Urteil des BGH vom 10.02.1998

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZA 13/01
vom
3. März 2004
in dem Rechtsstreit
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. März 2004 durch die Vor-
sitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs und Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose
beschlossen:
Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe
wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen Beschä-
digung seines Pkw's, den er dem Beklagten geliehen hatte. Der Beklagte hatte
am 7. Juli 1997 mit dem Pkw einen Unfall, der nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts von ihm verschuldet wurde. Das erheblich beschädigte Fahr-
zeug verblieb zunächst am Unfallort und wurde am 17. Juli 1997 im Auftrag des
Beklagten zu einem nahegelegenen Autohaus gebracht. Zuvor hatte der Be-
klagte dem Kläger zugesagt, das Fahrzeug an dessen Wohnort bringen zu las-
sen. Am 18. Juli 1997 wurde der Vater des Klägers davon in Kenntnis gesetzt,
daß das Fahrzeug auf das Gelände des Autohauses verbracht worden war. Da
der Vater Versicherungsnehmer der für das Fahrzeug abgeschlossenen Teil-
kasko- und Haftpflichtversicherung war, meldete er den Unfall seiner Versiche-
rung. Deren Gutachter besichtigte das Fahrzeug am 28. Juli 1997 bei dem Au-
tohaus. Am 4. August 1997 holte der Vater des Klägers das Fahrzeug dort ab.
Nachdem der Kläger den Beklagten erfolglos unter Fristsetzung zur Zahlung
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des ihm entstandenen Schadens in Höhe von 14.149,50 DM aufgefordert hatte,
reichte der Kläger am 2. Februar 1998 bei dem Landgericht Dresden Klage ein.
Das Landgericht forderte den Kostenvorschuß mit Schreiben vom 10. Februar
1998, das am 12. Februar 1998 bei den Prozeßbevollmächtigten des Klägers
einging, an. Dieser leitete es am gleichen Tag an die bereits eingeschaltete
Rechtsschutzversicherung weiter, die am 24. Februar 1998 den Vorschuß bei
Gericht einzahlte. Die Klage wurde dem Beklagten am 11. März 1998 zuge-
stellt.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Das
Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Es hat die
Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die für den Verjäh-
rungsbeginn erhebliche Frage, wann der Verleiher eines verliehenen und dann
verunfallten Fahrzeugs die Sache im Sinne von § 606 Satz 1 i.V. mit § 558
Abs. 2 BGB (a.F.) zurückerhält, höchstrichterlich noch nicht geklärt sei.
Der Beklagte beantragt für die Durchführung der Revision Prozeßko-
stenhilfe.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird abgelehnt, weil
die Revision keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO). Die ent-
scheidungserheblichen Rechtsfragen können unter den hier gegebenen Um-
ständen bereits im Prozeßkostenhilfeverfahren entschieden werden, obwohl
das Berufungsgericht die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache
zugelassen hat.
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1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des
Bundesgerichtshofs hat ein Rechtsschutzbegehren in aller Regel dann hinrei-
chend Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der
Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt.
Prozeßkostenhilfe braucht hingegen nicht bewilligt zu werden, wenn die ent-
scheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist,
ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung
oder die bereits vorliegende Rechtsprechung nicht in dem genannten Sinne als
"schwierig" erscheint (BVerfGE 81, 347, 357 f.; BVerfG Beschlüsse vom
4. Februar 1997 - 1 BvR 391/93 - NJW 1997, 2102 f. und vom 4. Februar 2004
- 1 BvR 596/03; BGH Beschlüsse vom 27. Januar 1982 - IVb ZB 925/80 -
FamRZ 1982, 367; vom 10. Dezember 1997 - IV ZR 238/97 - NJW 1998, 1154;
vom 11. September 2002 - VIII ZR 235/02 - NJW-RR 2003, 130 und vom
14. Oktober 2003 - XI ZR 21/03 - ZIP 2003, 2295).
2. So liegt der Fall hier. Zwar ist, wovon das Berufungsgericht zu Recht
ausgegangen ist, eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, wann bei
einer entliehenen Sache der Verleiher die Sache im Sinne von § 606 Satz 2 i.V.
mit § 558 Abs. 2 BGB a.F. zurück erhält, noch nicht ergangen. Der Senat hat
aber in ständiger Rechtsprechung zu § 558 Abs. 2 BGB a.F., der gemäß § 606
Satz 2 BGB auf Ersatzansprüche des Verleihers entsprechend anwendbar ist,
entschieden, daß die "Rückgabe" der Mietsache grundsätzlich eine Verände-
rung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters erfordert (Senatsurteile
vom 10. Mai 2000 - XII ZR 149/98 - NJW 2000, 3203, 3206; vom 7. Februar
2001 - XII ZR 118/98 - NJ 2001, 535 f.; vom 19. November 2003 - XII ZR
68/00 - NZM 2004, 98). Nach der Rechtsprechung des Senats bedeutet das
zum einen, daß der Vermieter in die Lage versetzt werden muß, sich durch
Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft ungestört ein umfassendes Bild
von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache zu
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machen. Zum anderen ist eine vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe
des Mieters erforderlich, wobei der Vermieter hiervon Kenntnis erlangen muß.
Daß der Vermieter vorübergehend die Möglichkeit erhält während des - auch
nur mittelbaren - Besitzes des Mieters die Mietsache besichtigen zu lassen, ge-
nügt nicht.
Das Berufungsgericht hat unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung
in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, daß eine
solche Besitzveränderung zugunsten des Klägers weder durch die Bergung und
Verbringung des Fahrzeugs zum Autohaus und die Mitteilung hiervon an den
Kläger noch durch die Besichtigung des Fahrzeugs durch einen Vertreter der
Haftpflichtversicherung stattgefunden hat.
Hahne
Fuchs
Ahlt
Vézina
Dose