Urteil des BGH vom 23.10.2013

BGH: grundeigentum, expertise, herkunft, handel, genehmigung, herausgabe, androhung, unterlassen

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZR 60/13
vom
23. Oktober 2013
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Oktober 2013 durch die
Vorsitzende
Richterin
Dr.
Stresemann,
die
Richter
Dr.
Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am
Main vom 4. Februar 2013 wird auf Kosten der Klägerin als unzu-
lässig verworfen.
Der
Gegenstandswert
des
Beschwerdeverfahrens
beträgt
15.000
€.
Gründe:
I.
Der Beklagte kaufte 2007 von Privatleuten in Deutschland drei phrygi-
sche Omphalosschalen und zwei byzantinische Hängegefäße. Die Klägerin
beruft sich darauf, dass diese Schalen und Gefäße nach türkischem Kulturgut-
recht ihr Eigentum seien und dass sie es an den Beklagten nicht verloren habe.
Sie beantragt, den Beklagten zur Herausgabe der Gefäße zu verurteilen und
ihm unter Androhung von Ordnungsmaßnahmen aufzugeben, es zu unterlas-
sen, mit türkischen Kulturgütern ohne die erforderliche Genehmigung der türki-
schen Behörden Handel zu treiben. Der Beklagte bestreitet das Eigentum der
Klägerin und meint, an den Schalen und Gefäßen wirksam Eigentum erworben
zu haben. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der
Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.
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II.
Das Rechtsmittel ist nach § 26 Nr. 8 EGZPO nicht zulässig, weil der
Wert des Beschwerdegegenstandes 20.000
€ nicht übersteigt.
1. Der Wert des Beschwerdegegenstands bestimmt sich hinsichtlich des
geltend gemachten Anspruchs auf Eigentumsherausgabe gemäß § 6 ZPO
nach dem Wert der Schalen und Gefäße (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni
1991 - XII ZR 65/91, NJW-RR 1991, 1210) und hinsichtlich der beantragten
Unterlassungsverurteilung gemäß § 3 ZPO nach dem Interesse an der Unter-
bindung des beanstandeten Verhaltens (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April
1990 - I ZR 58/89, NJW-RR 1990, 1322 für einen Wettbewerbsverstoß).
2. Dass diese Werte zusammen den Betrag von 20.000
€ überschreiten,
hat die Klägerin nicht - wie aber geboten (Senat, Beschlüsse vom 25. Juli 2002
- V ZR 118/02, NJW 2002, 3180 und vom 12. Juli 2012 - V ZR 19/12, Grundei-
gentum 2012, 1314 Rn. 6) - dargelegt und glaubhaft gemacht.
a) Die Klägerin hat den Wert beider Anträge in der Klageschrift mit vor-
läufig 15.000
€ angegeben. Sie ist bei diesem Gesamtwert auch auf die Nach-
frage des Gerichts nach dem Wert der Schalen und Gefäße geblieben. Sie hat
den Gesamtwert beider Anträge und nicht nur den Wertansatz für den Heraus-
gabeantrag mit dem, allerdings seinerzeit schon nicht mehr zutreffenden, Hin-
weis begründet, in einem Verwaltungsrechtsstreit nur um die Gefäße sei ein
Wert von 20.000 € festgesetzt worden. Tatsächlich war der Wert dieses Verfah-
rens durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juli 2010
(8 A
1410/10 Z.) auf 5.000 € herabgesetzt worden.
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b) Substantiierten Vortrag zu einem über 15.000 € hinausgehenden Wert
beider Anträge hat die Klägerin nicht gehalten.
aa) Die Klägerin begründet den - allerdings nicht bezifferten - höheren
Wert wie folgt: Die Schalen und Gefäße stammten aus vorchristlicher Zeit. Ihre
Bewertung sei schwierig, wie der Umstand zeige, dass die Wertangaben im
Verlaufe des Rechtsstreits zwi
schen mehreren 100 € bis hin zu einem dreistel-
ligen Millionenbetrag geschwankt hätten. Maßgeblich sei, dass der Wert allein
für die Schalen und Gefäße in einem parallelen Verwaltungsrechtsstreit des
Beklagten mit dem Hessischen Kultusministerium auf 20.000
€ festgesetzt
worden sei. Hier trete noch der Unterlassungsanspruch hinzu. An diesem habe
die Klägerin ein großes Interesse, weil es ihr darum gehe, einen Präzedenzfall
zu schaffen.
Das führe zu einem Beschwerdewert von „deutlich über 20.000 €“.
Ob die Klägerin mit diesem Vortrag gehört werden könnte, nachdem die Wert-
festsetzung der Vorinstanzen auf ihren Angaben beruht und sie diese Angaben
nicht ergänzt hat, obwohl durch die Nachfrage des Gerichts und die Angriffe
des Beklagten gegen diesen Wertansatz Anlass dazu bestand, ist zweifelhaft
(vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. November 2009 - III ZR 116/09, NJW 2010,
681, 682 Rn. 5 aE, vom 21. Dezember 2011 - I ZR 83/11, juris Rn. 1 und vom
10. Mai 2012 - I ZR 160/11, juris Rn. 4), muss aber nicht entschieden werden.
bb) Diese Darlegungen reichen jedenfalls nicht aus.
(1) Der Beklagte hat in den Tatsacheninstanzen unter Vorlage der Ex-
pertise einer Kunstsachverständigen den Wert der Schalen und Gefäße mit
jeweils 250 € angegeben. Er hat ohne Widerspruch seitens der Klägerin vorge-
tragen, der Kurator des Museums, bei dem die Schalen und Gefäße vorüber-
gehend sichergestellt waren, habe den Wert zunächst mit mehreren hundert
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Millionen Euro angeben, dann aber einräumen müssen, dass sie nicht mehr als
1.500 € wert seien. Die letztlich erfolgte Festsetzung des Streitwerts in dem
von der Klägerin angesprochenen Verwaltungsrechtsstreit
auf 5.000 € beruhte
nicht auf dem Wert der Schalen und Gefäße, sondern auf dem Regelstreitwert
nach dem damals maßgeblichen § 52 Abs. 2 GKG. Expertisen zum Wert der
Schalen und Gefäße oder andere Unterlagen, die ihre Einschätzung dazu stüt-
zen, hat die Klägerin nicht vorgelegt.
(2)
Ein 15.000 € übersteigender Wert beider Anträge ergibt sich auch
nicht aus dem von der Klägerin geltend gemachten Interesse daran, mit dem
Unterlassungsantrag einen Präzedenzfall nicht nur für sich, sondern für alle
orientalischen Staaten zu schaffen. Das allgemeine Interesse der Klägerin an
einem Präzedenzfall besagt nichts darüber, wie ihr Interesse an der Unterbin-
dung des beanstandeten Verhaltens gerade des Beklagten zu bewerten ist,
gegen den sich ihr Unterlassungsantrag richtet. Dieses Interesse wäre unter
Darstellung etwa des Umfangs, in dem der Beklagte mit antiken Gegenständen
türkischer Herkunft handelt, oder der Art und Weise, wie dies geschieht, zu
konkretisieren (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 1990 - I ZR 58/89, NJW-RR
1990, 1322 für einen Wettbewerbsverstoß). Daran fehlt es.
3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt, da Anhaltspunkte für
einen anderen Wert fehlen, wie von der Klägerin vorgetragen, 15.000
€.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann
Lemke
Schmidt-Räntsch
Roth
Brückner
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 18.08.2011 - 2-13 O 212/10 -
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 04.02.2013 - 16 U 161/11 -
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