Zu den angeblichen Ansprüchen heißt es u.a.:
"Vorbemerkung:
Die Anwaltskanzlei ist verpflichtet, ein so genanntes Mandanten-
konto zu führen, auf dem die Fremdgelder, Honorare und steuer-
freie Auslagen etc. getrennt und den gesetzlichen Anforderungen
entsprechend verbucht bzw. nachgewiesen werden. In dieser
Funktion des Drittschuldners beantragt der Gläubiger den Erlass
eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses für folgende
Einzelpositionen, zu denen sich der Drittschuldner jeweils im Ein-
zelnen zu erklären hat:
Im Einzelnen:
1. Verzinsung von Mandantenguthaben, Vorauszahlungen der
Schuldnerin an Honorarforderungen und Nebenleistungen
(Reisekosten, Gutachter), Erstattungen von Kostenfestset-
zungsbeschlüssen, geleistete Schadensersatzzahlungen und
Geldstrafen zu Gunsten der Schuldnerin,
2. Schadensersatzzahlungen und Geldstrafen, die der Republik
A. als Ergebnis eines Rechtsstreites zugesprochen und durch
die unterlegene Parteien an den Drittschuldner geleistet wer-
den. Insbesondere solche Schadensersatzansprüche in Sa-
chen S. (…) aus Blockierung der Botschaftskonten (wohl bei
der D. Bank) in mehrfacher €-Millionen-Höhe (AZ der Verfah-
ren …).
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3. Schadensersatzzahlungen aus der Verletzung der Rechte der
Schuldnerin durch die in die Öffentlichkeit getragenen Aktio-
nen wie Miniklagen, Taschenpfändungen und sonstige Inter-
net- und anderweitige Veröffentlichungen,
4. Erlöse aus der Verwertung von Rechtsgutachten (z.B. Gut-
achten P. und B./H.), die zuvor durch die Schuldnerin für
Rechtsstreitigkeiten bezahlt wurden,
5. Auflösung des Mandantenkontos mit Beendigung/Entziehung
des Auftragsverhältnisses/Vertragsverhältnisses,
6. Kostenerstattungsansprüche aus: Rechtsstreitigkeiten, die ei-
nen Rechtsanspruch auf Kostenfestsetzungsbeschluss erge-
ben; zurückgezogenen Klagen; Teilerledigte Klagen; Klage-
umstellungen von Globalurkunden auf effektive Stücke und
damit verbundene (Teil)-Klagerücknahme; der Drittschuldner
seine vertraglichen Anwaltshonorare vom Mandanten gezahlt
erhielt, er aber von einem Antrag auf Kostenerstattungsan-
spruch erkennbar absieht, so dass die Gefahr der Verschleu-
derung von Forderungen der Schuldnerin besteht. (5 a) Dies
betrifft neben der generellen Pfändung dieser Fälle zum Bei-
spiel den Fall … in Sachen E. gegen die Schuldnerin. E. hat
nachweislich seine Klage zurückgezogen, ohne dass bislang
ein Kostenantrag geltend gemacht wurde,
7. Pfändung und Herausgabe des Anspruches auf Stellung ei-
nes Kostenfestsetzungsantrages,
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8. Vollstreckung von Transferleistungen, die über das vertragli-
che Anwaltsverhältnis hinausgehen und zur Zahlung unmit-
telbar an bzw. über den Drittschuldner oder zu Gunsten des
Drittschuldners bei der Firma C. in F. erfolgen sollen,
9. Auszahlung von bei Gericht zuvor hinterlegten (anteiligen)
Gerichtskosten zu Gunsten der Schuldnerin über den Dritt-
schuldner,
10. Geldleistungen für Dritte bzw. Sicherheitsleistungen zu Guns-
ten Dritter wie z.B. C., die zuvor zur Abwendung von Vollstre-
ckungen (um C. von eventuellen Schadensersatzforderungen
pfändender Gläubiger freizustellen, falls die abschlägigen
Drittschuldnererklärungen C. durch gerichtliche Maßnahmen
überurteilt werden) durch die Schuldnerin erbracht worden
sind und dem Konto des Drittschuldners (später) gutgeschrie-
ben werden,
11. Titel betreffend Kostenfestsetzungsbeschlüssen - Sofern der
Drittschuldner seine Anwaltshonorare vollumfänglich durch
die Republik A. erhalten hat, begehrt der Gläubiger die Her-
ausgabe der bei dem Drittschuldner liegenden Titel aus Kos-
tenfestsetzungsbeschlüssen von Verfahren gegen die Repu-
blik A. (mit Ausnahme von Kostenfestsetzungsbeschlüssen
den Gläubiger betreffend). Die Kostenfestsetzungsbeschlüsse
haben wie die Wertpapiere der Schuldnerin einen gewissen
(Inkasso-)Wert und sind handelbar veräußerbar. Gesetzt der
Forderungserfüllung des Drittschuldners hat dieser die Kos-
tenfeststellungsbeschlüsse an den Gerichtsvollzieher zur
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Verwertung zu übergeben. (Pfändung und Herausgabe des
Herausgabeanspruches des Schuldners A. gegen den Dritt-
schuldner auf Herausgabe der verbrieften, vollstreckbaren
Kostenfestsetzungsbeschlüssen aus denen die Zwangsvoll-
streckung betrieben werden kann).
12. …
13. Herausgabe von Hinterlegungen aus Vollstreckungen aus
vorläufigen Titeln bei den Hinterlegungsstellen der Amtsge-
richte (z.B. wegen Überpfändungen, zurückgezogenen Kla-
gen bzw. Vollstreckungshandlungen, außergerichtlichen Ver-
gleichen, nachträgliche Annahme eines Umschuldungsange-
botes, nachträglich gerichtlich aufgehobene Titel, etc.) an die
Republik A. zu Händen des vertretenden Anwaltsbüros,
14. Herausgabe bzw. Rückerstattung von Sicherheitshinterlegun-
gen bei Gericht zu Verhinderung/Abwehr der Zwangsvollstre-
ckung aus (vorläufigen) Titeln,
15. Entgegennahme von Geldleistungen aus Erbschaften und
Schenkungen zugunsten der Schuldnerin durch den Dritt-
schuldner. Bei Sachleistungen hat der Drittschuldner diese an
den Gerichtsvollzieher zur Verwertung auszuhändigen,
16. Umsatzsteuererstattungen zugunsten der Schuldnerin auf
Grundlage der Umsatzsteuerfreistellung als Ausländer,
17. Geldleistungen aus der Verwertung von Artikeln (wie z.B. Mit-
teilungen an NJW etc.) und Gutachten sowie von im Auftrage
A.'s lancierten, interessengesteuerten "wissenschaftlichen"
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Beiträgen, sofern diese Leistungen nicht den Autor des Dritt-
schuldners betreffen,
18. Rückzahlungsansprüche an A. bei Vertragsauflösung bzw.
Mandatsbeendigung und ferner Ansprüche A.'s aus Schlecht-
erfüllung oder gar Nichterfüllung der anwaltlichen Vertretung
der Republik A. durch das Anwaltskanzlei C.,"
Auf Erinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht am 20. September
2006 den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dahingehend abgeändert,
dass die Überweisung der gepfändeten Geldforderung nur zur Einziehung und
nur mit der Wirkung stattfindet, dass der Drittschuldner den Betrag zu hinterle-
gen hat, es sei denn, die Rechtskraft des zu vollstreckenden Urteils wird nach-
gewiesen. Im Übrigen hat es der Erinnerung nicht abgeholfen. Mit Beschluss
vom 24. September 2006 hat das Amtsgericht die Erinnerung zurückgewiesen.
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht den
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dahingehend abgeändert, dass die
unter Ziffer 12 aufgeführte Forderung entfalle und nicht dem Pfändungszugriff
unterliege; im Übrigen hat es die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der
vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuld-
nerin die vollständige Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlus-
ses und die Zurückweisung des Antrags auf dessen Erlass weiter.
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II.
Das Beschwerdegericht führt u.a. aus, die angeblichen Forderungen der
Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin seien hinreichend bestimmt bezeichnet.
Der konkrete Rechtsgrund und der jeweilige Gegenstand der gepfändeten For-
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derungen seien angegeben. Der Gläubiger begehre die Überweisung von For-
derungen, die ihre Grundlage in dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen
der Schuldnerin und der Drittschuldnerin haben können. Der Gläubiger habe
den Entstehungsgrund möglicher Forderungen so genau beschrieben, dass
festgestellt werden könne, welche konkrete Forderung Gegenstand des Pfän-
dungszugriffs sein solle. Es handele sich unter Ziffer 3 um mögliche Schadens-
ersatzansprüche wegen Schlecht-/Nichterfüllung und unter den übrigen Ziffern
um Herausgabeansprüche gemäß §§ 675, 667 BGB. Ob solche Ansprüche tat-
sächliche bestünden, sei im Vollstreckungsverfahren nicht zu prüfen.
Es könne dahinstehen, ob das Angebot der Inhaberschuldverschreibun-
gen an den Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin zu einem Annahme-
verzug geführt habe. Jedenfalls sei dies nachträglich dadurch geheilt worden,
dass der Gläubiger die Inhaberschuldverschreibungen über die Hauptzahlstelle
der Schuldnerin tatsächlich angeboten habe. Da diese sowohl die Annahme als
auch die Zahlung verweigert habe, sei die Schuldnerin in Annahmeverzug gera-
ten. Die Vollstreckungsforderung ergebe sich hinreichend klar aus dem Be-
schluss. Aus der dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als Anlage bei-
gefügten Forderungsaufstellung ergebe sich, dass der Gläubiger die Zwangs-
vollstreckung wegen eines sich aus Hauptforderung und Zinsen bis zum
13. März 2006 zusammensetzenden Teilbetrages in Höhe von 161.314,49 €
sowie wegen der Kosten des Beschlusses und seiner Zustellung betreibe. Die
Nichtaufnahme des Berichtigungsbeschlusses in den Pfändungs- und Überwei-
sungsbeschluss sei unschädlich, da sich die Zwangsvollstreckung nur auf den
vom Berichtigungsbeschluss nicht betroffenen Teil der Forderung beziehe und
im Übrigen keine Zweifel bestünden, aus welchem Titel vollstreckt werde.
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III.
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Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch
im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat nur zu einem Teil Erfolg.
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1. Die von der Schuldnerin in der Rechtsbeschwerdebegründung erho-
benen Rügen des fehlenden Annahmeverzuges, der Unbestimmtheit der Voll-
streckungsforderung, der inkorrekten Wiedergabe des (später berichtigten) Ti-
tels im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und der fehlenden Übergabe
der Inhaberschuldverschreibungen an das Vollstreckungsgericht sind nicht be-
gründet. Hierzu wird auf die Begründung (Gründe III. 2. bis 4.) in dem Be-
schluss des Senats vom 8. Juli 2008 im Rechtsbeschwerdeverfahren VII ZB
64/07 (BGHZ 177, 178), das zwischen den gleichen Parteien geführt wurde und
in dem die identischen Rügen erhoben worden waren, Bezug genommen. So-
weit die Vollstreckungsforderung hier abweichend mit "mindestens 160.000,- €"
genannt ist, ergibt sich aus der in Bezug genommenen und dem Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss beigefügten Forderungsaufstellung der genaue,
dort im Einzelnen aufgeschlüsselte Gesamtbetrag von 161.314,49 € per
13. März 2006.
2. Teilweise zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde dagegen, dass die ge-
pfändeten Forderungen nicht ausreichend bestimmt seien. Der Pfändungsbe-
schluss muss die Anordnung und den Umfang der Pfändung klar und bestimmt
darstellen (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 829 Rdn. 8). Er muss insbesondere
die zu pfändende Forderung bzw. den zu pfändenden Anspruch des Schuldners
gegen den Drittschuldner so bestimmt bezeichnen, dass feststeht, welcher An-
spruch Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist (BGH, Urteil vom 29. Novem-
ber 1984 - X ZR 39/83, BGHZ 93, 82; Beschluss vom 8. Juli 2008 - VII ZB 64/07
aaO). Diesen Maßstäben genügen nicht alle der in der Anlage zum Pfändungs-
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und Überweisungsbeschluss unter den einzelnen Ziffern aufgeführten Ansprü-
che.
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a) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde allerdings geltend, weil der
Begriff "Ansprüche aus Geschäftsbesorgung" dem Beschluss an keiner Stelle
zu entnehmen sei, habe das Beschwerdegericht zu Unrecht angenommen, ge-
pfändet seien Forderungen, die ihre Grundlage in dem Geschäftsbesorgungs-
vertrag zwischen der Schuldnerin und der Drittschuldnerin haben können.
Durch die Vorbemerkung zu den einzelnen Ansprüchen ist hinreichend klarge-
stellt, dass es in den folgenden Einzelpositionen um Ansprüche im Zusammen-
hang mit der Tätigkeit der Drittschuldnerin als Rechtsanwaltskanzlei für die
Schuldnerin ("in dieser Funktion") und dem in diesem Zusammenhang zu füh-
renden so genannten Mandantenkonto geht. Diese hat das Beschwerdegericht
zutreffend rechtlich eingeordnet und beschrieben.
b) Ohne Erfolg rügt die Beschwerde weiter die Bestimmtheit der Ziffer 1
der Forderungsbeschreibung. Es ist nicht notwendig, dass dort als solche aus-
drücklich bezeichnete Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin
aufgeführt werden, weil sich bereits aus der allgemeinen Einleitung ergibt, dass
es nur um Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin geht. Damit
folgt aus der Erwähnung etwa von "Vorauszahlungen der Schuldnerin", dass
alle Fälle umfasst sind, in denen solche Zahlungen zu Ansprüchen der Schuld-
nerin gegen die Drittschuldnerin aus dem anwaltlichen Geschäftsbesorgungs-
vertrag geführt haben oder führen werden. Gleiches gilt für "geleistete Scha-
densersatzzahlungen und Geldstrafen zu Gunsten der Schuldnerin".
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c) Soweit in den Ziffern 2, 3, 10, 11, 13 und 14 Zahlungen zu Gunsten
der Schuldnerin an die Drittschuldnerin, die zu entsprechenden Ansprüchen der
Schuldnerin an die Drittschuldnerin führen, auch aus nicht näher bezeichneten
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Prozessen enthalten sind, genügt dies wegen der Beschränkung auf das beste-
hende Mandatsverhältnis zwischen Schuldnerin und Drittschuldnerin ebenfalls
dem Bestimmtheitsgebot.
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d) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es nicht dar-
auf an, dass keine Rechtsbeziehungen benannt werden, aus denen die in Zif-
fer 4 genannten Erlöse stammen könnten. Entscheidend und ausreichend ist,
dass für den Fall, dass solche Erlöse eingehen, klar bestimmt ist, dass etwaige
aus dem Anwaltsvertrag hieraus folgende Ansprüche der Schuldnerin von der
Pfändung erfasst sind.
e) Auch die unter den Ziffern 13 und 14 bezeichneten Ansprüche sind
hinreichend bestimmt. Denn die Formulierungen sind vergleichbar der Ziffer 1
dahin auszulegen, dass die Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuld-
nerin gemeint sind, die sich in den dort genannten Fällen von "Herausgaben
bzw. Rückerstattungen" an die Drittschuldnerin zu Gunsten der Schuldnerin
ergeben.
14
f) Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Rechtsbeschwerde gegen
die Ziffern 15 und 17. Es ist nicht notwendig, die Rechtsbeziehungen, aufgrund
derer die Drittschuldnerin aus den dort bezeichneten Gründen Geld- oder Sach-
leistungen für die Schuldnerin erhalten hat oder wird, näher zu konkretisieren,
weil sich die ausreichend bestimmte Begrenzung daraus ergibt, dass solche
Leistungen im Rahmen des Mandatsverhältnisses der Drittschuldnerin zur
Schuldnerin erfolgen (vgl. oben c und d).
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g) Ob die in Ziffer 16 genannten Ansprüche tatsächlich bestehen oder
entstehen können, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde uner-
heblich. Ob eine zu pfändende Forderung besteht, wird im Zwangsvollstre-
ckungsverfahren nur in engem Maße überprüft. Eine Pfändung muss immer
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dann erfolgen, wenn dem Schuldner die Forderung nach irgendeiner vertretba-
ren Rechtsansicht zustehen kann. Der Pfändungsantrag darf nur ausnahms-
weise abgelehnt werden, wenn dem Schuldner der Anspruch aus tatsächlichen
oder rechtlichen Gründen offenbar nicht zustehen kann oder ersichtlich un-
pfändbar ist (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - VII ZB 38/07, NJW-RR
2008, 733 m.w.N.). Dass dieses der Fall wäre, zeigt die Rechtsbeschwerde
nicht auf.
h) Mit Recht rügt die Rechtsbeschwerde dagegen die Unbestimmtheit
der in Ziffer 6 genannten angeblichen Ansprüche der Schuldnerin gegen die
Drittschuldnerin. Es ist nicht verständlich, welche Ansprüche der Schuldnerin
gegen die Drittschuldnerin, die über die in Ziffer 18 genannten Ansprüche
hinausgehen, in den genannten Fällen zustehen sollten, in denen gerade kein
Kostenerstattungsanspruch gegen den Prozessgegner der Schuldnerin geltend
gemacht und durchgesetzt wird. Damit ist unklar, welche Ansprüche von der
Pfändung umfasst sein sollen. Insoweit ist der Pfändungs- und Überweisungs-
beschluss daher aufzuheben und der hierauf gerichtete Antrag zurückzuweisen.
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i) Auch die unter Ziffer 8 genannten Ansprüche sind nicht ausreichend
bestimmt bezeichnet. Es ist bereits nicht verständlich, um welche Lebenssach-
verhalte es sich bei der "Vollstreckung von Transferleistungen" handeln soll.
Zudem ist hier das Rechtsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Dritt-
schuldnerin nicht bezeichnet, aus denen sich Ansprüche ergeben sollen, weil es
im Gegensatz zur einleitenden Vorbemerkung und den übrigen Ziffern gerade
um Vorgänge gehen soll, die über das vertragliche Anwaltsverhältnis hinausge-
hen. Auch insoweit ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss daher auf-
zuheben und der hierauf gerichtete Antrag zurückzuweisen.
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3. Im Ergebnis zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde auch die Pfändung
des in Ziffer 11 bezeichneten Herausgabeanspruchs betreffend zu Gunsten der
Schuldnerin ergangener Kostenfestsetzungsbeschlüsse. Hierfür fehlt es an ei-
nem Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers.
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20
Bei Vollstreckungstiteln handelt es sich um Urkunden über die zugrunde
liegenden Forderungen im Sinne des § 836 Abs. 3 ZPO (vgl. Zöller/Stöber,
ZPO, 28. Aufl., § 836 Rdn. 13; Musielak/Becker, ZPO, 7. Aufl., § 836 Rdn. 7),
hier also über die prozessualen Kostenerstattungsansprüche der Schuldnerin
gegen ihre Prozessgegner. Sofern sich solche Titel im Besitz des Schuldners
befinden, ermöglicht § 836 Abs. 3 Satz 3 ZPO dem Gläubiger die Zwangsvoll-
streckung in diese Urkunden. Befinden sie sich dagegen im Besitz eines nicht
zur Herausgabe bereiten Dritten, so kann der Gläubiger den Schuldneran-
spruch auf Herausgabe gegen den Dritten durch Klage geltend machen, ohne
dass er sich diesen Herausgabeanspruch noch überweisen zu lassen braucht
(Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 836 Rdn. 17; MünchKommZPO/Smid, 3. Aufl.,
§ 836 Rdn. 17; RGZ 21, 360, 364). Für beide Fälle ist (nur) Voraussetzung,
dass die zugrunde liegende Forderung wirksam gepfändet und überwiesen
worden ist (vgl. Zöller/Stöber, aaO, Rdn. 9).
Für eine isolierte Pfändung von Vollstreckungstiteln beim Schuldner fehlt
es damit an einem Rechtschutzbedürfnis (Musielak/Becker, ZPO, 7. Aufl., § 836
Rdn. 7; vgl. auch Zöller/Stöber, aaO, Rdn. 16). Gleiches gilt für eine Pfändung
und Überweisung eines hierauf gerichteten Herausgabeanspruchs gegen einen
Dritten. Der Gläubiger hat ein schützenswertes Interesse an den Vollstre-
ckungstiteln nur, wenn er die zugrunde liegenden Forderungen gepfändet hat
und sie ihm überwiesen worden sind. Ist das der Fall, reicht diese Pfändung
und Überweisung aus, um die Titel wie oben beschrieben zu erlangen.
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4. Aus den gleichen Erwägungen besteht auch kein Rechtsschutzbedürf-
nis für die unter Ziffer 7 erwähnte Pfändung des Anspruchs auf Stellung eines
Kostenfestsetzungsantrags. Er kann für den Gläubiger nur Bedeutung erlangen,
wenn er den prozessualen Kostenerstattungsanspruch der Schuldnerin gegen
ihre Prozessgegner gepfändet hat. Dann aber kann er den Antrag auf Kosten-
festsetzung selbst stellen (Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., Rdn. 1732).
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IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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Kniffka Kuffer
Safari
Chabestari
Halfmeier
Leupertz
Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 23.03.2006 - 63 M 31371/06 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 18.01.2008 - 5 T 695/06 -