Urteil des BGH vom 29.04.2010

Vorschaubilder Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 69/08
Verkündet am:
29. April 2010
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Vorschaubilder
UrhG §§ 19a, 51 Abs. 1 Satz 1, § 97
a) Der Betreiber einer Suchmaschine, der Abbildungen von Werken, die Dritte ins
Internet eingestellt haben, als Vorschaubilder (sog. Thumbnails) in der Trefferliste
seiner Suchmaschine auflistet, macht die abgebildeten Werke nach § 19a UrhG öf-
fentlich zugänglich.
b) Die Verwertung eines geschützten Werks als Zitat setzt nach wie vor einen Zitat-
zweck im Sinne einer Verbindung zwischen dem verwendeten fremden Werk oder
Werkteil und den eigenen Gedanken des Zitierenden voraus.
c) Ein rechtswidriger Eingriff in urheberrechtliche Befugnisse ist nicht nur dann zu
verneinen, wenn der Berechtigte rechtsgeschäftlich entweder durch Einräumung
entsprechender Nutzungsrechte über sein Recht verfügt oder dem Nutzer die ent-
sprechende Werknutzung schuldrechtlich gestattet hat. Vielmehr ist die Rechtswid-
rigkeit eines Eingriffs in ein ausschließliches Verwertungsrecht auch dann ausge-
schlossen, wenn der Berechtigte in die rechtsverletzende Handlung eingewilligt
hat. Eine solche Einwilligung setzt keine auf den Eintritt dieser Rechtsfolge gerich-
tete rechtsgeschäftliche Willenserklärung voraus.
BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08 - OLG Jena
LG
Erfurt
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 10. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Born-
kamm und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Thüringischen
Oberlandesgerichts in Jena vom 27. Februar 2008 wird auf Kosten
der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist bildende Künstlerin. Sie unterhält seit 2003 unter der In-
ternetadresse m .de eine Internetseite, auf der Abbildungen ihrer
Kunstwerke eingestellt sind. Auf einzelnen Seiten befindet sich ein Copyright-
Hinweis mit dem Namen der Klägerin.
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Die Beklagte betreibt die Internetsuchmaschine google, die über eine
textgesteuerte Bildsuchfunktion verfügt. Mit ihr kann ein Nutzer durch Eingabe
von Suchbegriffen nach Abbildungen suchen, die Dritte im Zusammenhang mit
dem eingegebenen Suchwort ins Internet eingestellt haben. Die von der Such-
maschine aufgefundenen Bilder werden in der Trefferliste als verkleinerte und in
ihrer Pixelanzahl gegenüber den auf den Originalseiten vorgehaltenen Abbil-
dungen reduzierte Vorschaubilder gezeigt (sogenannte Thumbnails). Die Vor-
schaubilder enthalten einen elektronischen Verweis (Link), mit dem man über
einen weiteren Verweis zu der Internetseite gelangen kann, die die entspre-
chende Abbildung enthält. Die für den Suchvorgang erforderlichen Informatio-
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nen gewinnt die Suchmaschine durch den Einsatz von Computerprogrammen
(sogenannte "robots" oder "crawler"), die das Internet in Intervallen regelmäßig
durchsuchen. Die dabei aufgefundenen Abbildungen werden als Vorschaubilder
durch Speicherung auf Servern der Beklagten in den USA vorgehalten, um bei
Eingabe eines Suchworts den Suchvorgang und die Anzeige der entsprechen-
den Vorschaubilder in der Trefferliste zu beschleunigen.
Im Februar 2005 wurden bei Eingabe des Namens der Klägerin als
Suchwort in der Trefferliste Abbildungen von Kunstwerken gezeigt, die die Klä-
gerin ins Internet eingestellt hatte.
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Die Klägerin hat die Darstellung ihrer Kunstwerke als Vorschaubilder in
der Suchmaschine der Beklagten als Urheberrechtsverletzung beanstandet und
zuletzt beantragt, es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ord-
nungsmittel zu untersagen,
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Abbildungen von Kunstwerken der Klägerin zu vervielfältigen und/oder verviel-
fältigen zu lassen und/oder über das Internet zugänglich zu machen und/oder
zu bearbeiten oder umzugestalten, wie es in Form sogenannter thumbnails im
Rahmen der Bildersuchmaschine der Beklagten geschehen ist.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie sei schon nicht Werk-
nutzerin. Eine Urheberrechtsverletzung scheide ferner deshalb aus, weil die
gesetzlichen Schrankenregelungen eingriffen. Jedenfalls liege eine konkludente
Einwilligung der Klägerin vor, weil sie ihre Bilder frei zugänglich ins Internet ein-
gestellt habe.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist
erfolglos geblieben (OLG Jena GRUR-RR 2008, 223).
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Mit ihrer (vom Berufungsgericht) zugelassenen Revision verfolgt die Klä-
gerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzu-
weisen.
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Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet, weil die
Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs, der der Klägerin aus § 97
Abs. 1 UrhG zustehe, rechtsmissbräuchlich sei (§ 242 BGB). Dazu hat es aus-
geführt:
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Die auf Leinwand gemalten oder mit anderen Techniken hergestellten
Bilder der Klägerin seien schutzfähige Werke der bildenden Kunst i.S. von § 2
Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Dieser Urheberrechtsschutz gehe nicht dadurch verloren,
dass die Klägerin selbst Abbildungen dieser Werke in digitalisierter Form ins
Internet eingestellt habe. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte bei der Anzei-
ge der Vorschaubilder in der Trefferliste ihrer Suchmaschine in das Recht der
Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung aus § 19a UrhG eingegriffen habe.
Die Vorschaubilder seien jedenfalls sonstige Umgestaltungen der Werke der
Klägerin i.S. von § 23 UrhG. Bei deren Anzeige in der Trefferliste der Suchma-
schine handele es sich um eine Nutzung, die von den dem Urheber vorbehalte-
nen Rechten nach § 15 Abs. 2 UrhG erfasst werde. Die Beklagte sei insoweit
auch urheberrechtlich verantwortlicher Werknutzer und stelle nicht nur techni-
sche Hilfsmittel zur Verfügung.
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Gesetzliche Schrankenregelungen griffen nicht ein. Die Bestimmung des
§ 44a UrhG sei nicht einschlägig. Die Anzeige der Vorschaubilder sei keine le-
diglich flüchtige oder begleitende Vervielfältigungshandlung ohne eigenständige
wirtschaftliche Bedeutung. Die Anzeige erfolge vielmehr dauerhaft und biete
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dem Verwerter eine Vielzahl von Einnahmemöglichkeiten, insbesondere durch
Werbung. Die Beklagte sei auch nicht Veranstalter einer Ausstellung der Kläge-
rin i.S. von § 58 Abs. 1 UrhG. Vorschaubilder seien ferner keine nach § 53
UrhG zulässigen Privatkopien, da sie (auch) erwerbswirtschaftlichen Zwecken
dienten. § 51 UrhG greife nicht ein, weil es jedenfalls an einem berechtigten
Zitatzweck fehle.
Die Nutzungshandlungen der Beklagten seien nicht aufgrund einer Ein-
willigung der Klägerin gerechtfertigt. Eine ausdrückliche Einwilligungserklärung
liege nicht vor. Aus dem Umstand, dass die Klägerin ihre Bilder ins Internet ein-
gestellt habe, ohne technisch mögliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen, ergebe
sich auch keine stillschweigende Einwilligung.
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Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs aus § 97 Abs. 1 UrhG
durch die Klägerin sei jedoch rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). Die Klägerin
verhalte sich widersprüchlich, wenn sie einerseits Suchmaschinen den Zugriff
auf ihre Internetseite durch Gestaltung des Quellcodes erleichtere und damit zu
erkennen gebe, insgesamt am Zugriff durch Suchmaschinen interessiert zu
sein, sich andererseits aber gegen das bei der Bildersuche durch Suchmaschi-
nen übliche Verfahren der Umgestaltung von Abbildungen in Vorschaubilder
wende.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat Unterlassungsansprüche der Klägerin
nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG wegen Verletzung ihrer urheberrechtlichen Ver-
wertungsrechte im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die
Klägerin mit ihrer Klage nur im Inland begangene Verletzungshandlungen hin-
sichtlich der ihr im Inland zustehenden Urheberrechte an den in der Klageschrift
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benannten Kunstwerken geltend gemacht hat (vgl. BGH, Urt. v. 8.7.2004
- I ZR 25/02, GRUR 2004, 855, 856 = WRP 2004, 1293 - Hundefigur; Urt. v.
24.5.2007 - I ZR 42/04, GRUR 2007, 691 Tz. 18 f. = WRP 2007, 996 - Staats-
geschenk) und deshalb nach § 32 ZPO die - auch unter der Geltung des § 545
Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende - internationa-
le Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben ist. Die Abbildungen der Kunst-
werke der Klägerin sind als Vorschaubilder in der Suchmaschine der Beklagten
bestimmungsgemäß (auch) in Deutschland zu sehen (vgl. BGHZ 167, 91 Tz. 21
- Arzneimittelwerbung im Internet, m.w.N.). Da Gegenstand der Klage allein die
Verletzung urheberrechtlicher Verwertungsrechte ist, für die die Klägerin im In-
land Schutz beansprucht, ist im Streitfall, wie auch das Berufungsgericht ange-
nommen hat, deutsches Urheberrecht anzuwenden (vgl. BGH GRUR 2007, 691
Tz. 22 - Staatsgeschenk, m.w.N.).
2. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Klä-
gerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht deshalb zusteht, weil
die Beklagte in das ausschließliche Recht der Klägerin eingegriffen hat, ihre
Werke in körperlicher Form zu verwerten (§ 15 Abs. 1 UrhG).
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a) Bei den von der Klägerin auf Leinwand gemalten oder mit anderen
Techniken geschaffenen Bildern handelt es sich, wovon auch das Berufungsge-
richt mit Recht ausgegangen ist, um unter Urheberrechtsschutz stehende Wer-
ke der bildenden Kunst i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Die von der Klägerin auf
ihrer Internetseite eingestellten Abbildungen dieser Kunstwerke sind körperliche
Festlegungen dieser Werke in entsprechenden Speichermedien dieser Internet-
seite und damit Vervielfältigungen i.S. von § 16 Abs. 2 UrhG.
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b) Da die Vorschaubilder der Bildersuchmaschine der Beklagten die Wer-
ke der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich ver-
kleinert, ansonsten aber ohne wesentliche Veränderungen identisch in ihren
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schöpferischen Zügen gut erkennbar wiedergeben, handelt es sich bei ihnen
- unabhängig davon, ob sie als Bearbeitungen oder Umgestaltungen unter § 23
UrhG fallen - gleichfalls um Vervielfältigungen i.S. von § 16 Abs. 2 UrhG. Vom
Vervielfältigungsrecht des Urhebers werden auch solche - sogar in einem weite-
ren Abstand vom Original liegende - Werkumgestaltungen erfasst, die über kei-
ne eigene schöpferische Ausdruckskraft verfügen und sich daher trotz einer
vorgenommenen Umgestaltung noch im Schutzbereich des Originals befinden,
weil dessen Eigenart in der Nachbildung erhalten bleibt und ein übereinstim-
mender Gesamteindruck besteht (BGH, Urt. v. 10.12.1987 - I ZR 198/85, GRUR
1988, 533, 535 - Vorentwurf II, m.w.N.). Nach den von der Revision nicht ange-
griffenen weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts erfolgt die den Vor-
schaubildern zugrunde liegende körperliche Festlegung jedoch auf in den USA
gelegenen Speichermedien. Etwaige Verletzungshandlungen in den USA sind
aber, wie dargelegt, nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Sonstige
Vervielfältigungshandlungen der Beklagten oder ihr zurechenbare Vervielfälti-
gungshandlungen Dritter, die im Inland begangen worden wären, sind nicht er-
sichtlich. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin,
soweit er auf die Untersagung von Vervielfältigungen gerichtet ist, schon des-
halb mit Recht verneint.
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3. Einen Unterlassungsanspruch der Klägerin wegen Verletzung des ur-
heberrechtlichen Verwertungsrechts der Klägerin, ihre Werke in unkörperlicher
Form öffentlich wiederzugeben (§ 15 Abs. 2 UrhG), hat das Berufungsgericht im
Ergebnis gleichfalls zu Recht verneint. Die Beklagte hat zwar dadurch, dass bei
Eingabe des Namens der Klägerin als Suchwort deren Kunstwerke in den Vor-
schaubildern der Bildersuchmaschine der Beklagten abgebildet wurden, das
Recht der Klägerin auf öffentliches Zugänglichmachen ihrer Kunstwerke verletzt
(§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, § 19a UrhG). Entgegen der Auffassung des Beru-
fungsgerichts hat die Beklagte dabei jedoch nicht rechtswidrig gehandelt, weil
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sie aufgrund einer Einwilligung der Klägerin zu der beanstandeten Nutzung der
Werke in den Vorschaubildern berechtigt war.
a) Das dem Urheber nach § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 UrhG vorbehal-
tene Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) ist das Recht,
das Werk der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mit-
gliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
Ein Zugänglichmachen im Sinne dieser Vorschrift setzt nur voraus, dass Dritten
der Zugriff auf das sich in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindende ge-
schützte Werk eröffnet wird (vgl. BGH, Urt. v. 22.4.2009 - I ZR 216/06, GRUR
2009, 845 Tz. 27 = WRP 2009, 1001 - Internet-Videorecorder; Urt. v. 20.5.2009
- I ZR 239/06, GRUR 2009, 864 Tz. 16 = WRP 2009, 1143 - CAD-Software;
Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 19a Rdn. 6; Schricker/v. Ungern-
Sternberg, Urheberrecht, 3. Aufl., § 19a UrhG Rdn. 43). Durch die Anzeige in
Vorschaubildern der Trefferliste einer Suchmaschine macht der Suchmaschi-
nenbetreiber, der diese Vorschaubilder auf einem eigenen Rechner vorhält, die
abgebildeten Werke öffentlich zugänglich (Gey, Das Recht der öffentlichen Zu-
gänglichmachung i.S. des § 19a UrhG, 2009, S. 169; Nolte, Informationsmehr-
wertdienste und Urheberrecht, 2009, S. 246; Dreier in Dreier/Schulze aaO
§ 19a Rdn. 6; ders., Festschrift für Krämer, 2009, S. 225, 227; Dustmann in
Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., § 19a UrhG Rdn. 22; Schricker/
v. Ungern-Sternberg aaO § 19a UrhG Rdn. 46; v. Ungern-Sternberg, GRUR
2009, 369, 372; Leistner/Stang, CR 2008, 499, 502; Ott, ZUM 2009, 345;
Roggenkamp, K&R 2007, 328; Schack, MMR 2008, 414 f.).
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Da die Beklagte die Vorschaubilder auf ihrem Rechner - und damit unab-
hängig von der ursprünglichen Quelle - vorhält, erfüllt sie den Tatbestand des
§ 19a UrhG durch eine eigene Nutzungshandlung. Sie stellt nicht lediglich die
technischen Mittel zur Verfügung, sondern übt, indem sie die Vorschaubilder
durch ihre "crawler" aufsucht und auf ihren Rechnern vorhält, die Kontrolle über
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die Bereithaltung der Werke aus. Der Umstand, dass erst der einzelne Internet-
nutzer durch Eingabe eines entsprechenden Suchworts bewirkt, dass die von
der Beklagten vorgehaltenen Vorschaubilder abgerufen werden, berührt die
Eigenschaft der Beklagten als Werknutzer i.S. von § 19a UrhG nicht. Die Nut-
zungshandlung des § 19a UrhG liegt in dem Zugänglichmachen, das die Be-
klagte kontrolliert.
b) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass sich die
Beklagte nicht darauf berufen kann, das Recht der Klägerin auf Zugänglichma-
chung ihrer Werke (§ 19a UrhG) sei im Streitfall durch das Eingreifen einer
Schrankenbestimmung des Urheberrechtsgesetzes begrenzt.
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aa) Die Beklagte ist nicht schon deshalb zur Nutzung der Werke der Klä-
gerin als Vorschaubilder ihrer Bildersuchmaschine berechtigt, weil es sich dabei
um das - auch ohne Einwilligung des Urhebers zulässige - Herstellen von Bear-
beitungen oder anderen Umgestaltungen der betreffenden Werke der Klägerin
i.S. von § 23 Satz 1 UrhG handelt. Auf ein solches (gesetzliches) Nutzungsrecht
kann sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil sie die Werke der Klä-
gerin i.S. von § 19a UrhG zugänglich gemacht hat und ihr Eingriff in deren Ur-
heberrecht damit über das (nach § 23 Satz 1 UrhG allenfalls zustimmungsfreie)
bloße Herstellen hinausgeht. Bei den Vorschaubildern handelt es sich im Übri-
gen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht um Bearbei-
tungen oder sonstige Umgestaltungen der Werke der Klägerin i.S. von § 23
UrhG. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts geben die Vorschaubil-
der die Werke der Klägerin lediglich verkleinert, ansonsten aber identisch wie-
der. Eine Abbildung, die ein Werk zwar verkleinert darstellt, aber in seinen we-
sentlichen schöpferischen Zügen genauso gut erkennen lässt wie das Original,
ist keine Umgestaltung i.S. von § 23 UrhG (vgl. Dreier, Festschrift für Krämer,
S. 225, 227; Schack, MMR 2008, 415; a.A. Roggenkamp, jurisPR-ITR 14/2008
Anm. 2; Schrader/Rautenstrauch, UFITA 2007, 761, 763). Erst recht scheidet
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die Annahme einer freien Benutzung i.S. von § 24 Abs. 1 UrhG aus, weil durch
die verkleinerte Darstellung in Form eines Vorschaubildes kein von dem Origi-
nalwerk unabhängiges selbstständiges Werk entsteht.
bb) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Vorschrift des § 12 Abs. 2
UrhG im Wege des Umkehrschlusses eine Schrankenregelung des Inhalts ent-
nommen werden kann, dass nach der Veröffentlichung eines Werks eine In-
haltsbeschreibung zulässig ist. Da die Vorschaubilder die betreffenden Werke
der Klägerin vollständig wiedergeben, stellen sie nicht lediglich eine öffentliche
Mitteilung oder Beschreibung ihres Inhalts i.S. von § 12 Abs. 2 UrhG dar. Viel-
mehr ermöglichen sie bereits den Werkgenuss. Auch wenn die Werke der Klä-
gerin bereits mit ihrer Zustimmung veröffentlicht worden sind, können daher
Abbildungen dieser Werke schon aus diesem Grund nicht im Wege eines Um-
kehrschlusses aus § 12 Abs. 2 UrhG als zulässig beurteilt werden (vgl. Nolte
aaO S. 252 f.; ferner Leistner/Stang, CR 2008, 499, 503 f.).
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cc) Die Schrankenregelung des § 44a UrhG, nach der bestimmte vor-
übergehende Vervielfältigungshandlungen zulässig sind, greift schon deshalb
nicht ein, weil sie lediglich die Verwertung des Werks in körperlicher Form be-
trifft (§ 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1 und 2 UrhG); hier geht es dagegen um einen Ein-
griff in das Recht der Klägerin auf Zugänglichmachung (§ 19a UrhG). Eine ent-
sprechende Anwendung der Schrankenbestimmung des § 44a UrhG auf das
Recht der Zugänglichmachung nach § 19a UrhG kommt nicht in Betracht, weil
die gesetzlichen Schrankenbestimmungen das Ergebnis einer vom Gesetzge-
ber vorgenommenen, grundsätzlich abschließenden Güterabwägung darstellen
(BGHZ 150, 6, 8 - Verhüllter Reichstag, m.w.N.). Im Übrigen fehlt es für das
Eingreifen der Schrankenbestimmung des § 44a UrhG auch an der Vorausset-
zung, dass die Verwertungshandlung keine eigenständige wirtschaftliche Be-
deutung haben darf. Die Anzeige der Werke der Klägerin als Vorschaubilder in
der Bildersuchmaschine der Beklagten stellt, wie das Berufungsgericht zu
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Recht angenommen hat, eine eigenständige Nutzungsmöglichkeit mit wirt-
schaftlicher Bedeutung dar.
dd) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Nut-
zungshandlung der Beklagten nicht als zulässiges Zitat nach § 51 UrhG anzu-
sehen ist, und zwar weder nach der Fassung, in der diese Bestimmung nach
dem Zweiten Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsge-
sellschaft (Gesetz v. 26.10.2007, BGBl. I S. 2513; im Folgenden: neue Fas-
sung) gilt, noch nach der im Zeitpunkt der Vornahme der Verletzungshandlung
Anfang 2005 geltenden Fassung (im Folgenden: alte Fassung). Nach dieser
Schrankenbestimmung sind Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wie-
dergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zwecke des Zitats in dem durch
diesen Zweck gebotenen Umfang zulässig. Unabhängig davon, ob die Zuläs-
sigkeit des Zitats nach § 51 Satz 1 UrhG n.F. keine Übernahme in ein als sol-
ches geschütztes Werk mehr erfordert (so Dreier in Dreier/Schulze aaO § 51
Rdn. 24; ders., Festschrift für Krämer, 2009, S. 225, 232 f.; a.A. Dreyer in HK-
UrhR, 2. Aufl., § 51 UrhG Rdn. 9; Lüft in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht,
3. Aufl., § 51 UrhG Rdn. 8; Schack, MMR 2008, 414, 415; Schmid/Wirth in
Schmid/Wirth/Seifert, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 51 Rdn. 3), hat die Neu-
fassung dieser Schrankenbestimmung nichts daran geändert, dass die nun-
mehr in § 51 Abs. 1 Satz 1 UrhG n.F. genannten Verwertungshandlungen nur
insoweit zulässig sind, als sie zum Zweck des Zitats vorgenommen werden.
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Für den Zitatzweck ist es erforderlich, dass eine innere Verbindung zwi-
schen den verwendeten fremden Werken oder Werkteilen und den eigenen
Gedanken des Zitierenden hergestellt wird (BGHZ 175, 135 Tz. 42 - TV Total,
m.w.N.). Zitate sollen als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbststän-
dige Ausführungen des Zitierenden der Erleichterung der geistigen Auseinan-
dersetzung dienen (BGH, Urt. v. 23.5.1985 - I ZR 28/83, GRUR 1986, 59, 60
- Geistchristentum). Es genügt daher nicht, wenn die Verwendung des fremden
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Werks nur zum Ziel hat, dieses dem Endnutzer leichter zugänglich zu machen
oder sich selbst eigene Ausführungen zu ersparen (vgl. Dreier in Dreier/Schulze
aaO § 51 Rdn. 3 a.E.).
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass diese Voraus-
setzungen der Schrankenbestimmung des § 51 UrhG im Streitfall nicht vorlie-
gen. Die Darstellung der Vorschaubilder in der Trefferliste der Bildersuchma-
schine der Beklagten dient dazu, das Werk um seiner selbst willen als Vor-
schaubild der Allgemeinheit zur Kenntnis zu bringen. Vorschaubilder werden in
einem automatisierten Verfahren in die Trefferliste eingefügt, ohne dass dieser
Vorgang als solcher der geistigen Auseinandersetzung mit dem übernommenen
Werk dienen soll. Die von der Suchmaschine generierte Trefferliste ist lediglich
Hilfsmittel zum möglichen Auffinden von Inhalten im Internet. Die Anzeige der
Vorschaubilder erschöpft sich demnach in dem bloßen Nachweis der von der
Suchmaschine aufgefundenen Abbildungen. Auch nach der Neufassung der
Schrankenbestimmung des § 51 UrhG genügt dies für die Annahme eines Zitat-
zwecks nicht (vgl. Leistner/Stang, CR 2008, 499, 502; Schack, MMR 2008, 414,
415; a.A. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 51 Rdn. 24; ders., Festschrift für Krä-
mer, S. 225, 234 ff.). Dies gilt umso mehr, als die auf der Sozialbindung des
geistigen Eigentums beruhenden Schrankenbestimmungen der §§ 45 ff. UrhG
generell eng auszulegen sind, um den Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung
seiner Werke tunlichst angemessen zu beteiligen und daher die ihm hinsichtlich
der Werkverwertung zustehenden Ausschließlichkeitsrechte nicht übermäßig zu
beschränken (BGHZ 150, 6, 8 - Verhüllter Reichstag; 151, 300, 310 - Elektro-
nischer Pressespiegel). Eine über den Zitatzweck hinausgehende erweiternde
Auslegung des § 51 UrhG ist weder aufgrund der technischen Fortentwicklun-
gen im Zusammenhang mit der Informationsvermittlung im Internet noch mit
Blick auf die durch diese Schrankenbestimmung grundsätzlich geschützten In-
teressen der daran Beteiligten geboten. Weder die Informationsfreiheit anderer
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Internetnutzer noch die Kommunikationsfreiheit oder die Gewerbefreiheit der
Suchmaschinenbetreiber erfordern eine solche erweiternde Auslegung. Für ei-
ne allgemeine Güter- und Interessenabwägung außerhalb der urheberrechtli-
chen Verwertungsbefugnisse sowie der Schrankenbestimmungen der §§ 45 ff.
UrhG ist grundsätzlich kein Raum (BGHZ 154, 260, 266 - Gies-Adler).
c) Ein Eingriff in ein urheberrechtliches Verwertungsrecht scheidet ferner
aus, wenn der Urheber oder der Berechtigte dem Handelnden durch ein urhe-
berrechtliches Verfügungsgeschäft das Recht eingeräumt hat, das Werk auf die
betreffende Art und Weise zu nutzen (§ 31 Abs. 1 bis 3 UrhG). Das Berufungs-
gericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Klägerin der Beklagten we-
der ausdrücklich noch konkludent ein entsprechendes Nutzungsrecht i.S. von
§ 31 UrhG eingeräumt hat und ein Eingriff der Beklagten in das der Klägerin
zustehende Recht, ihre Werke öffentlich zugänglich zu machen, daher nicht
schon aus diesem Grund zu verneinen ist.
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aa) Ein entsprechendes Nutzungsrecht hat die Klägerin der Beklagten
nicht ausdrücklich eingeräumt. Das Recht, ein Werk auf eine bestimmte Art und
Weise zu nutzen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 UrhG), kann einem Dritten aller-
dings auch durch eine konkludente Erklärung des Urhebers eingeräumt werden
(vgl. BGH, Urt. v. 20.11.1970 - I ZR 50/69, GRUR 1971, 362, 363 - Kan-
dinsky II, m.w.N.). Da die (ausdrückliche oder konkludente) Überlassung eines
urheberrechtlichen (einfachen oder ausschließlichen) Nutzungsrechts dingli-
chen Charakter hat (vgl. BGHZ 180, 344 Tz. 20 - Reifen Progressiv, m.w.N.),
muss die (konkludente) Willenserklärung, mit der der Urheber einem Dritten ein
Nutzungsrecht einräumt, den Anforderungen an (dingliche) Verfügungen über
Rechte genügen. Die betreffende Willenserklärung setzt demnach insbesonde-
re voraus, dass unter Berücksichtigung der gesamten Begleitumstände nach
dem objektiven Inhalt der Erklärung unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist,
der Erklärende wolle über sein Urheberrecht in der Weise verfügen, dass er
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einem Dritten daran ein bestimmtes Nutzungsrecht einräume (vgl. BGH GRUR
1971, 362, 363 - Kandinsky II, m.w.N.).
bb) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe der Beklag-
ten nicht durch konkludente Erklärung ein Recht zur Nutzung ihrer Werke als
Vorschaubilder im Rahmen der Bildersuchmaschine der Beklagten eingeräumt,
lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht hat den Umstand
dass die Klägerin im Zusammenhang mit dem Einstellen von Abbildungen ihrer
Werke ins Internet einen Urhebervermerk angebracht hat, rechtsfehlerfrei dahin
gewürdigt, dem lasse sich keine Erklärung der Klägerin entnehmen, sie wolle
damit Nutzungshandlungen in Bezug auf diese Abbildungen gestatten. Vielmehr
kommt in dem Anbringen des Urhebervermerks gerade der Wille der Klägerin
zum Ausdruck, im Hinblick auf ihre ins Internet gestellten Werke ihre urheber-
rechtlichen Befugnisse für sich behalten und grundsätzlich gegenüber Dritten
geltend machen zu wollen. Diese Würdigung steht ferner in Übereinstimmung
mit der allgemeinen Auslegungsregel, dass die urheberrechtlichen Befugnisse
die Tendenz haben, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit die-
ser an den Erträgnissen seines Werks in angemessener Weise beteiligt wird
(vgl. BGH, Urt. v. 22.4.2004 - I ZR 174/01, GRUR 2004, 939 f. = WRP 2004,
1497 - Comic-Übersetzungen III).
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Nach den rechtlich einwandfreien Feststellungen des Berufungsgerichts
kann auch den sonstigen Begleitumständen der für die konkludente Einräu-
mung eines Nutzungsrechts erforderliche Übertragungswille der Klägerin nicht
unzweideutig entnommen werden. Im bloßen Einstellen von Abbildungen urhe-
berrechtlich geschützter Werke ins Internet kommt, wie das Berufungsgericht
rechtsfehlerfrei angenommen hat, lediglich der Wille zum Ausdruck, dass diese
Abbildungen von anderen Internetnutzern angesehen werden können. Der Um-
stand, dass Internetnutzern allgemein der Einsatz von Suchmaschinen bekannt
ist und die Klägerin im vorliegenden Fall nach den Feststellungen des Beru-
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fungsgerichts sogar durch Aufnahme bestimmter Wortlisten in den Quellcode
ihrer Internetseite Suchmaschinen den Zugriff auf ihre Seite erleichtert hat, ge-
nügt, wie das Berufungsgericht weiter rechtlich unbedenklich angenommen hat,
gleichfalls nicht für die Annahme, darin liege notwendig der objektiv erkennbare
Erklärungswille der Klägerin, der Beklagten gerade auch ein Recht zur Nutzung
der Werke der Klägerin im Wege von Vorschaubildern der Suchmaschine der
Beklagten (unentgeltlich) einzuräumen. Dass bestimmte Texte oder Wörter von
der Suchmaschine gefunden werden sollen, bringt nicht unzweideutig den Wil-
len zum Ausdruck, dass dem Suchmaschinenbetreiber das Recht übertragen
werden soll, auch Abbildungen, die im Zusammenhang mit diesen Wörtern von
der Suchmaschine auf der Internetseite aufgefunden werden, im Wege von
Vorschaubildern verkleinert anzuzeigen. Es lässt daher keinen Rechtsverstoß
erkennen, wenn das Berufungsgericht zu dem Schluss gelangt ist, dass sich
eine Übertragung von Nutzungsrechten auf die Beklagte nicht mit der erforderli-
chen Klarheit feststellen lasse.
d) Eine (bloß) schuldrechtliche Gestattung der Werknutzung setzt gleich-
falls den Abschluss eines Rechtsgeschäfts und damit die Abgabe einer rechts-
geschäftlichen Willenserklärung der Klägerin des Inhalts voraus, dass der Be-
klagten ein entsprechender (schuldrechtlicher) Anspruch auf Vornahme der
betreffenden Nutzungshandlung eingeräumt werden soll. Von einem solchen
(schuldrechtlichen) Rechtsbindungswillen der Klägerin kann aus den soeben
dargelegten Gründen ebenfalls nicht ausgegangen werden.
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e) Der Eingriff der Beklagten in das Recht der Klägerin auf Zugänglich-
machung ihre Werke (§ 19a UrhG) ist jedoch nicht rechtswidrig, weil nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts von einer die Rechtswidrigkeit ausschlie-
ßenden (schlichten) Einwilligung der Klägerin in die Nutzungshandlung der Be-
klagten auszugehen ist. Die gegenteilige Beurteilung des Berufungsgerichts
beruht auf seiner unzutreffenden Ansicht, eine die Rechtswidrigkeit der Verlet-
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zungshandlung ausschließende Einwilligung des Urhebers könne nur ange-
nommen werden, wenn die Einwilligung den Erfordernissen genüge, die nach
den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre unter Berücksichtigung
der Besonderheiten des urheberrechtlichen Übertragungszweckgedankens an
die Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts zu stellen seien. Der
Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch vielmehr auch
dann nicht zu, wenn sie zwar, wie oben ausgeführt, der Beklagten kein entspre-
chendes Nutzungsrecht eingeräumt und ihr die Werknutzung auch nicht schuld-
rechtlich gestattet hat, ihrem (schlüssigen) Verhalten aber die objektive Erklä-
rung entnommen werden kann, sie sei mit der Nutzung ihrer Werke durch die
Bildersuchmaschine der Beklagten einverstanden. Auf der Grundlage der vom
Berufungsgericht getroffenen Feststellungen sind die Voraussetzungen einer
solchen (schlichten) Einwilligung der Klägerin in die beanstandete Rechtsverlet-
zung gegeben.
aa) Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass ein
rechtswidriger Eingriff in die urheberrechtlichen Befugnisse nicht nur dann zu
verneinen ist, wenn der Berechtigte durch Abgabe von rechtsgeschäftlichen
Erklärungen durch Einräumung entsprechender Nutzungsrechte über sein
Recht verfügt oder dem Nutzer die entsprechende Werknutzung schuldrechtlich
gestattet hat. Daneben besteht vielmehr auch die Möglichkeit, dass die
Rechtswidrigkeit eines Eingriffs in ein ausschließliches Verwertungsrecht we-
gen Vorliegens einer schlichten Einwilligung des Berechtigten ausgeschlossen
ist (vgl. Haberstumpf in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz
Urheberrecht Medienrecht, § 31 UrhG Rdn. 1; J. B. Nordemann in Fromm/
Nordemann aaO § 97 UrhG Rdn. 24 f.; Schricker/Schricker aaO Vor §§ 28 ff.
UrhG Rdn. 27, § 31 UrhG Rdn. 1a; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 369,
371; vgl. ferner Ohly, "Volenti non fit iniuria" - Die Einwilligung im Privatrecht,
2002, S. 276 f.). Die schlichte Einwilligung in die Urheberrechtsverletzung un-
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terscheidet sich von der (dinglichen) Übertragung von Nutzungsrechten und der
schuldrechtlichen Gestattung dadurch, dass sie zwar als Erlaubnis zur Recht-
mäßigkeit der Handlung führt, der Einwilligungsempfänger aber weder ein ding-
liches Recht noch einen schuldrechtlichen Anspruch oder ein sonstiges gegen
den Willen des Rechtsinhabers durchsetzbares Recht erwirbt (vgl. Ohly aaO
S. 144). Sie erfordert daher auch keine auf den Eintritt einer solchen Rechtsfol-
ge gerichtete rechtsgeschäftliche Willenserklärung.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Einwilligung als eine (bloß)
rechtsgeschäftsähnliche Handlung anzusehen ist, die allerdings im Wesentli-
chen den für Willenserklärungen geltenden Regeln unterliegt (vgl. Wandtke/
Grunert in Wandtke/Bullinger aaO § 31 UrhG Rdn. 37; v. Ungern-Sternberg,
GRUR 2009, 369, 370; Schricker/Schricker aaO Vor §§ 28 ff. UrhG Rdn. 27
m.w.N.; allgemein zur Einwilligung in die Verletzung eines absolut geschützten
Rechts oder Rechtsguts vgl. BGHZ 29, 33, 36; 105, 45, 47 f.; Ahrens in Prüt-
ting/Wegen/Weinreich, BGB, 3. Aufl., Vor §§ 116 ff. Rdn. 8; Schaub in Prütting/
Wegen/Weinreich aaO § 823 Rdn. 16; Erman/Schiemann, BGB, 12. Aufl., § 823
Rdn. 147), oder ob man sie als eine Willenserklärung mit Besonderheiten ein-
ordnen will (vgl. etwa Ohly aaO S. 201 ff. m.w.N.). Unabhängig von dieser
rechtlichen Einordnung bleibt bei der Auslegung zu beachten, dass die (schlich-
te) Einwilligung keinen Rechtsfolgewillen dahingehend zum Ausdruck bringen
muss, der Erklärende ziele auf die Begründung, inhaltliche Änderung oder Be-
endigung eines privaten Rechtsverhältnisses in dem Sinne ab, dass er dem
Erklärungsempfänger ein dingliches Recht oder zumindest einen schuldrechtli-
chen Anspruch auf Vornahme der (erlaubten) Handlung einräume (vgl. auch
v. Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 369, 372). Die Erklärung muss also im
Streitfall entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf gerichtet
sein, dass die Klägerin der Beklagten ein entsprechendes Nutzungsrecht ein-
räumen oder ihr die Nutzung (schuldrechtlich) gestatten wollte.
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bb) Das Berufungsgericht ist in anderem Zusammenhang - bei der Prü-
fung, ob sich die Klägerin rechtsmissbräuchlich verhält - rechtsfehlerfrei davon
ausgegangen, dass die textgestützte Bildersuche mit der Anzeige der gefunde-
nen Abbildungen in Vorschaubildern ein übliches Verfahren von Bildersuchma-
schinen ist. Es hat ferner angenommen, dass die Klägerin sich entweder mit
ihrem Unterlassungsbegehren zu ihrem früheren Verhalten, durch Gestaltung
ihrer Internetseite den Einsatz von Suchmaschinen zu erleichtern, in einen un-
lösbaren Widerspruch setzt oder durch die "Suchmaschinenoptimierung" bei
der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend geweckt hat, es kön-
ne erwartet werden, dass die Klägerin, wenn sie eine Bildersuche nicht wolle,
eine mögliche Blockierung der Suchmaschinenindexierungen von Bildern auch
vornehme. Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass das Verhalten der Klägerin,
den Inhalt ihrer Internetseite für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich
zu machen, ohne von technischen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um die
Abbildungen ihrer Werke von der Suche und der Anzeige durch Bildersuchma-
schinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen, aus der Sicht der Beklag-
ten als Betreiberin einer Suchmaschine objektiv als Einverständnis damit ver-
standen werden konnte, dass Abbildungen der Werke der Klägerin in dem bei
der Bildersuche üblichen Umfang genutzt werden dürfen. Ein Berechtigter, der
Texte oder Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht,
muss mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen
(vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2007 - I ZR 94/05, GRUR 2008, 245 Tz. 27 = WRP 2008,
367 - Drucker und Plotter). Da es auf den objektiven Erklärungsinhalt aus der
Sicht des Erklärungsempfängers ankommt, ist es ohne Bedeutung, ob die Klä-
gerin gewusst hat, welche Nutzungshandlungen im Einzelnen mit der üblichen
Bildersuche durch eine Bildersuchmaschine verbunden sind (im Ergebnis wie
hier Gey aaO S. 172; Nolte aaO S. 250; Berberich, MMR 2005, 145, 147 f.;
Leistner/Stang, CR 2008, 499, 504 f.; Meyer, K&R 2007, 177, 182 f.; ders., K&R
2008, 201, 207; Ott, ZUM 2007, 119, 126 f.; ders., ZUM 2009, 345, 346 f.;
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- 19 -
v. Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 369, 372; a.A. Roggenkamp, K&R 2007,
325, 329; Schack, MMR 2008, 414, 415 f.; Schrader/Rautenstrauch, UFITA
2007, 761, 776 ff.). Danach hat sich die Klägerin mit dem Einstellen der Abbil-
dungen ihrer Werke in das Internet, ohne diese gegen das Auffinden durch
Suchmaschinen zu sichern, mit der Wiedergabe ihrer Werke in Vorschaubildern
der Suchmaschine der Beklagten einverstanden erklärt.
cc) Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch
auch nicht deshalb zu, weil sie der beanstandeten Nutzung ihrer Werke in Vor-
schaubildern der Suchmaschine der Beklagten jedenfalls für die Zukunft wider-
sprochen hat, nachdem sie Anfang Februar 2005 davon erfahren hatte. Eine
Einwilligung kann zwar mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden (vgl.
§ 183 Satz 1 BGB). Da die Einwilligung mit dem Einstellen der Abbildungen der
entsprechenden Werke in das Internet ohne hinreichende Sicherungen gegen
das Auffinden durch Bildersuchmaschinen erklärt wird, bedarf es für einen
rechtlich beachtlichen Widerruf jedoch grundsätzlich eines gegenläufigen Ver-
haltens, also der Vornahme der entsprechenden Sicherungen gegen das Auf-
finden der eingestellten Bilder durch Bildersuchmaschinen. Setzt der Berechtig-
te dagegen seine Werke weiterhin ungesichert dem Zugriff durch Bildersuch-
maschinen aus, obwohl er von deren Anzeige in Vorschaubildern Kenntnis er-
langt hat, bleibt der Erklärungsgehalt seines Verhaltens unverändert. Der ledig-
lich gegenüber dem Betreiber einer einzelnen Bildersuchmaschine (hier: der
Beklagten) geäußerte Widerspruch, mit dem Auffinden der Bilder durch dessen
Bildersuchmaschine nicht einverstanden zu sein, ist für die Auslegung der Ein-
willigungserklärung, die durch Einstellen der Bilder ins Internet ohne hinrei-
chende Sicherungen gegen das Auffinden durch Bildersuchmaschinen abgege-
ben wird, schon deshalb ohne Bedeutung, weil diese Einwilligungserklärung als
solche an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet ist. Bei ihrer Auslegung
können daher nur allgemein erkennbare Umstände berücksichtigt werden; bloß
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einzelnen Beteiligten bekannte oder erkennbare Umstände haben dagegen au-
ßer Betracht zu bleiben (vgl. BGHZ 28, 259, 264 f.; 53, 304, 307; Palandt/
Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 133 Rdn. 12). Ist der an die Allgemeinheit gerich-
teten Erklärung demnach weiterhin eine Einwilligung in die Vornahme der mit
dem Betrieb von Bildersuchmaschinen üblicherweise verbundenen Nutzungs-
handlungen zu entnehmen, ist die gegenteilige Verwahrung gegenüber der Be-
klagten demzufolge auch unter dem Gesichtspunkt einer protestatio facto
contraria unbeachtlich (vgl. BGHZ 21, 319, 334 f.; 23, 175, 177 f.; 95, 393, 399).
Der Klägerin ist es ohne weiteres zuzumuten, hinreichende Sicherungsmaß-
nahmen gegen das Auffinden ihrer Werke durch Bildersuchmaschinen allge-
mein oder gerade durch die Bildersuchmaschine der Beklagten vorzunehmen,
wenn sie derartige Nutzungshandlungen verhindern will. Dagegen müsste die
Beklagte für jede Abbildung, die ihre Suchmaschine technisch in Vorschaubil-
dern erfassen kann, jeweils gesondert prüfen, ob unabhängig von der Vornah-
me technischer Sicherungen ein Berechtigter gegebenenfalls auf andere Art
und Weise einen beachtlichen Widerspruch gegen die betreffende Nutzungs-
handlung erhoben hat. Eine solche Überprüfung im Einzelfall ist für den Betrei-
ber einer auf die Vorhaltung einer unübersehbaren Menge von Bildern ausge-
richteten Bildersuchmaschine nicht zumutbar.
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dd) Die die Rechtswidrigkeit ausschließende Wirkung der schlichten
Einwilligung der Klägerin ist auch nicht insoweit entfallen, als sie geltend ge-
macht hat, dass in der Trefferliste der Bildersuchmaschine der Beklagten auch
Vorschaubilder ihrer Werke gezeigt worden seien, die sie von ihrer Internetseite
bereits entfernt gehabt habe. Die Einwilligung bezieht sich darauf, dass der
Betreiber der Bildersuchmaschine die bei der Bildersuche üblichen Nutzungs-
handlungen vornehmen darf. Die Beklagte hat dem Vorbringen der Klägerin, sie
habe Abbildungen ihrer Werke von ihrer Website genommen, also den Link zwi-
schen dem Speicherplatz des betreffenden Bildes und der Website gelöscht,
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entgegengehalten, daraus ergebe sich nicht ohne weiteres, dass das Bild nicht
noch am ursprünglichen Speicherort oder an anderen technisch bedingten Zwi-
schenspeicherorten vorhanden sei und dort von der Suchmaschine aufgefun-
den werden könne. Außerdem führten die eingesetzte Technik ihrer "crawler"
und das intervallmäßige Durchsuchen dazu, dass vollständig entfernte Bilder
schnellstmöglich nicht mehr aufgefunden und dann auch nicht mehr in Treffer-
listen angezeigt würden. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenom-
men, dass die Beklagte nach diesem Vortrag, dem die Klägerin nicht substanti-
iert entgegengetreten ist, das zur Zeit technisch Mögliche zur Aktualisierung
ihrer Suchergebnisse unternimmt und die Einwilligung daher auch nicht insoweit
wirkungslos geworden ist, als nach dem Vortrag der Klägerin einzelne, von den
Vorschaubildern bei der Bildersuche noch angezeigte Abbildungen bereits von
ihrer Internetseite entfernt worden waren.
4. Soweit Vorschaubilder von Bildersuchmaschinen Abbildungen von
Werken erfassen, die - wie im Streitfall - von dem betreffenden Urheber oder
mit seiner Zustimmung in das Internet eingestellt worden sind, wird damit dem
allgemeinen Interesse an der Tätigkeit von Bildersuchmaschinen in dem gebo-
tenen Maße bei der Auslegung der Erklärungen Rechnung getragen, die im Zu-
sammenhang mit dem Einstellen solcher Abbildungen auf den jeweiligen Inter-
netseiten der Allgemeinheit gegenüber abgegeben werden. In dem - hier nicht
zu entscheidenden - Fall, dass Bilder von dazu nicht berechtigten Personen
eingestellt werden, kann der Betreiber der Bildersuchmaschine zwar aus deren
Verhalten keine Berechtigung für einen Eingriff in Urheberrechte Dritter herlei-
ten. In einem solchen Fall kommt jedoch in Betracht, dass die Haftung des
Betreibers der Suchmaschine auf solche Verstöße beschränkt ist, die begangen
werden, nachdem er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist
(vgl. BGHZ 158, 236, 252 - Internet-Versteigerung I; 173, 188 Tz. 42 - Jugend-
gefährdende Medien bei eBay; BGH, Urt. v. 19.4.2007 - I ZR 35/04, GRUR
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2007, 708 Tz. 45 = WRP 2007, 964 - Internet-Versteigerung II; Urt. v. 30.4.2008
- I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Tz. 51 = WRP 2008, 1104 - Internet-Verstei-
gerung III). Die Möglichkeit einer solchen Haftungsbeschränkung bei der Bereit-
stellung von Informationen in Suchmaschinen für den Zugriff durch Dritte folgt
aus Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Rechts-
verkehr. Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG ist auf die Bereitstellung der
Dienstleistungen von Suchmaschinen anwendbar, wenn die betreffende Tätig-
keit des Suchmaschinenbetreibers rein technischer, automatischer und passiver
Art ist und er weder Kenntnis noch Kontrolle über die von ihm gespeicherte
oder weitergeleitete Information besitzt (EuGH, Urt. v. 23.3.2010 - C-236/08 bis
C-238/08 Tz. 114 - Google France/Louis Vuitton). Liegen diese Voraussetzun-
gen vor, deren - dem nationalen Gericht obliegender (EuGH aaO Tz. 119
- Google France/Louis Vuitton) - Feststellung es im Streitfall für die Bildersuche
der Beklagten mangels Entscheidungserheblichkeit nicht bedarf, kommt eine
Haftung des Suchmaschinenbetreibers erst in Betracht, nachdem er von der
Rechtswidrigkeit der gespeicherten Information Kenntnis erlangt hat (EuGH
aaO Tz. 109 - Google France/Louis Vuitton). Ein solcher die Haftung auslösen-
der Hinweis auf eine Urheberrechtsverletzung muss ihm auch über die urheber-
rechtliche Berechtigung der Beteiligten hinreichende Klarheit verschaffen.
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III. Die Revision der Klägerin ist danach mit der Kostenfolge aus § 97
Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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Bornkamm Pokrant Schaffert
Bergmann
Koch
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 15.03.2007 - 3 O 1108/05 -
OLG Jena, Entscheidung vom 27.02.2008 - 2 U 319/07 -