Urteil des BGH vom 30.01.2008

BGH (strafkammer, unterschlagung, fahrer, niederlande, stpo, stgb, unterlagen, polizei, auskunft, grund)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 281/08
vom
2. September 2008
in der Strafsache
gegen
wegen veruntreuender Unterschlagung
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 2. September 2008 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Münster vom 30. Januar 2008, soweit es
ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
2.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen veruntreuender Unter-
schlagung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verur-
teilt. Mit seiner Revision beanstandet er die Verletzung formellen und materiel-
len Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
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1. Die Strafkammer hat folgende Feststellungen getroffen:
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Der Angeklagte sollte am 27. Juli 2005 einen mit Flachbildschirmen und
Kirmesartikeln beladenen Lkw der Firma D. von Hamburg
nach Oosterhout (Niederlande) fahren. Er begab sich jedoch mit dem Fahrzeug
nicht in die Niederlande, sondern nach Lengerich, wo es durch den Angeklagten
und vier weitere Personen, nämlich die Mitangeklagten S. , M. und F.
und den Vater des Mitangeklagten F. entladen wurde. Danach verließ der
Angeklagte mit dem Lkw den Entladeort. Ein großer Teil der Waren wurde von
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M. und S. verkauft. Der Gewinn wurde überwiegend an den "Zeugen R. "
weitergeleitet.
Welche Vorstellungen der Angeklagte beim Entladen des Lkw hatte, ist
nicht festgestellt, auch nicht, ob er durch die Tat Vorteile erlangte.
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Beweiswürdigend wird zu dem Tatgeschehen lediglich mitgeteilt, dass
der Angeklagte sich in der Hauptverhandlung nicht geäußert hat, der Zeuge
R. nach § 55 StPO die Auskunft verweigerte und die Strafkammer auf Grund
der Aussage des Mitangeklagten M. bei der Polizei sowie der Frachtpa-
piere in Verbindung mit der Aussage der Zeugin K. und weiteren schriftlichen
Unterlagen davon überzeugt ist, dass der Angeklagte der Fahrer des Lkw war.
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In der rechtlichen Würdigung ist ausgeführt, dass sich der Angeklagte
der veruntreuenden Unterschlagung (§ 246 Abs. 1, 2 StGB) schuldig gemacht
habe, weil er sich die ihm anvertrauten Sachen spätestens in dem Augenblick
zugeeignet habe, als er den Lkw zusammen mit den weiteren Angeklagten ent-
laden habe.
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2. Das Urteil muss aufgehoben werden, weil die Feststellungen lücken-
haft sind und den Schuldspruch nicht tragen; denn sie belegen nicht, dass der
Angeklagte sich die Lkw-Ladung rechtswidrig zugeeignet hat.
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Allein dadurch, dass der Fahrer eines Lkw die von ihm beförderten Wa-
ren an einem anderen Ort als an der Empfangsadresse ablädt, hat er den Tat-
bestand der (veruntreuenden) Unterschlagung noch nicht notwendig erfüllt (vgl.
hierzu Fischer, StGB 55. Aufl. § 246 Rdn. 5 ff., 20). Die neu entscheidende
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Strafkammer wird daher zusätzlich festzustellen haben, in welcher Beziehung
die an der Tat beteiligten Personen untereinander und - ggf. - zu der geschädig-
ten Spedition standen, soweit dies für das Tatgeschehen von Bedeutung ist,
und welches Vorstellungsbild der Angeklagte beim Abladen der Waren hatte
(vgl. BGH NStZ-RR 2006, 377, 378). Festzustellen wird auch sein, welches Tat-
interesse der Angeklagte und - ggf. - welche Vorteile er durch die Tatbegehung
hatte. Letzteres kann insbesondere dafür bedeutsam sein, ob der Angeklagte
ggf. als Täter gehandelt hat oder ob er Teilnehmer an der Tat eines anderen
oder mehrerer anderer war (vgl. hierzu BGH aaO; Fischer aaO Rdn. 22).
Für die Beweiswürdigung wird u.a. von Bedeutung sein, wie sich die an
der Tat beteiligten Personen im Einzelnen zu der Tat - ggf. auch der Geschä-
digten gegenüber - geäußert haben.
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Der Senat hebt sämtliche Feststellungen des angefochtenen Urteils auf,
soweit sie den Angeklagten betreffen, um dem nunmehr entscheidenden Tat-
richter Gelegenheit zu geben, insgesamt neue Feststellungen zu treffen.
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Frau VRi'inBGH Dr. Tepperwien Maatz Kuckein
ist urlaubsbedingt verhindert zu
unterschreiben.
Maatz
Athing Ernemann