Urteil des BGH vom 05.10.2000

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 71/00
Verkündet am:
5. Oktober 2000
F i t t e r e r
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Baulandsache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
------------------------------------
BauGB § 52 Abs. 1
Zur Ermessensausübung bei der Festlegung des Umlegungsgebiets, wenn
im Geltungsbereich des Bebauungsplans, dessen Verwirklichung die Um-
legung dienen soll, in bezug auf den Stand der Erschließung bzw. den Be-
darf an Flächen für die öffentliche Nutzung einzelne Bereiche unterschied-
lich betroffen sind.
BauGB §§ 55 Abs. 2, 58 Abs. 1
Führt die Umlegungsstelle die Umlegung zur Verwirklichung eines Bebau-
ungsplans (ermessensfehlerfrei) in einem einheitlichen Umlegungsgebiet
durch, obwohl in bezug auf den Stand der Erschließung bzw. dem Bedarf an
- 2 -
Flächen für die öffentliche Nutzung einzelne Bereiche unterschiedlich be-
troffen sind, so kann sich bei der Berechnung der Verteilungsmasse und der
Verteilung nach Flächen die Notwendigkeit ergeben, Flächenabzüge (§ 55
Abs. 2 BauGB) wie auch Flächenbeiträge (§ 58 Abs. 1 BauGB) in den jewei-
ligen Teilbereichen unterschiedlich anzusetzen.
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2000 - III ZR 71/00 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
- 3 -
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dörr und Galke
für Recht erkannt:
Die Revision der Beteiligten zu 1 gegen das Urteil des Senats für
Baulandsachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
10. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1 haben die Kosten des Revisionsrechtszuges
zu tragen.
Von Rechts wegen
- 4 -
Tatbestand
Die Beteiligten zu 1 sind Eigentümer von bisher landwirtschaftlich ge-
nutzten Grundstücken in der Gemarkung B. der Stadt L. (Beteiligte zu 2). Die
Flächen liegen im Geltungsbereich des am 1. Juni 1995 bekannt gemachten
Bebauungsplans Nr. 8.4 "I. d. K. - H. d. B.". Dieser Bebauungsplan weist im
nordwestlichen Bereich, in dem auch die Grundstücke der Beteiligten zu 1 lie-
gen, ein durch Verbreiterung des G.-Weges sowie eine neue Straße zu er-
schließendes allgemeines Wohngebiet und im südöstlichen Bereich ein
Dorfgebiet südlich der bereits vorhandenen Straßen bzw. Wege "A. d. B." und
"W.-Weg", an die schon nach einem früheren Bebauungsplan auf der Nord-
seite angebaut werden konnte, aus.
Die Beteiligte zu 2 beschloß zur Verwirklichung des Bebauungsplans
Nr. 8.4 die Umlegung, wobei sowohl der Bereich "I. d. K." als auch der Bereich
"H. d. B." einbezogen wurden. Der am 6. November 1997 bekannt gemachte
Umlegungsplan vom 1. Oktober 1997, der eine Verteilung der Umlegungs-
masse nach Flächen vorsieht, unterscheidet bei der Berechnung der Zuteilun-
gen jeweils nach der Lage der eingeworfenen Flächen in dem einen oder dem
anderen der beiden genannten Bereiche: Zum einen erfolgt der für die Ver-
breiterung des G.-Weges und die Anlage der neuen Erschließungsstraße im
nordwestlichen Bereich erforderliche Flächenabzug nur zu Lasten der in die-
sem Bereich eingeworfenen Flächen (11,2 %), während in dem südöstlichen
Bereich ein solcher Flächenabzug unterbleibt. Zum andern vermindert sich in
dem zuerst genannten Bereich der Sollanspruch der betroffenen Eigentümer
um einen Flächenbeitrag wegen der durch die Umlegung eingetretenen Vor-
- 5 -
teile in Höhe von 30 %, wogegen in dem zuletzt genannten Bereich der betref-
fende Flächenbeitrag nur mit 8 % angesetzt wird. Den Grund für diese Unter-
scheidung sieht die Umlegungsstelle darin, daß der Bereich "A. d. K." im Zu-
sammenhang mit der Umlegung erstmalig erschlossen wird - wozu einerseits
764 qm Erschließungsflächen benötigt werden, was andererseits eine Wert-
steigerung des bisherigen Rohbaulandes von 56 DM/qm auf mindestens
80 DM/qm bewirkt -, während in dem Bereich "H. d. B.", der bereits über die
erforderlichen Erschließungsflächen verfügt, der durch die Umlegung eintre-
tende Vorteil der Eigentümer sich in der Ersparnis von Verwaltungskosten
(Vermessungs-, Notar-, Gerichtskosten usw.) erschöpfe.
Die Beteiligten zu 1 haben den Umlegungsplan, der zu ihren Gunsten
616 qm als eingeworfene Fläche berücksichtigt, unter Abzug des genannten
Flächenbeitrags von 30 % ihren Sollanspruch mit 431 qm errechnet und im Er-
gebnis - bei einer tatsächlichen Zuteilung von 511 qm - eine Geldleistung der
Beteiligten zu 1 von 6.400 DM (80 qm x 80 DM) festsetzt, nach vergeblichem
Widerspruch mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angegriffen. In er-
ster Instanz haben sie beantragt, den sie betreffenden Auszug aus dem Umle-
gungsplan insoweit aufzuheben, als dort ein höherer Flächenbeitrag als 8 %
festgesetzt wurde, im Berufungsverfahren haben sie zusätzlich die Hilfsanträge
angebracht, den Umlegungsplan insoweit aufzuheben, als er in ihr Eigentum
eingreife, bzw. den Umlegungsplan insgesamt aufzuheben. Landgericht (Kam-
mer für Baulandsachen) und Oberlandesgericht (Senat für Baulandsachen)
haben den Antrag auf gerichtliche Entscheidung - in den in den Instanzen un-
terschiedlichen Fassungen - zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision
verfolgen die Beteiligten zu 1 ihr Begehren mit den zuletzt gestellten Haupt-
und Hilfsanträgen weiter.
- 6 -
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Den Antrag der Beteiligten zu 1 auf Aufhebung des sie betreffenden
Teils des Umlegungsplans, soweit er einen höheren Flächenbeitrag als 8 %
festsetzt, hat das Berufungsgericht übereinstimmend mit der Kammer für Bau-
landsachen mit der zutreffenden Erwägung abgewiesen, daß im Rahmen der
hier vorgenommenen Aufteilung der Verteilungsmasse nach Flächen (§§ 56, 58
BauGB) die unstreitige Wertsteigerung der Grundstücke der Beteiligten zu 1
aufgrund der Umlegung jedenfalls von 56 DM/qm auf 80 DM/qm, nach den Be-
rechnungen der Beteiligten zu 2 sogar um mehr als 62 %, durch einen - nach
dem Gesetz mit 30 % höchstmöglichen, sich im Streitfall auch bei Anrechnung
des vorgenommenen Flächenabzugs nach § 55 Abs. 2 BauGB für die benötig-
ten öffentlichen Flächen nicht verringernden - Flächenbeitrag ausgeglichen
werden muß (§ 58 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauGB). Bei einer im Rahmen des
Hauptantrags der Beteiligten zu 1 nur auf den diese betreffenden Teil des Um-
legungsplans begrenzten Betrachtung kann es, wie das Berufungsgericht
ebenfalls mit Recht hervorhebt, auch keine Rolle spielen, ob, wie die Beteilig-
ten zu 1 geltend machen, auch die Eigentümer in dem südöstlichen Bereich
"H. d. B." statt mit einem Flächenbeitrag von lediglich 8 % mit einem solchen
von 30 % hätten belastet werden müssen; denn die Beteiligten zu 1 hätten,
- 7 -
selbst wenn ihre Argumentation insoweit zuträfe, keinen Anspruch auf Gleich-
heit im Unrecht, also auf Wiederholung eines - nach dem Vorbringen der Betei-
ligten zu 1 - gemachten Fehlers der Verwaltung (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein,
GG 9. Aufl. Art. 3 Rn. 33; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG 3. Aufl. Art. 3 Rn. 25).
Diesem Gesichtspunkt vermag auch die Revision der Beteiligten zu 1 nichts
entgegenzuhalten. Eine andere Frage ist, ob der Umlegungsplan als solcher
- also über die Belastung der Beteiligten zu 1 mit einem 30 %igen Flächenbei-
trag hinaus - wegen nicht gerechtfertigter Bevorteilung der Grundeigentümer
aus dem anderen Bereich des Umlegungsgebiets rechtswidrig ist (dazu unten
II). Den Hauptantrag der Beteiligten zu 1 betrifft dies nicht.
II.
Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung auch stand,
soweit das Berufungsgericht die Hilfsanträge der Beteiligten zu 1 abgewiesen
hat. Die Beteiligten zu 1 können die Aufhebung des Umlegungsplans vom
7. November 1997 weder "insoweit, als er in ihr Eigentum eingreift" (erster
Hilfsantrag), noch insgesamt (zweiter Hilfsantrag) beanspruchen, ohne daß es
auf die nähere inhaltliche Abgrenzung dieser Anträge ankommt.
1.
Ausgangspunkt für die weitere Beurteilung ist die Feststellung des Be-
rufungsgerichts, daß das Umlegungsgebiet "I. d. K. - H. d. B." zwei von einan-
der abgrenzbare Bereiche umfaßt, auf die sich die Umlegung unterschiedlich
auswirkt.
- 8 -
a) Im Teilgebiet "A. d. K." wurden zur Verwirklichung des Bebauungs-
plans 764 qm (= 11,2 %) für Erschließungsflächen (Straßen- bzw. Wege- und
Grünflächen) benötigt. Umgekehrt führt die hierdurch verwirklichte erstmalige
Erschließung dieses Gebiets zu einer Wertsteigerung der Grundstücke der
beteiligten Eigentümer von jedenfalls 56 DM/qm auf 80 DM/qm, nach den im
Revisionsverfahren nicht in Frage gestellten Berechnungen der Beteiligten zu 2
sogar um mehr als 62 %. Dagegen wurden die in das Umlegungsverfahren
einbezogenen Grundstücke im Bereich "H. d. B." nicht erst durch das Umle-
gungsverfahren bebaubar. Mit den Straßen "W.-Weg " und "A. d. B." standen
hinreichende Erschließungsflächen zur Verfügung.
b) Ohne Erfolg machen die Beteiligten zu 1 im Revisionsverfahren wei-
terhin geltend, auch der Bereich "H. d. B." habe einen Umlegungsvorteil von
mindestens 30 % erfahren. Die Rügen von Verfahrensmängeln gegen die Fest-
stellung des Berufungsgerichts, für einen Umlegungsvorteil von mehr als 8 %
in diesem Bereich seien keine Umstände ersichtlich, hat der Senat geprüft,
aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).
2.
Ausgehend hiervon - nämlich daß es sich, was die Notwendigkeit und
Folgen der Umlegung angeht, bei den Gebieten "A. d. K." und "H. d. B." um
wesentlich unterschiedliche Bereiche handelt - wenden sich die Beteiligten
zu 1 auch ohne Erfolg gegen den Umlegungsplan, soweit er bei der Aufteilung
der Verteilungsmasse gerade diesen Unterschieden Rechnung trägt.
a) Das Berufungsgericht hält allerdings den Umlegungsplan im Ansatz
für bedenklich, weil die Berechnungen der Umlegungsstelle gegen das Gebot
verstießen, sowohl Flächenabzüge nach § 55 Abs. 2 BauGB als auch Flächen-
- 9 -
beiträge nach § 58 Abs. 1 BauGB gleichmäßig vorzunehmen. Seien, wie hier,
zwei Gebiete vorhanden, für die der Zuteilungsanspruch unterschiedlich be-
messen sei, so hätte von vornherein die Aufteilung in zwei getrennte Umle-
gungsgebiete nahe gelegen. Das Berufungsgericht meint jedoch weiter, selbst
wenn man von der Notwendigkeit einer solchen Aufteilung in zwei Umlegungs-
gebiete ausgehe, folge daraus im Streitfall nicht ein Mangel "des Umlegungs-
plans". Die unterlassene (förmliche) Aufteilung betreffe lediglich das Umle-
gungsverfahren, nicht aber die Festsetzungen des Umlegungsplans für das
gesamte Umlegungsgebiet, die inhaltlich denjenigen entsprächen, die sich bei
einer Aufteilung in zwei Umlegungsgebiete ergeben hätten. Die Beteiligten zu 1
würden hierdurch auch nicht in ihren Rechten verletzt; ein Sonderopfer im Ver-
hältnis zu den anderen Beteiligten des Umlegungsverfahrens werde ihnen nicht
auferlegt.
Diese Ausführungen halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung
stand.
b) Es trifft schon nicht zu, daß das von der Beteiligten zu 2 gewählte
Verfahren rechtserhebliche Mängel aufweist, soweit sie statt - wie das Beru-
fungsgericht es für richtig hält - zwei förmlich getrennte Umlegungsverfahren
("A. d. K." einerseits, "H. d. B." andererseits) durchzuführen, bei der Zuteilung
der Umlegungsmasse in den beiden Teilbereichen unterschiedliche Berech-
nungen im Blick auf § 55 Abs. 2 BauGB und § 58 Abs. 1 BauGB vorgenommen
hat.
aa) Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, daß nach
dem gesetzlichen Leitbild der Umlegung als eines den Interessen aller Betei-
- 10 -
ligten gleichermaßen dienenden Bodenordnungsverfahrens die Institute sowohl
des Flächenabzugs - im Sinne der Vorwegausscheidung der zur öffentlichen
Nutzung bestimmten Flächen aus der Umlegungsmasse zur Ermittlung der
Verteilungsmasse (§ 55 Abs. 2, 4 BauGB) - als auch des Flächenbeitrags - als
im Falle der Verteilung der Masse nach dem Verhältnis der Flächen gebotener
Ausgleich für die durch die Umlegung erwachsenen Vorteile bei der Ermittlung
des Zuteilungsanspruchs (§ 58 Abs. 1 BauGB) - typischerweise alle im Umle-
gungsgebiet belegenen Grundstücke gleichmäßig treffen. Das Berufungsge-
richt verweist im Zusammenhang mit dem Flächenabzug nach § 55 Abs. 2
BauGB im Ansatz mit Recht auf § 55 Abs. 1 BauGB, wonach die im Umle-
gungsgebiet gelegenen Grundstücke nach ihrer Fläche rechnerisch zu "einer"
Masse (Umlegungsmasse) vereinigt werden, so daß grundsätzlich auch nur ein
einheitlicher Flächenabzug und - danach - eine einheitliche Verteilungsmasse
in Betracht kommen. Auch der Flächenbeitrag nach § 58 Abs. 1 BauGB ist
grundsätzlich als einheitlicher prozentualer Abzug für alle Zuteilungsgrund-
stücke gedacht (vgl. Stemmler/Otto, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,
BauGB § 58 Rn. 6).
bb) Diese Grundsätze, die auch der Vorstellung entsprechen, daß Um-
legungsgebiete möglichst qualitativ homogene Flächen enthalten sollen (vgl.
Stemmler/Otto aaO) - was bei der zweckmäßigen Gestaltung des Umlegungs-
gebiets nach Maßgabe des § 52 BauBG ein wichtiger Maßstab ist -, können
jedoch - gerade vor dem Hintergrund des vom Berufungsgericht hervorgehobe-
nen, das Wesen der Umlegung als Maßnahme zur Inhaltsbestimmung des Ei-
gentums ausmachenden, Prinzips der gleichmäßigen Belastung und der wert-
gleichen Landabfindung (vgl. Breuer, in: Schrödter, BauGB 6. Aufl. § 45 Rn. 9,
10; Stang, in: Schrödter, BauGB aaO § 55 Rn. 11) - nicht ausnahmslos gelten.
- 11 -
(1) Bezüglich des Flächenbeitrags nach § 58 Abs. 1 BauGB ist dies in
der Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofes als auch der Oberlan-
desgerichte schon verschiedentlich zum Ausdruck gekommen. In seinem Urteil
vom 2. April 1981 (III ZR 131/79 - NJW 1981, 2124, 2125) hat der Senat aus-
gesprochen, daß dann, wenn die Umlegung für die einzelnen Grundstücke im
Hinblick auf die für sie festgesetzte bauliche oder sonstige Nutzung unter-
schiedliche Bedeutung hat und dies dazu führt, daß den einzelnen Flächen
nicht die gleichen Umlegungsvorteile zuwachsen, diese Vorteile für die einzel-
nen Grundstücke gesondert ermittelt werden müssen. Von diesem - gerade mit
der Notwendigkeit der Verwirklichung des Grundsatzes der wertgleichen Abfin-
dung in Land begründeten (vgl. Senat aaO) - Standpunkt (in diesem Sinne
auch OLG Karlsruhe BWGZ 1976, 515 f; OLG Stuttgart NVwZ 1986, 694 f; vgl.
auch das dem Nichtannahmebeschluß des Senats vom 16. Dezember 1993
- III ZR 63/93 - BGHR BauGB § 66 Abs. 3 Umlegungsplan 2 zugrundeliegende
Berufungsurteil des OLG Bamberg vom 26. April 1993, S. 15, 16) abzugehen,
besteht kein Grund. Entgegen der Revision enthält das Senatsurteil vom
2. April 1981 aaO durch den Hinweis auf eine möglicherweise unterschiedliche
Bedeutung der Umlegung für die einzelnen Grundstücke im Hinblick "auf die für
sie festgesetzte bauliche oder sonstige Nutzung" keine sachliche Einschrän-
kung, die eine Übertragung auf den hier vorliegenden Sachverhalt ausschließt.
(2) Aus ähnlichen Überlegungen kann aber auch - ausnahmsweise - der
vorwegzunehmende Flächenabzug nach § 55 Abs. 2 BauGB, der zu einer Ver-
ringerung der Verteilungsmasse und damit, wie das Berufungsgericht zutref-
fend hervorhebt, im Ergebnis zu einer Verkürzung des für jeden beteiligten Ei-
gentümer zu errechnenden Sollanspruchs bei der Verteilung der Masse führt,
- 12 -
auf einzelne Gruppen der im Umlegungsgebiet liegenden Grundstücke be-
schränkt sein, wenn nur so den gegebenenfalls wesentlich unterschiedlichen
Zielen der Umlegung und deren Auswirkungen auf die betroffenen Grundstücke
Rechnung getragen werden kann. Auch insoweit geht es letztlich um die
Durchsetzung einer gerechten Verteilung, und zwar hier schon bei der Ermitt-
lung der für die Verteilung maßgeblichen Teilungsmasse. Die Vorwegaus-
scheidung der für eine öffentliche Nutzung vorgesehenen Flächen nach § 55
Abs. 2 BauGB ist, wie auch das Berufungsgericht annimmt, nur ein gedankli-
cher, kein zeitlich "vorweg" zu nehmender Vorgang. Die Ausscheidung erfolgt -
ebenso wie die Verteilung der verbleibenden Masse an die beteiligten Grund-
eigentümer - im Umlegungsplan (Stang aaO § 55 Rn. 10). Wenn ausnahms-
weise das Umlegungsgebiet so beschaffen ist, daß die in Rede stehenden öf-
fentlichen Flächen (hier im wesentlichen: öffentliche Verkehrsflächen) nur ei-
nem bestimmten, abgegrenzten Bereich des Umlegungsgebiets zugute kom-
men, so ist es - wiederum unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Bela-
stung der Eigentümer im Umlegungsgebiet - nicht ausgeschlossen, sondern
gegebenenfalls sogar geboten, in das "Gesamtrechenwerk", aus dem sich die
Verteilungsmasse wie auch der Anteil der Eigentümer an derselben ergeben,
einen Flächenabzug im Sinne des § 55 Abs. 2 BauGB nur für einen sachlich
begrenzten Teil des Gebiets anzusetzen.
cc) Als Alternative hierzu käme in einem Fall, wie er hier vorliegt, nur
- wie es das Berufungsgericht für richtiger hält - eine Gestaltung des Umle-
gungsverfahrens dahin in Betracht, daß von vornherein zwei Umlegungsge-
biete festgesetzt, also zwei getrennte Verfahren, gegebenenfalls mit unter-
schiedlichen Verteilungsmaßstäben (§ 56 BauGB), durchgeführt werden müß-
ten. Zwingende Gründe dafür, daß nur eine solche Verfahrensweise gewählt
- 13 -
werden könnte, gibt es jedoch nicht. Das Umlegungsgebiet ist so zu begren-
zen, daß sich die Umlegung zweckmäßig durchführen läßt (§ 52 Abs. 1
BauGB). Die Beurteilung, welche Flächen zur zweckmäßigen Durchführung der
Umlegung einzubeziehen sind, ist eine Ermessensentscheidung, die ange-
sichts der Vielgestaltigkeit der verschiedenen Planungssituationen, der Eigen-
tums- und Flächenverhältnisse, der Bodenwerte, der Lage der Flächen, der
planerischen Zielsetzungen, aber auch der Auswirkungen einer Einbeziehung
auf das wirtschaftliche Ergebnis der Umlegung, einen erheblichen Spielraum
erfordert (vgl. Stang aaO § 52 Rn. 6). Im Streitfall kann darin, daß die Umle-
gungsstelle statt zweier Umlegungsverfahren mit zwei getrennten Umlegungs-
gebieten das Umlegungsgebiet "A. d. K." - "H. d. B." einheitlich festgesetzt,
dafür aber bei den Berechnungen nach Maßgabe der §§ 55 Abs. 2 BauGB
bzw. 58 Abs. 1 BauGB den Unterschieden der beiden Gebietsarten Rechnung
getragen hat, kein Ermessensfehler gesehen werden. Immerhin bilden die bei-
den Teile des Umlegungsgebiets - auf der Grundlage eines einheitlichen Be-
bauungsplans - ein räumliches und funktionelles Ganzes. Zu einem solchen
Fall kann der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie dafür sprechen, beide
Teile ungeachtet der bestehenden Unterschiede einem einheitlichen Bo-
denordnungsverfahren zu unterwerfen.
c) Auf die Erwägung des Berufungsgerichts, das in diesem Zusammen-
hang zwischen (materiellen) Mängeln des Umlegungsplans - die nicht gegeben
seien - und einem letztlich für unschädlich gehaltenen bloßen Verfahrensfeh-
ler - der von ihm angenommenen unterlassenen (förmlichen) Aufteilung in zwei
Umlegungsgebiete - unterscheiden will, kommt es danach nicht mehr an. Auf
den ersten Blick erscheint bei dem Ausgangspunkt des Berufungsgerichts des-
sen Auffassung, die Beteiligten zu 1 seien nicht in eigenen Rechten verletzt,
- 14 -
bedenklich. Da die vorliegende Umlegung zur Umgestaltung des Eigentums
auch der Beteiligten zu 1 führt - wenn auch nicht im Sinne einer Enteignung,
sondern einer Inhaltsbestimmung des Eigentums -, machen auch bloße Verfah-
rensfehler den die Eigentumsverhältnisse gestaltenden Umlegungsplan
rechtswidrig und betreffen dadurch auch das Eigentumsrecht der Beteiligten
zu 1 (vgl. Senatsbeschluß vom 16. Dezember 1993 aaO). Die vom Berufungs-
gericht zitierte Entscheidung BVerwGE 67, 74, 77, wonach gewisse formelle
oder materielle Fehler der Planfeststellung für den Schutz des Eigentums eines
bestimmten Betroffenen "aus den besonderen Gründen des Einzelfalles" unbe-
achtlich sein können (vgl. auch BVerwGE 100, 370, 382), legt keine andere
Beurteilung nahe, denn eine der dort angesprochenen Fallgestaltungen ist hier
nicht gegeben. Allerdings könnte sich bereits aus der Bestandskraft des vor-
ausgegangenen und - wie zu unterstellen ist - unangefochten gebliebenen Be-
schlusses über die Einleitung der Umlegung, in dem auch schon das Umle-
gungsgebiet zu bezeichnen ist (§ 47 BauGB), ergeben, daß Fragen der Ge-
staltung des Umlegungsgebiets später - im Zusammenhang mit der Anfechtung
des Umlegungsplans - grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden kön-
nen (vgl. Senatsurteil vom 7. Januar 1982 - III ZR 130/80 - NVwZ 1982, 331,
332 und Beschluß vom 12. Juli 1990 - III ZR 141/89 - BGHR BauGB § 45
Abs. 1 Umlegungszweck 1). Darüber hinaus könnte hier nach den Überlegun-
gen des Berufungsgerichts der Rechtsgedanke des § 46 VwVfG zum Tragen
kommen, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nichtig ist,
nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von
Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich
ist, daß die Verletzung die Entscheidung der Sache nicht beeinflußt hat. Vor
dem Hintergrund der Zielsetzung dieser Vorschrift, daß die Aufhebung allein
wegen Fehlern im Verwaltungsverfahren ausgeschlossen werden soll, soweit
- 15 -
dies mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes vereinbar ist (vgl. Kopp/
Ramsauer, VwVfG 7. Aufl. § 46 Rn. 2), könnte von Bedeutung sein, daß nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts die von der Umlegungsstelle im
Umlegungsverfahren getroffenen Entscheidungen im Ergebnis nicht anders
ausgefallen wären - mithin die Rechtsstellung der Beteiligten zu 1 keine andere
wäre -, wenn die Umlegungsstelle die vorliegende Umlegung in zwei formell
getrennten Verfahren abgewickelt hätte. Auf diese Fragen näher einzugehen,
gibt der Streitfall jedoch keine Veranlassung.
Rinne
Streck
Schlick
Dörr
Galke