Urteil des BGH vom 05.12.1990

BGH (stand der technik, bundesrepublik deutschland, rad, körper, fachmann, patentanspruch, lehre, verfügung, verhandlung, raum)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 67/04 Verkündet
am:
24. März 2009
Anderer
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
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Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 24. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Scharen, Dr. Lemke, Gröning und Dr. Achilles
für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 19. Februar 2004 verkündete Urteil des
4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf
Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand:
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des unter anderem mit Wirkung
für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 489 455
(Streitpatents), das auf einer Anmeldung beruht, mit der die Priorität einer
schwedischen Patentanmeldung vom 5. Dezember 1990 in Anspruch genom-
men worden ist. Das Streitpatent umfasst vier Patentansprüche, von denen Pa-
tentanspruch 1 in der Verfahrenssprache lautet:
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"A rail vehicle wheel, comprising a wheel centre (1), a flanged tyre
(2) and a rubber filling (3) in a generally U-shaped, annular com-
partment between the wheel centre, the tyre (2) and a pressure ring
(4) which ring is mounted to a side of the wheel centre (1) for hold-
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ing the rubber filling (3) in position, characterized in that the rubber
filling consists of a rubber ring (3) having an annular, axial body (3')
which does not completely fill the space afforded to it in the com-
partment, and, integrally with the axial body (3'), at each side
thereof a thinner flange (3''), which forms an obtuse angle, prefera-
bly of 60°, with the wheel axis, and in that the rubber ring (3) is
slightly prestressed when mounted."
Die Klägerin hält die Lehre des Streitpatents für nicht ausführbar, nicht
neu und nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhend. Sie hat deshalb beantragt,
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das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesre-
publik Deutschland für nichtig zu erklären.
Das Bundespatentgericht hat diese Klage abgewiesen.
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Die Klägerin verfolgt ihren Klageantrag nunmehr mit der Berufung weiter.
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Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
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Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gut-
achtens des Universitätsprofessors im Ruhestand Dr.-Ing. habil. W. F.
aus D. . Der gerichtliche Sachverständige hat sein Gutachten in der
mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt.
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Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
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1. Das Streitpatent betrifft ein mehrteiliges Rad für Schienenfahrzeuge,
das mittels eines einzigen zwischen Radscheibe und Laufkranz umlaufenden
Gummirings gefedert ist.
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Bekannte so genannte V-Räder - die Streitpatentschrift benennt aus-
drücklich diejenigen der SE-A-315 915, CH-A-320 175 und GB-A-895 520 -
wiesen ein oder zwei Gummielemente auf, die teilweise ein sehr offenes V bil-
den (Winkel von weniger als 30° zur Achse des Rades). Die Beschreibung be-
mängelt hieran, dass die Elastizität des Rades nur in axialer Richtung erheblich
sei, weil der Gummi vorwiegend in dieser Richtung einer Scherung ausgesetzt
sei, wenn beim Betrieb Kraft auf das Rad einwirke. Andere in radialer Richtung
eine gute Elastizität aufweisende Räder seien hingegen, vor allem wenn es um
schwere Lasten gehe, relativ kompliziert und teuer, weil sie mehrere Gummi-
elemente benötigten.
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Mit der Lehre des Streitpatents soll daher ein Rad zur Verfügung gestellt
werden, das - wie es in Spalte 1 Zeilen 45 ff. ausgedrückt ist - eine einfache
und verhältnismäßig billige Gestaltung des konventionellen V-Rades aufweist,
aber eine größere Elastizität in radialer Richtung hat (und bessere Steifigkeit in
axialer Richtung) und auch schwere Lasten tragen kann.
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2. Als Lösung schützt Patentanspruch 1 des Streitpatents ein Rad für
Schienenfahrzeuge, das
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1. eine Radscheibe (hier "wheel centre" genannt)
2. einen
Laufkranz,
3. einen Druckring und
4. eine
Gummifüllung
umfasst, wobei die Elemente 2 bis 4 wie folgt gestaltet sind:
2. Der
Laufkranz
a) ist mit einem Flansch versehen.
3. Der
Druckring
a) ist an einer Seite der Radscheibe angebracht und
b) dient zum Halten der Gummifüllung in ihrer Stellung.
4. Die
Gummifüllung
a) befindet sich in einem Zwischenraum, der
aa) im Allgemeinen U-förmig und ringförmig ist und
bb) zwischen der Radscheibe, dem Laufkranz und dem
Druckring verläuft,
b) besteht aus einem Gummiring, der
aa) einen ringförmigen, axialen Körper aufweist,
(1) der den ihm zur Verfügung stehenden Raum im
Zwischenraum nicht vollständig ausfüllt,
bb) ferner zwei Flansche aufweist, die
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(1) sich jeweils auf einer Seite des Körpers befinden,
(2) jeweils dünner als dieser sind
(3) und jeweils einen (stumpfen) Winkel von vor-
zugsweise 60° mit der Radachse bilden,
cc) in montiertem Zustand leicht vorgespannt ist ("slightly
prestressed when mounted").
Nach dem maßgeblichen englischen Wortlaut beschreibt Patentan-
spruch 1 hiernach das geschützte Rad in seinem fertig montierten Zustand, wie
aus Merkmal 4 b cc hervorgeht. Seine Lösung setzt einmal bei dem Öffnungs-
winkel des V an, das von dem ringförmigen Federelement aus Gummi gebildet
wird, wobei ersichtlich vorausgesetzt ist, dass die Oberfläche des Laufkranz-
flansches einen entsprechenden Verlauf wie die des Gummirings hat. Die pa-
tentgemäße Lösung verwirft die aus dem Stand der Technik bekannte Möglich-
keit, einen recht großen Öffnungswinkel der Schenkel (Gummiringflansche) zu
wählen, der eine flache Neigung zur Radachse ergeben würde. Die Beschrei-
bung und die Zeichnungen, die als Erläuterung des Patentanspruchs 1 heran-
zuziehen sind, lassen hieran keinen Zweifel. Patentanspruch 1 verlangt statt-
dessen einen deutlich kleineren Öffnungswinkel, nämlich einen, der bezogen
auf die Radachse vorzugsweise 60° beträgt. Die Schenkel des V sind dann ver-
gleichsweise steil zur Achse geneigt, wobei bei entsprechend geneigten Flan-
ken des Laufkranzflansches, wie sie aus den Figuren des Streitpatents auch zu
ersehen sind, auf den Laufkranz auftreffende Kräfte vorrangig eine Scherung im
Gummi auslösen, die vornehmlich in Richtung auf die Achse (radial) wirkt, so
dass die Flansche aus Gummi zu einer Abfederung in dieser Richtung führen.
Diese Zusammenhänge ergeben sich aus der Beschreibung und den Zeichnun-
gen des Streitpatents in solch eindeutiger Weise, dass der Bezeichnung des
vom nacharbeitenden Fachmann auszuwählenden Winkels als "stumpf" nichts
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Gegenteiliges entnommen werden kann. Bei diesem Zusatz im Patentan-
spruch 1 handelt sich erkennbar um eine Fehlangabe, die aus fachlicher Sicht
die geschützte Lehre nicht kennzeichnet. Der gerichtliche Sachverständige hat
dies bei seiner mündlichen Anhörung bestätigt.
Die patentgemäße Lösung setzt ferner darauf, dass der Gummiring ne-
ben seinen relativ steil stehenden Flanschen zwischen diesen zusätzlich ein
axial verlaufendes Element aufweist. Damit steht nicht nur auch zwischen den
Stirnseiten von Radscheibe und Laufkranzflansch elastisches Material zur Ver-
fügung; in Anbetracht der zusätzlichen Anweisung, den zur Verfügung stehen-
den Raum nicht vollständig mit dem axialen Körper auszufüllen (Merkmal 4 b aa
(1)), erlaubt dieses Gestaltungsmittel, dass bei unterschiedlichen Kräften auf
den axialen Körper unterschiedlich große Druckflächen wirken, was eine pro-
gressive Federkennlinie ergibt, die zu der lediglich linearen Kennlinie der Gum-
miflansche hinzutritt oder diese überlagert, je nachdem wann der gewählte Frei-
raum es zulässt, dass der axiale Körper beidseitig mit den anderen Vorrich-
tungsteilen in Berührung steht und Kräfte aufnehmen kann. Das hat der gericht-
liche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung anschaulich unter Hin-
weis darauf erläutert, dass die Beschreibung des Streitpatents auf die progres-
sive Federcharakteristik abstellt (z.B. Sp. 2 Z. 23), die der axiale Körper dem
patentgemäßen Rad verleiht. Es erklärt auch die von den Parteien in den
Schriftsätzen noch kontrovers erörterte Textstelle (Sp. 4 Z. 50 ff.), wonach bei
normalem Betrieb nur die Flansche als Feder wirken, bei größeren Lasten aber
der axiale Körper seine Federwirkung immer aktiver einsetzt. Da schließlich
auch die Parteien gegen die erläuternden Ausführungen des gerichtlichen
Sachverständigen keinen Widerspruch erhoben haben, hat der Senat keine
durchgehenden Zweifel, dies als fachliches Verständnis der Lehre des Streitpa-
tents seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Angesichts der sich aus dem
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Merkmal 4 b bb (2) mittelbar ergebenden Anweisung, dem axialen Federele-
ment einen größeren Querschnitt als einem Flansch zu geben, wie es in Figur 4
auch bildlich dargestellt ist, ist patentgemäß mithin das Mittel zur progressiven
Federung, die gegenüber der rein linearen zu einem größeren Bereich von
(noch) abfederbaren Kräften führt, ein vergleichsweise dickes "Polster" zwi-
schen den Flanschen als Element des Gummirings.
3. Zu Recht hat das Bundespatentgericht weder feststellen können, dass
die geschützte Lehre nicht so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein
Fachmann sie ausführen kann, noch deren Patentfähigkeit verneint.
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a) Maßgeblicher Fachmann ist hier ein Maschinenbauingenieur, der sich
beispielsweise durch vertiefende Studien weitere Kenntnisse auf dem Gebiet
der Schienenfahrzeugtechnik erworben hat und über längere berufliche Erfah-
rungen bei einem der wenigen Hersteller verfügt, die sich auf die Konstruktion
von Schienenfahrzeugen und/oder deren Komponenten spezialisiert haben.
Denn Personen mit derart hohem spezifischen Sachverstand werden üblicher-
weise eingesetzt, wenn es gilt, Räder für Schienenfahrzeuge zu verbessern.
Dies entnimmt der Senat den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständi-
gen, denen die Parteien nicht entgegengetreten sind.
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b) Der sich aus einem Mangel der Ausführbarkeit einer Erfindung erge-
bende Nichtigkeitsgrund besteht nicht.
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Angesichts der - wie vorstehend erörtert - vorzunehmenden Auslegung
des Patentanspruchs 1 folgt dieser Nichtigkeitsgrund nicht daraus, dass der
Winkel von vorzugsweise 60° als stumpfer Winkel bezeichnet ist.
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Im Übrigen ist nicht dargetan oder sonst wie ersichtlich, dass der Fach-
mann damit überfordert sein könnte, die nach Patentanspruch 1 nötigen Quer-
schnitte von axialem Körper und Flanschen aus Gummi sowie die Größe des
Zwischenraums und des Freiraums festzulegen und/oder die vorzunehmende
Vorspannung zu bestimmen. Hinsichtlich der Querschnitte und sonstigen Grö-
ßenverhältnisse gilt das schon deshalb, weil die Beschreibung und die Zeich-
nungen eine bestimmte patentgemäße Geometrie vorgeben, an der sich der
Fachmann orientieren kann, und weil hinsichtlich des Freiraums im Bereich des
axialen Körpers jedenfalls angesichts des patentgemäßen Anliegens, ein Rad
mit progressiver Federkennlinie zu schaffen, eine Vorgabe vorhanden ist, die
von einem Fachmann mit der hier zu berücksichtigenden Qualifikation ohne
weiteres jedenfalls vermittels ihm ebenfalls ohne weiteres möglichen prakti-
schen Versuchen ausgefüllt werden kann. Auch dies hat der gerichtliche Sach-
verständige in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
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Was das Maß der Vorspannung anbelangt, gilt Ähnliches. Denn aus dem
Gesamtzusammenhang der Streitpatentschrift kann der Fachmann entnehmen,
dass er die Vorspannung einerseits so wählen muss, dass sich ausreichend
Haltekräfte für Gummiring nebst Radscheibe ergeben, und dass sich anderer-
seits aufgabengemäß eine Vorspannung verbietet, die alsbald zur vollständigen
Ausfüllung des Raums führt, in dem sich der axiale Körper befindet, weil wegen
der dem Fachmann bekannten Inkompressibilität von Gummi in einem volu-
mengleichen Raum sich dann keine nennenswerte progressive Kennlinie erge-
ben kann, sondern praktisch nur ein Rad mit linearer Federung, die sich frühzei-
tig erschöpft. Auch die Angabe "leicht vorgespannt" weist den Fachmann des-
halb darauf hin, - wenn nötig unter Nutzung der bereits angesprochen prakti-
schen Versuche - einen sinnvollen Wert aus dem verbleibenden Bereich zu
wählen.
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c) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist entgegen der schriftsätzlich
geäußerten Ansicht der Klägerin nicht durch das vollständig vorweggenommen,
was die Patentschrift offenbart, mit der das deutsche Patent 857 302 1949 er-
teilt worden ist. Dies gilt schon deshalb, weil das dort beschriebene und abge-
bildete Rad für Schienenfahrzeuge keinen mit einem Flansch versehenen Lauf-
kranz, sondern stattdessen eine Ausnehmung im Laufkranz aufweist, in die ein
einen Zwischenraum lassender Flansch der Radscheibe eingreift. Das bedeutet
einen Konstruktionsunterschied auch bei anderen Elementen des Rades, was
es ausschließt, auch nur zu erwägen, die den Patentanspruch 1 kennzeichnen-
de Abweichung habe dem Fachmann allein aufgrund der in der Patentschrift
857 302 ersichtlichen Information als mitgelesene Alternative zur Verfügung
gestanden.
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d) Es lässt sich auch nicht die Wertung treffen, die Lehre zum techni-
schen Handeln nach Patentanspruch 1 des Streitpatents habe sich in nahelie-
gender Weise aufgrund der Patentschrift 857 302 ergeben, die auch die Kläge-
rin als die nächstkommende Entgegenhaltung aus dem Stand der Technik an-
sieht.
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Das dort behandelte Rad für Schienenfahrzeuge ist aus Radscheibe,
Laufkranz, Gummifüllung und einem vierten Element zusammengesetzt. Dieses
vierte Element spannt mit dem den Laufkranz bildenden Element die Gummifül-
lung, hält dadurch diese drei Elemente an der Radscheibe und kann deshalb
auch als Druckring im Sinne des Streitpatents bezeichnet werden. Im Zwischen-
raum befindet sich eine ringförmige Gummifüllung, die aus zwei sehr steil ste-
henden Elementen und aus einem deutlich dünneren axialen Element dazwi-
schen besteht. Diese Gummielemente sind an einem Flansch der Radscheibe
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anvulkanisiert, ausweislich der Abbildung
2 ohne Zwischenraum
aneinanderliegend, so dass sich ein zusammengesetzter, aber umlaufender
Gummiring aus ringförmigem axialem Körper und zwei schrägen Flanschen er-
gibt. Der axiale Körper endet in deutlichem Abstand von der zum Flansch der
Radscheibe weisenden Oberfläche des Laufkranzes und des vierten Elements,
so dass der ihm zur Verfügung stehende Raum bei weitem nicht vollständig
ausgefüllt ist.
Diese Lösung unterscheidet sich von der patentgemäßen - abgesehen
von der unterschiedlichen Anordnung des nach Merkmal 2 a erforderlichen
Flansches - also auch durch eine andere Querschnittsauslegung des Gummi-
rings. Zum Auffinden der Lösung nach Patentanspruch 1 des Streitpatents war
daher jedenfalls die Erkenntnis nötig, dass es zur Schaffung einer progressiven
Federkennlinie sinnvoll sein könnte, den axialen Körper dicker als die Gummi-
flansche auszulegen.
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Die deutsche Patentschrift 857 302 bietet jedoch schon keinen Anlass,
Überlegungen in diese Richtung anzustellen. Sie spricht in Sp. 1 Z. 27 zwar von
einer progressiven Federwirkung. Sie schreibt diese aber der Formgebung der
Radnabe und den seitlichen Elementen aus Gummi zu (Sp. 1 Z. 29 - 34); das
dritte, axiale Gummielement wird nur als zusätzliche Maßnahme erwähnt (Sp. 1
Z. 35 ff.). Nach den wiederum überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen
Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ist dieses Element ange-
sichts seiner geringen Dicke auch tatsächlich nicht geeignet, für ein progressi-
ves Federverhalten zu sorgen, weil es nur als elastischer Anschlag zu wirken
vermag. Demgemäß sind ausweislich der Abbildung 2 des deutschen Patents
857 302 die Flansche besonders steil und im Vergleich zu den sonstigen Be-
standteilen des Rades dick gehalten. Dies lässt erwarten, dass praktisch alle
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radialen Kräfte, die bei diesem Rad über den Radkranz auftreten können, be-
reits im Wesentlichen durch Scherung in den Gummiflanschen abgefedert wer-
den können. Die zusätzliche Gummierung der Stirnseite des Flansches der
Radscheibe erscheint deshalb als reine Sicherheitsmaßnahme, damit dort nicht
doch einmal Metallteile unmittelbar aufeinanderschlagen. Eine derart einge-
schränkte Funktion gibt keine Veranlassung, hier einen vergleichsweise dicken
Gummikörper vorzusehen, wenn an anderer Stelle bereits eine beträchtliche
Gummimenge als Feder in radiale Richtung wirken kann.
e) An der Folgerung, dass deshalb die Lehre des Patentanspruchs 1
nicht als dem Fachmann nahegelegt bewertet werden kann, ändert sich nichts,
wenn man den Offenbarungsgehalt der sonstigen entgegengehaltenen Schrif-
ten mitberücksichtigt. Für das in dem im Jahre 1977 veröffentlichten Aufsatz
"Neue gummigefederte Räder für den Nahverkehr" behandelte H 7-Rad und
das aus der 1957 veröffentlichten schweizerischen Patentschrift 320 175 er-
sichtliche Rad war ein axialer Körper, dem weitere Federfunktion hätte übertra-
gen werden können, nicht einmal vorgeschlagen. Die aus dem Jahre 1932
stammende schweizerische Patentschrift 156 916 zeigt in den Ausführungsfor-
men gemäß den Figuren 3 und 4 zwar axiale Körper aus elastischem Material
zwischen sehr steil stehenden Flanschen aus diesem Material. Es ist jedoch
weder in der Beschreibung angesprochen noch mit Eindeutigkeit aus den
Zeichnungen zu ersehen, dass die relative Dicke dieses Körpers im Vergleich
zu derjenigen der Flansche von irgendeiner Bedeutung sein könnte. Dasselbe
trifft auf den in der 1962 veröffentlichten britischen Patentschrift 895 520 ge-
machten Vorschlag für ein zwei Gummiringe enthaltendes Rad zu, die zudem
das von der patentgemäßen Lehre abgelehnte sehr weite V bilden. Das eben-
falls vorbekannte Rad, das in gleicher Weise in dem DDR-Wirtschaftspatent
40 158, das 1965 ausgegeben wurde und aus der schwedischen Auslegungs-
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schrift 315 915 ersichtlich ist, weist zwar ebenfalls einen Ring mit einem axialen
Körper auf. Dieser ist aber nicht zwischen den auch hier weit auseinander ge-
richteten Flanschen angeordnet, sondern schließt sich an diese Richtung Rad-
achse an und erreicht als zusätzliches Element bei weitem nicht den Quer-
schnitt der Flansche.
4. Die Unteransprüche haben mit Patentanspruch 1 Bestand, weil sie
unmittelbar oder mittelbar hierauf rückbezogen sind.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO, 121 PatG.
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Melullis
Scharen
Lemke
Gröning
Achilles
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 19.02.2004 - 4 Ni 6/03 (EU) -