Urteil des BGH vom 20.02.2002

BGH (unerlaubte handlung, zpo, inland, zulassung, sache, stein, beweisaufnahme, literatur, verhalten, annahme)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VI ZR 108/02
vom
17. September 2002
in dem Rechtsstreit
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2002 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge und Stöhr
beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Re-
vision im Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düs-
seldorf vom 20. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
Streitwert: 59.436,06
Gründe:
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einer Brokergesellschaft mit Sitz
in New York, Schadensersatz für seine Verluste durch Warentermingeschäfte.
Der Kläger hatte in den Jahren 1996, 1997 bis Anfang 1998 die – seit dem 26.
Juni 1998 in Konkurs befindliche – GK GmbH (im weiteren GK-
GmbH) damit beauftragt, ihm Warentermingeschäfte an US-amerikanischen
Börsen zu vermitteln. Die GK-GmbH stand seit 1992 in ständiger Geschäftsbe-
ziehung zu der zur P. S. Group Inc. gehörenden Beklagten und
unterhielt bei dieser Konten, über die sie im eigenen Namen die Aufträge ihrer
Kunden abwickelte. Der Kläger ist der Ansicht, daß er von der Beklagten betro-
gen worden sei.
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Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender internationaler Zustän-
digkeit im Inland als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger eine durch die Be-
klagte im Inland begangene unerlaubte Handlung nicht schlüssig vorgetragen
habe. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Klägers die internatio-
nale Zuständigkeit im Inland bejaht, das Urteil des Landgerichts aufgehoben
und den Rechtsstreit zur anderweitigen Entscheidung zurückverwiesen. Die
Revision hat es nicht zugelassen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwer-
de, die sie damit begründet, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung
schon deshalb habe, weil das Oberlandesgericht am selben Tag und aufgrund
derselben mündlichen Verhandlung nicht weniger als zehn Urteile mit weitge-
hend identischem Inhalt verkündet habe. Darüber hinaus sei klärungsbedürftig,
unter welchen Voraussetzungen ausländische Brokerhäuser im Inland verklagt
werden können wegen einer unerlaubten Handlung, die von der mit ihnen zu-
sammenarbeitenden Servicegesellschaft im Inland begangen worden ist und ob
ein Brokerhaus den Tatbestand der Teilnahme im Sinne von § 830 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 2 BGB verwirklicht, wenn ihm bekannt ist, daß Dritte, an die es
börsennotierte Wertpapiere zu handelsüblichen Bedingungen vermittelt, diese
mit überhöhten Aufschlägen an Endkunden weiterveräußert.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 544 ZPO zulässig, sie ist
aber unbegründet.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der Sache keine
grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu, weil die
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Nichtzulassungsbeschwerde keine entscheidungserhebliche, klärungsbedürfti-
ge und klärungsfähige Rechtsfrage aufzeigt, die sich in einer unbestimmten
Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 – V ZB
16/02 – Umbruch S. 4; Senat, Beschluß vom 23. Juli 2002 – VI ZR 91/02 – Um-
bruch S. 3; beide noch nicht veröff.; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 543
Rdn. 11).
Unter welchen Voraussetzungen die internationale Zuständigkeit eines
inländischen Gerichtes für Klagen aus unerlaubten Handlungen begründet ist,
ist in Rechtsprechung und Literatur geklärt (vgl. BGHZ 98, 263 ff., 272; 124,
237 ff., 241; 132, 105 ff., 110; Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 32 Rdn. 4; Musie-
lak/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 32 Rdn. 22; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 32
Rdn. 3). Zwar räumt die Beklagte ein, daß das Berufungsgericht im rechtlichen
Ansatz zutreffend die Voraussetzungen für die internationale Zuständigkeit ei-
nes inländischen Gerichtes gesehen hat. Sie begehrt aber die Zulassung der
Revision, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft die internationale Zustän-
digkeit im Inland bejaht habe, obwohl ein deliktisches Verhalten, das ihre Haf-
tung begründen könnte, nach dem hierfür maßgeblichen Klägervortrag nicht
gegeben sei. Die Annahme der Anspruchsvoraussetzungen für den Haftungs-
tatbestand einer unerlaubten Handlung aufgrund einer fehlerhaften Subsumtion
der vom Kläger vorgetragenen Tatsachen durch das Berufungsgericht betrifft
aber lediglich den vorliegenden Einzelfall. Eine darüber hinausgehende Be-
deutung wird von der Beklagten nicht aufgezeigt. Der Fall bedarf deshalb keiner
höchstrichterlichen Beurteilung.
2. Eine Zulassung der Revision kommt auch nach den anderen Zulas-
sungskriterien nicht in Betracht. Das Berufungsgericht hat nicht in der Sache
entschieden, sondern das Verfahren an das Landgericht zurückverwiesen, weil
es eine Beweisaufnahme für erforderlich hielt und den Parteien nicht eine Tat-
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sacheninstanz vorenthalten wollte. Bei diesem Verfahrensstand besteht kein
Anlaß und wäre es geradezu verfehlt, schon jetzt die mit der Nichtzulassungs-
beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen in einem Revisionsverfahren zu klä-
ren.
3. Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hat die Beklagte die Kosten ihrer Nichtzulas-
sungsbeschwerde zu tragen.
Müller Wellner Diederichsen
Pauge Stöhr