Urteil des BGH vom 12.01.2006

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 293/04 Verkündet
am:
12. Januar 2006
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
HOAI § 68
Zur Abrechnung von Planleistungen für selbständige und unselbständige Teile
einer Wärmeversorgungsanlage.
BGH, Urteil vom 12. Januar 2006 - VII ZR 293/04 - OLG München
LG Augsburg
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter
Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka, Bauner und die Richterin Safari Chabestari
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 27. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom
15. September 2004 im Kostenausspruch und insoweit aufgeho-
ben, als für die Planung der WWR-Technik in den einzelnen Ge-
bäuden außerhalb der ZVA ein 112.846,55 € (220.708,67 DM)
übersteigendes Honorar in Ansatz gebracht worden ist.
Die gegen die gesonderte Abrechnung der Planung der Bekoh-
lungsanlage und der Rauchgasentschwefelungsanlage gerichtete
Revision wird zurückgewiesen. Die weitergehende Revision wird
verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Bezahlung restlichen Ingeni-
eurhonorars.
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Die Beklagte hat den Kläger mit Planungsleistungen bei der Sanierung
der Wärmeversorgung des NATO-Flugplatzes L.P. gemäß der Haushaltsunter-
lage Bau (HU-Bau) betreffend die Grundleistungen der Leistungsphase 2 (Vor-
planung) sowie Teile der Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung) des § 73 HOAI
beauftragt.
Gegenstand der Planung waren
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1.1.1 die Gas-, Wasser- und Abwassertechnik (GWA) in den Gebäuden
(1) zentrale Versorgungsanlage (ZVA)
(2) und weiteren 13 Gebäuden;
1.1.2 die Wärmeversorgungs-, Wassererwärmungs- und Raumlufttech-
nik (WWR) in den Gebäuden
(1) zentrale Versorgungsanlage (ZVA) mit Kohlebunker, ein-
schließlich Bekohlungsanlage, DDC-Technik und Rauchgas-
entschwefelungsanlage (REA)
(2) die Gebäudeheizung einschließlich DDS-Technik in weiteren
66 Gebäuden.
1.2
Umbau und Erweiterung des bestehenden Fernheiznetzes außer-
halb der Gebäude der Anlagengruppe 1.1.2
Der eine schriftliche Honorarvereinbarung enthaltende Ingenieurvertrag
wurde erst am 30. August/16. September 1991 unterzeichnet. Zu diesem Zeit-
punkt befand sich der Kläger in einem fortgeschrittenen Planungsstadium,
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nachdem ihm im Frühjahr 1990 der Auftrag mündlich, wenn auch ohne Hono-
rarvereinbarung, erteilt worden war.
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In § 6 des schriftlichen Ingenieurvertrags ist unter Ziff. 6.1.6 bestimmt:
(1) Für jede Anlagengruppe nach 1.1.1 (1), 1.1.1 (2), 1.1.2 (1) und 1.1.2
(2), einschließlich der jeweils nach 1.2 mit zu bearbeitenden Anlagen
wird ein gesondertes Honorar ermittelt.
(2) Für die nach 1.2 zu bearbeitenden Anlagen einer Anlagengruppe
wird jedoch ein getrenntes Honorar ermittelt, wenn deren anrechen-
bare Kosten 50.000 DM und mehr betragen (§ 70 HOAI). Dann ist
auch die Honorarzone neu festzulegen.
(3) Bei mehreren Gebäuden/Ingenieurbauwerken werden alle nach (2)
gesondert zu behandelnden Anlagen einer Anlagengruppe für die
Honorarermittlung zusammengefasst.
Der Kläger rechnete seine Leistungen nach vollständiger Erbringung mit
Schlussrechnung Nr.
9510 vom 11.
Januar 1995 mit insgesamt
1.922.077,06 DM ab. Abzüglich bereits erhaltener Zahlungen machte er eine
Restforderung von 1.453.577,06 DM geltend. Das jetzt noch streitige Honorar
für die WWR- und die GWA-Technik in den Gebäuden hat der Kläger auf der
Grundlage der jeweils bei den einzelnen Gebäuden angefallenen anrechenba-
ren Kosten mit 482.360,46 DM und 80.887,37 DM abgerechnet. Die Planungs-
leistungen für die Rauchgasentschwefelungsanlage und die Bekohlungsanlage
hat er jeweils gesondert neben dem Honorar für die ZVA in Rechnung gestellt.
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Die Beklagte vertritt Bezug nehmend auf den schriftlichen Ingenieurver-
trag die Auffassung, die Planungsleistungen des Klägers hinsichtlich der WWR-
und der GWA-Technik in den Gebäuden seien jeweils auf der Grundlage der
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anrechenbaren Kosten der ZVA und der kumulierten Kosten der übrigen Ge-
bäude zu honorieren. Die Bekohlungsanlage und die Rauchgasentschwefe-
lungsanlage seien integrativer Bestandteil der Heizungsanlage. Die dafür ange-
fallenen Kosten gehörten dementsprechend zu den anrechenbaren Kosten der
ZVA-WWR. Die Parteien sind sich einig, dass bei berechtigter gesonderter Ab-
rechnung für die Planung der Rauchgasentschwefelungsanlage 19.160,84 DM
und für die Bekohlungsanlage 43.881,67 DM als Honorar beansprucht werden
können.
Der Kläger hat unter Berücksichtigung nachfolgender Abschlagszahlun-
gen auf die Schlussrechnung und weiterer Rechnungen über 24.109,80 DM und
8.908,56 DM erstinstanzlich eine Klageforderung von 1.334.595,42 DM geltend
gemacht. Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutach-
tens zur Frage des Mindesthonorars die Beklagte verurteilt, an den Kläger
210.479,63 DM zu bezahlen. Die dem Kläger aus der Rechnung Nr. 9510 zu-
stehende Gesamtvergütung hat es mit 823.151,56 DM in Ansatz gebracht.
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Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Klä-
ger hat seine Klageforderung in Höhe von noch 688.522,28 DM weiterverfolgt.
Die Beklagte hat die Aufhebung des Urteils gefordert, soweit sie verurteilt wor-
den ist, einen 30.542,93 DM übersteigenden Betrag zu bezahlen.
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Das Oberlandesgericht hat zur Frage der Struktur und Funktionsweise
der Wärmeversorgungsanlage und zur planerischen Selbständigkeit der einzel-
nen Gebäudeausrüstungen sowie der Bekohlungsanlage und der Rauchgas-
entschwefelungsanlage ein Sachverständigengutachten eingeholt. Es hat die
Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat es
die Beklagte unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung und Zu-
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rückweisung der Berufung im Übrigen verurteilt, an den Kläger 522.507,84 DM
(267.154,01 €) zu bezahlen.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Be-
klagte eine Aufhebung des Berufungsurteils, soweit sie zur Zahlung eines
58.977,21 € (115.349,39 DM) übersteigenden Betrags verurteilt worden ist. Da-
bei geht sie davon aus, dass für die Planung der WWR-Technik in den Gebäu-
den ein Honorar von 220.708,67 DM in Ansatz zu bringen ist.
Entscheidungsgründe:
A.
Die Revision ist zulässig, soweit die Beklagte sich dagegen wendet, dass
bei der WWR-Technik außerhalb der ZVA nach einzelnen Gebäuden sowie die
Rauchgasentschwefelungsanlage und die Bekohlungsanlage gesondert neben
der ZVA abgerechnet wurden. Im Übrigen ist sie unzulässig.
12
I.
Das Berufungsgericht hat die Revision nur teilweise zugelassen. Die Zu-
lassung ist zwar im Tenor der Entscheidung nicht beschränkt. In den Entschei-
dungsgründen ist jedoch ausgeführt, die Zulassung beschränke sich auf den
Anlagenbegriff in § 68 Satz 1 HOAI unter Berücksichtigung der vertraglichen
Vereinbarung bei einer Anlage der Wärmeversorgungstechnik, die als komple-
xes System mehrere Gebäude versorgt.
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Darin ist eine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung zu sehen.
Die Zulassungsbeschränkung kann sich nicht nur aus dem Urteilstenor, son-
dern auch aus der für die Zulassung gegebenen Begründung ergeben. Die Zu-
lassung der Revision kann allerdings nicht auf die Klärung einer einzelnen
Rechtsfrage begrenzt werden; sie kann sich nur auf einen tatsächlich und recht-
lich selbständigen abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beziehen, über den
durch Teil- oder Zwischenurteil entschieden werden kann oder auf den der Re-
visionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGH, Urteile vom
17. Juni 2004 - VII ZR 226/03, BauR 2004, 1650 = ZfBR 2004, 775 und vom
28. Oktober 2004 - VII ZR 18/03, BauR 2005, 425 = NZBau 2005, 150 = ZfBR
2005, 248).
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II.
Das Berufungsgericht hat die Revision beschränkt auf die Frage des An-
lagenbegriffs im Sinne des § 68 HOAI zugelassen, soweit davon die Wärme-
versorgungsanlage betroffen ist. Über die Abrechnung der WWR-Technik kann
gesondert durch Teilurteil entschieden und damit die Zulassung der Revision
auch darauf beschränkt werden. Hinsichtlich der Abrechnung der GWA-Technik
ist die Revision nicht zugelassen worden. Insoweit ist die Revision nicht zuläs-
sig.
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Zur Prüfung gestellt sind damit die zwischen den Parteien noch streitigen
Fragen, ob die Planung der WWR-Technik in den Gebäuden einzeln abgerech-
net und ob eine gesonderte Abrechnung der Planung der Bekohlungsanlage
und der Rauchgasentschwefelungsanlage vorgenommen werden durfte. Letzte-
re Frage ist von der Prüfung nicht ausgenommen, da auch hier fraglich ist, ob
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die genannten Einrichtungen als unselbständige Bestandteile der ZVA zu wer-
ten sind und damit mit ihr als einheitliche Anlage abzurechnen sind.
B.
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Die zulässige Revision hat in der Sache teilweise Erfolg.
Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind das Bürgerliche Gesetzbuch
gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB in der bis zum 31. Dezember 2001 und die
HOAI in der bis 31. Dezember 1990 geltenden Fassung anzuwenden.
18
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Honorarvereinbarungen im
Ingenieurvertrag vom 16. September 1991 schlössen eine gesonderte Abrech-
nung der WWR-Anlagen getrennt nach Gebäuden und eine solche der Rauch-
gasentschwefelungsanlage und der Bekohlungsanlage bei richtigem Verständ-
nis unter Berücksichtigung der Vorgaben der HOAI nicht aus. Den im Hinblick
auf § 4 Abs. 1 HOAI bestehenden Wirksamkeitszweifeln, die deshalb veranlasst
seien, weil der Kläger auf der Grundlage eines mündlich erteilten Auftrags mit
der Planungstätigkeit begonnen habe und dem erst zeitlich erheblich versetzt
der schriftliche Vertrag samt Honorarvereinbarung nachgefolgt sei, brauche
nicht nachgegangen zu werden. Die getrennte Abrechnung der WWR-Anlagen
für die Gebäude folge sowohl aus der HOAI als auch aus dem Vertrag.
19
- 9 -
II.
20
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
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1. Der Kläger wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit
den in der Schlussrechnung Nr. 9510 abgerechneten Planungsleistungen be-
reits im Frühjahr 1990 beauftragt. Auf zu diesem Zeitpunkt abgeschlossene
Verträge ist die HOAI in der bis 31. Dezember 1990 gültigen Fassung anzu-
wenden. Der schriftliche Vertrag wurde dagegen erst nach Änderung der HOAI
zum 1. Januar 1991 abgeschlossen. Das bei der mündlichen Beauftragung im
Frühjahr 1990 geltende Preisrecht ist damit mit dem bei Abschluss des schriftli-
chen Ingenieurvertrags gültigen Preisrecht nicht identisch.
a) Zwischen den Parteien ist im Frühjahr 1990 mündlich ein wirksamer
Ingenieurvertrag zustande gekommen. Nach dem übereinstimmenden Vortrag
der Parteien wurde der Auftrag für die nach der HU-Bau zu erbringenden Leis-
tungen mündlich vorab erteilt. Der Kläger kann daher die sich nach der HOAI in
der bis 31. Dezember 1990 gültigen Fassung ergebende Mindestvergütung be-
anspruchen, soweit sich die Parteien nicht in einzelnen Punkten im Laufe des
Verfahrens bereits verständigt haben. Die im Jahre 1991 getroffene schriftliche
Honorarvereinbarung hat auf das von dem Kläger zu beanspruchende Honorar
keine Auswirkungen, da sie nicht gemäß § 4 Abs. 1 HOAI bei Abschluss des
Vertrags getroffen wurde.
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b) Hinsichtlich der jetzt noch streitigen Punkte ist das von dem Kläger zu
beanspruchende Mindesthonorar zu ermitteln. Eine entsprechende Ermittlung
ist durch den Sachverständigen in erster Instanz nicht erfolgt, weil dieser das
vom Kläger zu beanspruchende Honorar auf der Grundlage der Preisabspra-
chen der Parteien im schriftlichen Vertrag errechnet hat.
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Hinsichtlich der WWR-Technik ist unstreitig, dass die ZVA mit
167.794,61 DM und das Fernheiznetz mit 49.136,28 DM gesondert abgerech-
net werden. Zu klären ist damit nur die Berechtigung des Klägers, die in den
Gebäuden befindlichen Bestandteile der WWR-Technik sowie die Bekohlungs-
anlage und die Rauchgasentschwefelungsanlage jeweils gesondert honoriert zu
verlangen.
24
2. Die von dem Kläger geplante Wärmeversorgungs-, Wassererwär-
mungs- und Raumlufttechnik in den Gebäuden ist als technische Ausrüstung
gemäß § 68 Satz 1 Nr. 2 HOAI nach §§ 73 f. HOAI abzurechnen.
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a) Ob insoweit eine Abrechnung aufgrund der Summe der anrechenba-
ren Kosten aller in den Gebäuden befindlichen Bestandteile der Gesamtanlage
zu erfolgen hat oder einzelne Bestandteile zu einer Abrechnungseinheit zu-
sammenzufassen sind, bestimmt sich gemäß § 69 Abs. 7 HOAI in entspre-
chender Anwendung des § 22 HOAI. In § 22 Abs. 1 HOAI ist bestimmt, dass bei
einem Auftrag, der mehrere Gebäude umfasst, die Honorare grundsätzlich für
jedes Gebäude getrennt zu berechnen sind. Der Senat hat in seiner Entschei-
dung vom 24. Januar 2002 (VII ZR 461/00, BauR 2002, 817 = NZBau 2002,
278 = ZfBR 2002, 479) ausgeführt, dass sich ein sinnvoller Anwendungsbereich
für eine entsprechende Anwendung des § 22 HOAI nur ergibt, wenn man den
Begriff "Gebäude" durch denjenigen der "Anlage" ersetzt. Das bedeutet, dass
bei Aufträgen über mehrere Anlagen die Honorare grundsätzlich getrennt zu
berechnen sind. Mehrere Anlagen liegen vor, wenn sie getrennt an das öffentli-
che Netz angeschlossen und allein betrieben werden können. Darauf, ob die
Leistungen für mehrere Gebäude erbracht wurden, kommt es grundsätzlich
nicht an. Für die Beurteilung des Honorars eines Ingenieurs ist somit entschei-
dend, ob die Anlagenteile nach funktionellen und technischen Kriterien zu einer
Einheit zusammengefasst sind. Der Senat hat darauf verwiesen, dass eine ein-
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heitliche Anlage, wie etwa eine Heizungsanlage, nicht deshalb honorarrechtlich
in mehrere Anlagen aufgeteilt werden kann, weil sie mehrere Gebäude versorgt
(BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - VII ZR 461/00, aaO).
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b) Die Wärmeversorgung stellt sich hier so dar: Den Ausgangspunkt bil-
det die zentrale Versorgungsanlage (ZVA), in der Wärme erzeugt wird. Vom
Hauptverteiler in der ZVA gehen die beiden Fernheizkreise des Primärnetzes
aus. Über Übergabestationen wird die Energie teils direkt, teils indirekt über
Wärmeaustauscher, unter Reduzierung der Temperatur in Sekundärnetze wei-
tergeleitet. Die Sekundärnetze wiederum sind über Unterstationen mit der Hei-
zungstechnik der einzelnen Gebäude verbunden, wobei teilweise mehrere Ge-
bäude über dieselbe Unterstation an das Sekundärnetz angeschlossen sind.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen sind die einzelnen Anla-
gen in den Gebäuden für sich abgeschlossene Teile der Leistung und eigen-
ständig auf ihre Gebrauchstauglichkeit überprüfbar. Anstelle der Zuleitungen
vom Netz und der Wärmetauscher könnten sich an jeder Übergabestation oder
an jeder Unterstation Öl- oder Gaskessel oder andere autarke Wärmeerzeuger
zur Versorgung befinden.
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c) Danach ist die Wärmeversorgung mit ZVA, Primär- und Sekundärnet-
zen sowie der Heiztechnik innerhalb der Gebäude honorarrechtlich nicht als
eine Anlage zu qualifizieren.
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aa) Anders als in den nachfolgenden Fassungen erfasst die technische
Ausrüstung gemäß § 68 HOAI in der bis 31. Dezember 1990 gültigen Fassung
nur Anlagen in Gebäuden und in Ingenieurbauwerken. Entsprechende Anlagen
außerhalb von Gebäuden und Ingenieurbauwerken rechnen nicht zur techni-
schen Ausrüstung; sie zählen zu den Ingenieurbauwerken im Sinne des Teils
VII, soweit sie in § 51 HOAI erfasst sind. Von diesem generellen Grundsatz
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macht lediglich § 70 HOAI eine Ausnahme. Danach findet § 68 Satz 2 HOAI
keine Anwendung, wenn die getrennte Berechnung des Honorars für die Grund-
leistungen der Anlagen außerhalb der Gebäude und Ingenieurbauwerke der
jeweiligen Anlagengruppe weniger als 50.000 DM anrechenbare Kosten zum
Gegenstand hätte.
31
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die anrechenbaren Kosten für
die Primär- und Sekundärnetze betragen mehr als 50.000 DM. Die damit vorlie-
gende Zäsur gliedert die Anlage abrechnungsmäßig in die ZVA, die Primär- und
Sekundärnetze und die Leistungen, die im Anschluss an das Netz für die nach-
folgenden Gebäude zu erbringen sind.
bb) Klärungsbedürftig ist daher, inwieweit die für die Gebäude außerhalb
der ZVA erbrachten Planungsleistungen eine oder mehrere Anlagen betreffen.
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Nach den Ausführungen des Sachverständigen sind die Unterstationen
die Schnittstelle zwischen dem Fern- bzw. Nahwärmenetz und der Gebäude-
heizanlage. Die einzelnen Unterstationen sind mit den anschließenden Gebäu-
deheizanlagen als jeweils eine Anlage anzusehen. Die von dem Kläger vorge-
nommene gebäudebezogene Abrechnung kann daher nur in den Fällen erfol-
gen, in denen die Unterstation nur ein Gebäude versorgt. Werden von einer
Unterstation mehrere Gebäude versorgt, sind die anrechenbaren Kosten für
sämtliche an diese Unterstation angeschlossenen Gebäude zusammenzufas-
sen. Dass die Planung einschließlich notwendiger Berechnungen der Anlagen
für die Wärmeversorgungs-, Wassererwärmungs- und Raumlufttechnik für die
einzelnen Gebäude gesondert erfolgen musste, ändert an dieser Bewertung
nichts. Entscheidend ist nicht, welche Planungserfordernisse vorliegen, sondern
ob es sich aus konstruktiven und funktionellen Gesichtspunkten um eine Anlage
handelt. Die in den einzelnen Gebäuden ohne Unterstation befindlichen Be-
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standteile der Fernheizung sind lediglich unselbständige Teile einer Anlage und
nicht, wie das Berufungsgericht meint, selbständige Teilanlagen. Denn sie
könnten ohne erhebliche konstruktive Änderungen nicht direkt an das Sekun-
därnetz oder einen anderen Wärmeversorger angeschlossen werden.
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Das Berufungsgericht wird deshalb die anrechenbaren Kosten für die im
Anschluss an das Sekundärnetz erbrachten Leistungen für jede Unterstation
der zugehörigen Gebäudeheizungsanlage zusammengefasst zu ermitteln ha-
ben.
3. Die von dem Kläger geplante Rauchgasentschwefelungsanlage hat
das Berufungsgericht zu Recht nicht als unselbständigen Bestandteil der ZVA
angesehen. Aufgabe des Klägers war die Sanierung der vorhandenen zentralen
Erzeugung. Zusätzlich sollte die Ausrüstung mit einer Rauchgasentschwefe-
lungsanlage erfolgen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte die
geplante Kesselanlage, von den gesetzlichen Vorschriften zur Luftreinhaltung
abgesehen, auch ohne Rauchgasentschwefelungsanlage geplant, gebaut und
betrieben werden können. Sie stellt eine der Anlagen dar, mit denen aus Grün-
den des Umweltschutzes bereits vorhandene Anlagen nachgerüstet wurden.
Die Rauchgasentschwefelungsanlage gehört nicht zu den Anlagen auf dem
Gebiet der Wärmeversorgungs-, Wassererwärmungs- und Raumlufttechnik. Sie
ist gesondert zu betrachten. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass
die Rauchgasentschwefelungsanlage als zur zentralen Betriebstechnik im Sin-
ne der DIN 276 Fassung 1981 Teil 2 Kostengruppe 3.3 gehörig einzustufen ist.
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Darüber hinaus ist auch hier § 68 Satz 2 HOAI zu beachten. Die Rauch-
gasentschwefelungsanlage befindet sich nicht mit der ZVA in einem Gebäude.
Sie ist vielmehr außerhalb eines Gebäudes aufgestellt und damit nicht als tech-
nische Ausrüstung im Sinne des Teils IX der HOAI zu werten, sondern geson-
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dert abzurechnen. Ob dafür die Vorschriften der HOAI heranzuziehen sind oder
eine Abrechnung außerhalb der HOAI vorzunehmen ist (vgl. Seifert, IBR 2005,
98), kann dahingestellt bleiben. Die Parteien haben sich nämlich dahin verstän-
digt, dass bei zulässiger gesonderter Abrechnung die Rauchgasentschwefe-
lungsanlage mit 19.160,84 DM zu berücksichtigen ist.
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4. Auch bei der Bekohlungsanlage handelt es sich nicht um einen un-
selbständigen Teil der zentralen Versorgungsanlage.
Das Kohlenlager befindet sich nach dem unbestrittenen Vortrag des Klä-
gers in einem Abstand von ca. 5 m südlich des Gebäudes 121, in dem die ZVA
untergebracht ist. Das Kohlenlager sollte saniert bzw. durch eine moderne An-
lage ersetzt werden. Planungsziel war eine vollautomatisch arbeitende Anlage,
die die volle Kapazitätsnutzung des Kohlenlagers ohne dessen Erweiterung
erbringen sollte. Die automatische Befüllung des in der ZVA vorhandenen Ta-
gesbehälters für den Kohlekessel sollte in das neue System einbezogen wer-
den. Die Realisierung dieses Planungszieles erfolgte auf der Basis eines erwei-
terten Brückenkransystems bei gleichzeitiger baulicher Ergänzung im Kohlenla-
ger.
38
Die Bekohlungsanlage ist nicht als unselbständiger Teil der ZVA anzuse-
hen. Es kann dahinstehen, ob sie schon deshalb gesondert abzurechnen ist,
weil sie der Anlagengruppe 4 des § 68 HOAI unterfällt, während die ZVA der
Anlagengruppe 2 zuzuordnen ist. Denn sie ist eine Anlage außerhalb von Ge-
bäuden und Ingenieurbauwerken im Sinne von § 68 Satz 2 HOAI und deshalb
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getrennt von der technischen Ausrüstung in Gebäuden abzurechnen. Auf wel-
cher Basis dies zu erfolgen hat, kann dahingestellt bleiben, da sich die Parteien
dahin verständigt haben, dass für die Bekohlungsanlage ein Honorar von
43.881,67 DM beansprucht werden kann, sofern gesondert abzurechnen ist.
Dressler Wiebel Kniffka
Bauner Safari Chabestari
Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 22.10.1999 - 2 O 2312/96 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 15.09.2004 - 27 U 938/99 -