Urteil des BGH vom 12.01.2006

BGH (stgb, neue tatsache, sicherungsverwahrung, persönlichkeitsstörung, bewertung, gefährlichkeit, störung, beurteilung, zeitpunkt, stpo)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 485/05
vom
12. Januar 2006
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 12. Januar 2006 gemäß § 349 Abs.
4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des Land-
gerichts Magdeburg vom 2. Juni 2005 mit den Feststellun-
gen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als
Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die nachträgliche Unterbringung des Verurteilten in
der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 b Abs. 2 StGB angeordnet. Hiergegen
wendet sich der Verurteilte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachli-
chen Rechts beanstandet. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
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1. Der Verurteilte war am 20. Dezember 1995 vom Landgericht Magde-
burg wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt wor-
den. Diese Freiheitsstrafe hatte er am 22. November 2004 vollständig verbüßt.
Als Entlasstermin war der 5. November 2004 vorgesehen. Am 5. Oktober 2004
beantragte die Staatsanwaltschaft, die nachträgliche Sicherungsverwahrung
gemäß § 66 b Abs. 1 StGB anzuordnen. Am 29. Oktober 2004 erging gegen
den Verurteilten Unterbringungsbefehl nach § 275 a Abs. 5 StPO.
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Gegenstand der Verurteilung war ein Tatgeschehen vom 17. Juni 1995,
in dessen Verlauf der Verurteilte in alkoholisiertem Zustand (BAK zur Tatzeit
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2,28 o/oo) seinem Nachbarn im Rahmen eines Streits mit erheblicher Kraft ei-
nen Messerstich in den Brustbereich versetzte, an dessen Folgen das Tatopfer
wenig später verstarb. Das Landgericht ging davon aus, dass der Verurteilte bei
Begehung der Anlasstat infolge des genossenen Alkohols in seiner Steuerungs-
fähigkeit nicht ausschließbar im Sinne des § 21 StGB erheblich eingeschränkt
war. Einen psychiatrischen Sachverständigen hatte das Landgericht in diesem
Verfahren nicht hinzugezogen.
Vor Begehung dieser Tat war der Verurteilte bereits viermal wegen se-
xuellen Missbrauchs von Kindern in Erscheinung getreten und deswegen in der
ehemaligen DDR zwischen 1973 und 1987 - die letzte Tat ereignete sich am
5. September 1986 - dreimal zu Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren und acht
Monaten verurteilt worden. Ein weiteres gegen den Verurteilten geführtes Straf-
verfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern (Tatzeit: 24. Mai 1992)
wurde nach Anklageerhebung und Eröffnung des Hauptverfahrens im Hinblick
auf das der Anlassverurteilung zugrunde liegende Strafverfahren gemäß § 154
Abs. 2 StPO eingestellt.
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2. Entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht die
nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu Recht nicht auf § 66 b
Abs. 1 StGB gestützt. Eine nachträgliche Unterbringungsanordnung nach
§ 66 b Abs. 1 StGB scheidet hier schon deshalb aus, weil die Voraussetzungen
des § 66 StGB, auf die § 66 b Abs. 1 StGB Bezug nimmt, nicht erfüllt sind. Die
der Anlasstat vorausgegangenen Taten unterfallen der Verjährungsregelung
des § 66 Abs. 4 Satz 3 und 4 StGB und können deshalb zur Begründung der
hier allein in Betracht kommenden Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 bzw. Abs.
3 Satz 1 StGB nicht herangezogen werden.
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3. Das Landgericht hat jedoch die Voraussetzungen des § 66 b Abs. 2
StGB bejaht.
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Als "neue Tatsachen" hat es, beraten durch zwei psychiatrische Sach-
verständige, gewertet, dass der Verurteilte eine kombinierte Persönlichkeitsstö-
rung mit dissozialen Merkmalen aufweise. Auf der Grundlage dieser Persön-
lichkeitsstörung habe sich bei ihm eine Störung der Sexualpräferenz im Sinne
einer "Kernpädophilie" sowie ein Alkoholabusus entwickelt. Soweit der Verurteil-
te während des Strafvollzugs Auffälligkeiten gezeigt habe, sei diesen Umstän-
den eine eigenständige Bedeutung als "neue Tatsachen" nicht beizumessen, da
diese lediglich Ausdruck der Persönlichkeitsstörung des Verurteilten seien.
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Das Landgericht ist sodann im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu der
Einschätzung gelangt, der Verurteilte werde in Freiheit aufgrund der festgestell-
ten Persönlichkeitsstörung und der Störung der Sexualpräferenz und aufgrund
eines bei ihm bereits "eingeschliffenen Verhaltensmusters" mit hoher Wahr-
scheinlichkeit auch künftig erhebliche Straftaten begehen, durch die die Opfer
seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
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4. Diese Beurteilung begegnet in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden
sachlich-rechtlichen Bedenken.
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a) Das Landgericht ist bei seiner Prüfung zwar im Ansatz zutreffend von
den Anordnungsvoraussetzungen des § 66 b Abs. 2 StGB ausgegangen. Die
Anlassverurteilung erfüllt die Eingangsvoraussetzungen dieser Vorschrift, da
der Verurteilte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren ver-
urteilt worden ist.
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b) Auch bestehen gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 66 b Abs. 2
StGB weder im Hinblick auf das Rückwirkungsverbot nach Art. 103 Abs. 2 GG
(vgl. BVerfGE 109, 133, 167) noch unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatli-
chen Vertrauensschutzgebots aus Art. 2 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG
Bedenken. Angesichts des berechtigten Interesses der Allgemeinheit, potentiel-
le Opfer vor schwersten Verletzungen durch Straftäter zu schützen, ist die ge-
setzgeberische Entscheidung, in besonderen Ausnahmefällen, bei denen die
formellen Voraussetzungen etwaiger früherer Verurteilungen fehlen, die nach-
trägliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu ermöglichen, nicht zu bean-
standen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2005 - 2 StR 272/05 - zum Ab-
druck in BGHSt bestimmt).
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Dieser Beurteilung steht hier nicht entgegen, dass gegen den Verurteil-
ten, selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 66 StGB, im Zeitpunkt der
Aburteilung der Anlasstat Sicherungsverwahrung nicht hätte angeordnet wer-
den dürfen. Der Verurteilte hatte die Anlasstat vor dem 1. August 1995 im Bei-
trittsgebiet begangen und unterfiel deshalb der Regelung des Art. 1 a EGStGB
in der zurzeit des Strafurteils geltenden Fassung des SichVG vom 16. Juni
1995 (BGBl. I S. 818). Diese Vorschrift schloss - für einen Fall wie den vorlie-
genden - die Anwendbarkeit der Vorschriften der Sicherungsverwahrung gene-
rell aus.
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Dieser Umstand mag - was der Senat nicht zu entscheiden braucht - un-
ter dem Gesichtspunkt der Rückwirkung und insbesondere des Vertrauens-
schutzes bei Altfällen im Rahmen der Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen
des § 66 b Abs. 1 StGB von Bedeutung sein, weil diese Vorschrift auf § 66
StGB Bezug nimmt (zu dem vergleichbaren Fall des § 66 Abs. 3 StGB i.V.m.
Art. 1 a EGStGB i.d.F. des Gesetzes vom 26. Januar 1998 - BGBl. I S. 160 -
vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2005 - 2 StR 272/05). Anders verhält es
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sich jedoch bei der hier allein in Betracht kommenden Anordnungsgrundlage
des § 66 b Abs. 2 StGB, da diese Vorschrift gerade unabhängig vom Vorliegen
der formellen Voraussetzungen des § 66 StGB Anwendung findet.
c) Den Anforderungen, die an das Vorliegen "neuer Tatsachen" zu stel-
len sind, wird das angefochtene Urteil indes nicht gerecht. An diese Vorausset-
zungen sind strenge Anforderungen zu stellen. Im Einzelnen:
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aa) "Neue Tatsachen" im Sinne des § 66 b StGB sind zunächst nur sol-
che, die nach der letzten Verhandlung in der Tatsacheninstanz und vor Ende
des Vollzugs der verhängten Freiheitsstrafe bekannt oder erkennbar geworden
sind (vgl. BGH NJW 2005, 3078, 3080; NStZ 2005, 561, 562). Umstände, die
dem ersten Tatrichter bekannt waren, scheiden daher in jedem Fall aus. Aber
auch Tatsachen, die ein sorgfältiger Tatrichter mit Blick auf § 244 Abs. 2 StPO
hätte aufklären müssen, um entscheiden zu können, ob eine Maßregel nach
§§ 63, 64, 66, 66 a StGB anzuordnen ist, waren erkennbar und sind nicht neu
im Sinne des § 66 b StGB. Rechtsfehler, die durch Nichtberücksichtigung sol-
cher Tatsachen entstanden sind, können nicht durch die Anordnung einer nach-
träglichen Sicherungsverwahrung korrigiert werden (BGH aaO). Eine Bewer-
tung bereits bei der Anlassverurteilung bekannter oder erkennbarer Tatsachen
stellt ebenfalls keine neue Tatsache dar (vgl. Senatsbeschluss vom
9. November 2005 - 4 StR 483/05 - zum Abdruck in BGHSt bestimmt).
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bb) Darüber hinaus müssen die nachträglich erkennbar gewordenen Tat-
sachen eine "gewisse Erheblichkeitsschwelle" überschreiten (BTDrucks. 15/
2887 S. 12; Lackner/Kühl StGB 25. Aufl. § 66 b Rdn. 4). Die Frage der Erheb-
lichkeit der "neuen Tatsache" für die Gefährlichkeitsprognose ist eine Rechts-
frage, die vom Gericht in eigener Verantwortung ohne Bindung an die Auffas-
sung der gehörten Sachverständigen zu beantworten ist. Aus der Rechtsnatur
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der nachträglichen Sicherungsverwahrung als einer zum Strafrecht im Sinne
des § 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gehörenden Maßnahme, die an eine Straftat anknüpft
und ihre sachliche Rechtfertigung auch aus der Anlasstat bezieht (vgl. BVerfGE
109, 190, Leitsatz Ziff. 1 Buchst. a) folgt, dass die Erheblichkeit der berücksich-
tigungsfähigen "neuen Tatsache" vor dem Hintergrund der bei der Anlassverur-
teilung bereits hervorgetretenen Gefährlichkeit beurteilt werden muss. Die "no-
va" müssen daher in einem prognoserelevanten symptomatischen Zusammen-
hang mit der Anlassverurteilung stehen (vgl. Senatsbeschluss aaO).
d) Diesen Grundsätzen tragen die Ausführungen des Landgerichts nicht
hinreichend Rechnung.
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aa) Die Auffassung des Landgerichts, die kombinierte (dissoziale) Per-
sönlichkeitsstörung des Verurteilten stelle in Verbindung mit der Störung der
Sexualpräferenz eine "neue Tatsache" dar, begegnet durchgreifenden rechtli-
chen Bedenken. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, die Persönlichkeitsstö-
rung sei beim Verurteilten zwar bereits im jungen Erwachsenenalter - etwa seit
1975 - vorhanden gewesen. Auch habe die Störung der Sexualpräferenz bereits
im Zeitpunkt der Aburteilung der Anlasstat vorgelegen. Jedoch seien der erken-
nenden Strafkammer, diese Störungen weder bekannt noch erkennbar gewe-
sen, da sie erstmals, jedenfalls in "ihrem vollen Ausmaß", durch die im vorlie-
genden Verfahren tätigen psychiatrischen Sachverständigen diagnostiziert wor-
den seien.
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Dieser Begründung des Landgerichts liegt bereits ein falscher Ansatz
zugrunde, weil es rechtsfehlerhaft allein auf die Bewertung der Persönlichkeits-
auffälligkeiten des Verurteilten abgestellt hat. Dabei hat das Landgericht ver-
kannt, dass für die Beurteilung der Frage, ob "neue Tatsachen" gegeben sind,
nicht die neue oder möglicherweise sogar erstmalige Bewertung von Tatsachen
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maßgeblich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die dieser Bewertung zugrunde
liegenden Anknüpfungstatsachen im Zeitpunkt der Aburteilung der Anlasstat
bereits vorlagen und ob diese dem damaligen Tatrichter bekannt oder für ihn
erkennbar waren. Es ist dabei - jedenfalls bei der Diagnose "Persönlichkeitsstö-
rung" - nicht von Bedeutung, ob diese (Anknüpfungs-)Tatsachen bereits im
Ausgangsverfahren oder in einem früheren Verfahren Grundlage einer sachver-
ständigen Bewertung waren.
Dass maßgebliche, den diagnostizierten Störungen zugrunde liegende
(Anknüpfungs-)Tatsachen bereits im Zeitpunkt der Aburteilung der Anlasstat
gegeben waren, steht hier nach den getroffenen Feststellungen außer Frage.
Diese Anknüpfungstatsachen - etwa Erkenntnisse zu den persönlichen Verhält-
nissen des Verurteilten, insbesondere zu seinem Werdegang, der frühe Deli-
quenzbeginn, seine Alkoholproblematik und seine Vorstrafen, vor allem die
mehrfachen Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, auf die
die Diagnose "Störung der Sexualpräferenz" ausschließlich gestützt wird - wa-
ren im Ausgangsverfahren auch schon bekannt. Hinzu kommt, dass sich in je-
nem Verfahren in Anbetracht der erheblichen, auf eine Gewöhnung hindeuten-
den Alkoholisierung des Verurteilten bei der Anlasstat und zumindest bei eini-
gen Vortaten einem sorgfältigen Tatrichter die Prüfung der Voraussetzungen
einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB aufdrängen musste. Erkenntnisse,
die er insoweit - etwa anhand der Vorstrafenakten - unter Aufklärungsgesichts-
punkten hätte gewinnen können und müssen, waren für ihn, wie oben darge-
legt, jedenfalls erkennbar und können als "neue Tatsachen" im vorliegenden
Verfahren nicht mehr herangezogen werden.
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Soweit das Landgericht darauf abstellt, die Persönlichkeitsstörung des
Verurteilten, sowie seine "Kernpädophilie" seien jedenfalls "in ihrem vollen
Ausmaß" zum Zeitpunkt der Anlassverurteilung nicht bekannt gewesen, lassen
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die Urteilsgründe nicht erkennen, ob diese Feststellung auf konkreten "neuen"
Anknüpfungstatsachen gründet oder ob sie, was nicht ausreichend wäre, ledig-
lich auf der jetzigen Bewertung schon im Ausgangsverfahren bekannter oder
erkennbarer Tatsachen durch die Sachverständigen beruht.
bb) Soweit das Landgericht die "Kernpädophilie" des Verurteilten als "no-
vum" heranzieht, kommt unabhängig davon, dass es sich dabei nicht um eine
Tatsache, sondern um eine Wertung handelt, hinzu, dass nach den bisherigen
Feststellungen nicht zu erkennen ist, ob dieser Umstand in einem für die Erheb-
lichkeitsbeurteilung der "nova" erforderlichen prognoserelevanten, symptomati-
schen Zusammenhang mit der Anlasstat steht. Die Erheblichkeit einer berück-
sichtigungsfähigen "neuen Tatsache" darf, wie oben dargelegt, nicht losgelöst
von der bei der Anlasstat hervorgetretenen spezifischen Gefährlichkeit beurteilt
werden, sondern muss eine innere Beziehung zu dieser Gefährlichkeit aufwei-
sen. In Bezug auf die "Kernpädophilie" des Verurteilten ergeben dies die Ur-
teilsgründe nicht. Bei der Anlasstat handelte es sich um ein aus einem Konflikt
heraus begangenes, spontanes Gewaltdelikt. Inwieweit die auf die Kernpädo-
philie zurückzuführenden Sexualdelikte des Verurteilten, bei denen es zu keiner
unmittelbaren Gewaltanwendung gegenüber den Tatopfern kam, eine wie auch
immer geartete innere Verknüpfung zu der bei dem Tötungsdelikt zutage getre-
tenen Gefährlichkeit aufweisen, ist nicht zu erkennen.
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5. Der Senat kann nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass das
Vollzugsverhalten, das bislang unter diesem Gesichtspunkt nicht Gegenstand
tatrichterlicher Beurteilung war, die Annahme "neuer Tatsachen" im Sinne des
§ 66 b StGB rechtfertigen kann. Bei der dem neuen Tatrichter insoweit oblie-
genden Prüfung wird dieser allerdings zu beachten haben, dass nicht schon
jeder während des Vollzugs aufgetretene Ungehorsam als "novum" im Sinne
des § 66 b StGB herangezogen werden kann. Vielmehr ist bei Vollzugsauffällig-
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keiten - neben den oben dargelegten Grundsätzen - bei Beurteilung der Erheb-
lichkeit in besonderem Maße zu prüfen, ob sie für sich genommen oder jeden-
falls in ihrer Gesamtheit Gewicht haben im Hinblick auf mögliche Beeinträchti-
gungen des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit, der Freiheit oder der se-
xuellen Selbstbestimmung anderer (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2005 -
2 StR 272/05). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der besonderen Be-
dingungen des Vollzugs zu beurteilen. Haben Auffälligkeiten oder während der
Haft begangene Straftaten ihre Ursache überwiegend in den besonderen Be-
dingungen des Vollzugs, wird ihnen in der Regel die erforderliche erhebliche
Indizwirkung für die Gefährlichkeit des Verurteilten nicht zukommen (vgl. BGH,
aaO; zum vergleichbaren Fall der Bewertung von Straftaten während der Un-
terbringung nach § 63 StGB: vgl. BGH NStZ 1998, 405; BGHR StGB § 63 Ge-
fährlichkeit 26; Senatsbeschluss vom 25. August 1998 - 4 StR 385/98).
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Sost-Scheible